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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hybris und Gnade



Christkind
18.06.2013, 16:07
von Hans Bernhard Meyer

Wie spielten wir Kinder
im Staube der Straße
mit Steinen und Scherben,
mit Glimmer und Glas.

Wir kannten den Wert nicht
der dürftigen Dinge
und fanden wir Blankes,
so dünkt' es uns Gold.

Doch suchten wir weiter
und wuchs unser Wissen,
wir lösten manch Rätsel
mit Glück und Geschick.

Geheimstes,erahnt erst,
dann klüglich errechnet,
ward endlich uns dienstbar
zum Wohl wie zum Weh.

In schnellerem Schwunge,
so schien es,enteilten,
wild wechselnd, die Zeiten
Entscheidungen zu.

Wir zwangen Gewalten,
die kaum wir erkannten,
und wähnten uns wirken
am Wunder der Welt.

Im Rausche des Machtwahns
entschwanden die Maße;
wir wagten verwegen
den Einbruch ins All.

Nun stehen voll Stolz wir
und halten die Zündung
zum Einsturz der Erde
in zitternder Hand.

Gott sieht uns am Kreuzweg
von Innbrunst und Wahnwitz
und öffnet uns Toren
noch einmal sein Herz.
________________
Aus:"Bernstein glühte im Sand"
Ein Danziger Lesebuch

Hans Bernhard Meyer wurde am 20. 8.1898 in Danzig geboren.Er starb am 21.4. 1982 in Reinbek bei Hamburg.

Mit Grüßen von Christa

ada.gleisner
18.06.2013, 18:32
Das Gedicht paßt so sehr in unsere Zeit, daß es mich erschauert. Schon lange habe ich das Gefühl, daß wir an einem Scheideweg stehen, uns vielleicht sogar schon für die falsche Richtung entschieden haben. Ein Gedicht, daß man jedem ans Herz legen sollte, Grüße von Ada

danli, + 23.01.2015
19.06.2013, 14:17
Ja.das Gedicht passt in unsere Zeit.
Leider habe ich den Eindruck ,dass die letzten Generationen den Inhalt nicht verstehen!
Die Menschheit leidet an chronischem Vergessen.

Danli