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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Danzig: Umstrittene Kunstaktion polnischer Kunststudenten



MeinEichwalde
15.10.2013, 13:30
Liebe Freunde, entschuldigt dieses Thema und lasst Euch den Tag trotzdem nicht verderben
Dies kam heute über die gut quedau liste, was sagt ihr dazu ?
Denkmal zur Vergewaltigung durch Rotarmisten

Künstler schockiert Danzig

Mit einem Denkmal eines vergewaltigenden sowjetischen Soldaten hat ein
polnischer Kunststudent in Danzig einen Polizeieinsatz ausgelöst. Der
polnische Nachrichtensender "TVN 24" berichtete, der 26 Jahre alte
Künstler habe die fast 500 Kilogramm schwere Skulptur mit Helfern neben
einem sowjetischen Panzer im Stadtzentrum der nordpolnischen Hafenstadt
aufgestellt.

Ein Polizeisprecher berichtete, eine Frau habe die Polizei
benachrichtigt und sich verstört über das Kunstprojekt gezeigt, in dem
ein Soldat eine schwangere Frau überwältigt. Die Beamten entfernten die
Skulptur daraufhin. "Das Denkmal zeigt die verschwiegene Tragödie der
Frauen", sagte der Künstler. Er habe niemanden verletzen wollen.

In der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs waren nicht nur viele
deutsche Danzigerinnen, die nicht rechtzeitig vor dem Vormarsch der
Roten Armee fliehen konnten, Opfer von Massenvergewaltigungen geworden.
Auch polnische und kaschubische Frauen teilten das Schicksal massiver
Gewalt. Im kommunistischen Polen war dies ein Tabuthema, über das
offiziell nicht gesprochen wurde.

Quelle: n-tv.de , dpa
Viele Grüße Eure Delia

Uwe
16.10.2013, 13:31
Hallo Delia,

grundsätzlich sollte man dieses Thema bei der Beschäftigung mit der Geschichte nicht ausklammern. Ich halte allerdings die Verknüpfung mit dem Denkmal für die sowjetischen Soldaten für unzulässig. Nicht alle sowjetischen Soldaten haben sich an diesen Greueltaten beteiligt und damit verunglimpft man grundsätzlich auch die die sich korrekt verhalten haben.

Außerdem habe ich das "Denkmal" auf einem Foto gesehen, ich persönlich wünsche mir auch eine andere angemessenere Darstellung dieser Verbrechen.

Herzliche Grüße

Uwe

suum cuique
16.10.2013, 15:20
Folgende Nachricht habe ich im Feuilleton-Kompakt von welt.de gefunden.

"Polizei entfernt Denkmal für vergewaltigte Frauen

Mit einem Denkmal eines vergewaltigenden sowjetischen Soldaten hat ein polnischer Kunststudent in Danzig einen Polizeieinsatz ausgelöst. Der 26 Jahre alte Künstler hatte die fast 500 Kilo schwere Skulptur mit Helfern neben einem sowjetischen Panzer im Stadtzentrum aufgestellt. Ein Polizeisprecher berichtete, eine Frau habe sich verstört über das Kunstprojekt gezeigt, in dem ein Soldat eine schwangere Frau überwältigt. Die Beamten entfernten die Skulptur daraufhin. In der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs waren nicht nur viele deutsche Danzigerinnen Opfer von Massenvergewaltigungen geworden, auch polnische und kaschubische Frauen teilten das Schicksal massiver Gewalt. Im kommunistischen Polen war dies ein Tabuthema."

Wenn man bei welt.de den Suchbegriff "Danzig" eingibt, findet man den Bericht.
So suche ich immer gezielt in den Medien.

Uwe
16.10.2013, 15:39
Hallo Andreas,

ich habe beide Meldungen zu dem Thema hier zusammengeführt.

Herzliche Grüße

Uwe

suum cuique
16.10.2013, 15:56
Hallo Uwe,
welche andere Darstellung wäre denn angemessen?
Ich denke mal, der Künstler wollte mit der Darstellung das Schweigen durchstoßen und eine Diskussionen über ein Tabu anregen. Ich denke auch nicht, dass er die Absicht hatte die Opfer mit der Art der Darstellung herabzuwürdigen.
Kunst muss manchmal provozieren. In diesem Fall zeigt es nur plastisch das Verbrechen. Das es sich bei dem Künstler wohl offenbar um einen polnischen Staatsbürger handelt, wird ihn eher der Vorwurf der Nestbeschmutzung als des Revanchismus treffen. Sicher gehört er auch nicht zu den Leuten, die Verbrechen gegeneinander aufrechnen wollen.
Du schreibt : "Ich halte allerdings die Verknüpfung mit dem Denkmal für die sowjetischen Soldaten für unzulässig. Nicht alle sowjetischen Soldaten haben sich an diesen Greueltaten beteiligt und damit verunglimpft man grundsätzlich auch die die sich korrekt verhalten haben".
Der Künstler hat keineswegs einen Kollektivvorwurf gegen alle Rotarmisten vorgebracht. Sicherlich gab es wie in allen Armeen der Welt immer "Solche und Solche". Er wies lediglich auf das Verbrechen hin, welches durch den Aufruf Ilja Ehrenburgs erfolgte, ein Vorgang, der in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs einmalig war. Sicherlich wird wieder der Hinweis kommen, dass der Krieg von Deutschland ausging. Auch das ist wahr, aber darum ging es dem Künstler nicht. Es ist ja kein Kunstwerk das Gewalt und Gegengewalt darstellen soll, sondern es ist ein Denkmal für Opfer eines spezifischen Verbrechens.

Uwe
16.10.2013, 16:23
Hallo Andreas,

für mich persönlich eine weniger "authentische" Darstellung einer Vergewaltigungsszene. Aber über Kunst kann man ja durchaus diskutieren.

Den Gedanken und die Anregung des Künstlers finde ich durchaus sinnvoll.

Durch die direkte Platzierung in der Nähe eines sowjetischen Ehrenmals wird für mich zumindest dieses bewusst verunglimpft und so denke ich hat es wohl auch die Frau empfunden, die die Polizei gerufen hat. Ich glaube sogar diese Provokation war gewollt. Man kann dieses Thema auch behandeln ohne das eine mit dem anderen zu vermischen. An anderer Stelle aufgestellt wäre das Thema von Kriegsverbrechen genauso diskutiert worden ohne den Vorwand für andere Diskussionen zu bieten.

Herzliche Grüße

Uwe

Uwe
18.10.2013, 01:17
Hier (http://www.trojmiasto.pl/wiadomosci/Prokuratura-ustawienie-rzezby-gwaltu-to-nie-przestepstwo-a-najwyzej-wykroczenie-n73578.html) die neusten Entwicklungen zu der Aktion des Künstlers.


Herzliche Grüße

Uwe

stefanstefan
18.10.2013, 04:32
Das Denkmal sollte vorallem endlich mal mit dem Märchen aufräumen, wonach alle damaligen Rotarmisten russicher Herkunft gewesen seien.

Der Kreml betreibt in dem Zusammenhang eine gezielte Propaganda. Es heißt dann immer "wir Russen" haben Hitler besiegt und "wir Russen" haben die meisten Opfer gehabt, deshalb durften "wir Russen" nach dem Krieg halb Europa bis ~1990 besetzt halten, ausrauben (u.a. deutsche Raubkunst) und so weiter und so fort.

Die Wahrheit sah dagegen so aus, daß Stalin etliche Nationalitäten unter der Roten Flagge geopfert hat, und alle daraus resultierenden Vorteile nur den Russen zu Gute kamen. Und immer noch kommen.

Leider setzt auch die deutsche Presse auch hier wie selbstverständlich die Rotarmisten mit den Russen gleich. Niemand hinterfragt die Vereinnahmung von Ukrainern, Weißrussen, Georgiern, Aserbaidschanern, Kyrgisiern, Turkmenen, Uzbeken, Tatchiken, Armeniern, Abchasen, Kazachen, Juden, Letten usw. durch den Kremel un den russ. Botschafter.

ada.gleisner
19.10.2013, 15:11
Meiner Ansicht nach hat der noch junge Künstler, persönlich unbelastet von der Vergangenheit, sehr viel Mut aufgebracht ,sich dieses Themas zu bemächtigen. Viele Soldaten haben zu allen Zeiten Frauen und Mädchen vergewaltigt und anschließend ermordet. Das hat für mich nichts Menschliches mehr. Oder ist eben menschlich ? Es ist für mich logisch, die neue Skulpur neben das Denkmal des heroischen Soldaten zu setzen, ich finde ich sehr passend und hoffe, es mögen sich genug neue Danziger finden, die es wieder an seinen ersten Platz setzen,
Grüß von Ada

Zu Uwe : Deine Meinung ist mir zu konservativ - patriachisch - wir Frauen wollen nicht mehr in einer nur von allzu mächtigen, vom Sch...... gesteuerten Männerwelt leben.
Nichts für ungut, ich mag kluge zärliche Männer, ada

Uwe
19.10.2013, 20:43
Hallo Ada,

das der Künstler auch mutig war habe ich nicht bestritten, jedoch meine ich das er den Ort für seine "Kunst" unpassend gewählt hat. Das Sowjetische Denkmal ist in Erinnerung an die über 13.600.000 getöteten sowjetischen Soldaten errichtet worden. Diese Toten hatten keine Wahl, ihr Land wurde von Deutschland überfallen wie so viele andere Länder. Dafür hat die Sowjetunion eine hohen "Preis" bezahlen müssen. Kein anderes Land hat eine so hohen "Blutzoll" zahlen müssen. Dieses Gedenken nun zu verquicken mit Kriegsverbrechen die auch sowjetische Soldaten begangen haben ist für mich unpassend, weil das eine mit dem anderen nicht zwangsläufig zu tun hat und schon gar nicht Kriegsverbrechen rechtfertigt. Ein Denkmal hatte ich bereits geschrieben finde ich richtig, nur überlegt und passend sollte es sein.

Was an meiner Meinung, dass ich den Ort für diese "Kunst" und Form der "Kunst" konservativ oder sogar patriarchisch sein soll, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. So wie ich deinen ganzen letzten Absatz auf meine Person nicht nachvollziehen kann und vielleicht ist das nicht verstehen, besser um mich nicht beleidigt zu fühlen?! ;)

Herzliche Grüße

Uwe

ada.gleisner
20.10.2013, 01:58
Hallo Uwe,
nicht beleidigt sein, dazu besteht kein Grund. Für mich besteht ein Zusammenhang zwischen dem gefallenen "Helden" und dem vergewaltigenden Soldaten, auch der Held kann der andere gewesen sein. Daher finde ich Deinen Einspruch wegen des Beieinanderstehens beider Denkmale so ein bißchen konservativ. Vielleicht kannst Du es nicht verstehen, weil es weibliche Logik ist. Einen schönen Sonntag wünscht Dir Ada

Uwe
20.10.2013, 11:40
Hallo Ada,

Du bist jetzt nur auf eine Vokabel deines Absatzes eingegangen, die die ich nicht für beleidigend halte. Das andere hast Du ausgespart, vielleicht ist das aber gut so ...

Ein Bruchteil der 13,6 Mio. getöteten sowjetischen Soldaten gehört zu der Gruppe die evtl. an Vergewaltigungen beteiligt war. Ist es deshalb zulässig die anderen damit in Verbindung zu bringen? Ich glaube das nicht, wenn ich einen nahen Verwandten unter den getöteten Soldaten (Bruder, Ehemann, Vater etc.) hätte und jemand diesen mit Kriegsverbrechen in Verbindung bringt, die er nicht begangen hat, wäre ich bestimmt nicht nur unerfreut, sondern zu Recht verärgert. Ich glaube auch kaum, dass das mit geschlechtsspezifischer Logik etwas zu tun hat, sondern mit der persönlichen Sichtweise. In solchen Fällen hängt die eigene Sichtweise auch damit zusammen, ob man sich zumindest versucht mit der anderen (hier: ehemals sowjetische Länder) auseinanderzusetzen.

Dir nun auch einen schönen Sonntag.

Herzliche Grüße

Uwe

Wolfgang
20.10.2013, 18:17
Schönen guten Nachmittag,

mein Respekt gilt dem Künstler der sich sicherlich bewusst war, dass seine Aktion nicht nur auf Kritik sondern auch auf gegen ihn gerichtete staatliche Maßnahmen/Ermittlungen stößt.

Kunst spitzt zu, provoziert häufig, will diskutiert werden. Ich sehe das aber nicht nur als "Kunst" sondern als ein Denkmal, Mahnmal, das an ungezählte geschändete und missbrauchte Kinder, Frauen, Greise erinnert. Und das waren eben nun mal überwiegend Soldaten der Roten Armee die das der weiblichen Zivilbevölkerung angetan haben.

Mit einem solchen Denkmal wird nicht pauschaliert. Es geht nicht gegen "die" Russen, es geht nicht darum, ob damit das Gedenken an Millionen Gefallene der Roten Armee entehrt werden soll. Es geht um ein konkretes Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung das die Betroffenen nur selten selber zur Sprache brachten. Es geht konkret um Vergewaltiger und Schänder und deren Opfer. Und nun ist in Danzig ein polnischer Künstler aufgestanden und hat genau das thematisiert. Endlich! Ein Dank sei dem Künstler!

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Mandey +08.03.22
20.10.2013, 20:28
Guten Abend.
Wolfgang du hast die richtige Worte gefunden.
Freundliche Grüße v.Heinz Mandey

Alter Danziger
20.10.2013, 22:50
Hallo Wolfgang!

Ich denke das gleiche wie Heinz Mandey. Aber Uwe hat geschrieben "Ich halte allerdings die Verknüpfung mit dem Denkmal für die sowjetischen Soldaten für unzulässig." Was sagst du daazu? Es gibt bestimmt bessere Plätze für eine solche Aktion, oder?

Alter Danziger

Wolfgang
20.10.2013, 23:18
Schönen guten Abend,

wir beleuchten hier momentan ein Ereignis das hohe Wellen schlägt. Es reflektiert Geschehnisse, Verbrechen, die gegenüber der Zivilbevölkerung zumeist nach Beendigung der Kampfhandlungen begangen wurden. Viele von Euch wissen von den Geschehnissen, aus eigener Kenntnis, aus Erzählungen, auch ich selber.

Es wird ein Thema berührt das vielfach noch als ein Tabu gilt. Moskau und der russische Botschafter in Warschau bewiesen Größe, gestünden sie ein, was war. Das tun sie aber nicht. Es ist ein wunder Punkt, aber genau da darf man auch nicht locker lassen.

Wir diskutieren hier, legen unsere Meinungen dar. Uwe sagt, die Aktion sei in Verbindung mit dem sowjetischen Denkmal unzulässig. Warum? So wird teils auch in Danzig argumentiert, aber warum?

Es geht nicht um das Panzer-Denkmal. Es geht um Opfer. Und es geht darum, dass es -aus meiner Sicht- vollkommen legitim ist, praktisch überall Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuprangern. Oder wer möchte einem vergewaltigten Opfer ins Gesicht sagen, dass neben einem sowjetrussischen Panzer in dessen Gefolge die Vergewaltiger Danzig einnahmen, NICHT demonstriert werden darf?

Nur nebenbei: Der "Alte Danziger" stellt fest, es gebe "bestimmt bessere Plätze für eine solche Aktion, oder?" Tja, wo bitteschön? Wir leben noch in einer Zeit, in der im Prinzip ganz Danzig eine Tabuzone darstellt. Also wo bitteschön? Vor dem Rathaus? Am Neptun-Brunnen? An der Katharinen-Kirche? Vor dem Hohen Tor? ÜBERALL gäbe es Proteste, überall fänden sich Leute die sich auf den Schlips getreten fühlen! Aber die Zivilcourage des jungen Künstlers fand die in meinen Augen beste Lösung: Am Panzer der Roten Armee!

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Marc Malbork
20.10.2013, 23:57
Wolfgang schrieb: ...Aber die Zivilcourage des jungen Künstlers fand die beste Lösung: Am Panzer der Roten Armee!...

Und als nächstes wird die Zivilcourage eines Künstlers die beste Lösung für die Erinnerung an die Sexualverbrechen der deutschen Wehrmachtssoldaten auf der deutschen Soldatengedenkstätte an Danzigs Dabrowskiego-Straße (Hagelsberg) finden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Gewalt_im_Zweiten_Weltkrieg

Die Emotionalisierung an falscher Stelle, hier sozusagen Ortsstelle, schadet übrigens durchaus dem zu erörternden Thema der kriegsbedingten Gewalt gegen Frauen. Ein über "die Russen" und den 2. WK hinausgehendes Thema.

P.S. Dank an Uwe für seine von abwägender Vernunft bestimmten Beiträge.

Alter Danziger
21.10.2013, 00:35
Danke, Wolfgang! Du hast sehr überzeugend dargelegt,d aß der Panzer der Roten Armee der richtige Platz für die Demonstration von dem Künstler war.

Ich frage mich, warum immer wieder Verbrechen gegen die Deutschen direkt und indirekt damit entschuldigt werden, daß auch von Deutschen Verbrechen begangen wurden. Soll sich der junge polnische Künstler jetzt entschuldigen weil er auch deutschen Opfern die Ehre erwiesen hat neben kaschubischen und polnischen Frauen die auch vergewaltigt wurden? Soll er jetzt sagen, Entschuldigung, den Deutschen ist es recht geschehen, meine Demonstration war nur für polnische und kaschubische Frauen?

Sollen wir Deutsche uns vielleicht bei den Russen entschuldigen weil ein Pole die Unverfrorenheit hatte, die von Sowjets gegenüber der Zivilbevölkerung begangene Verbrechen demonstrativ zu sagen? Vielleicht sollten wir jetzt alle auf den Knien zur russischen Botschaft kriechen und um Entschuldigung bitten und vielleicht dankbar sein, daß sie nicht noch mehr Verbrechen begangen haben.

Wenn deutsche Soldaten Verbrechen begangen haben, dann muss das gesagt werden ganz konkret und nachweisbar. Und dann soll man still sein und auch sich schämen. Und das was bei deutschen Verbrechen selbstverständlich ist, nämlich die Aufklärung und das Sagen, das muss auch bei Verbrechen von anderen möglich sein.

Wolfgang hat das sehr gut gesagt. Auch ich habe in der Familie von Vergewaltigungen gehört und die wo das erlebt haben, würden ALLE sagen, dass der russische Panzer der richtige Platz war. Nur Männer können anders denken, aber die wurden ja auch nicht von den Russen gepackt.

Ein Alter Danziger

ada.gleisner
21.10.2013, 00:38
Nein, es ist nicht die falsche Stelle gewesen, die der Künstler für seine Skulptur wählte, es war die einzig richtige, nur so kann auf die sexuellen Übergriffe von Soldaten (hier vor allem der Roten Armee) gezielt Aufmerksamkeit erzielt werden. Leider weiß ich nichts über Diskussionen über dieses Thema in der übrigen polnischen und deutschen Bevölkerung. Vielleicht wird es in Deutschland auch nirgendwo diskutiert. Schade, denn nach so langer Zeit kann endlich frei darüber gesprochen werden ohne Tabus, Grüße von Ada

Wolfgang
21.10.2013, 00:59
Schönen guten Abend,

ich führte schon aus, dass im Prinzip auch heute noch ganz Danzig eine Tabuzone für eine solche Skulptur darstellt. ÜBERALL gäbe es Proteste, überall würden die Russen protestieren. Sie protestieren nicht gegen den Ort. Mit ihrem Protest streiten sie ab, verleugnen sie, was geschehen ist. Wenn wir uns auf ihre Taktik einlassen, nämlich nur noch über den Ort diskutieren, haben sie ihre Ziele erreicht: Es wird nicht mehr über die Opfer gesprochen! Aber was ist wichtiger? Die Erinnerung und das Gedenken an durch entfesselte Soldaten begangene Massenvergewaltigungen oder an einen dahinrostenden Panzer? Einen Panzer, den viele polnische Danziger nicht nur als Symbol der Zerstörung Danzigs sehen sondern auch als Symbol einer darauf folgenden jahrzehntelangen sowjetrussischen Herrschaft und Unterdrückung...

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

jonny810
21.10.2013, 12:15
Hallo in die Runde.

Sollen wir auch noch über Vergehen, die im 30jährigen Krieg stattfanden, diskutieren?

Vergewaltiger gab es mit Sicherheit nicht nur bei der "Roten Armee" im 2. Weltkrieg.

Es sind fast 70 Jahre vorbei.

Übrigens dachte ich, dass politische Themen im Forum nicht gewollt sind.

Wolfgang
21.10.2013, 13:02
Schönen guten Morgen,
hallo Erhart,

wenn es Sinn macht, über in früheren Kriegen begangene Untaten zu sprechen: Warum nicht? Sollte es da ein Zeitlimit geben?

Was möchtest Du mit Deinem Hinweis bezwecken, es habe Vergewaltiger nicht nur bei der Roten Armee gegeben? War nicht so schlimm, weil das ja alle machen?

Und was steckt hinter der Bemerkung es seien schon fast 70 Jahre vergangen? Und Politik sei unerwünscht?

Dann bräuchten wir eigentlich auch gar nicht mehr über den ehemaligen Freistaat Danzig sprechen, und auch Erlebnisberichte wären dann überflüssig, da schon fast 70 Jahre vergangen sind und alles was mit der alten Heimat zu tun hat, politisch ist... - oder verstehe ich da was falsch?

Übrigens, bei der Deutschen Minderheit lernte ich eine alte Dame kennen, über 90, für die diese Tage nicht ohne Folgen blieben. Wer der Vater ihres von ihr alleine aufgezogenen Sohnes ist, weiß sie nicht. Das sind Folgen die bis heute anhalten.

Manchmal glaube ich auch -wie der "Alte Danziger" in einem gestrigen Beitrag sagte-, dass Männer anders denken. Für sie ist es ja auch häufig nur eine Sekunden- oder Minutengeschichte und dann vergessen. Für betroffene Frauen hat dies Auswirkungen, die ihr Leben teils auf dramatischste Weise ändert.

Im März brachte ich den Film-Tipp: "Eine Frau in Berlin - Anonyma". Ein furchtbarer, ein erschütternder Film. Anschließend gab es keine Diskussion. Der Film ist bei Youtube in deutscher Sprache mit englischen Untertiteln zu sehen: http://www.youtube.com/watch?v=5yDUxm2bl80

Ein weiterer Hinweis auf einen Artikel in der Berliner Zeitung: Als die Russen kamen (http://www.berliner-zeitung.de/archiv/aus-anlass-des--anonyma--films--ueber-die-sowjetischen-massenvergewaltigungen-in-deutschland-als-die-russen-kamen,10810590,10595464.html).

Und all das soll nicht mehr erwähnenswert sein, soll nicht mehr diskutiert werden, weil das politisch ist und ja schon ein Weilchen zurück liegt?

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Alter Danziger
21.10.2013, 15:13
Der Film "Eine Frau in Berlin Anonyma" ist in wesentlich besserer Tonfassung in zwei Teilen zu sehen auch bei Youtube:

1. Teil: http://www.youtube.com/watch?v=rFZf8yZ6uyA
2. Teil: http://www.youtube.com/watch?v=vUqKFXpeMF8

Ist es nicht verrückt? Erst haben wir uns viele Jahre beschwert, daß Verbrechen an unseren Landsleuten tot geschwiegen worden sind und dann als ein polnischer Künstler darüber spricht und eine Diskussion auf macht dann heißt es, daß man darüber nicht sprechen soll oder wenn schon, dann auch darüber daß es Verbrechen überall gegeben hat.

Marc Malbork
21.10.2013, 16:00
......dann auch darüber daß es Verbrechen überall gegeben hat...

Sehr wahr.

http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-39863532.html

Wolfgang
21.10.2013, 18:12
Schönen guten Nachmittag,

danke für den Hinweis auf den "Spiegel"-Artikel den ich noch nicht kannte. Wie im ersten Beitrag dieses von Delia eröffneten Themas zu lesen war, sagte der Künstler "Das Denkmal zeigt die verschwiegene Tragödie der Frauen". Wieviele Denkmäler für diese Frauen gibt es? Hundert, tausend, noch mehr? NEIN, EINZIGES Denkmal GAB es. Und das hat die Polizei nun entfernt. Und das ist auch ein Thema in der polnischen Presse. Ganz aktuell und nicht erst fast 70 Jahre zurück liegend.

Ich habe gestern Abend lange mit meiner Frau darüber gesprochen. Über einen darüber berichtenden Artikel im "Dziennik Bałtycki" und einem daran anschließenden Kommentar. Sie konnte und wollte die Abbildung der Skulptur nicht anschauen. Und sie vermutet, dass dies der anzeigenden Frau ebenso erging.

Warum wird diesen Frauen nicht öfter gedacht? Ob nun in Danzig oder sonstwo. Weil überwiegend Männer darüber befinden was gedenkenswert ist?

Das entfernte Denkmal / Mahnmal hier in Danzig war etwas ganz, ganz Besonderes: Es thematisierte Frauen zugefügtes Leid, es thematisierte Leid das durch Siegertruppen verursacht wurde, und in dieses Leid wurden Deutsche miteinbezogen.

Ich erinnere mich an eine Filmsequenz in "Eine Frau in Berlin - Anonyma" in der ein Major der Roten Armee sinngemäß fragte "was sind schon diese paar Minuten?". Häufig waren es Minuten, die das Leben entschieden. Männer sehen das häufig anders als Frauen. Wer den vorgenannten Film bis zum Ende gesehen hat, versteht das vielleicht.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

jonny810
21.10.2013, 20:21
Hallo Wolfgang,

gestatte mir, dass ich dir auf den an mich gerichteten Beitrag auf meine Weise antworte.

Weder du, der im Zeitalter des Wiederaufschwunges geboren wurde, noch jemand Anderes

deiner Generation hat im Frühjahr 1945 auf dem Bischhof-Berg seine Mutter mit dem eigenen

Körper vor den Vergewaltigern schützen müssen, wie meine Brüder und ich.


Wir waren hautnahe dabei als die betroffenen Frauen um Hilfe schrieen. Niemand war da, der

wirklich helfen konnte.

Du hast dir das diesbezügliches Wissen entweder angelesen, oder hast es vom "Hören-Sagen".

Dafür kannst du nichts. Sei froh darüber, diese mehrfachen Situationen nicht aus eigener Erfahrung

zu kennen.

Gestatte mir also diesbezüglich meine eigene Meinung.

Ich weiß wovon ich spreche und brauche Niemanden, der mich diesbezüglich belehren muss.

Glaube nur nicht, dass Soldaten, gleich welcher Nation in Ausnahmefällen wie im Krieg, nicht ebenso

gehandelt haben. Ob weniger (bedingt durch Heimat - Urlaub) oder mehr, wer hat das je ermittelt?

Ich stehe zu meiner Aussage, dass diese Art der Diskussion in unserem Forum - einseitig ist und mit

Sicherheit nach 70 Jahren Niemandem etwas nutzt.Bestimmt nicht zu Beziehungen zu den Russen.

Wir sollten nichts vergessen, aber die Nationen sollten sich alle aussöhnen. Darum geht es mir!


Das 2. Thema (Politik und Religion) möchte ich dir so beantworten.


Ich habe die Statuten die dieses Forum betreffen, nicht formuliert. Ich glaube, dass das genügt, oder?


Allen einen schönen und gewaltfreien Abend.

Mandey +08.03.22
21.10.2013, 20:35
Das entfernte Denkmal / Mahnmal
KOMM FRAU.
Für mich persönlich kann nicht oft genug auf das Nazi Verbrechen an der Menscheit,ganz besonders in Osteuropa, hingewiesen werden,aber es sollte auch wie in diesem Fall, von den Kunststudenten,die gegen Rechnung an der Deutschen Bevölkerung hingewiesen werden,sonst sehe ich durch diese Verschweigungs Politik, eines Tages Fragende, sind diese Deutsche nach alldem was die den Völkern angetan haben, ungegeschoren davon gekommen?
Gruß v.Heinz Mandey

Eva Altstaedt +13.12.2018
21.10.2013, 20:48
Lieber Wolfgang, ich stimme Dir voll und ganz zu! In meiner eigenen Familie haben wir die russische Soldateska erlebt, meine Schwester ist bis zu ihrem Tod nie darüber hinweggekommen. Außerdem macht es mich wütend, wenn die Schandtaten der Russen immer wieder, wenn überhaupt erwähnt, damit entschuldigt werden, die Deutschen hätten es genauso gemacht. Meine Brüder waren weder Mörder noch Vergewaltiger, ebenso unsere Väter. Daß Gräueltaten nicht nur von der SS, sondern auch von manchen Offizieren der deutschen Armee begangen oder befohlen wurden, kann nicht die Rechtfertigung sein, dass ein ganzes Volk in Bausch und Boden dafür verurteilt und in grausamster Weise dafür leiden muss. Meines Erachtens hätte Stalin in Nürnberg auch auf die Anklagebank gehört!Aber wenn heute noch (ich habe es selbst im Fernsehen gehört) ein russischer General, darauf angesprochen, sagt: "An Vergewaltigung ist noch niemand gestorben", dann ist das ein unerträglicher Zynismus, über den sich kein Mensch aufregt. Natürlich, das kam ja von russischer Seite! Den Aufruhr möchte ich sehen, wenn das ein Deutscher General von deutschen Übergriffen gesagt hätte. Außerdem sind sehr wohl Frauen und halbe Kinder an den Misshandlungen gestorben. Aber es ist immer noch gültig: Wehe dem Besiegten! Schöne Grüße von der Zoppoter Eva.

Wolfgang
21.10.2013, 21:12
Schönen guten Abend,
hallo Erhart,

gestatte mir, dass ich dir auf den an mich gerichteten Beitrag auf meine Weise antworte:

Wir haben unterschiedliche Lebensläufe, Erlebnisse, Erfahrungen, Werdegänge. Du hattest eine Heimat die Du verloren hast, ich hatte fast 60 Jahre keine Heimat bis ich meine dort fand, wiederentdeckte, wo meine Wurzeln liegen. Kann es sein, dass Du hier einen vermeintlichen Generationenkonflikt thematisieren möchtest zu dem besser ein eigenes Thema aufgemacht werden sollte?

Du schreibst "Du hast dir das diesbezügliches Wissen entweder angelesen, oder hast es vom "Hören-Sagen"." Natürlich, und das wird mir als Nachkriegsgeborenem ja häufig genug unter die Nase gerieben bzw. als Makel angekreidet, bin ich kein in Danzig Geborener. Und, pardon, ich vergesse das immer wieder, natürlich ist es in den Augen Mancher so, dass angelesenes oder gehörtes Wissen nur halb zählt, häufig sogar gar nicht. Was habe ich, was haben wir (damit meine ich all Jene wie ich die nicht dabei waren) also das Maul aufzumachen?

Was möchtest Du? Dass wir vergessen? Dass wir vergessen woher wir stammen? Dass wir die Geschichte unserer Familien unter den Tisch kehren? Die Finger meiner Hände reichen nicht aus -und die Zehen meiner Füße ebenso nicht- um Dir Angehörige Deiner Generation zu benennen die sich lauthals beklagen, ihre Sprösslinge interessierten sich nicht einen Pfifferling für die Heimat ihrer Eltern und Großeltern. Warum? Warum bloß? Könnte es sein, dass deren Meinung nicht zählt? Dass Fragen so abgebürstet werden wie es Deinerseits geschieht?

Erhart, Du und alle Anderen die Danzig erlebten und die dortigen Erlebnisse miterlebten, habt den Nachkriegsgeborenen eins voraus. Ihr könnt Eure Erlebnisse aus eigener subjektiver Sicht schildern. All das unterliegt aber auch einem Historisierungsprozess: Je weniger noch da sind, desto mehr wird hinterfragt. Aber darin liegt auch eine Chance. Das subjektiv Erlebte, das häufig pauschaliert wird, weicht mitunter einem Wissen das auf breiterer und objektiverer Basis angelegt wird.

Erhart, Du magst der Ansicht sein, dass der Mantel des Schweigens über konkrete und nachweisbare Verbrechen gehüllt werden sollte. Ich respektiere Deine Meinung. Aber lass mir bitte auch meine Meinung, die Meinung eines Nachkriegsgeborenen mit Halb- bzw. Null-Wissen -dies weil er sich eben sein "Wissen" nur angelesen hat bzw. es ihm erzählt wurde-, der sich bzgl. der Schändung von Frauen nur auf Andeutungen in der eigenen Familie beziehen kann.

Eines Tages werden nur noch die Nachgeborenen sein. Sollen sie alle in Unwissenheit bleiben nur weil sie aktuell nicht "dabei" waren?

Noch eine kleine Randbemerkung zu "politischen Themen": Sie sind sogar erwünscht wenn sie einen Bezug zu Danzig haben. Unerwünschte Themen werden genannt in http://forum.danzig.de/showthread.php?2822-Unerw%FCnschte-Themen-und-Beitr%E4ge

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Wolfgang
21.10.2013, 21:23
Danke Eva, danke Heinz, für Eure Stellungnahmen!

Viele Grüße aus dem nächtlichen Werder
Wolfgang

Uwe
21.10.2013, 22:48
Hallo Wolfgang,

Du hast eine konkrete Frage gestellt, der ich gerne antworten möchte. Du fragst, wo sollte dann das Denkmal aufgestellt werden? Ich sage, dort wo es die Vertreter des Stadtrates für passend halten. Es kommt ein Ort in Frage, welcher in direktem Zusammenhang steht, z.B. Krankenhaus wo Frauen behandelt worden sind (soweit vorhanden), ein Friedhof wo Frauen die bei den Kriegsverbrechen getötet worden sind begraben worden sind oder ein Platz oder Park wo man sonst auch Denkmäler aufstellt. Es gibt bestimmt viele mögliche Orte. Ich habe noch nicht davon gehört, dass ein Denkmal nur sinnvoll ist an einem Ort, wo ein anderes Denkmal steht?!

Du hast bestimmt Recht, dass es gerade von russischer Seite immer Proteste geben würde, nur ist das nicht der Maßstab. Der Maßstab ist, ob der Protest gerechtfertigt oder ungerechtfertigt ist. Diesen damit vom Tisch zu wischen, die Russen würden sowieso protestieren ist viel zu "kurz" gesprungen. Ich möchte, das über die Opfer (also die Frauen) gesprochen wird und nicht über den Ort des Denkmals.

Dein Satz "Ich habe gestern Abend lange mit meiner Frau darüber gesprochen. Über einen darüber berichtenden Artikel im "Dziennik Bałtycki" und einem daran anschließenden Kommentar. Sie konnte und wollte die Abbildung der Skulptur nicht anschauen. Und sie vermutet, dass dies der anzeigenden Frau ebenso erging." zeigt mir, dass ich mit meinen Bedenken über die "Kunst" des Denkmals nicht falsch liege.

Herzliche Grüße

Uwe

jonny810
21.10.2013, 22:48
Hallo Wolfgang,

du magst noch so zynisch antworten, all das ändert nichts an der Tatsache,

dass Du nur nach plaudern kannst, was du dir angelesen hast, oder was man dir erzählt hat.

Im Übrigen gehst du trotz vieler Worte - nie direkt auf die Themen ein, die man anspricht.


Mir geht es in meinen Beiträgen auch nicht um Effekt-Hascherei.

Wer Jedenfalls die Tatsachen kennt, weiß auch, dass ich in den markanten Punkten Recht habe.


Was man erlebt hat, kann durch nichts ersetzt werden.

Mag es noch so objektiv beschrieben sein, was man sich anliest.


Mache weiter so den "Schul-Meister".


Sicherlich wirst du es gemerkt haben, dass immer weniger Beiträge von den alten Danzigern im Forum

angeboten werden. Nicht nur weil sie wegsterben.

Man zieht sich immer mehr zurück. Überlege einmal, woran das wohl liegen kann.

Wenn in West-Deutschland - Geborene, die damalige Situation im besiegten Ost - Gebiet - glauben besser

beurteilen können als die, die das Alles mitgemacht haben, braucht man sich an diese Art von Themen,

wohl nicht mehr beteiligen.

Ich habe mich als einer der Alten mehrfach angeboten, Fragen Jüngerer zu beantworten, so lange es noch geht.

Schreibt man Erlebtes, wird es von dir zerrissen, als wüsstest du es besser.


Noch eines.

Ich werde es nicht versuchen dir den Glauben zu nehmen, du wärest ein Danziger.

Nur eines steht für mich fest. Du magst im Werder noch so lange leben.

Du wirst nie ein Danziger sein! Du bist, und bleibst ein Deutscher, der in Polen lebt.

Nichts für ungut. Das musste raus.

Uwe
21.10.2013, 23:07
Die Erzählung von Erhart, seine eigenen Erlebnisse, wie er und seine Brüder versucht haben ihre Mutter zu schützen zeigt mir, dass man auch so eine Szene als Denkmal für die vielen vergewaltigten Frauen hätte auswählen können. Ich fände dieses passender als die Vergewaltigungsszene einer schwangeren Frau. Von daher muss so ein Denkmal durchdacht werden. Aber der Künstler hat ein sehr sinnvolle Diskussion angestoßen, ob es diese so schnell sonst gegeben hätte ist leider zu bezweifeln.

Herzliche Grüße

Uwe

Wolfgang
21.10.2013, 23:50
Schönen guten Abend,
hallo Uwe,
hallo Erhart,

Erhart, Dir antworte ich erst morgen weil ich befürchte, dass Du mir, nachdem Du Dich so hochgeschaukelt hast, beim Lesen einer sofortigen Antwort noch heute Nacht explodierst :) :) :)

Uwe, ich befürchte, der Stadtrat wird das Thema scheuen wie der Deubel das Weihwasser. Das ist nach wie vor ein heißes Thema! Und erst recht nicht wird der Stadtrat irgend einen eventuellen Standplatz aussuchen. Das ist ein TABU, auch heute noch. Außerdem: Die Diskussion über einen Standort lenkt vom Gedenken an die Opfer ab.

Was die Skulptur selber anbetrifft: Ich habe sie nicht gesehen, aber ich kann mir vorstellen, dass ich sie ebenfalls für zumindest diskussionswürdig empfände. Aber "Kunst" regt eben zur Kritik an und häufig provoziert sie. In diesem Fall emotionalisiert sie auch. Aber das war auch beabsichtigt.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Uwe
21.10.2013, 23:59
Hallo Wolfgang,

das mag so sein wie Du schreibst, nur denke ich ist es trotzdem den Versuch wert es erst einmal zu versuchen. Das es versucht worden ist habe ich bisher nicht gelesen, auch das Denkmal in seiner Art zu diskutieren wurde bevor es einfach hingestellt wird konnte ich nicht finden. Wenn das dann nicht klappt, kann man auch ein "temporäres Kunstwerk" aufstellen, um zu emotionalisieren und sensibilisieren. Hier jedoch wurde wohl der zweite vor dem ersten Schritt gemacht?

Herzliche Grüße

Uwe

Wolfgang
22.10.2013, 00:19
Schönen guten Abend,
hallo Uwe,

ich möchte noch einmal einen bereits vorhin geschriebenen Satz wiederholen und besonders betonen:

"Das entfernte Denkmal / Mahnmal hier in Danzig war etwas ganz, ganz Besonderes: Es thematisierte Frauen zugefügtes Leid, es thematisierte Leid das durch Siegertruppen verursacht wurde, und in dieses Leid wurden Deutsche miteinbezogen."

Mehr ist zumindest momentan nicht zu erwarten. Es ist durch diese Aktion und die öffentliche Aufmerksamkeit ein ganz wesentlicher Schritt getan.

Es steht natürlich Jedem frei, sich an den Stadtrat zu wenden um mehr zu erreichen. Ich vermute jedoch, die Skulptur wird in der Versenkung verschwinden. Aber das war dann mindestens nicht ohne öffentliche Diskussion.

Gute Nacht,
Wolfgang

Uwe
22.10.2013, 00:25
Ja Wolfgang, eine kurze öffentliche Diskussion um den/die Künstler bekannt zu machen?! Dauerhaft an das Leid der Frauen oder auch der Kinder, die das in einer großen Zahl miterleben müssten, gibt es so aber leider nicht.

Auch ich wünsche eine gute Nacht.

Herzliche Grüße

Uwe

MeinEichwalde
22.10.2013, 12:47
Liebe Leute,
ich erinnere an die Argumentation um das Zentrum gegen Vertreibungen,welches nicht in der Nähe des Denkmals für die ermordeten Juden in Europa stehen sollte. Jetzt ist es das Deutschlandhaus 400 m entfernt. Ich erinnere an das GEdenken in Plasnitza ( Wald von Piasnitz) wo es eine Auseinandersetzung gibt darum wer die Opfer waren, und wer dort gedenken sollte. Eine polnische Museumsleiterin gab mir zum Beispiel vor 6 Jahren noch zu verstehen, dass ich dort nicht trauere, jedenfalls nicht neben ihr, dass ich ihr beim Trauern gerne zusehen dürfe , das war ihre Meinung.
DAs Trauer und GEdenken ist ein umkämpfter Markt um Medienaufmerksamkeit geworden. Die Opfergruppen konkurrieren schon seit langem. WEr wohl an dem Sowjetpanzer wem gedenkt ?
In Berlin wird der Gedenkstein für die deutschen Frauen am Volkstrauertag geschmückt.Sie gelten als zivile Opfer und auf keinen Fall als Helden.
Die Sowjets hatten Frauen mit in der Armee, also ist der Panzer auch ein Denkmal für Frauen.
DAs Museum für den Zweiten WEltkrieg welches 2014 in Danzig eröffnet wird dürfte aucheine Stellungnahme abliefern.
LG Delia

Wolfgang
22.10.2013, 14:17
Schönen guten Nachmittag,

ich halte noch einmal kurz kommentierend fest, was Fakt ist und was das Besondere an dieser Aktion war:

- Es handelte sich um eine PRIVATE Aktion eines JUNGEN Künstlers
- Dieser Künstler wählte provozierend einen umstrittenen Standort seiner Skulptur
- Es wurde Frauen zugefügtes Leid thematisiert und es waren darin ALLE Opfer miteinbezogen, also auch die deutschen
- Bemerkenswert ist der gesellschaftliche Wandel in dessen Umfeld diese private Aufstellung einer Skulptur geschah
- Es geht NICHT um irgend einen neuen Standort. Eine Diskussion darüber ist müßig. Ich bin absolut überzeugt davon, dass diese Skulptur die nun in einer Asservatenkammer oder auf einem Hinterhof der Polizei verstaubt, später NIE wieder an einem öffentlichen Platz zu sehen sein wird
- Es geht auch nicht darum, dass "Trauer und Gedenken ein umkämpfter Markt um Medienaufmerksamkeit geworden" ist. Es war ein bewusster Tabubruch, der aufrütteln sollte. Es ist wie bei Dominosteinchen... - das erste fällt, dann noch eins und noch eins und irgendwann wird darüber ehrlich gesprochen
- Es war und es gab KEIN offizielles "Denkmal". Deswegen wird es auch kaum Stellungnahmen der Behörden zu diesem "Denkmal" geben, auch nicht seitens des Weltkriegsmuseums
- Die Aktion war perfekt geplant und durchgeführt. Hätte es darüber im Vorfeld Informationen / Diskussionen gegeben, wäre sie ohne viel Trara unterbunden worden und alles wäre im Sande verlaufen.

Wer in dieser Aktion eine "Eintagsfliege" vermutet, liegt vermutlich falsch. Ich bin davon überzeugt, dass die hiesige Diskussion sehr hilfreich war und in die Zukunft hineinwirken wird.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

MeinEichwalde
22.10.2013, 19:20
Tut mir leid, ich hoffe, dass die Diskussion auch noch woanders mit meinen Argumenten belebt wird.
Die Aktion war nicht privat, sondern öffentlich.
Der Künstler mag zwar jung sein, aber er hat einen Namen der sicherlich bekannt ist, und der ihn als Politkünstler zeigt.
Das Thema Vergewaltigung ist reichlich weltweit behandelt. Femen und die anderen Frauengruppen machen das täglich, in diesem Zusammenhang nun eine schwangere zu nehmen ist schlechter Geschmack.
Man fragt sich ob es nicht ein Manifest dazu gibt oder ob es eine Künstlerin war, die dieses Werk geschaffen hat.
DAs Foto des Werkes ist weltweit nun zugänglich. Und das Kunstwerk ist zwar beschlagnahmt aber ihr könnt sicher sein, dass es demnächst irgendwo auf einer Ausstellung gezeigt werden wird und auch verkauft werden wird.
Was mir sehr wichtig ist, weil ich auch letztes Jahr Terres de Femmes Aktionen hier in Berlin unterstützt habe, dass nicht jeder dazu in der Lage ist sich mit schrecklichen Dingen zu konfrontieren, deshalb kann ich es auch nachvollziehen, dass Deine Ehefrau gerade keine Lust auf solchen Schrecken hatte. Das verträgt man manchmal nicht. Ich zum Beispiel habe mich beraten lassen und ich sollte mich nicht bei Terres de femmes engagieren, weil ich nicht die Nerven habe..Soviel dazu
Ich bin gespannt auf den Namen und das Fortschreiten der Aktion
Heimatliche Grüße
Delia

Bartels
23.10.2013, 23:47
Einen schönen guten Abend,

der Künstler hatte mit seiner Aktion bestimmt "Erfolg", denn über 2 000 Personen kommentierten die Berichterstattung im Internet. In welcher Richtung die Kommentare verliefen, kann ich mangels polnischer Sprachkenntnisse leider nicht beurteilen.

Möglicherweise wäre die Geschichte des 20. Jahrhunderts anders verlaufen, wenn man neben jedes Kriegerdenkmal ein anderes gesetzt hätte, dass die Opfer und die unehrenhaften Seiten der Kriege aufgezeigt hätte.

Dass vergewaltigte Frauen ein Leben lang daran gelitten haben, kenne ich aus der eigenen Familie. - Der Vetter meines Grossvaters nahm sich das Leben, während Frau und Tochter damit leben mussten ...

NB: Beim Frankenthaler Denkmal für die Gefallenen des ersten Weltkriegs wurden die Soldaten jüdischen Glaubens einfach vergessen.

Ulrich 31
24.10.2013, 00:13
Hallo Rudolf,

gibt es "ehrenhafte Seiten" der Kriege?

Gruß Ulrich