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Wolfgang
14.11.2013, 12:33
Aus "Unser Danzig", Nr. 18 vom 20. September 1959, Seite 12

Danziger Ausflugslokale
von Hugo Arendt

Der Danziger hatte einen ausgesprochenen Familiensinn. Der Sonntag war sein Ausflugstag, und mit "Kind und Kegel" ging es hinaus in die herrliche Danziger Umgebung. Mutter schmierte schon am frühen Morgen die Stullen, Eier und Klopse wurden mitgenommen, und dann ging's los für den ganzen Tag. Welche Stadt kann sich wohl mit uns messen? Wo liegen Meer, Strand und Wald so dicht beieinander? Folgt mir einmal im Geiste, liebe Danziger, durch unsere alten Ausflugslokale.

Die Niederstädter wanderten gerne nach Cafe "Sedan", an der MottIau gelegen. Hier konnte man angeln und Bootchen fahren nach Herzenslust. Gegenüber lag das Caf'e "Einhaus" mit seinem schönen Garten und kleinen Tierpark. Die Danziger Grenadiere feierten hier immer. ihre Kompaniebälle. Wer gut zu Fuß war, wanderte auch nach Krampitz. Vor 30 Jahren konnte man dann mit einem kleinen Dampfer bis Mattenbuden zurückfahren.

Ein anderer schöner Ausflug war ein Fußmarsch an der Radaune entlang von Petershagen über Stadtgebiet-Ohra zum Hoene-Park. Man saß hier herrlich unter den großen Bäumen, während die Kleinen die Schwäne fütterten. Man trank dann Kaffee bei "Kirschberger" in Ohra, und der Tierpark hier war wirklich sehenswert. Danach ging es weiter am Radaunedamm entlang bis zum Lokal "Drei Schweinsköpfe". Hier konnten die Kinder schaukeln, der Vater einen anständigen Machandel trinken und die Mutter sich eine dicke Landstulle mit Schinken einverleiben.

In den Sommermonaten ergoss sich eine wahre Völkerwanderung, in der Zeit, als noch keine Straßenbahn nach Heubude fuhr, in diesen idyllischen Ort. Man ging über die Breitenbachbrücke - sofern man nicht den Dampfer benutzte -, dann rechts an der Mottlau entlang bis zur Anlegebrücke. Dann kam man am Meydam'schen Grundstück mit dem berühmten Storchennest vorbei, und da tauchte dann auch bald der Heidsee auf. 50.000 Menschen erholten sich an heißen Sommersonntagen am wunderschönen, breiten Strand, der für die Kinder ein Paradies war. Wanderlustige konnten dann nach rechts abbiegen und Krakau und Neufähr besuchen. Andere wieder gingen am Strand oder auf der Dünenpromenade zum "Dünenschlößchen", wo der freundliche Wirt Albin Haak jeden Wunsch erfüllte. Man konnte weiterwandern bis zur Strandhalle Weichselmünde und bei dem Original Paul Siedler vorbeikommen, der die Strandhalle besaß. Die Rückfahrt wurde dann per Dampfer von Weichselmünde ausgeführt.

Da die Friedhöfe fast alle in der Großen Allee lagen, so wurde auch sehr gerne nach deren Besuch das Cafe "Vier Jahreszeiten" in der Halben Allee aufgesucht. Jahrelang lag es tot da. Dem Gastwirt Gregor Jansen war es dann zu verdanken, dass diese Raststätte sonntäglich von Ausflüglern überflutet wurde. Im gepflegten, großen Garten, der abends festlich beleuchtet wurde, konnte man seine Alltagssorgen vergessen. Auch die Krankenhausbesucher kehrten hier sehr gerne ein. Von hier aus konnte man noch weiterwandern nach Langfuhr zum schönen Jäschkentaler Wald. Das kleine "Forsthäuschen" war hier ein magnetischer Anziehungspunkt für Kaffeedurstige. Ganz in der Nähe lag auch das "Waldhäuschen", bekannt durch seine Mai-Frühkonzerte. Vater Semprich bediente die Zapfkrüge, während seine Frau die Kaffeeküche leitete. Mitgebrachter Kaffee wurde aufgebrüht, und Mutter Semprichs Waffeln waren berühmt.

Viele Danziger liebten auch das schöne Oliva. Ein Spaziergang durch den Königlichen Garten mit seinen wertvollen Pflanzen war immer besonders reizvoll. Danach besichtigte man auch gerne die Klosterkirche mit der altertümlichen Orgel, um dann noch dem Karlsberg einen Stippbesuch abzustatten. WeIche Ruhe strömte doch von dem Seebad Glettkau aus! Eine schöne Badeanstalt mit Turngeräten lud zum Bade ein, kleine Motor- und Segelboote brachten dich in kurzer Zeit nach Zoppot. Auch von hier aus gab es herrliche Wanderwege, z.B. nach Adlershorst, zum Großen Stern, zum Kaiserquell usw. Viele wanderten auch durch den Wald nach Oliva zurück, um die dortigen Waldgaststätten Schwabental und Freudental noch zu besuchen.

Ja, liebe Danziger Freunde, man könnte noch vieles schreiben und vieles berühren, Wir können stolz auf unsere Heimat sein, sie war im allgewaltigen Schaffen des Herrgotts Meisterstück. Deshalb zieht es uns ja so zurück nach unserer lieben Heimat, und wenn die rheinischen Karnevalisten singen "Eck möcht to Foot nach Kölle gahn!", dann stimmen wir freudig mit ihnen ein: "Eck möcht to Foot nach Danzig gahn!"

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Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

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