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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Juden in Danzig



Fackel
20.11.2010, 12:32
Hallo,

ich möchte die Vergangenheit nicht wegreden und ausradieren, aber als 48 jährige Frau, die selber eine Woche durch Israel gereist ist (u.a. auch durch die besetzten Gebiete)in Ägypten und Jordanien war und einen Vater hat, der den Krieg in all seinen Schattierungen als 14 jähriger in Danzig miterlebt hat, möchte ich daraufhin weisen:
wenn über die Schuld der Deutschen geredet wird, dann aber bitte auch darüber,
- wie Russen deutsche Frauen vergewaltigt und geknechtet haben
- welche Diskriminierungen Deutsche im Laufe der Geschichte in Grenzgebieten erlebt haben
- welche Probleme es wirklich in Israel gibt!!
- warum Deutschland überhaupt das Geld hatte, so eine Kriegsmaschinerie aufzubauen
Es gibt nämlich nicht nur eine Sicht der Dinge sondern mehrere, ansonsten können wir uns gleich auf das
"Bild -Zeitungs" Schema reduzieren lassen. Die Geschichte besteht aus mehreren Kapiteln!!
Im übrigen sollten die nachfolgenden Generation auch das Recht haben, die volle Wahrheit erfahren zu dürfen!
Viele Grüße

Heike

Wolfgang
20.11.2010, 13:24
Schönen guten Morgen,
hallo Heike,

Margot Beer traf in ihrem in "Unser Danzig" veröffentlichen Beitrag Es gab auch Andere: Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden (http://forum.danzig.de/showthread.php?6558-Es-gab-auch-Andere-Gedanken-zum-Schicksal-der-Danziger-Juden&p=40571#post40571) die sehr bemerkenswerte Aussage: "Das alles ist nun Historie. Jeder hat sie anders erlebt. Jeder weiß es anders."

Thema unseres Forums ist Danzig.

Diskussionen über Kriegsschuld bzw. eine Relativierung der Kriegsschuld sprengen den Rahmen unseres Forums. Dafür sind einschlägige politische Diskussionsforen besser geeignet.

Genauso wenig ist unser Forum dafür geeignet, eine Diskussion über das heutige Israel und die Palästinenser zu führen. Auch ich war in Israel (zwei Wochen), war im jordanischen und syrischen Grenzgebiet, im Negev und das was ich sah, empfand ich anders und zog wahrscheinlich auch andere Schlüsse. Mag sein, dass ich auch dadurch geprägt wurde, dass ich als Flüchtlingskind in Dachau in unmittelbarer Nachbarschaft des früheren Konzentrationslagers aufwuchs (das nach dem Krieg als Flüchtlingslager diente in dem auch meine Großmutter und andere Verwandte "wohnten").

Ich halte unser Forum ebenso für ungeeignet, darüber zu diskutieren wer den Krieg finanzierte. Es gibt "Beweise" von "Wissenschaftlern" und "Historikern" die uns alles Mögliche weis machen wollen, dabei auch nicht vor Verdrehungen, Fälschungen und Verfälschungen halt machen. Auch dafür gibt es einschlägige Diskussionsforen, in denen Schuld- und Verschwörungstheorien in voller Bandbreite "diskutiert" werden können. Diese Thematik ist aus diesen Gründen in unserem Forum unerwünscht.

Wer die vielen anderen "Wahrheiten" diskutieren will (über Google lassen sich sehr einfach zu entsprechenden Stichwörtern einschlägige Foren finden) wird ganz sicher an anderer Stelle fündig werden.

Unser Forum ist für all die vorgenannten Themen nicht geeignet und nicht dafür bestimmt!

Eines der Ziele unseres Forums ist, miteinander ins Gespräch zu kommen, zuzuhören, Verständnis und Empathie füreinander zu empfinden.

In diesem Sinne sind bitte auch politische Diskussionen zu führen. Sie können durchaus kontrovers -aber mit Achtung vor dem Andersdenkenden- geführt werden, sollten aber immer das vorgenannte Ziel im Auge behalten.

Fackel
20.11.2010, 13:55
Lieber Wolfgang,

danke für Deine Antwort und finde es auch gut, daß Du meinen Beitrag verschoben hast! Denke, daß ich sowieso das Thema verfehlt hatte, es stand ja auch unter einem anderen Titel. Eine ewig lange Diskussion wollte ich sowieso nicht führen und wenn Du sagst, daß dieses Forum nur Danzig betreffen sollte, so finde ich Deine Antwort berechtigt. Mir die ich selber den Krieg nicht erlebt habe, stößt es nur manchmal einfach unwillkürlich im Magen auf, wenn immer nur von der "Schuld der Deutschen" gesprochen wird. Wie schon im Zitat erwähnt: Jeder erlebt und erlebte die Realität anders.
Viele Grüße

Heike

Wolfgang
20.11.2010, 14:47
Schönen guten Nachmittag,
hallo Heike,

für mich war die zentrale Aussage Margot Beers die in der sie sagt, jeder habe die Geschichte anders erlebt und jeder wisse sie anders.

Persönlich erlebte Geschichte und das was man sah (bzw. das was man glaubte zu sehen) prägen häufig stärker als das Lesen noch so dicker gedruckter geschichtlicher Abhandlungen.

Unrecht ist auf vielen Seiten geschehen und man sagt nicht umsonst, ein Krieg fordere stets Opfer bei allen Beteiligten.

Ich bin mit einer polnischen Danzigerin verheiratet deren Familie im Krieg alles verlor. Meine Schwiegermutter gehörte einer gutsituierten und wohlhabenden Familie an, die in der heutigen Ukraine (damals Polen) ein Gut besaß. Zuerst wurde ihnen Unrecht von Ukrainern angetan, dann von Deutschen. Entschädigung, Lastenausgleich? Nichts, null! Aber sie überlebten wenigstens... Die Familie meiner Frau erlebte den Krieg aus einer anderen Perspektive, sie hatten andere Erlebnisse, sie wissen anderes.

Am Krieg hatte Deutschland schuld. Kein empfundenes Unrecht rechtfertigt jemals einen Krieg wie er von Deutschland ausging und eine Ausrottung Anderer wie sie von Deutschland begangen wurde. Bei der Zuordnung von Schuld in anderen Fragen halte ich mich zurück. Zu häufig ist Schuld nicht oder nicht eindeutig zuordenbar. Wer über "Schuld" diskutiert, verliert allzuhäufig die Opfer aus dem Auge. Die Suche nach Antworten auf Schuldfragen kann deswegen nicht im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen, sondern das Bewusstwerden geschehenen Leides, der Versuch des Mitfühlens mit allen Opfern.

Ulrich
23.11.2010, 16:00
Hallo allerseits,

zu Helga, hast Du, Wolfgang, meiner Ansicht nach alles Nötige gesagt.

Ein bedeutsamer Satz von Margot Beer ist für mich: "Kein Gesetz befahl, die Fensterscheiben. jüdischer Geschäfte einzuschlagen und die Waren herauszustehlen". Frau Beer thematisiert die Initiative (nicht "Beteiligung") zahlreicher Danziger bei Judendiskriminierung und -ausplünderung. Schade, dass sie die Allgemeinheit ihrer Aussage dann mit Hilfsaktionen einzelner relativiert. So verwässert sie ihre Aussage, dass es sich um ein gesellschaftliches Massenphänomen gehandelt hat.
Grüße
Ulrich

Poguttke
10.01.2011, 22:27
Wikipedia - Freie Stadt Danzig - dort steht auch viel über das Schicksal der Danziger Juden. Im übrigen war Danzig das letzte Tor in die Freiheit sowohl für deutsche als insbesondere auch für die polnischen Juden.

Poguttke
10.01.2011, 22:31
PS. Meines Wissens ist es in Danzig nicht zu Plünderungen gekommen,meine Familie hat auch nach der "Kristallnacht" weiterhin bei Juden eingekauft

Marc Malbork
11.01.2011, 01:37
Aus dem Buch von Erwin Lichtenstein, Bericht an meine Familie, 1985, S. 84ff.:

"...Nacht vom 9. zum 10. November 1938 als "Reichskristallnacht" zum historischen Begriff geworden. Eine Nacht später kam es auch in Danzig zu Überfällen auf Juden und am 12. November ... erfuhr ich gegen Mittag, das ein Angriff auf die große Synagoge geplant war.

...(Gemeindevorsitzender) Rechtsanwalt Rosenbaum ... ging ans Telefon um den Polizeipräsidenten anzurufen. ...Tatsächlich erschien die Polizei, und die SA-Leute, die den Angriff ausführen sollten, flüchteten.

...Noch am gleichen Abend fuhr (= flüchtete, Anm. Rüdiger) Rechtsanwalt Rosenbaum mit seiner Frau nach Nizza...Von Rosenbaums Abreise erfuhr ich erst am nächsten Morgen... Sein Sohn Ernst ... teilte mir mit, dass die Polizei sein Büro durchsucht habe. Unsere Hausangestellte informierte mich telefonisch, dass die Polizei auch in meiner Wohnung erschienen sei. ...Ähnliche Aktionen fanden ... bei zahlreichen jüdischen Familien statt. Bei einigen Durchsuchungen wurden Waffen "gefunden" und Verhaftungen vorgenommen.

Aber schlimmer waren die Nachrichten, die ich an diesem Tage über die Angriffe auf Synagogen und auf jüdische Geschäfte erhielt. In der Nacht wurde die Synagoge in Langfuhr aufgebrochen und die Inneneinrichtung zerstört. Die Synagoge in Zoppot wurde in Brand gesteckt. Wohnungen wurden geplündert und zahlreiche Schaufenster jüdischer Geschäfte eingeschlagen. Hunderte von Juden flüchteten über die Grenze nach Polen. ..."

Siegler, Danzig Chronik, 1991, S. 358:

"In den Progromen der Kristallnacht zu Danzig werden Massenverhaftungen vorgenommen, jüdisches Eigentum beschädigt und die Synagogen in Langfuhr und Zoppot in Brand gesteckt. ...Von nun an waren sich die Danziger Juden dessen bewußt, daß ihre Emigration höchst dringlich geboten war. Weiterer Druck auf sie erfolgte durch die Einführung der Nürnberger Gesetze in Danzig ... "

Wolfgang
11.01.2011, 02:00
Schönen guten Abend,
hallo Gerold,

Danzig war Freistaat. Vor Eingliederung Danzigs ins Reich, also vor der vollkommenen Machtübernahme durch die Nazis konnte das Regime und seine Helfer noch nicht ganz so mörderisch gegenüber Oppositionellen und Juden auftreten.

In vielen Fällen bedeutete das einen Zeitaufschub, viele Menschen konnten sich "freikaufen" oder flüchten. Ziel war jedoch auch in Danzig die "Endlösung", also die vollständige Vernichtung der jüdischen Mitbürger. Aber auch bereits vor der "Reichskristallnacht" wurden in Danzig Juden diskriminiert, es wurden Berufsverbote ausgesprochen, sie wurden enteignet, entrechtet, ausgebürgert, inhaftiert, misshandelt, in den Freitod getrieben oder ermordet.

Nicht Alle haben weggesehen aber sehr Viele. Heute rezensierte ich das Buch Christel Wachowskis "Als die Menschen verstummten". Sie meinte damit nicht die Juden, sondern Jene, die Ende Krieges flüchteten oder vertrieben wurden. Sie schrieb in dem Buch etwas Bezeichnendes (Seite 35-36): "Zu Hause wurde nie über Politik gesprochen. Auch nicht über die Juden. Wenn wir in der Stadt Menschen sahen, die den gelben Judenstern auf ihren Mänteln aufgenäht hatten, dann redete man nicht darüber. Waren Häuser mit "Jude" beschmiert, musste man wegsehen.
Wortlos wurde uns vermittelt, dass dies nichts für uns war. Dass wir dies niemals ansprechen dürften, da wir sowieso keine Antwort bekommen würden."

Die Nazis, an der Spitze Gauleiter Forster, machten keinen Hehl daraus was sie mit den Juden vorhaben. Im "Vorposten", auf Versammlungen, wurde permanent verkündet, dass die jüdische Rasse ausgerottet werden müsse. Man ließ sich davon begeistern oder man schaute weg, schloss die Augen. Offene Kritik oder Widerstand gab es nur selten.

Das auch in Danzig unmenschlich verbrecherische Regime ist in unzähligen Erlebnisberichten, Dokumentationen, Sachbüchern, Dissertationen und Artikeln dokumentiert. Ich verfüge nur über einen winzig kleinen Teil der publizierten Fachliteratur, aber ich kann einige herausragende Bücher nennen, die einen tiefen und erschreckenden Eindruck über die entsetzlichen Geschehnisse geben.

Samuel Echt: Die Geschichte der Juden in Danzig
Erwin Lichtenstein: Bericht an meine Familie / Ein Leben zwischen Danzig und Israel
Erwin Lichtenstein: Die Juden der Freien Stadt Danzig unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
Dieter Schenk: Hitlers Mann in Danzig / Gauleiter Forster und die NS-Verbrechen in Danzig-Westpreußen
M.Borzyszkowska-Szewczyk/Christian Pletzing: Jüdische Spuren in der Kaschubei

Die von den Nazis und deren Helfern verübten Verbrechen werden bereits in diesen wenigen Büchern so umfassend dargestellt UND BELEGT, dass sich für den Leser jedwede Relativierung oder Verharmlosung automatisch ausschließt.

Danzig war für die Juden niemals das letzte Tor in die Freiheit, sondern es bedeutete lediglich, dass sie von der Vernichtungsmaschinerie etwas später überrollt wurden wenn für sie kein "Lösegeld" aufgebracht werden konnte. Es gab in der Danziger Administration aber auch mehrere Menschen, die alles in ihren Möglichkeiten stehende unternahmen, um das Leid und Schicksal der Juden zu mindern, so z.B. Polizeirat Kammer und Robert Sanders, dem Vorsitzenden des Ausschusses "zur Förderung der jüdischen Auswanderung".

Wenn die Zahl der direkt in die Vernichtungslager deportierten jüdischen Mitbürger Danzigs relativ gering zu sein scheint, darf nicht vergessen werden, dass vielen von ihnen noch die Flucht nach Polen "glückte" - wo aber das gleiche furchtbare Schicksal auf sie wartete.

Keinen Zweifel: Es hat Danziger gegeben, die nicht wegschauten, die unter Gefahr halfen. Es bleibt trotzdem festzuhalten, dass sie zu den ERSTEN DANZIGER VERTRIEBENEN gehörten, und zwar wurden sie nicht nur aus ihrer Heimat vertrieben sondern für entsetzlich viele war es eine Vertreibung aus dem Leben.

Ulrich
04.02.2011, 15:54
Hallo,

ich fand gerade einen interessanten link zum thema "Jüdische Spuren in der Kaschubei", Übersicht über eine Tagung, die vor ein paar Jahren dazu in Danzig stattfand.
http://www.academiabaltica.de/files/2006-11-06_programm-d.pdf
Schönen Gruß
Ulrich

Ulrich
05.02.2011, 03:01
Hallo Poguttke,
aus dem Buch von Samuel Echt u.a.:"Am 22. Oktober 1937, unmittelbar nach der Auflösung des Zentrums und der Vernichtung des letzten Widerstands der Opposition, wurden die jüdischen Markthändler von ihren bisherigen Ständen in Danzig und Langfuhr vertrieben und von der Polizei gezwungen, in Danzig in der Büttelgasse, in Langfuhr in der Birkenallee, ihre Verkaufsstände aufzuschlagen. Diese Ausschaltung und Absonderung der fast ausschließlich polnisch-jüdischen Markthändler erfolgte unter Anwendung von Gewalt, und die ihnen zugewiesenen Plätze waren wegen der engen Zufahrtsstraßen schwer zugänglich" (Samuel Echt, Die Geschichte der Juden in Danzig, Leer 1972, S. 172).
Und zur Umgebung (vermutlich u.a. Häkergasse, Lavendelgasse): "Gleichzeitig zogen Nazihorden in Zivil, begleitet von Kindern und Neugierigen, durch die an der Markthalle gelegenen Straßen, kennzeichneten die jüdischen Geschäfte mit der Aufschrift "Jude", zertrümmerten die Fenster und beschädigten oder stahlen die Warenauslagen. Die Polizei schritt nicht ein; die jüdischen Ladeninhaber waren schutzlos" (Samuel Echt, Ebenda).

Ulrich
05.02.2011, 23:27
Ergänzen möchte ich noch: Es wurden in Danzig nicht nur Geschäfte jüdischer Inhaber geplündert, das bezieht sich übrigens auch auf Geschäfte der Nachkommen von Juden, es kam auch zu weitgehenden Enteignungen von Firmen und Geschäften von Juden und Nachkommen von Juden und zu Entlassungen jüdischer Mitarbeiter. Profiteure: Linientreue Danziger. Mit der systematischen Aufarbeitung der Geschichte der "Arisierungen" in Danzig ist noch nicht einmal in Ansätzen begonnen worden. Einige Namen von Räubern und Beraubten in Samuel Echts Buch.
Und zum Thema:"Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" noch einmal der Hinweis auf die Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken. Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die dann erscheinenden einzelnen Namen klickt.
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html, Ergebnisse oft ähnlich der Suchmaske von Yad Vashem.
Grüße
Ulrich

Poguttke
06.08.2011, 04:28
Den Kommentaren entnehme ich, daß ich offensichtlich mißverstanden werde. Natürlich ist auch für mich die Judenverfolgung und auch gerade im Danziger Staat ein ungeheuerliches Verbrechen, daß man eigentlich überhaupt nicht begreifen kann. Selbst wenn man die hetzerischen Reden von Forster und Konsorten hört, kann man sich doch nicht vorstellen, daß Menschen tatsächlich ernsthaft willens sind, Menschen anderer Rasse oder auch politischer Auffassung oder Religion in dieser Form zu vernichten. Natürlich habe ich auch das Buch von Samuel Echt, und für mich ist es eines der wichtigsten Bücher der Danziger Geschichte, denn er war ja selbst Danziger und hat wie kein anderer durch die genaue Auflistung der Geschehnisse genauestens nachvollziehbar gemacht, wie die ganze Entwicklung durch die Nazis hochgeschaukelt wurde. Er ist es aber auch der meine Aussage bestätigt, daß Danzig das letzte Tor für deutsche und polnische Juden in die Freiheit war. Ferner belegt er, daß die Danziger nicht so ohne weiteres für die Kristallnacht zu begeistern waren. Die sogenannten Wahlen belegen, daß die Hälfte der Danziger in Opposition zu den Nazis standen, wobei die Wahlen auch manipuliert waren. So standen ja uniformierte Nazis vor den Wahllokalen und bekannte Oppositionelle wurden kurzerhand weggeprügelt und erst garnicht ins Wahllokal gelassen. Wichtige Posten in Rundfunk, Presse, Polizei usw. wurden durch Nazis aus dem Reich übernommen. Es hat auch Opposition und Widerstand stattgefunden, jedoch gibt es hierüber keine schriftlichen Belege, aus verständlichen Gründen. Ich selbst stamme ja von einer liberalen und eher unpolitischen Danziger Familie ab, und so hat mich natürlich mein ganzes Leben lang die Frage bewegt, was haben wir Danziger denn nun eigentlich verbrochen, daß wir so bestraft werden? Womit haben wir Danziger verdient, als einziger Staat in Europa alle Rechte zu verlieren bis zum heutigen Tage? Wieso gilt der Versailler Vertrag für Polen, Deutschland, und andere Staaten in Europa, aber nicht für uns? Wieso greift die uns vertraglich zugesicherte völkerrechtliche, internationale Vereinbarung der Schutzgarantie und Schutzverpflichtung nicht? Schließlich wurde die Judenvernichtung in allen von den deutschen Nazis eroberten Staaten durchgeführt, und auch Mitläufer hat es in allen Staaten gegeben. Aber selbst Deutschland und Österreich, die Ursprungsländer der Nazis, existieren weiterhin als Staaten, nur eben wir Danziger nicht. Was haben wir Danziger also falsch gemacht, daß man alle unsere Generationen so bestraft und uns Völkerrecht, Menschenrecht, und die europäischen Grundsätze vorenthält? Warum werden kommunistische Kriegsverbrechen bis heute nicht verfolgt?

asche
06.08.2011, 13:28
Eigentlich besteht kein Zusammenhang zwischen Judenverfolgung einerseits und Vertreibung/Annexion/Racheakten andererseits. Von Gerechtigkeit im heutigen Sinn war damals nirgends die Rede. Bis weit in die 1970er Jahre hinein ("nach Vietnam") galt überhaupt Moral als eine innerstaatliche Sache, während zwischen den Nationen das Gesetz des Dschungels herrschte, genau wie von Goebbels interpretiert.

Die Straf- und Entschädigungsforderungen jüdischer Organisationen waren im Vergleich dazu ausgesprochen zivil, aber auch hier zahlten Unschuldige für die Schuldigen mit, und die Empfänger waren nicht immer die am stärksten Geschädigten.

Auch heute ist das sogenannte "Völkerrecht" bezüglich seiner Gerechtigkeitsansprüche nicht mit dem deutschen/europäischen Strafrecht vergleichbar. Verbrecher aus ex-kommunistischen EU-Staaten können allerdings sehr wohl angeklagt werden, es geschieht aber wegen der Beweislage selten (genau wie bei Nazi-Verbrechern).

Alexander

Ulrich
27.01.2012, 22:32
Hallo, liebe Forumsmitglieder,
Anlässlich des heutigen Holocaust-Gedenktages wiederhole ich gern:
Die Aussage "Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite findet man u.a. in der Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken.
Bei "Geburtsort" "Danzig" finden sich die Namen von 441 ermordeten, in Danzig geborenen Juden, bei "Wohnort" "Danzig" 325 ermordete Juden, die in Danzig wohnten.
Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die erscheinenden einzelnen Namen klickt.
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html,
Schönen Gruß
Ulrich

Ulrich
27.01.2013, 23:09
Guten Abend,

wie schon im Vorjahr:
Anlässlich des heutigen Holocaust-Gedenktages wiederhole ich gern:
Die Aussage "Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite findet man u.a. in der Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken.
Bei "Geburtsort" "Danzig" finden sich die Namen von 441 ermordeten, in Danzig geborenen Juden, bei "Wohnort" "Danzig" 325 ermordete Juden, die in Danzig wohnten.
Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die erscheinenden einzelnen Namen klickt.
http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html,
Schönen Gruß
Ulrich

danli, + 23.01.2015
28.01.2013, 20:21
Es tut mir weh ,immer wieder solche Diskusionen zu hoeren und zu lesen.
Das ist bestimmt nicht was Helga beabsichtigt hatte.Was sich in Danzig tat sieht man am besten 1938 von den Bildern des Aufmarsches vor der Synagoge in Danzig
Mit den Losungen :komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt rein.
(die Synagoge wurde praktisch zwangsverkauft.)Als ich 1939 mit meinem Vater
an einem Truemmerhaufen vorbeikam und meinen Vater fragte was das ist,war seine
Antwort :"das hat man aus unserem Gotteshaus gemacht ". Mein Vater war nicht religioes.
Soviel ich weiss wurde von dem Erloess auch Auswanderungen finanziert.

Das mein Vater am Leben verdankt er einem Schulfreund.Er war Polizeioffizier und warnte meinen Vater vor jeder Razia.Die Schwester meines Vaters ist in Theresienstadt
umgekommen. Auch aus Danzig !!Fand den Namen im Archiv von" jad-v'schem" in Jerusalem !!

Ich selber habe auch den Einmarsch der Russen erlebt,"mit Frau komm" und "Uri Uri"
Ich kann diese Diskusionen nicht verstehen!!Eins ist bewiesen: Wer einen Krieg anfaengt weiss nicht wie er endet!! und die Opfer sind immer auf beiden Seiten!!!!

Dan (danli)

Israel

Wolfgang
28.01.2013, 20:31
Lieber Dan,

ich verneige mich vor den Opfern.

Bitte schaue auch das Thema an "Trauer um die Opfer der "Evakuierung" des KZ Stutthof" (http://forum.danzig.de/showthread.php?9526-Trauer-um-die-Opfer-der-quot-Evakuierung-quot-des-KZ-Stutthof).

Mit Trauer im Herzen Grüße nach Israel
Wolfgang

Helga +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 20:32
Lieber Dan,

du kennst mich sehr gut und weißt, daß ich nur an diesen Tag, an diesen 27. Januar 1945 erinnern wollte. Ich habe daran gedacht, dazu gelesen und mich - wieder einmal - und mich vielleicht nicht schuldig aber voller Scham daran erinnert, zu welchen Ungeheuerlichkeiten Deutschland, die Deutschen, mein Land fähig waren. Und mir wird Angst und Bange, wenn ich merke, was da schon wieder an Antisemitismus unterwegs ist und empfinde es als Schande und Versagen, daß vor einer alten Synagoge in meiner Nähe, fast ständig ein Polizeiauto steht, stehen muss.

Traurige Grüße
Helga

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 20:58
Hallo

Zur Info

Die Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem hat nun eine deutschsprachige Seite im Internet:

http://www1.yadvashem.org/yv/de/
 
Viele Grüße
Hans-Jörg
( P.S. dieser Hinweis kann auch an anderer Stelle verschoben werden )

Hallo
Hier zu noch ein Hnweis :
http://science.orf.at/stories/1711742/

Viele Grüße
Hans-Jörg

Birke Rühle
20.01.2014, 18:15
Liebe FreundInnen,

Danzig war einst als lebendige Handels- und Hansestadt tolerant und musste es wegen seiner vielfältigen Beziehungen und Verbindungen über die Grenzen der Nationalitäten und Religionen hinweg sein. So war es bis die Nazis sich der Stadt bemächtigten und die Mehrheit der Danziger begeistert diese Partei wählte. Dann verfolgten sie Andersdenkende, SPD-Genossen, Juden und andere Unliebsame. Wer sich nicht retten konnte, wurde unter dem furchtbaren Fürther Gauleiter Forster nach Stutthof ins KZ oder anderswohin abtransportiert oder gleich umgebracht.

In meinem Lexikon von 1895 lese ich folgende Zahlen zu Danzig im Kaiserreich:
in dem Regierungsbezirk gab es 589.176 Einwohner, davon waren 5.928 Israeliten.
In der Stadt wohnten 83.663 Einwohner evangelischen, 38.188 katholischen und 2.450 jüdischen Glaubens, insgesamt ca. 125.635 „ortsanwesende Bevölkerung“.
1924 waren ca. 2,4 % der Einwohner Israeliten.
Es gab in Danzig bis 1935/38 zwei große Synagogen, in denen regelmäßig gebetet wurde und die jeweils eine Gemeinde besaßen. Die eine war in Langfuhr Mirchauer Weg, die andere von der ich auch ein Foto habe, stand an der Reitbahn.
Über die traurige Geschichte der Danziger Juden habe ich in meinem Buch Der Entnazifizierte. Eine Tochter deckt die Verstrickungen ihres Vaters in der NS-Zeit auf., R.G.Fischer, 2013 Folgendes geschrieben:
Einen wachsenden Anteil der Bevölkerung stellten nach 1920 die Juden in Danzig dar und es kamen im Verlauf der dreißiger Jahre weitere Juden aus dem Osten hinzu, denn sie fühlten sich in der vom Völkerbund beaufsichtigten Stadt vor den Übergriffen der Nazis sicher. „Diese Sicherheit führte in den Jahren 1933 – 1936 zu einem überraschenden Wachstum der jüdischen Bevölkerung in Danzig.“
Im November 1939 wohnten in Danzig ca. 10 500 Juden, von denen ca. 5 000 die Stadt wegen der judenfeindlichen Maßnahmen verließen. Am 31.8.1924 waren es 9 239 gewesen, es wurden zu dieser Zeit 222 818 Evangelische, 140 797 Katholiken und 11 141 Anhänger anderer Religionen gezählt. Insgesamt wohnten 1924 etwa 484 000 Menschen in der Freien Stadt Danzig
Ich habe bei späteren Einwohnerzahl-Angaben nie wieder die Anzahl der Israeliten in Danzig gelesen. 1940 sollen es noch 600 gewesen sein. Ich vermute, dass wohl alle Juden und andere Unbeliebte in den Jahren der Herrschaft der Nationalsozialisten unter dem Verbrecher Forster verschleppt und vor allem im KZ Stutthof ermordet wurden.
Seit 1990 gibt es in Danzig wieder eine jüdische Gemeinde. Sie zählte im Jahre 2011 etwa 100 Mitglieder.

Hinweisen möchte ich noch auf die gute Arbeit von Dieter Schenk in seinem Buch über Forster und die Nazis in Danzig: Hitlers Mann in Danzig. Dietz-Verlag , 2000, 84-87.

Viele Grüße
Birke Rühle

Belcanto
21.01.2014, 11:48
Hallo Birke, ich habe mit in meiner jüdischen Trilogie auch mit diese Thematik beschäftigt. In Danzig-so tarurig das auch sein mag-, begann die Judenverfolgung bereits 1933, mit dem Gesetz zum Boykott nichtarischer Geschäfte. Juden konnten sich in die sog. Volksliste eintragen, um durch einen Nationalitätswechsel, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Und es wurden leider auch in Stutthof und andere Konzentrationslagern, auch sehr viele kath. Priester, deutsche und polnische ermordet, weil nach Rundschreiben von Gauleiter Forster, katholisch als polnisch galt!

Poguttke
21.01.2014, 17:07
#1 Mit einem Punkt bin ich nicht einverstanden. Maximal die Hälfte der Danziger hat die NSDAP gewählt, wenn wir mal von den offiziellen Statistiken ausgehen. Aber auch das ist nicht korrekt, da ja die Nazis ab 1933 sich alle maßgeblichen Posten aneigneten und so auch die Wahlen manipulierten. Die Wahllokale wurden überwacht und bekannten Oppositionellen wurde der Zugang zum Wahllokal verweigert, und sie wurden teilweise weggeprügelt. Wer also glaubt das diese Wahlergebnisse seriös zustande kamen der hat immer noch nicht verstanden, wie die Nazis das Volk belogen und betrogen haben um die totale Macht zu bekommen.
Was nun die verschiedenen Religionen angeht, so waren diese weit vielfältiger in Danzig, als es je dargestellt wurde. So gab es ja auch Hugenotten und Jehovas, die jedoch nirgends erwähnt werden. Dieses Thema ist leider noch nicht untersucht worden, wäre aber ein schöner Spiegel der verschiedenen europäischen Kulturen die in Danzig gelebt haben.

Antennenschreck
21.01.2014, 17:17
Hallo,

die Verfolgung von Minderheiten war damals gang und gäbe nicht nur in Danzig. Es gibt da mehrere Beschwerden beim Völkerbund dazu. In der nicht deutschsprachigen Presse von damals kann so einiges darüber lesen wer welche Minderheiten wie behandelt, allerdings kommt Danzig in dem Zusammenhang, in der Zeit von 1919 bis September 1939 eher nicht vor. Hilfreich könnte auch sein sich mal mit den Klagen beim Völkerbund und in Den Haag zu befassen aus der Zeit.

Tschü...

Belcanto
22.01.2014, 13:59
Dann möchte ich noch eine weitere Grausamkeit erwähnen. Nach Zeugenaussagen bei den Nürnberger Prozessen, soll Rudolf Spanner, experimentell aus Leichen von KZ-Häftlingen, Seife hergestellt haben.In Danzig gibt es eine Gedenktafel, die an diese Nazi-Gräel erinnert.

Ulrich 31
22.01.2014, 14:06
Hallo Belcanto,

kannst Du bitte mitteilen, wo sich die von Dir erwähnte Gedenktafel in Danzig befindet? - Danke!

Viele Grüße
Ulrich

Antennenschreck
22.01.2014, 15:58
Hallo,

ich empfehle, sich in die Berichte des IRK (Internationales Rotes Kreuz) Genf einzulesen, welche in regelmässigen Abständen, unangemeldet, alle deutschen Konzentrationslager besucht haben und Berichte über die gesehenen Grausamkeiten verfassten. Mit ein wenig Glück findet man diese Berichte auch heute noch. Ich glaube ihr letzter Besuch war Ende Februar 1945 in Theresienstadt. Viel Glück beim Suchen und Finden. Bei Google.com kann man /ncr dahinter schreiben und bleibt auf der englischen Seite, die findet oft mehr als die deutsche Version. Und wenn man pdf's sucht so hilft es filetype:pdf dahinter zu schreiben.

Tschü...

Belcanto
22.01.2014, 16:08
17796

Leider weiß ich nicht wo die Tafel angebracht ist. Wenn man rudolf Spanner in die Suchmaschine gibt, kommt man auf diese Seite.

Bartels
22.01.2014, 16:45
Hallo,

- Aleja Zwyciestwa 41/42

aus Wikipedia: KZ Stutthof (geschrieben von mir):

Menschenverachtende Versuche

Nach Zeugenaussagen bei den Nürnberger Prozessen wurden Leichen aus dem KZ Stutthof experimentell zu Seife verarbeitet. Rudolf Spanner war von 1939 bis 1945 Professor an der Medizinischen Akademie in Danzig und Arzt am anatomischen Institut.[6]

Aus eigenem Antrieb entwickelte er in den Jahren 1943–1944 ein Verfahren zur Seifenherstellung aus menschlichen Körpern. Bis zu 100 kg Seife soll auf diesem Wege hergestellt worden sein und innerhalb der Autopsieräume für Reinigungszwecke Verwendung gefunden haben. Eine industrielle Seifenproduktion aus Körperfett ist dagegen nicht belegt. Eine viersprachige Marmortafel am Institut in der Aleja Zwyciestwa 41/42 erinnert heute an diese Versuche. - Die ursprüngliche Bronzetafel von 1975 wurde 2005 gestohlen und 2007 ersetzt.

Belcanto
22.01.2014, 17:39
Ja, ist das nicht furchtbar!

Ulrich 31
22.01.2014, 18:35
Danke, Belcanto und Rudolf, für Eure Information. Mit Google Maps findet man gut das betr. Gebäude.

Viele Grüße
Ulrich

Martschinke
28.01.2014, 12:34
die Danziger Bevölkerung hat von dem KZ Stutthof gewusst, aber jeder hatte Angst darüber zu sprechen, und vielen Leuten
waren die Grausamkeiten bekannt. Meine Mutter gehörte zu einer verbotenen Religion und hatte Kontakt zu den Häftlingen
in dem KZ. Junge Männer wurden hingerichtet, weil sie den Dienst mit der Waffe verweigerten. Sie erhielt Briefe von den
Todeskandidaten am vorigen Tag vor der Hinrichtung. Aus Angst hat sie die Briefe unsere Familie vorgelesen und dann
verbrannt. Es gab auch bei uns im Nachbarort Spitzel und hatte in unserem Heim Hausdurchsuchungen zufolge. Die
Gestapo hat bei uns keine religiösen Schriften gefunden, trotzdem wurden meine Mutter und Großmutter verhaftet, sie
mussten Revers unterzeichnen, dass Jesus kein Jude war. Gegen eine Kaution in der Gulden-W. 1938 kamen sie wieder frei.

Belcanto
28.01.2014, 14:39
Hallo Martschinke, man kann solange nach diesen schrecklichen Ereignisse, immer noch nicht rational verstehen, wie Menschen zu solchen Gräueltaten, fähig sein konnten. In einem Land der Dichter und Denker und wie es Reich- Ranicki einmal ausdrückte, im "Land der Kultur", gab es Ghettos und systematische Judenvernichtung. Die Judengesetzte, setzten das Recht außer Kraft, Juden waren nur noch Freiwild und rechtlos. Und niemand, von einigen rühmlichen Ausnahmen, wie Schindler und Weidt und weinigen anderen abgesehen, hatte niemand den ut, für die Juden einzustehen. Das müssen wir uns, auch wenn wir damals noch Kinder waren, anrechnen lassen.

Poguttke
29.01.2014, 18:50
#13 Grundsätzlich hast du ja Recht Belcanto, dennoch bin ich mit deinem abschließenden Satz nicht einverstanden, oder ist er nur unglücklich formuliert?

"Das müssen wir uns, auch wenn wir damals noch Kinder waren, anrechnen lassen."

Dieser Satz klingt nach Sippenhaft, einem Unrecht der Nazis. Wir Danziger sind jedoch für die Gräueltaten der Nazis nicht verantwortlich zu machen, genau wie alle anderen Länder die von den Nazis okkupiert wurden. Bei uns Danzigern fällt die Verantwortung sogar noch geringer aus, da wir ja unter internationaler Schutzverpflichtung stehen. Was also Danzig angeht sind hauptsächlich die Alliierten, bedingt durch ihr Versagen, verantwortlich. Ich bin auch davon überzeugt das die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sie in der Danziger Frage konsequent, wie völkerrechtlich vereinbart, gehandelt hätten.

Poguttke
29.01.2014, 19:00
Was in unserer Verantwortung liegt ist die Erziehung unserer Kinder. Hier hat sich jedoch nichts geändert, die Massen verhalten sich immer noch wie die Lemminge. Versuche haben gezeigt, dass die Ausgrenzung Einzelner wegen Nichtigkeiten immer noch funktioniert.

Belcanto
29.01.2014, 19:20
Sippenhaft ist ein schlimmes Wort, dass ich in diesem Zusammenhang nicht gebrauchen würde. Wenn du Poguttke, als Deutscher dir das moralisch nicht anrechnen willst, stehst du damit gewiss nicht allein. Ich jedenfalls schäme mich.Ich schäme mich, wenn ich nach Auschwitz komme, und bin dort ganz leise, nur dass niemand merkt, dass ich deutscher bin. Aber das muss werden mit sich selbst und mit seinem Gewissen abmachen.

Christkind
29.01.2014, 20:19
Hallo Belcanto, ich finde, immer nur schämen bringt uns nicht weiter.
Es ist eine Verbrechen, das von unserem Volk begangen wurde.
Nichts kann es ungeschehen machen.
Und da sehe ich es so wie Poguttke:Einzelne auszugrenzen fällt leicht, wenn die Masse mobilisiert wird.Dies gelang den Nazis anscheinend problemlos.
Und dann bricht alles zusammen, was sich in Jahrhunderten an Kultur, Anstand, Mitgefühl, Intelligenz in in einem Volk gebildet hat.Zuerst ist es Mobbing, dann schaut die ganze Klasse zu, wenn ein Mitschüler durch Selbstmord in den Tod getrieben wird.Dies nur als ein Beispiel. welches mir einfällt.Aber, Poguttke, es hat ja auch gar keinen Sinn zu spekulieren, was geschehen wäre, wenn... Es hat nur Sinn, wenn wir fähig sind, es besser zu machen.
Mit Grüßen von Christa

Uwe
29.01.2014, 21:31
Hallo Poguttke,

wenn ich das hier von Dir lese kräuseln sich mir wirklich die "Nackenhaare":

"Wir Danziger sind jedoch für die Gräueltaten der Nazis nicht verantwortlich zu machen, genau wie alle anderen Länder die von den Nazis okkupiert wurden. Bei uns Danzigern fällt die Verantwortung sogar noch geringer aus, da wir ja unter internationaler Schutzverpflichtung stehen. Was also Danzig angeht sind hauptsächlich die Alliierten, bedingt durch ihr Versagen, verantwortlich. Ich bin auch davon überzeugt das die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sie in der Danziger Frage konsequent, wie völkerrechtlich vereinbart, gehandelt hätten."

Verantwortlich waren nicht andere sondern die Täter und diese Täter waren eben auch Danziger! Danziger waren eben schon weit vor dem 1. Sept. 1939 in der SS und einige von denen in dieser Funktion im Zivilgefangenenlager und späterem KZ Stutthof. Deine Worte klingen wie billige Ausreden und rechtfertigen nichts, noch entschuldigen das Handeln der Täter!

Herzliche Grüße

Uwe

PS: Belcanto ich teile deine Scham in Auschwitz und empfinde nicht anders!

danli, + 23.01.2015
29.01.2014, 22:23
Ich habe da eine Frage?Wurde die SYnagoge auf der Reitbahn nicht schon 1938 zerstoert?
Was ist da mit dem Aufmarsch der S.A. vor der Synagoge.Wann war DAS.
Wann waren die Schilder :"Komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt frei?
Es gab da einen Ehrenbuerger" Gauleiter Forster".!!Seht im Telefonbuch1938:
Mitglied der NSDAP ... und NSDAP ...Und NSDAP ...Und und und NSDAP.!!!
Sah denn "Niemand " dieSchilder in Gaststaetten und Geschaeften:
""Juden sind hier nicht erwuenscht"". noch vor dem 01.09.1939?
Sah 1940 /41" Niemand " die KZ-Haeftlinge in KZ-Kleidung an
der Bahnstrecke Langfuhr-Oliva.

Ich war ein kleiner Bowke,aber ich konnte lesen!!,auch wenn ich damals nicht alles verstand.

Dan

Helga +, Ehrenmitglied
29.01.2014, 23:13
Und hat sich niemand gefragt, warum jüdische Freunde und Nachbarn einfach verschwanden, abtransportiert wurden. Mit elchem Recht. Man in jüdischen Läden nicht einkaufen durfte. Was war mit Bücherverbrennung, Reichskristallnacht und und und. Gabs alles nicht, nicht Danzig und nicht im "Reich"

Bartels
30.01.2014, 03:06
Wikipedia beantwortet Dans Frage:

"Das Ende der Großen Synagoge

Im Frühjahr 1939 wurde die Synagoge an den Senat der Stadt Danzig verkauft. Am 15. April 1939 wurde im Gebäude der letzte Gottesdienst gefeiert, und kurze Zeit später begann der Senat der Stadt sein Wirken zu entfalten: Ein Spruchband mit dem Text „Komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt frei“ wurde am Zaun um das Gebäude aufgehängt und an der Fassade ein Transparent mit der Ankündigung des Abrisses angebracht. Ab dem 2. Mai ließ die von den Nationalsozialisten beherrschte Regierung das Gebäude abreißen."

mottlau1
30.01.2014, 13:19
Hallo ins Forum,

zu diesem Thema gibt es ein interessantes Buch welches ich habe: Danzig 1939-Schätze einer zerstörten Gemeinde. Es enthält sehr viele Fotografien aber auch Vorworte von:
Joan H. Rosenbaum, Joy Ungerleider-Mayerson
Beiträge von:
Günter Grass, Gershon C. Bacon, Joseph Gutmann, Elisabeth Cats.

Jutta

Belcanto
30.01.2014, 13:57
Ich möchte Uwe, danli und Helga zustimmen und gleichzeitig vor Relativismus warnen. Immer wieder erlebe ich, wenn über die Judenvernichtung gesprochen und diskutiert wird, dass dann gesagt wird….“die anderen auch, man muss bedenken, die Poltische Situation, weil, u.s.w. Oft wird versucht Tatsachen zu relativieren. Damit entfernen wir uns von der Wahrheit.
Die Wahrheit ist, dass mit Beginn der ersten Judengesetzte auch in unserer Heimatstadt und ob die Synagoge 1938 oder 1939 brannte, ist nicht relevant, sondern nur die Wahrheit, das Deutsche jüdische Gotteshäuser zerstört haben. Und die Wahrheit ist auch, dass infolge des Holocausts 6,3 Millionen, im deutschen Namen, Menschen umgebracht wurden. Davon 5,7 Millionen Juden, darunter 1,5 Millionen Kinder.

Wer einmal am Denkmal der Kinder in Vad Vaschem war, braucht sehr stark Nerven, wenn man erfährt, dass im deutschen Namen 1,5 Millionen Kinder umgebracht wurden! Hier bleibt kein Raum zum Relativieren, sondern nur Scham und Trauer.

Bartels
30.01.2014, 14:13
Die Grosse Synagoge (Reitbahn)
wurde nach 1933 zweimal Ziel von Brandanschlägen. "Beide Anschläge konnten durch die von der jüdischen Bevölkerung zum Schutz des Gebäudes aufgestellten Miliz vereitelt werden. Obwohl in der Verfassung der Freien Stadt Danzig den Danziger Juden ein größerer Schutz als ihren Glaubensbrüdern in Deutschland gewährt wurde, drangen Sympathisanten der Nationalsozialisten im August 1938 in die Synagoge ein und zertraten die Torarollen.

Die Leiter der Kehillas beschlossen, einige Restbestände zu retten und ließen das Archiv nach Jerusalem, die Bibliothek nach Vilnius und die Museumsbestände in die Vereinigten Staaten auslagern. Zum selben Zeitpunkt musste die Synagoge wegen Forderungen der Finanzverwaltung die Orgel nach Krakau, die Leuchter nach Warschau und die Bänke in den Danziger Ortsteil Nowy Port verkaufen."

Neue Synagoge in Langfuhr:
"Während der sogenannten Reichskristallnacht wurde sie vom 9. November bis zum 10. November 1938 demoliert. 1939 verkaufte die jüdische Gemeinde schließlich die Synagoge an die Tischlerei Bernhard Hagemann und Söhne."

Quelle: Wikipedia

Poguttke
30.01.2014, 14:28
Hallo Martschinke, du sprichst bezüglich deiner Mutter von verbotener Religion, ich vermute daher dass sie Jehovas Zeuge war, ist das richtig?

Antennenschreck
30.01.2014, 16:10
Hallo,

die Juden sind nicht die einzige Minderheit welche unter extremen Systemen gelitten hat. Von 1917 bis 1939 wurden z.B. in der Sowjetunion über 35 Millionen Menschen ermordet, das bestreitet Russland noch nicht einmal. Bis 1990 waren es immerhin schon knapp 100 Millionen Opfer. Nach dem 2. Weltkrieg hat die USA in unerklärten Kriegen viele Millionen Zivilisten in aller Welt auf dem Gewissen. Inzwischen verseuchen sie die halbe Welt mit ihren Uranmantelgeschossen (eine deutsche Entwicklung). Hat jemand schon mal erlebt das sich solche Länder für ihr Tun entschuldigen oder gar Entschädigung leisten? Ich bin lange nach dem 2. Weltkrieg geboren und habe niemanden umgebracht und werde das sicher auch nicht tun. Meine Großmutter war Jüdin und mein Großvater Kommunist. Der andere war in der SPD und hat 2 französchische Kriegsgefangene versteckt bis Kriegsende. Ich muß und werde mich nicht für meine Verwandten schämen und schon gar nicht für mich (denn ich habe niemandem etwas getan und stehe auch in niemandes Schuld und meine Vorfahren auch nicht). Ich hoffe allerdings mit ganzem Herzen, daß die Völker der Welt (auch das Jüdische) nun endlich einmal dem deutschen Volk vergeben können. Kein Mensch spricht mehr über die 2 Atombomben in Japan oder den Vietnamkrieg, oder oder.

Tschü....

Helga +, Ehrenmitglied
30.01.2014, 16:36
@Belcanto"Hier bleibt kein Raum zum Relativieren, sondern nur Scham und Trauer".

Das sehe ich genau so Joachim. Auch wenn ich persönlich als Nachgeborere keine Schuld trage, vielleicht aber einer meiner Verwandten? Ich hoffe es nicht, aber weiß man es wirklich so genau?

Manchmal gehe ich auf den jüdischen Friedhof und meine Gefühle dort haben sich in Jahren nicht geändert. Da ist es mir auch ganz egal, was andere Völker machen oder nicht, denn daß mein Land sich dermaßen in Schuld, in eine solche Schuld, verstricken konnte, reicht mir für ein ganzes Leben um Trauer und Scham zu empfinden.

Und vergeben? Damit leben, es kleiner werden lassen, es nicht mehr so schmerzen zu lassen, die Wunden vernarben lassen. Aber vergeben? Grad eben noch war ich bei der alten Synagoge, die heute Gedenkstätte ist und wie immer stand ein Polizeiwagen davor. Nur so? Nein, weil es immer noch oder schon wieder dort zu Ausschreitungen kommt, üble Schmiereien angebracht werden. Schon wieder. Weil sie geschützt werden muß. Wenn das nicht zum schämen und verzweifeln ist, dann weiß ich es auch nicht.

Ulrich
30.01.2014, 17:40
Hallo Antennenschreck, von deinen Ein- und Auslassungen interessiert mich, ob und wenn ja, wie deine jüdische Großmutter dem Holocaust ausgeliefert war.
Einen schönen Tag,
Ulrich

Antennenschreck
30.01.2014, 19:19
Hallo,

zu meiner Großmutter (mütterlicherseits) kann ich sagen, daß mein Opa und meine Oma in den 20 er Jahren nach Holand ausgewandert sind und dort (Anfang) 1939 meine Mutter gebohren wurde. Ende 1939 sind sie dann wieder nach Deutschland zurückgekommen, nach Angaben meines Opas wegen der besseren Arbeitsbedingungen hier. Da mein Opa auf einem Ohr taub war, wurde er ausgemustert und hat bis zum Kriegsende als Briefträger gearbeitet. Meine Oma hat mir zumindest nichts über irgendwelche Vorkommnisse bezüglich ihrer jüdischen Abstammung erzählt. Ganz im Gegenteil hatte dieses Thema in der DDR nicht den Stellenwert den es heute einnimmt. Das mit meiner jüdischen Oma hat mir meine Mutter eh erst vor ein paar Jahren anlässlich einer Familienchronologie (Ahnentafel) gesagt, obwohl sie das offenbar schon immer wusste. Es hatte eben früher (in der DDR) nicht die Bedeutung die es inzwischen verständlicherweise hat. Trotzallem (oder gerade deshalb) gilt es aber auch in der heutigen Zeit darauf zu achten, dass wir nie nie wieder irgend einem anderen Volk in der Welt Gewalt antun. Das was passiert ist können wir nicht mehr ändern aber das was gerade passiert (z.B. mit der Bundeswehr und unseren Steuern) das könnten wir schon beobachten und gegebenenfalls auch ändern. So könnten der ganzen Welt beweisen das wir etwas aus unserer Vergangenheit gelernt haben. Die Welt hat nichts davon wenn wir uns schuldig fühlen und nebenbei der dritt größte Waffenexporteur sind.

Tschü......

danli, + 23.01.2015
30.01.2014, 20:29
Ich weiss nicht was ich ueber die verschiedenen Ansichten hier denken soll,
aber manche tuen mir weh!!

Einige Episoden ,die mir bis Heute zu denken geben.
1940 Meine Eltern hatten mich aus Sicherheit zu meiner Grossmutter geschickt.
Mutter arbeitete in der Ostlandaptheke in Langfuhr.
Alle paar Wochen waren nachts Juden abgeholt. Mein Vater bekam jedes mal eine Warnung.:Ich habe dich von der Liste gestrichen aber sei heute Nacht nicht zu Hause."
Es war ein Polizei-Offizier,der mit Vater in Zoppot die Schulbank gedrueckt hatte.
Spaeter sagte er zu meiner Mutter : Ich konnte einige retten,aber wenn das jemand endeckt haette, haette ich keinem mehr geholfen !!

1943 wurde es fuer mich in Ostpreussen bei Grossmutter brenzlich.
Ich durfte nicht in die Schule und ich war auch nicht im Jungvolk und war verschiedenen
noch verschiedenen Schikanen ausgesetzt, die immer heftiger wurden.
Mein erster Klassenlehrer ( ich wurde bei ihm 1938 eingeschult) war ein Freund von
meinem Grossvater. 1943war er stellvertretender Ortsgruppenleiter.
Er machte mich zum Melder bei der Ortsgruppe , Ich bekam ein Fahrrad und eine Taschenlampe und bis 1945 war Ruhe.

Ich kann noch und noch erzaehlen.

1970 kam ich wieder zum ersten mal nach Deutschland.
Ich wollte auf dem Bahnhof einen Polizisten etwas fragen. Ich fing an zu zittern und brachte kaum ein Wort heraus.

Gegen ende der 80ziger Jahre habe ich drei Jahre in Deutschland gearbeitet.
Ich hatte Probleme mit Leuten die meher als 10 Jahre aelter waren als ich.
Wer juenger war, mitdem konnte ich gut reden . auch wenn ich ich wusste ,dass er die Stanze HJ und zum teil auch der Eltern erlebt hatte,. viele haben mich in Israel besucht.
Das gleiche trifft auch z.B. fuer Guenther Grass zu.

Ich bin zu der Ansicht gekommen:
Es gibt und es gab immer gute Menschen, und wir sollten das bedenken, aber es gab auch viele schlechte, und die gibt es auch heute.

Wenn wir alle die "Zehn Gebote" beachten wuerden, waere das Leben fuer uns alle viel
leichter und besser. Aber wie singt Kurt Weil : Der Mensch ........./

Dan

Uwe
30.01.2014, 20:58
Ich schäme mich nicht für meine Verwandte, ich schäme wenn für mein Volk das dieses alles zugelassen und unterstützt hat. Man soll immer erst anfangen vor der eigenen Tür zu kehren, bevor man andere für Ihr tun zur Verantwortung ziehen will. Ansonsten werde ich wie andere hier, den Verdacht nicht los, man will ablenken und Unrecht relativieren. Trotzdem hindert das einen nicht oder gerade wegen der Auseinandersetzung über die eigene Geschichte auch Stolz auf sein Volk zu sein.

@Helga: Ich denke viele hier hatten Verwandte die Nazis waren, dass ist alleine eine Frage der Mathematik. Manche wissen von diesen Verwandten, manche nicht, kaum einer jedoch wird damit offen umgehen. Viele forschen im verborgenen und bringen das Bild was sie evtl. noch real von diesem Menschen haben mit dem was sie in Erfahrung gebracht haben zusammen und versuchen zu verstehen warum? Manchmal fügen sie diese Puzzleteile zu einem Gesamtbild zusammen, welches dann passt.

@Bartels: Soweit ich weiß ist das Wikipedia-Bild über die Vorgänge zur Danziger Synagoge sehr geschönt. Es war z.B. so, dass die jüdische Gemeinde nicht nur ihr Gotteshaus 1939 verlor, sondern dazu verpflichtet wurde den Abriss des Gebäudes zu bezahlen. Perverser geht es fast nicht ... Vielleicht kann uns Dan etwas mehr erzählen?

Herzliche Grüße

Uwe

Bartels
30.01.2014, 21:53
Ja Uwe,

es war so: Die Juden hatten den Wertverlust ihrer Immobilien zu tragen und mussten zusätzlich die Gewinner der Arisierung für diesen Wertverlust entschädigen ...

Nahezu jedes Unternehmen, das 2013 & 2014 das 75-jährige Jubiläum feiert, gehörte zu den Gewinnern der Arisierung ...

Bartels
30.01.2014, 21:58
Einen schönen guten Abend,

relevant und Fakt ist, dass seit den späten 1920er Jahren die Nazis ihr Unwesen in Danzig getrieben haben und alle haben schweigend zugesehen: Deutsche, Danziger (die Minderheit, die sich als Freistädter wähnten), Polen und der Völkerbund ...

Niemals wieder!
Rudolf

Ulrich
30.01.2014, 22:15
Hallo Antennenschreck,

vielen Dank für deine Antwort. Dass über deine Großmutter (jüdischen Glaubens, bzw. jüdischer Abstammung (und nicht jüdischen Glaubens)) 1939 aus Holland ins Deutsche Reich zurückgekommen keine Verfolgung widerfuhr, bzw. darüber in der Familiengeschichte nichts bekannt ist, das überrascht mich sehr. Überhaupt, dass sie dann in die Höhle des Löwen zurückgekehrt sind. Du erklärst es damit, dass der Holocaust in der Erinnerung der DDR-Bürger keine große Rolle gespielt habe. Ich bin einfach überrascht.

Einen schönen Gruß

Ulrich

Antennenschreck
31.01.2014, 09:22
Hallo Ulrich,

ich vermute, dass es einfach besser war mit dem Baby (meiner Mutter) nach Deutschland zurückzukommen, in das Elternhaus meines Opas. Und wenn während der Zeit im 3. Reich irgend etwas Einschneidendes mit oder wegen meiner Oma passiert wäre, dann hätte man darüber auch gesprochen, so wie über die Ereignisse während der kurzen amerikanischen und späteren russischen Besatzung auch gesprochen wurde. Ich für meinen Teil denke, dass wir alle Menschen sind und kein Mensch über dem Anderen steht, ganz egal wo er lebt und an was er glaubt und von wem er abstammt. Sollte ein jeder ab heute diesen Grundsatz beachten, dann wäre schon morgen unsere Erde ein Paradies und keine Hölle. Wir können aber nicht die Welt ändern sondern nur uns selber. Und wenn wir alle das tun dann ändert sich zwangsläufig auch unsere Welt (in eine bessere). Und dafür ist nicht wichtig was wir sagen sondern was (Gutes) tun im Hier und Jetzt, wie schon in der Ringparapel von Gotthold Ephraim Lessing zu lesen ist.

Tschü....

Belcanto
31.01.2014, 10:30
Ich möchte heute nur noch auf einen wirklich sehr interessanten Artikel bei www.sztetl.org.pl/de/city/gdansk hinweisen. Und wünsche einen schönen Tag.

Ulrich 31
31.01.2014, 13:06
Hallo Belcanto,

vielen Dank für diese wirklich interessante, sehr ausführliche Geschichte der Juden in Danzig. Diese Website wäre auch die beste Antwort auf die von "Ich bin Jude" (anonymes neues Forum-Mitglied) gestellte Frage, doch leider ist von diesem Mitglied nichts mehr zu hören.

Viele Grüße
Ulrich

Belcanto
31.01.2014, 14:13
Hallo Uwe, insbesondere finde ich interessant, was über die 20er Jahre gesagt wird, als Danzig zu einem Zentrum für jüdischen Auswanderer wurde. Am 2. September 1924 wurde im Schützenhaus, unter Teilnahme von David Ben Gurion, der Weltbund der jüdischen Jugend gebildet.1927 wurde die Synagoge am Mirchauerweg erbaut. Da Welt die Welt noch in Ordnung!Schade, dass es danach ganz anders wurde.

Bartels
31.01.2014, 14:46
Hallo,

1927 sass bereits der erste Nazi im Danziger Volkstag,
1930 war die NSDAP zweitstärkste Partei.

waldling +6.8.2023
31.01.2014, 16:11
Einen schönen Tag zusammen,
folgender Bericht weicht vielleicht etwas von diesem Thema ab, aber nur scheinbar.
http://dieheimatdelias.de/vortrageins.html
Am Rande wird die systemische Denkweise angerissen. Für uns Nachkommen birgt diese Form der systemischen Sichtweise neue Bewältigungsstrategien. Näheres würde hier aber zu weit führen.
Herzliche Grüße
Uwe

Ulrich
31.01.2014, 18:19
Hallo Antennenschreck,
bedeutet das denn, dass bei euch im Ort die Judenverfolgung der Nazizeit - vielleicht sogar die ganze Nazizeit - ausgefallen ist? Das wäre zumindest ungewöhnlich.

Einen schönen Gruß von einem hartnäckigen


Ulrich

waldling +6.8.2023
31.01.2014, 18:54
Noch bis 18.30 h, 3Sat, ZDF-History, Fritz Bauers einsamer Kampf

Antennenschreck
31.01.2014, 18:58
Hallo Ulrich,

ich meinte mich verständlich genug ausgedrückt zu haben. Betreffs meiner Oma ist mir diesbezüglich nichts bekannt geworden. Meine Oma ist sicherlich nicht der Normalfall in der damaligen Zeit und lässt auch keinerlei Rückschlüsse auf das Geschehen in der damaligen Zeit zu.

Tschü.........

Ulrich
01.02.2014, 00:06
Hallo Antennenschreck, o.k., verstanden, dann unterlass ich weitere Nachfragen.

Einen schönen

Ulrich
01.02.2014, 00:07
einen schönen Gruß
Ulrich

Bartels
01.02.2014, 01:25
Hallo ihr beiden,

Ehepartner in so gen. "Mischehen" hatten einen gewissen Schutz (siehe auch: Rosenstraße: Film & -Protest) und möglicherweise hatte die Oma dank der Zuwanderung aus Holland einen Pass ohne den Vornamen "Sara" - weiter will ich darüber nicht spekulieren ...

Belcanto
01.02.2014, 11:31
Soweit mir bekannt, konnten sich Ausländer, in die Volkslisten eintragen und unter Auflagem von verschiedenen Bedingungen Deutsche werden.

Poguttke
05.02.2014, 22:09
#18 Hallo Uwe, Mitläufer hat es in allen Ländern gegeben die von den Nazis besetzt wurden, SS auch. An diesen Taten gibt es auch nichts zu beschönigen oder zu entschuldigen. Es geht mir darum, dass Danzig ein okkupierter Staat ist, Danziger sind also keine Deutschen! Und genau durch diese Falschdarstellung werden die Danziger in Sippenhaft genommen!

Poguttke
05.02.2014, 22:15
#24 Hallo Bartels, von einem Sonderstatus in der Danziger Verfassung ist mir nichts bekannt, das würde ich gerne mal wissen welcher § das sein soll.

Uwe
06.02.2014, 00:07
#48 Hallo Poguttke, diese Diskussion hatten wir schon öfter. Du verdrängst die Unterschiede, Danzig war im Gegensatz zu anderen Ländern bereits nazifiziert von Danzigern, bevor es besetzt worden ist. Außerdem verdrängst Du wie immer, dass die Danziger sich in überwältigender Mehrheit nicht als Danziger sondern Deutsche gefühlt habe.

Bartels
06.02.2014, 07:55
Hallo Poguttke,

#48 verstehe ich nicht. In #24 geht es um die Synagoge.

danli, + 23.01.2015
07.02.2014, 11:57
ich bemuehe mich niemand zu beleidigen:

Sippenhaft???Was ist das???

In der" Freien Stadt Danzig" brannten in der Kristallnacht die Synagogen !!

Es wurden juedische Geschaefte zerstoert ! Leute die einschreiten wollten ,
wurden verpruegelt!! Wo war die danziger Polizei !!

Was war mit den Schildern ueberall: "Juden sind hier nicht erwuenscht"

Telefonbuch : Ehrenbuerger Forster .NSDAP....NSDAP ..NSDAP :D steht fuer" Deutsche"!!

Zwangsverkauf der Synagoge . " Komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt frei"

Das" Alles" war vor dem 1/9/1939

Sind daran nur die Deutschen schuld ?? Das waren doch Danziger.!!

Ich glaube "Das reicht " fuer ein grosses Fragezeichen !!!!!

Danli

Belcanto
07.02.2014, 12:10
Und es traten sogenannte Malerkolonnen auf. SA-Leute mit Farbtöpfen, beschmierten die Geschäfte der Juden und die Straßen, mit antisemitischen Parolen. Das ist leider in Danzig und vielerorts damals geschehen.

Helga +, Ehrenmitglied
07.02.2014, 12:53
Lieber Dan,

du hast Recht mit allem was du sagst. Ich liebe Danzig, aber sollten ausgerechnet dort nur die Guten gewohnt haben? Ich denke nein. Ich selbst war ja damals noch gar nicht geboren, aber alles was du schreibst, weiß ich auch aus den Erzählungen meiner Vaters, meiner Tanten und Onkel. Es war überall gleich schlimm. Überall waren die Unmenschen am Werk und der Rest sah zu. Jedenfalls sehr viele, zu viele.

Übrigens ist es mir nach wie vor ein Rätsel, wie dieser Mensch (naja) namens Hitler, so etwas schreckliches initiieren konnte. Wie konnte er die Leute dazu bringen, all das schreckliche zu tun? Und sie auch noch glauben machen, das geschähe ,mit Recht. Ichweiß es nicht.

ada.gleisner
07.02.2014, 14:47
Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich lese, daß Danziger keine Deutschen waren. Man kann an den Haaren herbeigezogen sagen, sie waren Freistaatler von 1920 ,bis 1939, was aber waren sie vorher ? ich gehe mal davon aus, daß sie vorher Deutsche waren oder hatten sie da auch schon eine Sonderstatus ? Die ganze Begeisterun für A. H. als er Danzig okkupierte, zeigt doch, daß die meisten wieder zu Deutschland gehören wollten. Man muß doch einmal dieser Tatsache ins Auge sehen. Wobei auch unsere Sieger nicht ganz genau wußten, wen sie da vor sich hatten. Meine Mutter hat einen Ausweis von der englischen Militärbehörde ausgestellt, daß sie keine Deutsche war. Aber ich meine, da haben die Engländer zu kurz gegriffen und nur die Zeit von 1920 an miteinbezogen., Das meint Ada. Und was denkt Ihr ?

Belcanto
07.02.2014, 15:28
Hallo Helga, mit dem "Zusehen",machen wir es uns aus heutiger zeitlicher Distanz, vielleicht ein wenig zu leicht. Ja, viele, vielleicht zu viele haben zu gesehen, denn es hätte eines gewaltigen Mutes bedurft, sich gegen die Nationalsozialisten zu stellen.Das eigene Leben und das Leben der Familie wäre in großer Gefahr gewesen. Und so zog man es vor, eben zu schweigen und nicht hinzusehen. Der Mensch ist eben nicht zum Helden geboren und man weiß nicht, wie wir gehandelt hätten? Damit will ich das nicht beschönigen, sondern nur auf die menschlichen Schwächen hinweisen.

Helga +, Ehrenmitglied
07.02.2014, 16:13
Und wenn man den Anfängen gewehrt hätte? Wenn dieser Mensch gar nicht groß geworden wäre? Wenn man die ersten Anfeindungen gegen Juden nicht zugelassen hätte. Wenn ein ganzes Volk ignoriert hätte, daß man bei Juden nicht kaufen darf, sich zusammen mit jüdischen Freunden gezeigt hätte. Solidarität mit den Verfolgten gezeigt hätte. Alle hätte man nicht niederzwingen, verhaften, transportieren, ermorden können. Warum nicht? Mangelnde Zivilcourage, Angst, Feigheit?

Ich weiß,ich habe gut reden, so aus der Entfernung heraus. Aber es gab sie ja, die dagegen waren, sich gewehrt haben, aber leider zu wenige. Und ich weiß ja auch nicht, wie ich mich schlußendlich verhalten hätte. Daß ich mich eher im Widerstand sehe ist klar.:) Aber, es war eine andere Zeit

mottlau1
07.02.2014, 17:49
Guten Tag liebe Helga,

hier Dein Satz den ich aufmerksam lese:
Ich weiß,ich habe gut reden, so aus der Entfernung heraus. Aber es gab sie ja, die dagegen waren, sich gewehrt haben, aber leider zu wenige.

Zu den Wenigen die Widerstand leisteten zählte mein Großvater -Zollbeamter- der 1939 verhaftet wurde u. bis zu seiner Befreiung im KZ zubrachte. Dadurch wurde meine Großmutter mittellos und sogar staatenlos weil sie sich von ihm nicht hat scheiden laßen wozu man sie aufforderte. Von den Aufregungen wurde sie in einer Nacht schneeweiß und erlitt bis zu ihrem Tod im Jahr 1944 sechs Schlaganfälle. Die ganze Familie mit drei erwachsenen Kindern hatte sehr wegen seines Handels zu leiden! - Ich habe die Akte über meinen Großvater in Arolsen angefordert. Es waren 90 Seiten protokolliert aus der KZ-Zeit.Es ist sehr schmerzlich das zu lesen. -Jedes Jahr gehe ich an sein Grab auf dem Friedhof Silberhammer wo er mit 65J. starb(1954). Stehe davor u. frage mich jedes Mal warum hast Du das getan Opa. - Er leistete Widerstand weil er sehr christlich eingestellt war. Man nannte ihn schon im Gefängnis Schießstange den Rosenkranzbeter. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.-
Es gab Männer in hohem militärischen Rang die nicht den Mut aufbrachten den Tyrannen zu liquidieren.

Mottlau1

Antennenschreck
07.02.2014, 18:54
ja, ja

es ist aus heutiger Sicht recht einfach zu sagen: warum habt ihr damals das getan und jenes nicht. Ehe man aber solche Fragen an andere stellt, wäre es wichtiger sich selbst mal zu fragen was tue ich selber im hier und jetzt um all die Ungerechtigkeit und Gewalt gegenüber anderen Menschen auf der Welt zu verhindern. Und sollte man da keine vernünftigen Antworten haben angesichts der Zustände heute, so glaube ich kaum das einem ein moralisches Recht zusteht, über die Vergangenheit zu urteilen und was da wer hätte wie tun können.

Tschü.......

danli, + 23.01.2015
07.02.2014, 19:34
Antennenschreck

Ich rede nicht aus heutiger Sicht. Ich habe es erlebt !!

Und ich weiss ,dass es auch viele Leute gab die damit nicht einverstanden waren.

Und ich kannte auch solche. Wie zum Beispiel der Polizei-Ofizier der meinen Vater

mehrmals rettete! Meine Frage ist, Warum hatten diese Leute soviel Angst !!

( in der freien Stadt Danzig) !!!!!

Aber zu dem Aufmarsch vor der Synagoge waere es nicht gekommen wenn die

Mehrheit esnicht gewollt haette !!!!!

Danli

Antennenschreck
07.02.2014, 20:05
Hallo Dani,

es ist ein weiter Weg, vom etwas nicht wollen bis zum etwas bekämpfen. Ich kann nur jedem empfehlen diesen Weg einfach mal im hier und jetzt zu gehen. Dann erst wird man merken wie weit der Weg ist vom Gedanken zur Tat. Deshalb waren schon immer > 99% der Menschen keine Rebellen und Freiheitskämpfer sondern ganz normale Otto-Normalverbraucher. Ich denke es gibt soviel zu verbessern im hier und jetzt, dass jeder der die Gene dazu hat nicht klagen kann über Betätigungsfelder dazu. Wie es schon in der Rinparabel steht: Es ist nicht wichtig wer was sagt, sondern nur wer was tut.

Tschü....

StampCollector
07.02.2014, 20:20
Die Novemberprogrome 1938 (sogenannte "Reichskristallnacht") liefen in Danzig genauso ab, wie im sonstigen Reichsgebiet. Nur bei der Grossen Synagoge hat das nicht ganz so geklappt, wie geplant: Polizisten des Freistaates, die noch nicht ganz "gleichgeschaltet" waren, sind gegen die "spontanen Volkserhebungen" vorgegangen...

Helga +, Ehrenmitglied
07.02.2014, 20:43
Ich kann das alles ja nur von heute aus betrachten und beurteilen. Ich war nicht dabei, aber ich bilde mir trotzdem eine Meinung. Ich habe heute das Glück in einem Land zu leben, in dem sicher nicht alles nur Gold ist, in dem es sich aber dennoch gut und sicher leben läßt. Und wenn morgen auf Bänken stünde "Für Ausländer verboten" wenn es unerwünscht wäre, daß ich Türken oder Itaienern einkaufe, wäre das so manchem Recht. Aber sie kämen damit nicht durch, weil die größere Menge dagegen aufstehen würde. Zumindestens hoffe ichdas sehr stark.

Dan hat das alles erlebt und überlebt. Um schließlich in Israel zu landen. Und dann? Auch dort immer wieder Angriffe der NAchbarstaaten, wieder Angst ums Leben und wieder in Deutschland und auch hier im Forum Äußerungen gegen Israel, die verletzen.

@Jutta
ih weiß genau was du meinst Jutta. Mein Großvater mütterlicherseits und mein Patenonkel haben sich auch gewehrt, mit Worten und Taten und haben deshalb viel Zeit im Gefängnis verbracht. Unangenehme Zeit und die Familien hatten auch viel darunter zu leiden. Aber sie haben sich auch nicht gebeugt. Ich bin stolz auf die beiden, natürlich auch wieder aus heutiger Sicht.

Poguttke
07.02.2014, 20:47
#60 / Warum hatten diese Leute soviel Angst !! ( in der freien Stadt Danzig) !!!!!

Wenn Schlägertrupps die Strasse regieren, und der "Hohe Kommissar" der völkerrechtlich festgelegten Schutzverpflichtung nicht nachkommt, wer will da riskieren in Stutthof zu landen? Samuel Echt hat die damalige Situation eigentlich präzise beschrieben.

StampCollector
07.02.2014, 21:20
"Reichskristallnacht" 1938
Zur Zeit studiere ich diese Ereignisse in meiner Heimatgeschichte (West-Deutschland). Ganz klar, die Befehle (Funk) kamen aus Berlin! In Danzig dürften die Herren FORSTER und GREISER dieselben Funksprüche erhalten haben...

Belcanto
07.02.2014, 22:27
Mottlau 1, ja, so ist es denjenigen ergangen, die es wagten, etwas zu unternehmen oder zu sagen. Das ist sehr erschütternd1

Uwe
07.02.2014, 22:30
#64 Poguttke, die Schlägertrupps waren fast immer Danziger und die völkerrechtlich festgelegte Schutzverpflichtung des Völkerbundes war nicht nach innen gerichtet, sondern diente nur der Beibehaltung des Status von Danzig in Bezug auf den Versailler Vertrag. Für die sich täglich verschlechternde Situation von Juden oder anderem "minderwertigen" Leben nach Definition der Nazis waren bis zum 31.08.1939 alleine die Danziger verantwortlich. Das Lager Stutthof entstand erst im August 1939 (im geheimen) und wurde erst im September 1939 "mit Gefangenen "gefüllt". Du blendest diese Zeit und die Verantwortung dafür zwischen 1933 und dem 31.08.1939 bewusst aus.

Ich kann die Situation nur mit meinem heutigem Wissen und meiner Erziehung durch meine Danziger Mutter und Oberschlesische Vater beurteilen und maße mir auf keinen Fall an zu sagen, ich hätte anders gehandelt. Vielleicht hätte ich genauso gehandelt, vielleicht anders als die große Mehrheit der Danziger und auch meine Familie. Eines kann ich aber sagen, mit meinem heutigen Wissen, wäre mein Schweigen das Letzte was ich tue. Ich bedaure, dass ich mit meinem Danziger Opa nie darüber gesprochen habe, warum es so in Danzig abgelaufen ist und warum er sich so und nicht anders verhalten hat. Nie habe ich ihn leider bis zu seinem Tod 1978 (da war ich 11 Jahre alt) fragen können, ob er seine Fehler bereut hat. Diese Frage ist die, die mir auf den Nägeln "brennt". Damals wusste ich auch nichts über sein tun oder handeln, heute bin ich nach langen Jahren des forschens sehr viel schlauer ....

Herzliche Grüße

Uwe

Bartels
07.02.2014, 22:46
Hallo,

der Kommissar des Völkerbunds war leider ein weltfremder Philosoph und Historiker, der zuliess, dass ihm die Nazis der NSDAP (nicht einer Danziger NSDzAP) auf der Nase herumtanzten.

Im französisch besetzten Saargebiet haben die Franzosen keine NSDAP hochkommen lassen.

@Poguttke: Ein Stutthof hat es vor 1.9.1939 noch nicht gegeben. -

Es gab in Danzig eine Minderheit, die sich nicht am Boykott jüdischer Geschäfte beteiligt hat.

Forster und Greiser haben sich später im Völkermord einen Wettbewerb geliefert ...

StampCollector
07.02.2014, 22:48
Widerstand: Das war eine schwierige Sache: Mein Großonkel war Verfolgter des NS-Regimes. Trotzdem trat seine Tochter einer NS-Organisation bei...
Ich selbst frage mich: "Was hättesst Du selbst getan?" Ich weiß es nicht!!!

waldkind
07.02.2014, 23:11
Ich finde hier manchen Beitrag etwas überheblich oder blauäugig. Als ob die Menschen so viel besser geworden wären. Wenn man sagt "Gegen die XYZ" dann ist sofort Hass, Verleumdung und Diskriminierung da. Es ist erschreckend wie man sich immer wieder dieser trügerischen Sicherheit hingeben kann.
Erschreckend finde ich z.B. auch, dass es neuerdings heißt "die Nazis hätten Menschen mit jüdischem Glauben vernichten wollen". Was ist das denn für eine Verleumdung? Es ging um die Ausrottung eines Volkes, einer Ethnie. Wie verletzend muss diese Verdrehung für Menschen mit jüdischer Abstammung sein?
Ich stimme Antennschreck zu. Man muss erst mal sehen wie man sich selber verhält. Ich weiß aus Erzählungen meiner Vorfahren, dass diejenigen, die sich gegen Nazis auflehnten, einfach abgestochen wurden. Da wird mir einfach schlecht, wenn man so locker flockig daherkommt und urteilt. Wie viele Vorurteile bzw. festgefahrene Ansichten über das Judentum liest man alleine in diesem Forum?
Im Übrigen finde ich diese Israel-Kopfnickerei ziemlich unmodern. Für mich ist das ein Zeichen von Verleumdung und Verdrängung. Man solle mit Israelis genauso sprechen, diskutieren und sich auseinandersetzen wie mit allen anderen Menschen. Für mich ist dieses "Jawohl ja, ganz recht" ein von oben herab und entwürdigend.
Im Übrigen kann man Geschichte nicht aus einem Rückblick heraus erklären, sondern immer nur aus der Zeit heraus, in der sie geschieht. Daher verstehe ich nicht, warum immer wieder die Frage nach, "oh, welcher Deutscher hat mitgemacht", "Waren Deutsche keine Danziger" gestellt wird. Das Fernsehen ist voller Dokumentationen mit Originalaufnahmen, in denen das deutsche Volk gejubelt hat. Darüber braucht man doch nicht mehr zu diskutieren. Oder verbirgt sich letzten Endes hinter dieser Diskutiererei die Hoffnung, dass die eigenen Ahnen damit nichts zu tun hatten und dass man selber als einer der wenigen das Glück der "Schuldlosigkeit" hat - als Volk, als Familie oder als Mensch.
Was mich am meisten ärgert, ist, dass Hitler bestimmt mal berühmt sein wollte und es tatsächlich geschafft hat.
Liebe Grüsse nach Israel, wk.

Antennenschreck
08.02.2014, 10:27
Hallöle,

interessant ist in diesem Zusammenhang auch, wieso konnte die NSDAP von einer 6 Mann Hinterzimmertruppe aus München in so kurzer Zeit so groß werden? Wenn man heutige Parteien so beobachtet, dann ist dieser Verlauf volkommen untypisch. Also klar die Frage, wer finanzierte den Start der NSDAP und welche Ziele verfolgte er damit? Die ersten Jahre war die NSDAP relativ unbekannt und mittellos. Innerhalb isr Zeit hatte sie große Gönner, die ihr alle Kampanien und Auftritte bezahlten, ja sie konnte sogar einen Zeitungsverlag. Folgt doch mal dem des Geldes und ihr findet die wahren Verbrecher. Das klappt eigentlich immer. Ihr könnt auch nach 1945 der Spur des Geldes folgen und werdet ganz unerwartete Ergebnisse haben. Was ist denn aus den wichtigen Industriebossen vom 3. Reich nach dem Krieg geworden. Da gab es mal eine ganz tolle Doku auf ARTE. Allerdings nur ein einziges Mal mitten in der Nacht. Wer hat den eigentlich die Rüstung finanziert, und mit welchem Ziel ???

Tschü.......

Poguttke
08.02.2014, 13:39
#67 Du blendest diese Zeit und die Verantwortung dafür zwischen 1933 und dem 31.08.1939 bewusst aus.
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Das ist eine Unterstellung die mindestens ungehörig ist Uwe. Es gibt ja immer 2 Möglichkeiten. Entweder weiss ich es nicht besser, oder habe eine andere Sichtweise auf Grund meines Wissens.
Bei Stutthof liege ich tatsächlich falsch, ich dachte es existierte als Arbeitslager schon länger.
Was den Versailler Vertrag angeht und die Verantwortung des Völkerbundes, so gilt die Schutzgarantie und Schutzverpflichtung sowohl für den Staat und insbesondere für die Verfassung.

Poguttke
08.02.2014, 14:16
#68 der Kommissar des Völkerbunds war leider ein weltfremder Philosoph und Historiker, der zuliess, dass ihm die Nazis der NSDAP (nicht einer Danziger NSDzAP) auf der Nase herumtanzten.

Ich habe sogar mal gelesen, dass er in der Schweiz als Hitleranhänger bekannt war.

#68 Es gab in Danzig eine Minderheit, die sich nicht am Boykott jüdischer Geschäfte beteiligt hat.

Das war in meiner Familie auch der Fall. So musste meine Mutter ihre Mutter beim Einkauf immer begleiten, um "Schmiere" zu stehen, damit nicht zufällig irgendwelche Bekannte das zufällig mitbekommen. Abends musste sie für ihren Bruder an der Wohnungstür lauschen, ob der "Blockwart" im Haus unterwegs war, wenn er Radio London hören wollte. Und meinem Urgrossvater wurden die Essenmarken gestrichen, da er einer jüdischen Familie nicht die Wohnung kündigen wollte, an der ein SS-Offizier Interesse hatte.

#68 Forster und Greiser haben sich später im Völkermord einen Wettbewerb geliefert ...

Wobei Forster kein Danziger Staatsbürger war, seine politischen Aktivitäten waren also illegal. zumindest jedoch staatsfeindlich.

Uwe
08.02.2014, 15:04
#72 Poguttke, Du mit deinem großen Wissen über Danzig sagst, Du kennst die Geschichte vom Lager Stutthof nicht? Das verwundert mich jetzt sehr.

Das Du gerne die sehr große Verantwortung der Danziger für den Rechtsbruch, Unrecht und die Volkstagswahl 1933, wo die NSDAP die absolute Mehrheit erhielt klein redest, ist leider so. Andernfalls könntest Du die Danziger ja auch nicht als Opfer darstellen. Du suchst die Verantwortung überall nur nicht bei den Danzigern selbst. Diese Auseinandersetzung mit Geschichte ist nicht meine Art der Auseinandersetzung.

Herzliche Grüße

Uwe

danli, + 23.01.2015
08.02.2014, 16:56
# 73
Wie konnte dan Forster 1937 ein Ehrenbuerger der Stadt Danzig sein??

Solche Ehren verlieh doch die Stadt (volkstag )!!!!! waren das keine Danziger????

Danli

Bartels
08.02.2014, 17:34
Danziger Volkstag 1935 (- 1939):

NSDAP: 59,3 % - 43 Sitze (von 72)
DNVP: 4,2 % - 3 Sitze

Wahlbeteiligung 99,5 % (1930: 89 %)

Ulrich 31
08.02.2014, 19:09
Zu #75:

Albert Forster wurde bereits am 14. Juli 1933 Ehrenbürger der Freien Stadt Danzig (siehe hierzu > http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Ehrenb%C3%BCrger_von_Danzig)!

waldkind
08.02.2014, 19:21
Hallo Antennenschreck,
die Wege des Geldes erklären auch heutige Konflikte, vermutlich. Nur wer verfolgt sie, um sich Gewissheit zu verschaffen? In der Mitten-Nacht kommen hin und wieder spannende Dokumentationen. Eine habe ich mal gesehen über einen Waffenhändler, der über Finanzmärkte alle Kriege und Waffengeschäfte in der Hand hat. Wie hieß der noch Ach vergessen ...
Schöne Grüße und tschü.......

Antennenschreck
08.02.2014, 19:43
Hallo Waldkind,

ich denke du verstehst mich. Die wahren Schuldigen sind im Regelfall nicht offensichtlich und sind auch immer die Gewinner bei solchen Ereignissen gewesen. Das war schon immer so seit einige wenige Menschen denken sie hätten das Recht über die schweigende Mehrheit zu bestimmen. Und die, die schweigen sind dann in der Regel auch noch die Dummen. Z.B. wurde eine (nicht ganz unwichtige) Nachkriegspartei der BRD weitestgehend durch Nazigelder aus der Schweiz finanziert. Wer jetzt vermutet das sei die NPD, der liegt aber falsch. Wie gesagt ist es auch nicht ganz von schlechten Eltern sich mal den finanziellen Start der NSDAP anzusehen. Geschichte wiederholt sich eben so lange (in Abwandlungen) bis man etwas daraus lernt und ändert. Das ist allerdings bis jetzt noch nicht zu erkennen.

Tschü......

waldkind
08.02.2014, 19:57
Jaja, das große Schweigen. Ist es heute nicht genauso da wie damals? Sitzen wir nicht still herum, wenn Waffen in Krisengebiete exportiert werden? Oder wenn es heißt, Deutschland könne doch nicht immer nur friedlich da rumhocken, wenn die Verbündeten ausbluten, und müsse sich militärisch beteiligen. Und dann behaupten wir allen Ernstes, wir hätten damals nicht mitgemacht? Irgendwie gruselt mich. Es lässt sich leicht darüber nachdenken, was damals war. Denn die Vergangenheit können wir weder bewältigen noch ändern. Sie hält uns nur gefangen ...
Tschü ......

Bartels
08.02.2014, 19:57
Danziger Volkstag 1933 (- 1935):

NSDAP: 50,1 % - 38 Sitze (von 72)
DNVP: 6,35 % - 4 Sitze

Wahlbeteiligung 92 % (1930: 89 %)

Poguttke
08.02.2014, 22:14
Im Wesentlichen bin ich mit Antennenschreck einer Meinung. Ferner sehe ich es auch wie Waldkind, denn es hat sich nichts geändert, damals wie heute werden wir alle manipuliert und nichts ist so wie es scheint. Für mich ist der WK noch nicht beendet. Der 1. führte in den 2., dieser in den Kalten, und jetzt haben wir einen Wirtschaftskrieg mit verlagerten Kriegsschauplätzen.

#74 Du mit deinem großen Wissen über Danzig sagst, Du kennst die Geschichte vom Lager Stutthof nicht? Das verwundert mich jetzt sehr.

"Bei Stutthof liege ich tatsächlich falsch, ich dachte es existierte als Arbeitslager schon länger." Das ist es was ich gesagt habe Uwe. Nicht mehr und nicht weniger.

Zu #75 Ehrenbürger ist kein Staatsbürger. Kennedy mag Ehrenbürger von Berlin sein, deutscher Staatsbürger ist er deshalb noch lange nicht.

Zu#81 Wenn wir 1933 mal noch als korrekte Wahlen durchgehen lassen würden, dann hat sich die Hälfte der Danziger gegen die NSDAP entschieden. Das ist es was für mich zählt, und für diese Danziger spreche ich, denn sie alle wurden Opfer der Nazis.

Uwe
09.02.2014, 01:36
Poguttke, wie unschuldig waren nach deiner Theorie dann die Deutschen?

Bei der letzten einigermaßen freien Reichstagswahl 1933 haben "nur" 43,9 % NSDAP gewählt, also weniger als in Danzig mit 50,12 %. Haben sich diejenigen in Deutschland oder auch Danzig gegen die Machtergreifung der Nazis gewehrt, die sie nicht gewählt haben. Nein das hat leider nur ein verschwindend kleine Gruppe gemacht.

Deswegen haben nicht nur die NSDAP-Wähler Verantwortung auf sich genommen, sondern auch die Deutschen oder Danziger die tatenlos zusahen wie die Demokratie, die Verfassung und der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt worden sind. Damit trägt dann auch das gesamte Volk die Verantwortung für die katastrophalen Folgen.

Herzliche Grüße

Uwe

Ulrich
09.02.2014, 02:31
Und denkt auch an die Arisierungen, die Enteignung jüdischer Danziger, da floss, so mancher angeblich schmutiger jüdischer Gulden in saubere arische danziger Hände (Echt, S. 173, Die Geschichte der Juden in Danzig, Leer 1972, S. 173). Hinter der Ausgrenzung und Entrechtung - nicht nur der danziger - Juden steckten nicht nur weltanschauliche und politische, sondern auch handfeste wirtschaftliche und finanzielle Interessen. Es gibt Historiker, die sprechen in diesem Zusammenhang vom größten Raubzug der Geschichte.

Und denkt auch an die Danziger mit jüdischem Hintergrund, wie man heute sagen würde, ab 1933 zusammen mit den Glaubesjuden sogenannte "(Christliche) Nichtarier, in Danzig ab 1937: "Jüdische Mischlinge" und an die mit ihnen angeblich in "Rassenschande" lebenden "Jüdisch Versippten", und an die wiederum als "Jüdische Mischlinge" angesehenen Nachkommen aus diesen Mischehen. Zahlen zu den Angehörigen dieser Verfolgtengruppe in Danzig sind nicht bekannt.
Im Deutschen Reich waren es 1939 beinahe genauso viele, wie verfolgte Glaubensjuden. Das wird man auch für Danzig annehmen können. Literatur über sie gibt es meines Wissens nicht. Dabei geht es mir nicht in erster Linie um die 22 Juden, von denen Jonas und Echt berichten, die Ende 1943 noch in Danzig lebten (Echt, S. 243 f), sondern um all die Personen, die in Danzig seit 1933 aufgrund ihres jüdischen Hintergrundes und der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung und darüber hinausgehender örtlicher Willkürmaßnahmen diskriminiert, verfolgt, enteignet wurden. Über sie schreibt Echt:
"De in Mischehe lebenden Juden und Arier, ebenso die christlichen Nichtarier, fanden ohne
Rücksicht auf ihren früheren Beruf nur Beschäftigung als ungelernte Arbeiter; sie unterstanden nicht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern nur der Willkür der Gestapo. Die arischen Eheteile wurden als Judenknechte beschimpft, mußten zum Teil ihren Beruf aufgeben und in untergeordneten Stellungen ihr Leben fristen. Die Gestapo versuchte, diese Ehen aufzulösen und Scheidungen zu erzwingen, um den jüdischen Partner unter die Judengesetze zu bringen", und über die Zeit nach 1943: "Zu den Menschen, die in Mischehe lebten, kamen diejenigen, die nach den Blut- und Rassentheorien der Nazis zu Juden erklärt worden waren. Diese Menschen, die ihre Bindungen zum Judentum oder Beziehungen zur jüdischen Gemeinde längst abgebrochen oder niemals besessen hatten, wurden ihrer Existenz beraubt und mußten, soweit sie nicht versteckt waren, in ein Miethaus in der Mausegasse ziehen". Samuel Echt, Die Geschichte der Juden in Danzig, Leer 1972, S. 241f).

Antennenschreck
09.02.2014, 10:54
Hallöle,

ein sehr kluger Mann sagte mal, dass man den Wert einer Gesellschaft daran erkennen kann, wie sie mit denen umgeht die sich nicht oder kaum wehren können. Also konkret wie sie die Alten, die Kinder und die Toten behandelt. Nur zu, kippt ruhig weiter Jauchekübel über eure Vorfahren. Und wie hier mit Alten (ab ins Pflegeheim) und Kindern (von ärmeren Menschen) in der BRD umgegangen wird, das ist kein Geheimnis. Man kann nicht die Anderen ändern schon mal gar nicht in der Vergangenheit (was geschehen ist ist gescheheh), man kann nur sich selber ändern und wenn sich genug Menschen geändert haben, dann wird sich auch das Land verändern zum Besseren, denn es verändert sich ständig auch ohne mich, nur nicht unbedingt in die Richtung welche ich gern hätte. Wieso aber soll sich mein Land verbessern wenn ich immer nur auf Andere zeige (die oftmals gar nicht mehr leben) und bestimme was diese besser machen müssen oder mußten.
Fragt doch mal was mit euren Steuern in der BRD passiert und verlangt doch mal einen zweckgebundenen Einsatz der Steuern. Wäre doch mal Zivilcourageo, oder? War nur mal so ein Vorschlag, bei Bedarf habe ich noch mehr.

Tschü........

Uwe
09.02.2014, 15:01
So ein Quatsch, niemand kippt "Jauchekübel" über seine Vorfahren hier aus. Das einzige was einige tun, sie setzten sich mit dem handeln oder nicht handeln ihrer Vorfahren in diesen 12 Jahren der Unmenschlichkeit auseinander. Dieses tun sie um eine Wiederholung für alle Zeit zu verhindern. Nicht darüber zu reden, sich nicht klar werden über die Fehler, birgt ein großes Risiko auf Wiederholung der selbigen. Das will hoffentlich jeder hier vermeiden.

Trotzdem bleiben die Vorfahren die eigene Familie die man geliebt hat und noch liebt. Eine Beschäftigung mit dem Thema ändert nichts an den Gefühlen für die Vorfahren. Menschen machen Fehler, so wie jeder hier. Aber nur aus dem erkennen der Fehler kann man lernen.

Herzliche Grüße

Uwe

Ulrich
09.02.2014, 16:40
Die Anzahl und die Namen der bis heute aufgefundenen und in der Nazizeit ermordeten danziger glaubensjüdischen Opfer finden sich in: http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html
Man kann in der Maske etwa bei "Wohnort" oder bei "Geburtsort" "Danzig" oder "Gdansk" eingeben, oder auch Einzelpersonen aufrufen oder beides.
Einen schönen Gruß
Ulrich

waldkind
09.02.2014, 20:46
Wenn man sich das Handeln der Vorfahren erklären will (eigentlich ist das ein dreistes Unterfangen), so kann man in den Dokumentationen es gut mitverfolgen. Auch Spielfilme, wie Schindlers Liste oder Holocaust greifen Rollen und Ursachen auf. Für die einen war es das Geld, die gute gesellschaftliche Position, die man sich sichern konnte. Die anderen haben nix kapiert und saßen in Positionen, wo sie sich nicht einmal auseinander setzen mussten. Die Gläubigen lernten (vielleicht mit Prügelstrafe), dass man sich der Obrigkeit nicht widersetzen darf. Das habe ich ja noch nach dem Krieg gelernt. So sahen das leider viele damalige Nicht-Juden und Juden. Es war eben so. Dann kommen die vielen Nekrophilen und Narzissten dazu und die (durch den I. Weltkrieg) innerlich Gebrochenen, die sich einen Wert gaben durch die Erniedrigung Anderer. Außerdem bedurfte es eines Sündenbockes für die Not nach dem I.Weltkrieg. Die Methode mit dem Sündenbock funktioniert fast immer, um Hass und Wut zu kanalisieren. Manche waren einfach nur stolz Teil einer Gemeinschaft zu sein (Verführung der Jugend), ein Fähnchen zu hissen oder einen Orden zu bekommen. (Da ist der Film "Untergang" gut in der Darstellung). Dann gibt es jene, die gelernt haben, einfach immer nur der Sache zu dienen, egal um welche Sache es ging.
Irgendwie muss man sich mit den Vorfahren diesbezüglich auseinander setzen. Denn es gab ja nach dem Krieg keine Einrichtung, die bei der Jugend eine seelisch-geistige Umschulung durchgeführt hätte. Aber man sollte auch nicht vergessen sein eigenes Herz gründlich auseinander zu nehmen. LG wk.

Inge-Gisela
10.02.2014, 11:51
Ich mische mich meistens nicht in dieses Thema ein. Man spricht hier von Scham und Entsetzen, und immer wieder, was unsere Eltern und Großeltern vielleicht getan haben oder auch nicht getan haben. Und das ist ein Erbe, dass unsere Kinder und Kindeskinder wohl noch antreten müssen. Ob das immer richtig ist, weiß ich nicht. Nur wir müssen uns leider auch selbst fragen, wie mutig wären wir denn gewesen? Von uns selbst wird hier weniger gesprochen. In Friedenszeiten sind wir alle stark oder glauben es zu sein. Es fängt doch in der Bahn schon an, wenn jemand angegriffen wird. Die meisten schauen zu oder wechseln bei der nächsten Haltestelle den Wagen, wer kann von sich behaupten, dass er in so einer Situation wirklich mutig eingeschritten ist. Sicherlich nicht alle. Da gibt es mehrere Beispiele, die sogar video-mäßig belegt sind. Bis hin zum Mord. Und wären wir besser gewesen? Ich meine jetzt nicht das entsetzliche Morden und auch nicht das Denunzieren. Das kann und will man nicht jedem zutrauen. Ich meine, das Stillschweigen, nichts sehen und nichts hören, um selbst überleben zu können. Die meisten von uns sind doch nicht in der Situation gewesen, um jetzt sagen zu können, wie sie sich selbst verhalten hätten. Ich denke mal, sie waren selbst noch Kinder. Da hat man den Kindern wohl auch eher Stillschweigen geboten. Mit der Angst haben sie teilweise überleben können.

Gruß
Inge-Gisela

Antennenschreck
10.02.2014, 12:37
Hallo Inge-Gisela,

besser und klarer hätte man das einfach nicht ausdrücken können; danke.

Tschü.........

waldkind
11.02.2014, 21:30
Darin sehe ich ein zweites Verbrechen. Die Kinder wurden indoktriniert und aufgehetzt. Sie erlebten Verbrechen, sahen wie Menschen totgeprügelt, gefoltert, versklavt, aufgehängt oder erschossen werden. Und dann lässt man sie einfach alleine mit all dieser Grausamkeit. Das hätte mich wirklich mal interessiert, wie man das den Kindern erklärt hatte. Wurden die Kinder einfach abgestumpft, dass sie nichts mehr fühlen? Ich kann mir nicht vorstellen wie man mit solchen Bildern gesund leben kann. Klärt mich auf. LG wk.

Ulrich
12.02.2014, 00:23
Hallo Waldkind,
du meinst wahrscheinlich nicht die jüdichen Kinder in Danzig, bzw. die Kinder mit jüdischem Hintergrund, die rassisch indoktriniert wurden, und sich selbst dann als Kreuzung zwischen Mesch und Tier ansahen, die sich - der Indoktrination entsprechend - als Ratten, als Krebsgeschwür empfanden?

Und du meinst vermutlich auch nicht die Danziger Kinder mit jüdischem Hintergrund, die erleben mussten, dass ihre Eltern deportiert und ermordet wurden, bevor sie selbst deportiert und ermordet wurden.

Wenn ich den Titel zu diesem Thread richtig lese, geht es hier um die "Juden in Danzig".

Man kann natürlich auch einen Thread über die "Nichtjuden in Danzig" aufmachen, da könnte man z.B. auch über die Erziehung zum Herrenmenschentum der nichtjüdischen deutschsprachigen Danziger Kinder sprechen - aber das wäre,wie gesagt, ein anderer Thread.


Einen schönen Gruß
Ulrich

Antennenschreck
12.02.2014, 10:27
Hallo Waldkind,

ich denke du meinst einfach die Menschenkinder, ganz egal welcher Konfession, welche in einer zerstörten unerklärlichen Welt weiterleben mussten. Aus Sicht eines Kindes handelt es sich bei solchen Ereignissen immer um unverschuldete katastrophale Eingriffe in das eigene Leben. Man wird ja als Kind in so eine Welt hineingeboren, ohne selber einen Einfluß darauf zu haben oder die Möglichkeit eines Rückzuges. Sehr bezeichnend ist dafür das Lied "Kinder an die Macht" von Herbert Grönemeyer:

http://www.youtube.com/watch?v=5vTbztYZ3mI

Tja, wenn wir so wie Kinder denken würden dann käme es erst gar nicht zu solchen Ereignissen. Aber in den Chefetagen der Konzerne und Banken denkt man eben anders.

Tschü......

J.Langfuhr
12.02.2014, 12:31
Hallo Waldkind, hallo Ulrich,

das ist für mich eine wichtige Frage: neulich sprach ich mit einer 86jährigen rüstigen und immer noch stattlichen Dame, die als Kind in der Nähe eines Lagers wohnte. Sie erzählte von ihren diesbezüglichen Kindheitserinnerungen noch heute ganz ohne Bestürzung, eher wie von Kuriositäten. Mitgefühl habe ich ganz vermisst.

Mir sind aus vielen Gründen derartige Kindheitserinnerungen erspart geblieben. Aber noch in der Nachkriegszeit ist mir in meiner Erziehung ein Elitebewußtsein gegenüber vielen Menschen, besonders Ausländern, vermittelt worden. Reflektiert habe ich das erst, als ich selber jahrelang Ausländer war.

J.Langfuhr

waldkind
12.02.2014, 13:26
Liebe Jutta, danke für deine Ehrlichkeit.
Lieber Antennenschreck, danke für dein Einfühlungsvermögen.

Lieber Ulrich,
ich will es offen lassen, welche Kinder ich hier meine. Ich verstehe, dass du meinen Gedanken nicht ganz folgen kannst. Der eine befragt wikipedia und baut auf den Intellekt. Der andere befragt das Herz. Denn um dieses geht es auch, wenn es um die Juden in Danzig geht. Nur mit Intellekt kommt man nicht zum Ziel, denn dann würde ja ein einfaches Schriftstück reichen. Wo bleibt da der gesunde Menschenverstand? Vermutlich hat wikipedia auf meine Frage keine Antwort, dass du mich zurechtweisen möchtest. Nur herzlose Menschen vermögen zu morden.

Für mich ist es eine Beleidigung, wenn man Juden von Nicht-Juden dermaßen radikal trennt. Du glaubst also, man müsse nicht darüber nachdenken wie die Kinder mit der Grausamkeit umgingen? Um meine Frage zu verstehen bräuchte man wahrlich ein kindliches Herz.
Es grüßt die Wald-Ratte.

Inge-Gisela
12.02.2014, 15:38
Hallo Waldkind und hallo an die anderen,

Ich sehe ein Kind ohne die Zugehörigkeit einer Nationalität, vielleicht auch deswegen, weil ich schon viel in andere Länder gereist bin, viele andere Menschen kennengelernt habe und den Kindern ist ihre Nationalität solange egal, solange sie ihnen nicht von Erwachsenen eingebläut werden. Deswegen auch mein Satz bzgl der Kinder. Es betraf nicht nur jüdische, es betraf Kinder auch aus kleineren Volksgruppen und letztendlich auch deutsche, die auch nicht für diese Grausamkeiten konnten und selbst ja auch darunter litten, und von ihnen sind auch viele umgekommen. Nur, was die Juden anbelangt, ist eine diesbezügliche Diskussion immer ein sehr heikles Thema. Und es entstehen leicht Missverständnisse. Ich habe vor Jahren mal den Film "Am Strand der Grünen Spree" gesehen. Zu meiner Schulzeit wurde ja über diese Zeit überhaupt nicht gesprochen, schon gar nicht in der Schule. Das erfuhr man erst viel später und wenn man sich selbst orientierte. Der Film hatte mich so fertig gemacht, dass ich einige Tage damit zu tun hatte.
Eine Nichte und ein Neffe von mir haben übrigens für je ein Jahr im Kibbuz gearbeitet :-).

Und ich befürchte auch, dass sich nicht viel geändert hat, weil sich die Menschen nicht ändern, und Korruption und Manipulation weit oben stehen. Und vom Staat wird man allmählich immer mehr entmündigt. Aber es wehrt sich ja kaum jemand und das ist das Problem der Deutschen. Andere Völker gehen viel früher auf die Straße.

Lieben Gruß
Inge-Gisela

Antennenschreck
12.02.2014, 16:10
Hallöle in die Runde,

wie ich schon sagte, zeigt sich der moralische Wert einer Persohn oder Gesellschaft immer an ihrem Umgang mit den Schwächeren (Minderheiten, Kranke, Kinder, Alte, Toten......).

Manchmal errinnert mich das an ein Erlebniss aus meiner Kindheit: Wir haben da das Feld mit Jauche gedüngt. Egal wie lang der Stiel an der Kelle auch war man hat immer ein paar Spritzer Jauche abbkommen. Wenn man mit einem Finger auf jemand anderes zeigt zeigen 4 Finger auf einen selbst. Also richtet nicht auf das ihr nicht selbst gerichtet werdet.

Tschü.......

Felicity
12.02.2014, 16:47
Wir gehoerten auch einer Minderheits Gruppe an. Papa, als russischer Offizier im Regiment des Zaren,floh nach der Revolution nach Polen und dann nach Danzig. Er hatte den Nansen Status von der schwedischen Regierung und wurde als Emigrant anerkannt. Wollte dieses nur klar stellen dass sich die neutralen Laender doch um die Menschen kuemmerten, die ihre Hilfe brauchten. Die andere Seite unserer Geschichte musste Mutti ausbaden. Als Besitzerin einer Leihbuecherei hatte sie die Pflicht, verbotene Buecher, die auf Listen standen, die an alle Bibliotheken verteilt wurden, von den Regalen zu entfernen und so wanderten sie alle unter Mutti's Bett. Haetten sie eine Haussuchung gemacht waere Mutti in grosser Gefahr gewesen. Balsac, Hauptmann und viele andere Schriftsteller entkamen dadurch der Vernichtung nur um mit dem Haus zusammen abzubrennen als wir ausgebombt wurden. Ich kann mich auch entsinnen, dass Katholiken, die man als Polen ansah, auch ihre schwere Zeit hatten. Die Marienschule der Ursulinen wurde geschlossen und die Boromaerinnen im Marienkrankenhaus, enteignet. Vor der Vertreibung hat sie ein Wehrmachtsarzt gerettet, der sie als Pflegepersonal unersaetzlich einschaetzte. Das Leiden der Minderheitsgruppen findet ja heute noch immer in vielen Staaten statt. Wird es je aufhoeren ? Mit lieben Gruessen von der Feli

Ulrich
12.02.2014, 16:50
Ach, Waldkind -

soviel ich weiß, hab ich in diesem Thread nicht ein einziges Mal was aus wikipedia gebracht, deine Gegenüberstellung mit Intellekt (Ulrich-Wikipedia) und Herz (Waldkind-Herz) geht insofern ins Leere. Kann das sein, dass du mich hier mit meinem Namensvetter im Forum verwechselst, dessen Wikipedia-Hinweise in einem anderen Thread du ja benennst, die ich nebenbei gesagt, sehr schätze?

Ja, ich denke, man sollte in einem Thread über die Juden in Danzig darüber nachdenken, wie die jüdischen Kinder und die Kinder mit jüdischem Hintergrund mit der Grausamkeit, die sie von ihren sogenannten arischen Mitschülern, ihren arischen Lehrern, ihrem Verweis von Schulen, ihrem Ausschluss aus Vereinen, dem Entrechten und Ausrauben ihrer Eltern umgingen, welche Wunden dies alles bei Ihnen hinterlassen hat, und, wenn sie denn den Holocaust überlebten, wie ihre Peiniger ausgebombt und mit ihren Peinigern vertrieben wurden.

Wenn ich zwischen Danziger Juden oder Danzigern mit jüdischem Hintergrund einerseits und Danzigern mit Nicht-jüdischem Hintergrund scharf trenne, folge ich doch nur dem allgemeinen Sprachgebrauch, für den der Holocaust real war als Entrechtung, Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. Da ist Danzig mit dabei und da verbietet sich mir jede Gleichmacherei.
Und schließlich Waldkind, dass du dich als "Waldratte", humorig anspielst, oder sogar auf auf eine Stufe stellst mit den von mir erwähnten jüdischen Kindern, die infolge der Naziindoktrination sich als Mischwesen von Mensch und Tier, ach schlimmer, als Ratten fühlten, da scheint mir doch, gelinde gesagt, schon mal ein wenig mehr Taktgefühl nicht zu schaden.
Ulrich

Wolfgang
12.02.2014, 17:41
Guten Nachmittag,

mit zunehmendem Unbehagen lese ich dieses Thema. Es wird mir da u.a. zu viel von "Jauche" gesprochen wo nach meinem Empfinden Schweigen, Nachdenken und Innehalten angebracht wäre.

Es müsste bei jedem Leser Fassungslosigkeit hochkommen wenn er nach der Schilderung dessen was jüdischen Mitbürgern an Umenschlichem angetan wurde Aussagen lesen muss wie "Nur zu, kippt ruhig weiter Jauchekübel über eure Vorfahren". Auch die andere jüngste "Jauche"-Aussage ist schlichtweg nur FURCHTBAR. Genauso entsetzlich ist es, wenn unsere Diskussion hier über die begangenen Verbrechen in einem anderen Danzig-"Forum" der sogenannten "Erlebnisgeneration" aufgegriffen und von dessen Betreiber bisher unwidersprochen gerechtfertigt wird mit "warum meldet sich niemand und nennt die Hauptgründe, wodurch es zu dem ganzen Schlamassel erst kommen konnte. Hat denn niemand mal etwas vom Versailler Vertrag gehört, vom poln. Korridor, von den poln. Schikanen (Post, Bahn, Hafen) in der Freien Stadt Danzig, u.s.w.-u.s.w.???"

Diese Aussagen von zwei Angehörigen sowohl der "Erlebnis-" als auch der Nachkriegsgeneration können nicht verallgemeinert werden. Sie zeigen auch nicht den heute vorherrschenden Zeitgeist. Sie sind schlichtweg vorgestrig und/oder ohne jedwedes Mitgefühl für das unvorstellbare Leid das jüdische Mitbürger erlitten.

In DIESEM Thema geht es um jüdische Mitbürger, am Rande auch -wie Felicity aufzeigt- um andere Opfer des nationalsozialistischen Terrors, des Regimes, seiner Mithelfer und seiner ungezählten jubelnden häufig auch wissenden Mitläufer.

Ich verstehe es nicht, ich fasse es nicht, dass immer wieder wenn über die diesen Opfern angetanenen Verbrechen gesprochen wird, sofort lauthals lamentiert wird JA ABER WIR WAREN AUCH OPFER!!! Oder: DAFÜR HAT ES JA AUCH GRÜNDE GEGEBEN!

NIEMAND, weder in Deutschland noch in Polen, noch sonst irgendwo auf der Welt, wird bestreiten, dass es auch deutsche Opfer gab. Aus meiner Sicht verbietet es sich aber, die gegenüber jüdischen Mitbürgern begangenen Verbrechen auf irgend eine Art und Weise rechtfertigen zu wollen. Und genauso verbietet es sich auch, die Verbrechen relativieren oder unterbinden zu wollen, indem auf haarsträubende Weise auf vermeintliche geschichtliche Ursachen und Gründe hingewiesen wird oder über Vorfahren auf die keine Jauche ausgegossen werden soll.

Eingangs meines Beitrages sprach ich von zunehmendem Unbehagen beim Lesen dieses Themas. Dieses Unbehagen wich beim Schreiben einem fassungslosen Entsetzen als ich den einen oder anderen Beitrag noch einmal las.

Ich schäme mich, mich nicht früher mit meiner Meinung gemeldet zu haben.

Wolfgang Naujocks

Alter Danziger
12.02.2014, 17:59
Hallo Wolfgang, ich habe mich da rausgehalten weil sich da diejeninge die für Juden eingetreten sind dafür haben rechtfertigen müssen und weil ich auch habe nur mit dem Kopf geschüttelt bei da so manchen Beitrag.

Es gibt so viele historische Dokumente, da braucht man nicht mehr diskutieren sondern da muss man akzeptieren was da war und da muss man auch trauern. Ich will da nicht diskutieren bei so einem Thema. Aber über neue Informationen bin ich da schon auch dankbar. Aber nicht bei Rechtfertigungen.

Alter Danziger

Wolfgang
12.02.2014, 18:38
Guten Abend,
hallo "Alter Danziger",

danke für Deine Wortmeldung. Du schreibst: "ich habe mich da rausgehalten weil sich da diejeninge die für Juden eingetreten sind dafür haben rechtfertigen müssen".

Nach dem Krieg waren solche Aussagen als Rechtfertigungen häufiger zu hören/lesen. Das Eintreten für Juden war in den Zeiten in denen sie geächtet, verfolgt und Mord bedroht waren, mit Gefahren verbunden. Haben sich diese Zeiten nicht geändert? Woran liegt es wenn man selbst heute nicht gegen Geschichtsverfälschungen eintritt, wenn man nicht vehement dagegen ankämpft, dass Geschichte verdreht wird?

Wolfgang

waldkind
12.02.2014, 19:57
Lieber Ulrich,
was die danziger Kinder anbelangt, sind wir uns einig.
Das Taktgefühl, welches du ansprichst, vermisste ich hier in dem gesamten Thread. Es mutet seltsam an, wenn Menschen zu einer Recherche-Größe geschrumpft werden, um nicht zu sagen, es entsetzt mich. Es erinnert mich an meine Recherche-Arbeiten früherer Zeiten. Genauso haben auch Nazis gedacht, in Zahlen und in Ordnungen.
Was mich anbelangt, hätte ich gerne zu diesem Thema etwas Menschliches erfahren, nicht immer nur Zahlen, Daten, Fakten, - so wie in deinem Beitrag 99. Ich gebe jetzt allerdings auf. Dokumentarische Analysen gibt es genug auf dieser Welt (Was ich allerdings nicht persönlich meine) und dieses Forum erscheint mir nicht als den geeigneten Ort mehr über danziger Juden zu erfahren. Meine Fragen bleiben ungeklärt.

Das Wort "Waldratte" hat nichts mit Humor zu tun. Dein Kommentar dazu wird mir zu denken geben. wk.

Antennenschreck
12.02.2014, 20:11
Nun denn,

Waldkind es gibt ja Fakten und jeder der will sieht sie auch.

Wenn ich rein symbolisch darstelle was ich empfinde, wenn über die wirklichen Verbrecher von damals nichts gesagt wird, so ist der mein Vergleich wohl rein sprachlich etwas heftig, allerdings in der Sache berechtigt aus meiner Sicht. Ehe wir ständig undifferenziert über Menschen urteilen welche damals oft genau so gelitten haben wie die Juden, könnten wir doch wirklich die wahren Schuldigen beim Namen nennen. Die Leute welche die NSDAP und Hitler erst so groß gemacht haben und welche einen erheblichen Vorteil aus ihrer Unterstützung weit über den Krieg hinaus aus ihrem Tun zogen. Um nicht nur so daher zu schreiben mache ich gleich mal einen Anfang mit ein paar Leuten welche sogar in Nürnberg als Verbrecher verurteilt wurden. Nur haben sie alle irgendwie eine erstaunliche Entwicklung nach 1945 durchgemacht. Aber das kann ja jeder für sich selbst recherchieren, was diese Leute getan haben und wie sie dann dafür belohnt wurden. Aber nun zu 2 Namen von den vielen deutschen Kriegsverbrechern und ihrer Geschichte:

Otto Ambros I.G.-Farben wurde zu 8 Jahren Haft verurteilt aber nach 3 Jahren entlassen.

Nach seiner Freilassung hatte er zahlreiche Aufsichtsratsposten inne: Chemie Grünenthal, Pintsch Bamag, Knoll, Feldmühle, Telefunken. Er war außerdem Berater von Konrad Adenauer, Friedrich Flick und des in einen Asbestskandal verwickelten amerikanischen Konzerns W. R. Grace and Company.


Herrmann Schmitz wurde 1935 Boschs Nachfolger als Vorstandsvorsitzender der I.G. Farben und war somit auch hauptverantwortlich für den Einsatz von Zwangsarbeitern in Fabriken und für die Finanzierung und Errichtung des KZ Auschwitz III Monowitz. Er wurde zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt und unter Anrechnung der bisherigen Haft 1949 aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. In der Bundesrepublik wurde Schmitz 1952 Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank Berlin-West und 1956 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats der Rheinstahl-Rheinische Stahlwerke, deren größter Aktionär schon in der Zeit des Nationalsozialismus die I.G. Farben gewesen war.


Das ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt, jeder könnte das im Netz finden, man braucht nicht allgemein zu verurteilen, nein die Verbrecher haben Namen und man kennt sie auch.

Tschü.......

Uwe
12.02.2014, 21:08
Es ist ja so einfach die Schuldigen weit weg zu suchen, nur nicht auch in der eigenen Familie, bei denen die man vielleicht persönlich kannte. Es gab viele Schuldige, zu viele um die Katastrophe zu verhindern. Der eine hat mehr der andere weniger Schuld auf sich geladen. Wenige waren aber unschuldig.

Heftig, fast nicht beschreibbar daneben, finde ich aber wenn man sagt "... ständig undifferenziert über Menschen urteilen welche damals oft genau so gelitten haben wie die Juden ...". Welche Menschen sind gemeint? Die Menschen, die die Nazis gewählt haben? Die, die nicht mehr sich getraut haben mit ihren jüdischen Nachbarn zu sprechen? Die, die nicht mehr bei dem Kaufmann eingekauft haben, nur weil er Jude war? Die, die weggesehen haben, als ihre Nachbarn eines Tages abgeholt worden sind und niemals mehr aus dem KZ zurückkamen? .... Haben alle diese Menschen genauso gelitten wie die Juden?

Ich schäme mich wenn ich mir vorstelle was z.B. Dan denkt und fühlt, wenn er solche Sätze liest! Da wird solange der Holocaust und anderen Naziverbrechen relativiert und mit Dingen verglichen, die absolut nicht vergleichbar sind bis ... ja bis irgendwann einer sagt, das war doch das normale Leben? Alles eigentlich gar nichts Ungewöhnliches? Wenn ich so etwas lese bin ich mir nicht mehr sicher ob die Menschheit wirklich Lehren aus der Geschichte gezogen hat.

Tief erschüttert verbleibt

Uwe

Ulrich
12.02.2014, 22:51
Ja, Uwe, solche Techniken, wie die Täter,die Mitschuldigen, die Zuschauer, die Profiteure des millionenfachen Judenmords weit weg zu suchen, oder Mitschuld der Vorfahren an der Ausgrenzung der Juden unter Hinweis auf deren eigenes - nicht-jüdisches - Leiden zu relativieren, sind lebendig, wie eh und jeh. Sie begannen vor 1933, und waren fester Bestandteil der deutschen politischen Kultur nach 1945, etwa der Bundestagsreden.
Es gab dann 1985 Weizsäckers bekannte Rede mit neuen Tönen und dann?
Das sieht man hier im Thread: Bei soviel Bereitschaft, gerade auch von jungen Leuten, die massenhafte Beteiligung der deutschen Bevölkerung auch Danzigs an der Judenverfolgung u. a. unter Hinweis auf die angeblich großen Themen dieser Welt zu relativieren, oder bestenfalls nicht zur Kenntnis zu nehmen, hat man als Jude in Deutschland keine gute Prognose, würd ich sagen - wundern würd´s mich nicht.
Ulrich

Alter Danziger
12.02.2014, 23:40
Hallo Wolfgang, ja, da habe ich mich falsch ausgedrückt als ich da sagte warum ich mich da rausgehalten habe. Du hast das da sehr gut davor gesagt was auch ich denke. Aber mit dem Schreiben habe ich es nicht so sehr und da will ich nicht anecken. Ich bin da nicht so perfekt mit dem ausdrücken was ich sagen will. Nicht alle haben eben gute Schule gehabt vor allem wenn sie aus der Kriegskindergeneration kommen.

Du hast aber sehr gut gesagt was auch ich als älterer denke. Nicht alle denken so das weiß ich, aber viele. Es muss schrecklich sein wenn Angehörige von Opfer sehen müssen dass über Täter und Mörder nicht gesprochen werden soll weil das heißt dass man Jauchekübel über die Vorfahren ausschüttet.

Aber der das gesagt hat der hat ja selber zugegeben, dass er sich sogar schon als Kind mit Jauche bespritzt hat. Man muss bei der Wahrheit bleiben und das heißt dass man da auch zugeben muss, dass die JUden nicht von allein umgekommen sind sondern dass es ungeheur viele Deutsche gegeben hat die da fleissig mitgeholfen haben bei dem furchtbaren Verbrechen. Wer das abstreitet oder das nicht sehen will macht sich genauso schuldig wie die das damals verbrochen haben.

Entschuldigung wenn ich im frühern Beitrag falsch verstanden worden bin.

Alter Danziger

Wolfgang
13.02.2014, 00:57
Guten Abend,
hallo "Alter Danziger",

wenn ich in Danzig am Bahnhof bin oder an ihm vorbei fahre, wendet sich mein Blick unwillkürlich immer auf das Denkmal das vor vier Jahren im Gedenken an die unschuldig vertriebenen Danziger Kinder jüdischer Zugehörigkeit errichtet wurde. Es gibt über dieses Denkmal einen eigenen Beitrag in unserem Forum: "Kindertransporte" ein Denkmal für die jüdischen Kinder in Danzig (http://forum.danzig.de/showthread.php?3828-quot-Kindertransporte-quot-ein-Denkmal-f%FCr-die-j%FCdischen-Kinder-in-Danzig)

Meine Antwort auf Deinen Beitrag schrieb ich in einem aufgewühlten Moment. Ich kann es nachvollziehen wenn Teilnehmer sich aus den vor Dir genannten Gründen nicht mit eigenen Beiträgen beteiligen möchten. Pardon, dass ich den Eindruck erweckte, Du wolltest Dich aus jedweder Diskussion "raushalten".

Danzig hat seine Geschichte. Und zu dieser Geschichte gehören auch jüdische Mitbürger die dort viele Generationen lebten. Lange vor dem Krieg begann die Entrechtung dieser Mitbürger. Meiner Mutter, Jahrgang 29, glaube ich, dass sie nichts mitbekam. Mein Vater, Jahrgang 26, wird mehr gewusst haben. Er sprach von einem jüdischen Klassenkameraden, der von einem Tag auf den anderen "auswanderte". Er sage mir, er wolle gerne wissen was mit ihm geschah. Erst nach dem Tode meines Vaters erfuhr ich, dass sein Klassenkamerad in einem britischen Gefangenenlager auf Mauritius umkam.

Nicht nur die Nazis machten sich schuldig, aber ihre Schuld war zumeist ursächlich für jede weitere Schuld.

Nicht jedem Danziger offenbarte sich das grausame Schicksal der Juden. Viele wollten nicht sehen, konnten nicht sehen, oder blendeten die Geschehnisse einfach aus. Es kann vor allem nicht der Stab über Jene gebrochen werden, die in den späten 20er, 30er oder sogar erst in den 40er Jahren geboren wurden. Sie waren meist zu jung oder sie glaubten/folgten den seinerzeit propagierten Idealen.

Aber es gab natürlich auch noch Menschen davor, deren Eltern und Großeltern. Und da weigere ich mich, eine generelle Reinwasche zu akzeptieren. Zuviel weiß ich über meine eigene Familie, wenn auch nur in Bruchstücken, aber es erlaubt doch einen etwas differenzierten Eindruck über das was gewusst wurde und das was man nicht wahrnehmen oder wahrhaben wollte. Es gab sehr wohl auch bei den Kindern das Wissen ob die Eltern Nazis waren oder nicht. Nazi gewesen zu sein heißt natürlich noch lange nicht, Mord und Totschlag, vor allem den systematischen, gutgeheißen zu haben. Aber wer sehen wollte, konnte sehen. Unzählige Biographien alter Danziger die in Opposition zu den Nazis standen -teils auch Biographien derer Kinder- beweisen das.

Was reitet nun Angehörige der vermeintlichen "Erlebnisgeneration" (was haben sie denn in Bezug auf die jüdischen Mitbürger erlebt?) wenn sie den Mord an ihren Mitbürgern, an ihren Klassenkameraden verharmlosend damit entschuldigen und erklären wollen, wie es zu dem "ganzen Schlamassel erst kommen konnte. Hat denn niemand mal etwas vom Versailler Vertrag gehört, vom poln. Korridor, von den poln. Schikanen (Post, Bahn, Hafen)?".

Ich bin kein Staatsanwalt, kein Richter, aber meiner Auffassung nach sind das justiziable Aussagen die an eine Leugnung des Holocaust grenzen. Dass der Verfasser weiterhin unverbesserlich unleugbare Fakten ignoriert, beweist u.a. seine jüngste Feststellung, er freue sich, ich könne in seinem sogenannten "Forum" mitlesen.

Der Mord, der Massenmord, der systematische geplante Massenmord unschuldiger Mitbürger, an Kindern, Frauen, Männern, Müttern und Vätern, Greisen ist Teil der Geschichte Deutschlands, Teil der deutschen Geschichte Danzigs. Wer dies abstreitet, wer die Schuld abstreitet, wer dies leugnet, wer dies relativiert stellt sich auf eine Stufe mit den Mördern und deren Mittäter.

Wolfgang

Antennenschreck
13.02.2014, 09:37
Hallo,

ich kann den Sinn nicht verstehen hinter diesem Verhalten. Die Verurteilten Kriegsverbrecher werden hofiert und kommen in große Positionen und Menschen, welche damals noch nicht mal geboren waren sind schuldig. Es wäre nützlich hierzu einmal die Haager Landkriegsordnung zu lesen, welche übrigens immer noch gilt. Da steht sehr viel über das Verhalten gegenüber der Zivilbevölkerung im Kriege. Und da wird keinerlei Unterschied gemacht hinsichtlich der Art der Zivilbevölkerung, ob sie schuldig ist oder nicht. Da steht auch klar zu lesen, dass schuldig immer nur der tatsächliche Täter ist. Und solange wir die wirklichen Schuldigen nicht sehen wollen / können, kann sich in unserer Welt nichts mehr zum Besseren verändern. Die wahren Strippenzieher hinter solchen Ereignissen bleiben im Dunkel. Sogar wenn sie, wie hier ausnahmsweise einmal geschehen, verurteilt wurden interessiert das niemand. Ich könnte die Liste der Kriegsverbrecher und Kriegsgewinnler noch erheblich erweitern, aber das interessiert niemand, es sind halt die Starken und über die redet man nicht. Allerdings sind es auch heute nocch die, welche für das Elend und die Kriege verantwortlich sind. Auf dieser Ebene hat es keinen Wert weiter zu diskutieren und wirklich weiter führende Erkenntnisse sind wohl auch nicht mehr zu erwarten.

Tschü......

Helga +, Ehrenmitglied
13.02.2014, 09:46
Der Mord, der Massenmord, der systematische geplante Massenmord unschuldiger Mitbürger, an Kindern, Frauen, Männern, Müttern und Vätern, Greisen ist Teil der Geschichte Deutschlands, Teil der deutschen Geschichte Danzigs. Wer dies abstreitet, wer die Schuld abstreitet, wer dies leugnet, wer dies relativiert stellt sich auf eine Stufe mit den Mördern und deren Mittäter.

So ist es, das sehe ich ganz genau so. Und das beinhaltet auch die Scham, die ich empfinde, die wir alle empfinden sollten.

waldkind
13.02.2014, 16:16
Was ich schade finde, ist, dass es in einem solchen Thread, wo es um die Juden in Danzig gehen sollte, zwei Drittel mal wieder um die Schuldfrage geht. Sollte man dazu nicht einen Extra-Thread aufmachen "Wer war schuld"? Dann bräuchte diese Frage nicht immer wieder neu in allen möglichen Gesprächsrunden aufkommen. Es scheint, als ob ein solches Anliegen "Juden in Danzig" in diesem Forum gar keine reelle Chance bekommt. wk.

Belcanto
13.02.2014, 17:37
Hallo Waldkind
Wenn es um das Thema Juden und deren Verfolgung durch die Nationalsozialisten geht, geht es auch immer, um die Schuldfrage. Man kann die Frage nach der Schuld, nicht von der Theamatik abtrennen und isoliert betrachten.

StampCollector
13.02.2014, 21:56
Wenn ich waldkind richtig verstanden habe, dann wollte sie darauf hinaus, daß die Geschichte der Juden in Danzig ja auch mehr beinhaltet, als die Diskussion, wie sie bisher verlaufen ist.
Danzig dürfte schon im Mittelalter durch seine spezielle geographische Lage eine bedeutende jüdische Gemeinde gehabt haben. Hier wäre es natürlich auch interessant zu erfahren, wie da die Verhältnisse und die geschichtlichen Ereignisse waren (Ordenszeit, Freie Stadtrepublik unter polnischer Oberhoheit, Danzig als preussische Stadt, Freie Stadt Danzig vor der Machtergreifung).
Bei einer oberflächlichen Internetrecherche konnte ich da nicht viel finden. Im Wikipedia-Artikel Danzig sind lediglich einige bevölkerungsstatistische Angaben aus der Zeit zwischen 1821 bis 1924 vorhanden. Der Artikel über die Geschichte Danzigs behandelt bei der Geschichte der Juden nur die schrecklichen Ereignisse ab 1933 bzw. 1939 und dies auch nur in sehr knapper und allgemeiner Form.

Ulrich 31
14.02.2014, 00:05
Zu #113:

Dieser Thread ist mit seinen inzwischen über 100 Beiträgen einigermaßen unübersichtlich geworden, so dass ich hier an den Beitrag #36 von Belcanto erinnern möchte, in dem er auf die sehr interessante Website "Virtuelles Schtetl" hinweist, in der man unter der Städte-Auswahl "Gdansk" das finden kann, wonach StampCollector hier fragt: ► http://www.sztetl.org.pl/de/article/gdansk/5,geschichte/.

Gruß Ulrich

StampCollector
14.02.2014, 00:31
Als ich den Wikipedia-Artikel über die Geschichte der Juden in Deutschland las, bin ich auf das Peußische Judenedikt von 1812 gestossen, das ja auch für Danzig von Belang ist.
Aus der Schulzeit hatte ich noch die Stein-Hardenberg’schen Reformen im Hinterkopf und wusste, daß ein Bestandteil dieser Reformen die Emanzipation der Juden war. Emanzipation ist ja eigentlich ein positiv besetzter Begriff. Wenn ich aber lese, daß es bei der Gleichstellung doch einige graviernde Einschränkungen gab, kann man ja allerhöchstens von einer Teil-Emanzipation sprechen. Besonders unfair finde ich persönlich, daß jüdische Kriegsinvaliden im Gegensatz zu ihren christlichen Leidensgenossen keinen Anspruch auf eine Anstellung im Behördendienst hatten. Auch die Verweigerung von Professuren ist eine unglaubliche Diskriminierung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Preu%C3%9Fisches_Judenedikt_von_1812

StampCollector
14.02.2014, 00:35
Zu #114:
Danke für den Link!

Felicity
14.02.2014, 05:31
Ein sehr bekannter Psychiatrist, Emanuel Tanya hatte sich eine Meinung ueber die Situation im Deutschen Reich gemacht : " Nur wenige waren wirkliche Nazis. - Viele erfreuten sich an der Wiedergeburt eines ruinierten Deutschlands, - Und wieder andere waren viel zu beschaeftigt um sich um andere Dinge zu kuemmern, die sie nicht betroffen. - Eine grosse Anzahl, dachten dass die Nazis eine Gruppe von aeusserst narrischen Extremisten waren und nicht ernst zu nehmen waren." Wie die Geschichte uns immer wieder erzaehlt, Millionen von Menschen sind umgebracht worden weil die friedensliebende Mehrheit die Fanatiker nicht ernst genommen hatte. Liebe Gruesse an alle von der Feli

waldkind
14.02.2014, 18:05
Genau das meinte ich StampCollector, dass die Juden eine längere Geschichte in und um Danzig gehabt haben müssen. Und es dürfte interessant sein,wie diese verlief.

Danke für die gehaltvollen Links. Ich möchte noch den von der Geschichte der Juden in Deutschland dazusetzen. Vielleicht gibt es ihn auch schon.
Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Juden immer dann gern gesehen waren, wenn sie wirtschaftlich was einbrachten und dann nicht gern gesehen waren, wenn sie zu eigenen wirtschaftlichen Erfolgen gelangten und damit zu Konkurrenten wurden. Auch schienen sie öfter die Sündenbock-Rolle übernehmen zu müssen. Dann gab es die Verfolgungen aus Glaubensgründen. Was Danzig anbelangt schienen Juden insgesamt nicht beliebt gewesen zu sein. Ich meine speziell in der Ohra-Chronik solches herausgelesen zu haben.
König Friedrich Wilhelm III. samt seiner Luise waren sehr bestrebt in Preußen Reformen durchzuführen. Die gingen manchmal sehr schief aus und stießen auch im Volk auf Widerstand.

http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Juden_in_Deutschland#Preu.C3.9Fen

StampCollector
14.02.2014, 21:58
Im mittelalterlichen und neuzeitlichen Danzig wurden die Juden "nur" ausgegrenzt, aber nicht verfolgt, wie in manchen deutschen Städten. Die polnischen Könige fanden, daß die Juden gut für die Entwicklung Polens wären (Handwerk, Wirtschaft...) und haben ja auch entsprechend gegen die Interessen der deutschen Kaufleute interveniert.

Bartels
14.02.2014, 22:55
Zu den Judenprogromen in Mitteleuropa und Deutschland (11. - 14. Jh.), siehe auch: wikipedia Judenpogrom (https://de.wikipedia.org/wiki/Judenpogrom)

Neben Glaubensgründen und "Brunnenvergiftung" (Juden überlebten die Pestzeit oft besser, dank ihrer Ritualbäder), - spielten auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle: Die Schuldscheine wurden entwertet und man konnte sich Immobilien und den mobilen Besitz aneignen.

Die Juden der Schum-Städte (Speyer, Worms, Mainz) flohen nach Osten und begründeten dort das Schtetl mit deutscher / jiddischer Sprache.

Die Geschichte der "Danziger" Juden ist im Link von Ulrich 31, siehe #114 bestens nachzulesen.

Fazit: Juden waren in Danzig seit dem 14. Jahrhundert unerwünscht, aber durch ihre Handels- und Bankverbindungen geduldet. Ihre Ansiedlung wurde fast immer auf "Vororte" ausserhalb des Stadtgebiets abgedrängt. (Auch die freie Hansestadt Hamburg, hatte ein Ansiedlungsverbot für Juden, die sich im "Ausland" Altona ansiedelten (zeitweise dänisch).

Der König von Polen (zeitweise Personalunion mit Sachsen) hielt seine schützende Hand über Juden. Das liess er sich aber von seinen "Schutzjuden" auch fürstlich bezahlen. - Wenn die Kassen der Fürsten leer waren, wurden die Steuern der Juden oft verdoppelt ...

Die Emanzipation der Juden setzte mit Napoleon Bonaparte ein, real verwirklicht wurde ihre Gleichstellung erst mit der Reichsgründung 1871. - Als erste erkannten Juden auch den Wert universitärer Bildung, so war jeder dritte Arzt im deutschen Reich Jude, - genauso wie auch jeder dritte Student.

Im Dritten Reich wurde aus der Verfolgung aus Glaubensgründen (Antijudaismus), dann der Antisemitismus, bei dem alleine die "rassische" Abstammung zählte.

Ulrich
14.02.2014, 23:09
Hallo Waldkind, hallo Stamp-collector,

der Ausgangspunkt dieses Threads war von Birke Rühle. Sie spricht im ersten Beitrag von ihrem Buch:
"Über die traurige Geschichte der Danziger Juden habe ich in meinem Buch Der Entnazifizierte. Eine Tochter deckt die Verstrickungen ihres Vaters in der NS-Zeit auf., R.G.Fischer, 2013 Folgendes geschrieben:
Einen wachsenden Anteil der Bevölkerung stellten nach 1920 die Juden in Danzig dar und es kamen im Verlauf der dreißiger Jahre weitere Juden aus dem Osten hinzu, denn sie fühlten sich in der vom Völkerbund beaufsichtigten Stadt vor den Übergriffen der Nazis sicher. „Diese Sicherheit führte in den Jahren 1933 – 1936 zu einem überraschenden Wachstum der jüdischen Bevölkerung in Danzig.“
Im November 1939 wohnten in Danzig ca. 10 500 Juden, von denen ca. 5 000 die Stadt wegen der judenfeindlichen Maßnahmen verließen. Am 31.8.1924 waren es 9 239 gewesen, es wurden zu dieser Zeit 222 818 Evangelische, 140 797 Katholiken und 11 141 Anhänger anderer Religionen gezählt. Insgesamt wohnten 1924 etwa 484 000 Menschen in der Freien Stadt Danzig
Ich habe bei späteren Einwohnerzahl-Angaben nie wieder die Anzahl der Israeliten in Danzig gelesen. 1940 sollen es noch 600 gewesen sein. Ich vermute, dass wohl alle Juden und andere Unbeliebte in den Jahren der Herrschaft der Nationalsozialisten unter dem Verbrecher Forster verschleppt und vor allem im KZ Stutthof ermordet wurden.
Seit 1990 gibt es in Danzig wieder eine jüdische Gemeinde. Sie zählte im Jahre 2011 etwa 100 Mitglieder".
Was ist ihr Thema?
Sie schreibt nicht über die Geschichte der Juden allgemein, sondern speziell über die Juden in Danzig, nicht über die Juden in Danzig allgemein, sondern in Bezug auf die "Verstrickungen ihres Vaters in der NS-Zeit" - vermutlich doch in die Verfolgung der Juden in Danzig, und zwar in der Nazizeit.

Wie ich in diesem Thread gelernt habe, kann man dieses Thema auf viele Weisen verfehlen, oder sagen wir: damit neutralisierend umgehen. Die neueste Technik im Thread, dieses Thema zu verfehlen, ist, sich für die Betrachtung der Geschichte der Juden (in Danzig oder überhaupt) im Allgemeinen auszusprechen.. Kann man machen. Nur:
Die darf man nach Erwin Lichtensteins Vorarbeit aber allerspätestens nach Samuel Echts Buch "Die Geschichte der Juden in Danzig" (1972) bei Leuten, die sich für dieses Thema interessiern, als bekannt annehmen, zumal auch hier im Forum seit Jahren darauf hingewiesen wird.
Aber die Neutralisierer seien gewarnt: Nur bis S. 120 lesen! bis 1930!

Haupthema des Threads scheint mir zu sein: Das (Nicht-)Sprechen über die Judenvernichtung, um einen Buchtitel von Katharina Rothe zu zitieren, oder: Vorführung von Techniken der Neutralisierung und Ablenkung von der "Verstrickung" der Danziger in den Holocaust. Das ist deutsche Gegenwart
Ulrich.

StampCollector
14.02.2014, 23:20
Die überdurchschnittliche Bildung jüdischer Bürger kann ich an einem Spruch eines Arbeitskollegen festmachen: "Bei den Juden gibt es viele schlaue Leute - das macht viele Leute eifersüchtig!" Ich finde diese Aussage gut!

StampCollector
15.02.2014, 00:07
Schuld:
Ich selber habe keine Wurzeln in Danzig, finde diese Stadt aber sehr interessant.
Mein Großvater, ein Arbeiter war während der Weimarer Republik ein erklärter Gegner des NS-Regimes (Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold). Nach einigen Jahren Arbeitslosigkeit ist er dann 1935 Mitglied der NSDAP und Mitglied des lokalen SA-Sturms geworden. Er hat dann wieder Arbeit in der Schwerindustrie (Rüstungs-Industrie) gefunden. Wir haben damals auch darüber gesprochen - er hat mir viel erzählt, aber Fragen bleiben...
Meine Omi war da etwas anders. Auch sie hatte einen linken "background". Sie war mit dem Regime nicht im Einklang: Sie ist nie einer NS-Organisation beigetreten und hat deswegen auch "Ehekräche" gehabt. Sie hat auch "Radio London" gehört. Letztendlich hat sie meinem Opa u.U. das Leben gerettet...
Manchmal ist die Geschichte des "Dritten Reiches" nicht so einfach.
In meinem Heimatort kam es 1938 auch zu "spontanen Protesten" gegen die Ermordung des Legationssekretärs Ernst Eduard vom Rath. Wie überall im Reich wurde die Synagoge angezündet. Die Feuerwehr schützte nur die Nachbargebäude... Jüdische Geschäfte wurden demoliert, jüdische Bürger wurden drangsaliert.
Mein Opa, den ich über alles geliebt habe war möglicherweise irgendwie daran beteiligt?!
Das ist eine Frage, die mich fertig macht.

StampCollector
15.02.2014, 00:59
Mein anderer Großvater war hingegen ziemlich unpolitisch. Er hatte nur das Wohl seiner Familie im Sinn. Als Kleinhändler hat er auch gerne bei einem jüdischen Großhändler gekauft, weil der eben billiger war, als die "arische" Konkurrenz. Den Familiennamen des Großhändlers konnte ich übrigens in der bereits erwähnten Gedächtniskartei finden (leider nur die Eckdaten).

Bartels
15.02.2014, 01:06
Danzig 1938 - 1945

Um ihre Auswanderung zu finanzieren, verkauften die Danziger Juden sämtlichen Grundbesitz, einschliesslich der Großen Synagoge. Bei den "Danziger Kindertransporten" wurden 124 Kinder nach England verschickt! - Ein Denkmal erinnert seit 2009 am Danziger Hauptbahnhof daran.

Bei Kriegsausbruch (1. September 1939) waren noch ca. 1 700 Juden in Danzig. Eine kleine Gruppe wurde nach Stutthof transportiert, andere in Danzig inhaftiert. Durch die Verfassung der Freien Stadt bestand bis April 1940 noch ein gewisser Schutz, und noch bis August 1940 konnten Juden geregelt auswandern. - Danzig hatte da eine Ausnahmeposition.

Von 1940 bis 1943 wurde ein Ghetto mit ungefähr 600 Personen in Danzig eingerichtet (Mysia-Strasse). Danach erfolgte die Deportation nach Theresienstadt (Ghetto & KZ) und ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.

Etwa 22 Danziger Juden, in "Mischehen" überlebten die Vernichtung, sie haben Danzig nach Kriegsende verlassen.


Das KZ Stutthof war kein Vernichtungslager, die hohe Zahl der Opfer beruht auf Epidemien und Überarbeitung. Seit 1944 wurden Juden aus KZs in Ungarn, dem Baltikum, im Osten Polens und von Auschwitz nach Stutthof transportiert. - Die Räder der Reichsbahn rollten nicht mehr für den Sieg, sondern um den Massenmord noch einige Monate vor der Weltöffentlichkeit zu verbergen!

Ulrich
15.02.2014, 01:14
Hallo Stamp collector,

auch mein Großvater war Förderer und - mit meinem angeheirateten Onkel (von Mai 1933 bis Frühjahr 1934) Mitglied der NSDAP.
Als im Frühjahr 1934 rauskam, dass er eine jüdische Mutter gehabt hatte, wurden sie aus der NSDAP rausgeworfen. Seitdem stand er mit seiner gehörlosen Frau und seinen beiden erwachsenen, ebenfalls "nichtarischen" Kindern und seinem "Jüdisch versippten" Schwiegersohn auf der Verliererseite. Dazu kamen dann noch in Danzig die in den sspäten dreißiger Jahren geborenen drei Kinder aus der Ehe seiner "Mischlings"-Tochter mit dem "arischen" Schwiegersohn.

Sein Sohn, mein Vater, seinerzeit "Nichtarier"j, bzw. jüdischer Mischling 2. Grades", erfuhr von der Zeit der NSDAP-Mitgliedschaft seines Vaters erst in den 50iger Jahren, die er vor uns geheimhielt. Wie ich jedoch seinem Briefwechsel - und zwar einem fehlenden Brief - entnehmen kann,war er darüber vollkommen fassungslos. In deiner Fassungslosigkeit erkenne ich seine.

Ulrich

Bartels
15.02.2014, 01:47
Nachtrag:

Ghetto Danzig: Mausegasse 7 - ein Speicher auf der Speicherinsel

Rudolf H. Böttcher

Ulrich
15.02.2014, 12:19
Nachtrag zu 126:

Noch einmal war er - wörtlich - fassungslos: Er berichtete mir, es mag in den 70-iger Jahren gewesen sein, dass er als Wehrmachtssoldat in seiner Kolonne marschierend mitansah, wie deutsche Soldaten jüdsche Zivilisten von einem Turm in den Tod stürzten. Und unter Tränen: "Es waren Deutsche, es waren unsere Soldaten".
Ulrich

waldkind
15.02.2014, 22:50
Lieber Ulrich,
bezugnehmend auf deinen Beitrag 121:
Ich wollte in diesem Thread nicht politisieren und habe zumindest dazugelernt, dass einem ein allgemeines Interesse am Judentum neuerdings als Antisemitismus ausgelegt wird und gleichgesetzt wird mit "Nicht über Juden-Vernichtung" reden wollen. An meinem Ort reden wir viel darüber. Es gibt viele Initiativen und es ist täglich präsent. Schon in der Schule ist es ständig Thema. Ich glaube nicht, dass die Geschichte der Juden in Danzig bekannt sein sollte, wenn man sich mit der NS-Vernichtungspolitik auseinandersetzen will. In meinem Leben wurde immer von der NS-Zeit gesprochen und nicht vom Judentum. Ist es verwerflich, wenn man sich für das Volk interessiert, um das es geht?
Du würdest wohl anworten: Aber nicht in diesem Thread. So sei es denn! Wieder eine Möglichkeit der Begegnung weniger.
Ich möchte erwähnen, dass ich oft schon Israelis in meiner Stadt getroffen habe, die von Holocaust noch nie etwas gehört haben und ganz unbetrübt in eine Begegnung gehen. Auch dafür gilt es Umgangsweisen zu finden. Wie die vielen verschiedenen Welten und Ebenen zu diesem Thema zusammenbringen? Drei Generationen, die ganz unterschiedlich damit umgehen.

Ich habe mich an dieser Stelle entschieden, dass ich nicht Danzigerin genug bin, um hier mitreden zu können. Als Nachkriegsgeborene kann ich nicht aus danziger Erinnerungen schöpfen und Brücken finde ich hier keine. Allenfalls bin ich in der Lage das Thema zu verfehlen. Als Nicht-Danzigerin kenne ich vor Ort befreundete Juden, die sich gerne mit mir auseinandersetzen, über die Judenermordungen und die jüdische Geschichte und Kultur. Das eine schließt das andere nicht aus.

Ich danke dir für deine Offenheit. waldkind.

Birke Rühle
16.02.2014, 18:56
Hallo
Alle,
Die Juden in Danzig (Teil 2)

Zu Geschichte der Juden vor der sog. „Emanzipation“ im 19. Jh. in Danzig konnte ich nur wenig in den bekannten Büchern zur Geschichte der Stadt (Loew, Schenk, Fischer, Keyser, Simson) finden. Lediglich zwei Nachweise las ich, als Anfang und Mitte des 18. Jh. die sog. 3. Ordnung mehr Einfluss zu nehmen forderte. Dort wird erwähnt, dass die Juden, die lediglich außerhalb der Stadt siedeln durften und die Stadt nur zu den Jahrmärkten betreten durften, wiederum ausgegrenzt wurden. Welche Rechte sie sich zur Zeit der Hanse vom polnischen König, dem die Stadt huldigte, um die Handelsrechte bestätigt zu erhalten, erkaufen konnten, habe ich nicht auf die Schnelle gefunden.
In besonderen Notzeiten wie zu Beginn des 18. Jh. wurden sie beschuldigt, wie auch die Mennoniten, an Not und Elend schuld zu sein (in Nürnberg beschuldigte man sie der „Brunnenvergiftung“ in Pestzeiten. Allerdings gab es bereits 1440 eine Judenstraße in Danzig und wohl auch einen Judenfriedhof. 1719 gab es eine Judenschule (also eine Synagoge) mit 2 Lehrern.
Zwei bedeutende Rabbiner waren Dr. Werner und Dr. Stein im 19. Jh.. Um 1900 besuchten 144 jüdische Kinder die Schulen. Es gab auch drei Mädchenklassen. Jüdische Familien bildeten auch ihre Töchter gut aus, wie aus Berlin und anderswo bekannt. 1926 besuchten 419 Kinder mosaischen Glaubens, wie es damals hieß, das Gymnasium und 144 die Volksschule und 67 die Mittelschule. Es mag sein, dass die „Gebildeten“ nun auch studierten und Ärzte und dergl. wurden und dies dann zu Neid und Ausgrenzung führte.
Aber von vielen Städten wird berichtet, dass Juden dort wohltätig waren und für die Gemeinschaft viel spendeten oder erbauen ließen(z. Entbindungsklinik in Fürth, Brunnen u.a.)
Darüber wüsste ich gerne mehr. Wurde dazu in Danzig geforscht? Wer kann helfen?
Gruß Birke Rühle

Ulrich
16.02.2014, 19:08
Hallo Birke Rühle,

Samuel Echt, Die Geschichte der Juden in Danzig, Verlag Gerhard Rautenberg, Leer/Ostfriesland, 1972, ISBN Nr. 3-7921-0095-9

Ulrich

Ulrich
17.02.2014, 13:52
Hallo Birke Rühle,

neuere Literaturhinweise finden sich in: http://www.sztetl.org.pl/de/article/.../5,geschichte/, worauf im Thread von Ulrich 31 und Bartels hingewiesen wurde.


Ulrich

Wolfgang
17.02.2014, 14:44
Schönen guten Nachmittag,

in einem Beitrag von "Waldkind" vom 15.02.2014, 21:56 Uhr, ist eine Aussage zu lesen die ich nicht unwidersprochen bzw. unkommentiert lassen kann. Es heißt dort "Ich möchte erwähnen, dass ich oft schon Israelis in meiner Stadt getroffen habe, die von Holocaust noch nie etwas gehört haben und ganz unbetrübt in eine Begegnung gehen."

Der "Holocaust" prägte die Geschichte Israels und bestimmt bis heute noch seine Politik. Israel und seine jüdische Bevölkerung haben gelernt, sich im Notfall alleine verteidigen zu müssen um zu überleben. Dem Staat Israel und seiner Bevölkerung wurde und wird bis heute durch andere Staaten die vollständige Auslöschung, also ein weiterer Holocaust, angedroht. Ich behaupte, es gibt KEINEN Israeli, der nicht ganz genau weiß, was der Holocaust war und ist.

Ein jüdischer Israeli wird den Holocaust nie leugnen. Es mag israelische Staatsbürger nichtjüdischen Glaubens geben die abstreiten vom Holocaust gehört zu haben, aber das geschieht nur Jenen gegenüber die so blauäugig sind, das auch zu glauben.

Wolfgang

Belcanto
17.02.2014, 15:15
Wolfgang ich teile deine Meinung. Ich war schon zweimal in Israel und habe mich mit den Menschen dort unterhalten. Auch über den Krieg und den Holocaust. Ich habe wirklich niemanden getroffen, der die jüngste Geschichte, der Juden nicht kannte.

danli, + 23.01.2015
17.02.2014, 19:39
Hallo

Ich glaube man kommt in den letzten Beitraegenimmer wieder auf das selbe zurueck.Ich muss auch sagen ,dass mir verschiedene Beitraege weh getan haben.Es kommt einem vor,als habe man nichts gelernt. Schon zur Kaiserzeit wurden die Kinder so erzogen:"Die Obrigkeit hat immer recht und weiss was recht ist".Ich habe es erlebt : HJ; Jungvolk - da war kein eigener Wille und die Eltern hatten Angst den Mund aufzumachen.

Diskusion mit einem Hochschul-Lehrer die ich 1990 hatte:
Zietat:" aber es stand doch in der Zeitung.
Er wusste schon nicht einmal in welcher!!!!


Danzig hatte doch viele verdiente juedische Buerger vor 1933
Warum wird hier nicht darueber auch gesprochen??

Dan

waldkind
17.02.2014, 23:45
Hallo Wolfgang,
kommentieren kannst du meinen Beitrag, aber wissen, wer mir wie begegnet, kannst du natürlich nicht. Wie gut, dass ich keine rein blauen Augen habe, sonst stünde ich jetzt schon wieder dumm da.
Ich vermute, weil bekannt ist, dass ich mit Jugendlichen aus West-Jordanien gearbeitet habe, dass ich hier Arschkarte habe. Macht nix. Ich arbeite mit allen Jugendlichen, egal welcher Nationalität sie angehören.
Jedenfalls sehe ich mich nicht berufen, die Sünden unserer Vorfahren zu lösen. Mich interessiert die persönliche Begegnung mit Menschen. Wie gesagt, da verhalten sich drei Generationen sehr unterschiedlich auf beiden Seiten.
Ich hätte hier gerne etwas erfahren über die Situation in Danzig. Aber so wichtig ist das für mich jetzt auch nicht, dass ich mich permanent als Mensch und mit meiner Augenfarbe in Frage stellen müsste. Ich habe hier manchmal den Eindruck als sei die Welt vor 75 Jahren stehen geblieben. Aber so kann man jungen Menschen, seien sie aus Israel oder aus Deutschland nicht kommen, jedenfalls nicht denen, die ich bisher getroffen habe. Ich suche nach Antworten für die Jugend, nicht für unsere Großeltern. Und zwar da, wo ich ihnen begegne, nicht theoretisch. Ich möchte das ganze Thema, so wie es hier geführt wird, nicht für mich beanspruchen. Ich wollte nur etwas über die Juden in Danzig erfahren und zwar über den Rahmen hinaus als wie wir ihn bisher hatten. Nichts weiter.

Trotz und alledem verstehe ich deinen Standpunkt und finde es voll in Ordnung, dass du ihn so vertrittst wie du es getan hast. waldkind.

Ich hatte mal einen Grundschullehrer, das ist 44 Jahre her, der stellte mich vor der ganzen Klasse bloß, weil ich nicht einsah, dass ich angeblich blaue Augen hätte. "Merke es dir gut: Deine Augen sind blau. Hast du es verstanden?!", sagte er eindringlich und schaute mir tief in die Augen. Könnt ihr euch denken, dass ich verwirrt war. Ich habe daraufhin meine Augenfarbe 40 Jahre lang beobachtet und mich tiefergehend mit ihr auseinandergesetzt. Das war nicht einfach, aber auch nicht blau. Ich habe gelernt, Menschen mit blauen Augen zu akzeptieren. Inzwischen ist mir die Augenfarbe völlig wurscht, sowohl die eigene wie auch die anderer Menschen. Daher kann mich so leicht niemand schocken wegen meiner Augenfarbe. wk.

Ulrich
18.02.2014, 02:44
allo Dan,

bist du denn der Ansicht, wir sollten hier nicht ganz konkret über die Beteiligung eigener Danziger Vorfahren, Danziger Eltern und Großeltern an der Judenverfolgung sprechen? So, wie das doch die Themenstarterin Birke Rühle in ihrem Buch vermutlich tut?

Ich war einmal auf einer Tagung, bei der es um dieses Thema, die Beteiligung der eigenen Vorfahren an der Judenverfolgung ging. Ein etwa 50-jähriger Herr, dessen Vater wohl Lagerkommandant - zumindest hochrangiger Mitarbeiter in einem KZ - war, schloss seinen Bericht mit der verzweifelten Frage: "Bin ich denn der einzige hier, dessen Vater mit den Judenmorden zu tun hatte?
Das kann doch nicht sein! "
Und dann seine verzweifelte Frage: "Wo sind die denn alle?" Und dabei guckte er hilflos suchend und allein gelassen in die Runde - Niemand schien jemanden in der Familie zu haben, der an der Judenverfolgung beteiligt war.

Ich finde, es ist an der Zeit, dass, wenn die eigenen Vorfahren sich der Frage ihrer Beteiligung am Judenmord nach 1945 schon nicht gestellt haben, dass dies die Nachkommen tun - gerade die Nachkommen der Vertriebenen, deren Eltern mit soviel emotionaler Bindung an Danzig hängen, die das Leid der Vertreibung, den Verlust der Heimat, Freunde, Nachbarn, all ihrer Habseligkeiten aus den Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern kennen und die heute mit soviel Akribie ihrem Danziger Stammbaum und der Biografie ihrer Danziger Vorfahren nachspüren, müssten doch Verständnis dafür entwickeln, dass auch die Danziger Juden Heimat, Freunde, Habseligkeiten verloren haben.
Und müssten sie nicht auch ein Interesse an der ganzen Geschichte ihrer Vorfahren haben, ein Interesse daran, wie ihre Vorfahren die Judenverfolgung in Danzig erlebt haben, wie sie darein verwickelt waren?
Es reicht doch nicht, die jüdischen Opfer zu benennen, ihrer etwa mit Gedenksteinen zu gedenken, oder die Namen der jüdischen Ermordeten im Internet zu präsentieren, so verdienstvoll das auch ist.
Es reicht auch nicht, die Namen einige großkopfiger Lagerkommandanten als Täter, ja sls Bauernopfer zu präsentieren, wenn die Judenverfolgung eine Massenveranstaltung von deutschen Herrenmenschen war, die als Soldaten, als Profiteure oder nur als Zuschauer, fast alle mehr oder oder weniger an der Verfolgung der Juden beteiligt waren - wenn sie nicht im KZ waren.


Dan, findest du tatsächlich, wir sollten in diesem Zusammenhang hier auch über die verdienten jüdischen Bürger aus der Zeit vor 1933 sprechen?

Herzliche Grüße

Ulrich

Inge-Gisela
18.02.2014, 10:57
Hallo Ulrich,
Zu Deiner konkreten Frage an Dan muss ich auch mal sagen, das Thema heißt nur "Juden in Danzig". Ich habe gerade in diesem Forum festgestellt, dass, egal welches Thema - die Juden betreffend -, es immer wieder um die Schuldzuweisung unserer Eltern und Großeltern geht. Vielleicht sollte wirklich mal, wie das Waldkind vorgeschlagen hat, ein Thema "Wer ist schuldig" aufgemacht werden. Diejenigen, die es immer wieder lesen, und darüber immer wieder schreiben wollen, können es gerne tun. Ich bin auch der Meinung, dass wenige hier sachlich einfach nur über das Judentum sprechen können. Aber dann gleich von Antisemitismus zu sprechen, ich weiß im Augenblick nicht, wer das geschrieben hatte. Es kann sein, dass einige von uns, die vielleicht genau wissen, dass ihre Vorfahren beteiligt waren, sich dann besser fühlen. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Aber man muss auch sagen können, dass es bei jedem in diesem Forum angekommen ist und man es nicht immer wiederholen muss. Bei dem Forum-Teilnehmer "Ich bin ein Jude" bin ich z.B. gar nicht davon überzeugt, dass dieser ein Jude ist. Er hat sich nie wieder gemeldet. Aber einige sprangen gleich darauf an und wieder mit mea culpa. Viele interessieren sich einfach auch mal nur dafür, was die Juden gemacht haben, wie sie gelebt haben udgl., auch wenn es immer wieder mit Verfolgung zusammenhängt. Und das zieht sich, wie allen hier bekannt, denke ich mal, durch die ganze Weltgeschichte und nicht nur auf die Zeit vor dem 2. WK und während des 2. WK. Die sachlichen Fragen werden ja nur selten richtig beantwortet. Doch... einige der Forum-Mitglieder gibt es, die sich nicht auf das Thema Judenverfolgung beschränken. Und die Beiträge lese ich sehr gerne. Durch die unterschiedlichen Meinungen hier entstehen Aggressionen, die ich nicht verstehen kann. Das hoffentlich so etwas nie wieder geschieht, da sind wir uns doch wohl einig.

Gruß
Inge-Gisela

Wolfgang
18.02.2014, 11:32
Schönen guten Morgen,
hallo Ulrich,

der Thementitel "Die Juden in Danzig" ist so allumfassend, dass die vielen, vielen darin enthaltenen Einzelthemen zerfasern und sich teils auch im Allgemeinen verlieren. Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoller sein kann, ganz konkrete Themen mit einem möglichst genau zutreffenden Thementitel aufzumachen. Wenn dann dort Beiträge erscheinen die dort thematisch nicht unbedingt hingehören oder Randthemen angesprochen werden, dann besteht die Möglichkeit, dafür ein neues Thema aufzumachen.

Aus verschiedenen Gründen war ich in der letzten Zeit nicht sehr häufig im Forum und hatte dadurch das Thema nicht von Anfang mitverfolgt. Es hätte sehr schnell in verschiedene Einzelthemen aufgesplittet werden sollen.

In diesem Forum soll vorrangig über Danzig und seine Geschichte gesprochen werden. Juden waren Teil dieser Geschichte. Und da ist jedes Thema und jeder Beitrag willkommen, der auf die Aspekte der Danziger Geschichte fokussiert ist. Dazu gehören natürlich auch Familiengeschichte und -forschung, Schicksale, Verstrickungen. Und, wie Dan auch anregte, bekannte Persönlichkeiten.

In unserem Forum waren mehrfach Teilnehmer, die über Verstrickungen von Verwandten in Untaten während der Zeit des Nationalsozialismus berichteten. Besonders in Erinnerung ist mir der Name "Pauls", eines Stutthof-Verbrechers der zu Wenigen gehörte, die nach dem Krieg hingerichtet wurden.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

waldkind
18.02.2014, 15:03
Liebe Forumer,

ich merke, dass man heutzutage leicht der Judenfeindlichkeit beschuldigt werden kann, sei es durch Desinteresse, durch Neutralisiererei oder wegen Tarnung. Derweil sitzen vielleicht echte Nazis im Hintergrund und lachen sich ins Fäustchen. Da ahne ich wie es um die Sicherheit in diesem Land bestellt ist.
Es kommen in diesem Thread nicht viele Personen in Frage, denen man das „Wütende Heer“ an den Nacken schicken könnte. Ich könnte den Spieß rumdrehen und Wolfgang fragen, wo sein Aufschrei war, als es hieß, das allgemeine Interesse an den Juden diene der Neutralisierung. Das könnte genauso gut heißen: „Beschäftigt euch nicht mit dem Judentum. Ihr könntet Gefallen daran finden und euch mit ihnen verbünden.“

Wenn in diesem Thread nur über Juden in Danzig von 1933-1945 die Rede sein soll, so müsste man dies im Titel klarstellen (was keine Kritik an Birke sein soll). Wie sollen sich Quereinsteiger zurechtfinden?
Während die einen sagen dürfen, was sie wollen, werden andere abgeblockt mit „Thema verfehlt“. Da entsteht leicht der Eindruck von Parteiisierung. Wenn man alle Strategien zu Ende denkt, bleibt eine Hand voll Forumer übrig, die sich einig ist. Wo ist da die Demokratie?
Wenn man die Nazis in diesem Forum bei Zeiten vor die Türe setzen würde, wäre die Lage vielleicht entspannter und mehr Teilnehmer würden mitsprechen.

Ich bedaure zutiefst, welche Vorwürfe Ulrich gegen mich vorgebracht hat, wo wir auf lange Strecke freundschaftlich zugewandt miteinander Daten und Fotos getauscht haben. Oder liegt jetzt wieder eine Verwechslung vor? So schnell also geht es, dass das Vertrauen bricht und „Freunde“ von gestern zu „Feinden“ von heute werden. Das kommt mir irgendwie bekannt vor. So viel zum Thema „Verführbarkeit“.

Lieber Ulrich,
wenn du dein Anliegen so beschreibst wie du es gerade getan hast, kann ich dich sehr gut verstehen. Nur wie sollen denn die Nachkriegsgeborenen diese Aufgabe erfüllen? Wenn man erstens nichts erfährt und zweitens weggeprügelt wird? Hatte ich nicht Interesse an deinen jüdischen Vorfahren gezeigt? Hatte ich mich nicht auch entschuldigt? Birkes Buch scheint für eine Hand voll Wissender bestimmt zu sein.

Ich persönlich möchte Anteil nehmen an jüdischer Kunst, Kultur und Historie. Das gehört mit zu dem Land, in dem ich wohne. Es ist meine Antwort auf das Schweigen unserer Großeltern und Eltern. Auf eine weitere Diskussion im Forum hierzu bin ich nicht mehr neugierig.

waldkind.

Hallo Inge-Gisela,
den Begriff "Antisemitismus" habe ich genannt. Warum die Dinge nicht offen beim Namen nennen? Es bezog sich auf Beitrag 121, in dem Ulrich behauptet, Hauptthema des Threads scheint zu sein "Vorführung von Techniken der Neutralisierung und Ablenkung von der "Verstrickung" der Danziger in den Holocaust. Da er mich angesprochen hatte und wegen der vorherigen Seitenhiebe habe ich mich auch angesprochen gefühlt, da ich ja in diesem Forum der große Themen-Verfehler bin. LG wk.

Ulrich
18.02.2014, 15:09
Hallo Wolfgang, vielen Dank für deine Klarstellung in Nr. 139.

Gerade heute erhalte ich eine Buchankündigung von der Tagung, von der ich heute 1.44 Uhr berichtete. Ich bringe im Folgenden den ausführlichen Ankündigungstext zum Buch von jener Tagung, weil mein Anliegen hier akademisch so wunderschön formuliert ist, wie ich es heute Nacht nicht konnte.

TAGUNG

"Das psychohistorische Erbe der Nazizeit – und seine Spuren in der Gegenwart“ , die vom 20. – 22. Januar 2012

in der Evangelischen Akademie in Hofgeismar stattfand.



Nun ist es soweit, im April erscheint nun endlich die Publikation dazu:



EUR 29,90

Dieser Titel erscheint im April 2014.

Buchreihe: Psyche und Gesellschaft

Verlag: Psychosozial-Verlag

ca. 280 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

Erscheint im April 2014

ISBN-13: 978-3-8379-2242-4, Bestell-Nr.: 2242

Die sozialgeschichtlichen Folgewirkungen des Nationalsozialismus auf der Täterseite gehören zu den am besten gehüteten Geheimnissen der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die von der Tätergeneration abgelehnte Verantwortung für ihre (Mit-)Schuld an den Verbrechen und Grausamkeiten des Regimes hat in den Seelen ihrer Nachkommen tiefe Spuren hinterlassen: Identitätsstörungen, diffuse Schuld- und Trauergefühle, Wiedergutmachungswünsche und Schamgefühle, deren Ursache sie nicht kennen. Neuere Forschungen zeigen, dass die unbewusste Weitergabe unverarbeiteter Konflikte auch zu rechtsextremen Orientierungen und Identifikationen beitragen kann.

Der Band versammelt Beiträge von Sozialwissenschaftler/-innen, Historikern und Psychoanalytiker/-innen, die sich auf unterschiedliche Weise den Nachwirkungen des Nationalsozialismus annähern: empirisch, theoretisch, basierend auf der gruppenanalytischen und therapeutischen Praxis oder der eigenen Biografie. Aufgrund dieser Perspektivenvielfalt richtet sich der Band nicht nur an die wissenschaftliche Fachwelt, sondern auch an ein Publikum, das aus einem (selbst-)reflexiven Interesse heraus die Gefühlserbschaften des Nationalsozialismus begreifen möchte.

Mit Beiträgen von Ute Althaus, Wolfgang Benz, Oliver Decker, Kurt Grünberg, Hannes Heer, Elke Horn, Jan Lohl, Friedrich Markert, Angela Moré, Heike Radeck, Katharina Rothe und Ruth Waldeck

Evangelische Akademie Hofgeismar
Gesundbrunnen 11
34369 Hofgeismar"

Ich denke, um dieses Thema, das psychohistorische Erbe der Nazizeit in den Seelen der Nachkommen der Danziger - darum geht es mir in diesem Thread.

Einen schönen Gruß
Ulrich

StampCollector
19.02.2014, 00:05
Dieses Thema habe ich vielleicht zu wörtlich genommen.
Seit meiner Jugend interessiere ich mich für Geschichte und das ist wirklich in all ihren Aspekten ein sehr weites Feld.
Natürlich ist man als Deutscher gezwungen sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Diese Geschichte ist unsere Geschichte: Die Geschichte der Deutschen, der Danziger und aller anderen Menschen, die von der Deutschen Geschichte berührt und betroffen waren.
Wenn man sich mit der Geschichte der Juden in Deutschland befasst, dann erkennt man, daß die Juden eigentlich schon seit dem Mittelalter aus religiösen und wirtschaftlichen Gründen ausgegrenzt, diskriminiert und verfolgt wurden.
Erst 1812 kam es zu einer gewissen Emanzipation (mit starken Einschränkungen). Bis 1918 kam es dann auch immer wieder zu Rückschritten.
Trotzdem waren die Verhältnisse im damaligen Preussen bzw. Deutschland noch relativ gut (verglichen mit dem damaligen Russland). Frankreich war allerdings wesentlich liberaler. Deswegen ist Heinrich Heine ja auch dorthin emigriert.
Erst in der kurzen Zeit der Weimarer Republik kam es zu einer zumindest theoretischen Emanzipation.
Die alten Denkweisen bezüglich der Juden waren aber noch immer in den Köpfen vieler Menschen verankert, als Adolf Hitler an die Macht kam. Er verstand es die "Deutsche Seele" zu verstehen und zu manipulieren.
Die Ergebnisse waren der Holocaust , dessen Dimension nach wie vor unterschätzt wird und die Zerstörung des damaligen Europas...

Ulrich
19.02.2014, 01:06
Hallo Stampcollector,

was mein Interesse an diesem Thema angeht, hast du es nicht zu wörtlich genommen. Deine Bemerkung über die mögliche Beteiligung deines geliebten Großvaters an NS-Taten hat bei mir richtig gesessen, wie man sagt. Das ist es, dachte ich. Erst da konnte, musste, ich von der NSDAP-Mitgliedschaft meines Großvaters schreiben, und was die mit meinem Vater in den 50-iger Jahren, als er erstmals davon erfuhr, angestellt hat. Sei so gut, nimm´s nicht zurück!

Einen schönen Gruß

Ulrich

Ulrich
19.02.2014, 04:27
Hallo Waldkind,

ich hoffe, unser Streit ist nach meiner PN beigelegt?

Eine Idee dazu, dass mir dein Interesse an jüdischer Kultur so verdächtig erschien, ist vielleicht, dass ich das so empfinde, als ob die Juden jetzt wieder einmal zu den Anderen, den Fremden, gemacht werden, insofern sie als Glieder einer fremden Kultur wahrgenommen werden sollen und damit ihr lebenslanges Streben um Teilhabe am Deutschtum im 20. Jahrhundert - ein Leben und Streben, das in den meisten Fällen bekanntlich ziemlich kurz war - dem soll jetzt hier unter dem Aspekt der Fremdheit ihrer Kultur - gewissermaßen im Nachinein - wieder einmal entgegengewirkt werden.
Mein historisches Gegenargument ist: Viele, viele Juden und als Juden verfolgte Deutsche lebten im Reich und in Danzig in christlich-jüdischer Mischehe, oder waren Nachkommen aus solch einer Ehe und fielen mit ihren christlichen Ehepartnern und Kindern mindestens unter die Judengesetzgebung und -schikane. Sie hatten sehr oft nicht mehr viel Kontakt zur Synagogengemeinde, ja, oftmals versuchten sie - wie wir heute wissen, zu recht, ihre jüdische Herkunft lebenslang zu vertuschen. Mit "Jüdischer Kultur" hatten die meisten wenig zu tun, (nur mit ihren jüdischen Verwandten).
Und was haben soviele deutsche Juden im letzten Jahrhundert nicht alles getan, um diesen angeblichen jüdischen Fremdheitsgeruch aus den Nasen der christlichen Deutschen zu vertreiben! Sie dachten, sie würden als Deutsche akzeptiert,wenn sie am 1. Weltkrieg teilnehmen und danach deutsch-national wurden, viele jüdische Männer dachten, sie würden als Deutsche akzeptiert, wenn sie eine christliche Frau heiraten und dann selbst zum Christentum konvertierten und ihre Kinder taufen ließen, oder aus der jüdischen Gemeinde austraten.
Aber das hat alles nichts geholfen: Nach einer lebenslangen Abstrampelei nach Deutschtumsteilhabe waren sie dann wieder und jetzt mit christlicher Ehefrau die in eine "jüdisch Versippte" , mitunter in "rassenschänderischer Mischehe", - mit Kindern, die in "jüdische Mischlinge" verwandelt waren, wieder einmal die Anderen, diesmal Tiere, Ratten, zur Vernichtung freigegeben.

Ich wünschte mir, sie würden als das akzeptiert, was sie waren, Personen, nämlich zumeist um Integration in die christliche Mehrheitsgesellschaft bemühte Mitbürger, die Haus an Haus und in guter Nachbarschaft mit ihren christlichen und jüdischen Nachbarn lebten. Eine Betrachtung ihres christlich-jüdischen kulturellen Miteinanders - dokumentiert für das Ende der 30-iger Jahre - scheint mir zeitgeschichtlich passender, als eine Betrachtung oder Konstruktion ihrer sogenannten kulturellen Unterschiede.
Soviel ich weiß, gibt es das für Danzig noch nicht.

Einen späten Gruß

Ulrich

Wolfgang
19.02.2014, 20:09
Schönen guten Nachmittag,

es ist hier "Antisemitismus" angesprochen worden, Judenfeindlichkeit. Das gibt es, ganz sicher, auch in unserem Forum. Nagelt mich nicht fest, ich möchte keine privat an mich gerichtete Mitteilungen veröffentlichen.

Antisemitismus - Judenfeindlichkeit...

Nicht Jede/r der die Politik des Staates Israel kritisch beurteilt ist Antisemit. Wäre es so, müsste ich mich fragen, ob nicht auch ich Antisemit bin.

Aber ich war in Israel. Am und auf dem Golan, auf der Westbank, natürlich in Jerusalem, am See Genezareth, am Toten Meer. Richtung Sinai fuhren wir, hatten vielfachen Kontakt mit palästinensischen Israelis.

Es gibt zwei Punkte in meinem Leben die mein weiteres Sein maßgebend beeinflussten: Der Besuch Israels und der Besuch der Heimat meiner Eltern.

Ich bin in Dachau geboren, ein Makel den ich lange -obwohl Flüchtlingskind- empfand. Israel war für mich Offenbarung. Spät-68er, immer kritisch, links, war es schlichtweg ein Schock auf dem Golan zu stehen und die Geschichte der Menschen zu hören die an dessen Fuß lebten. Ich habe NIEMALS und NIRGENDWO einen solchen Friedenswillen erlebt wie am Golan. Und trotzdem liefen dort bei Ausflügen von Schulklassen deren Lehrer mit umgehängten Maschinenpistolen herum.

Es ist eine andere Welt. Und ich bitte Euch darum, Euch einen kleinen Augenblick in diese Welt hineinzuversetzen. Israel, ein Staat des relativen Friedens. Ein Staat der geschaffen wurde aus der Notwendigkeit heraus, den Juden eine Heimstatt zu geben. Ein Staat, auf dessen Gebiet sie vor Nazi-Verfolgung und späterem Antisemitismus flüchten konnten. Rundherum um Israel -mit augenblicklicher Ausnahme Jordaniens- herrschen Chaos und Unfrieden.

Wir haben hier vielfach Antisemitismus, unterschwelligen, und ich sehe das als eine Art Erbe und Indoktrination aus Nazi-Zeiten. Es wirkt nach, in manchen Kindern der Zeiten des Nationalsozialismus, auch wenn sie sich dagegen wehren, wie z.B. Grass.

Ich werfe mir vor blind gewesen zu sein. Vor meinem Besuch Israels. Ich bin weit davon entfernt mich als sehend zu bezeichnen, aber ich versuche zumindest zu verstehen was es heißt Jude zu sein. Jude zu sein in einem eigenem Staat, im einzigen demokratischen Staat umgeben von Feinden die diesen Staat und dessen Bevölkerung vernichten wollen.

In diesem Staat Israel leben auch Danziger Juden. Ich schäme mich, aber ich bin auch froh darüber, dass diesen aus vielen Teilen Europas geflüchteten Juden Israel die einzige Heimstatt blieb. JEDER verfolgte Jude darf dorthin flüchten.

"Waldkind", ich bin außerordentlich vorsichtig Jemanden als Antisemit/in zu bezeichnen - bei Dir tue ich das nicht. Zu vielfältig mögen die Gründe sein, Israels Politik zu verurteilen. Ich sah die Probleme der Palästinenser, deren Nöte, sprach mit ihnen darüber, und ich sah auch den unbedingten Friedenswillen der Israeli. Ich bitte um Zurückhaltung in vorschnellen Beurteilungen.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

waldkind
19.02.2014, 20:36
Lieber Ulrich,
deinen Verdacht, ich könnte die Juden zu „die Anderen“ machen wollen, möchte ich gerne entschärfen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil sie in der Vergangenheit immer die Anderen waren, möchte ich zu einem menschlichen Miteinander finden. Es geht mir keineswegs darum in einem Danzig von gestern kulturelle Unterschiede herauszuarbeiten. Ich bezweifle auch, dass das geht. Es geht mir um echte Begegnung von Mensch zu Mensch, um gemeinsame Auseinandersetzung und Respekt. Es interessiert mich wie die Menschen 1933-1945 in Danzig lebten, miteinander umgingen. Aber es interessiert mich auch, was davor war. Nur leider erfährt man von den Älteren hier so wenig, um nicht zu sagen gar nichts zu diesem Thema. Alles, was du in Beitrag 144 schreibst, sehe ich genauso wie du.

Die Tätergeneration ist verstorben. Die Kinder der Täter sind noch nicht ganz bei der Wahrheit angekommen. Die Enkel der Täter sind durch Identitätskonflikte gefesselt. Die Urenkel können das Drama wegen komplett anderer Erziehung nicht mehr nachvollziehen. Da drängt sich die Angst vor Verjährung auf. Man möchte noch irgendwie Gerechtigkeit, irgendetwas einklagen können. An diesem Punkt scheitern wir in diesem Forum. Das ist wiederum mir verdächtig, warum es hier nicht zu einer konstruktiven Auseinadersetzung kommen kann. Ist es Angst?
Deine Wünsche und Appelle verstehe ich voll und ganz. Leider kann ich sie nicht einfach so bedienen aus Mangel an Wissen und Erfahrung. Ich kenne ja nicht einmal alle meine Vorfahren, um mich da irgendwo einordnen zu können. Ich trete hier von einem Fettnäpfchen ins nächste. Das ist unbeabsichtigt und nicht lustig. Aufarbeitung bedeutet auch nicht „Friede, Freude, Eierkuchen“. Begegnung tut manchmal weh.
Ich bedaure, dass es wegen der Gräuel der Vergangenheit in diesem Forum, zumindest wissentlich keine Juden gibt und dass wir hier nicht mit ihnen reden können, sondern über sie reden. Ich bewundere deine Kraft, deinen Mut und dein Durchhaltevermögen. Inzwischen habe ich hier einige Informationen über die Juden in Danzig erhalten, so dass mein Anliegen erst mal befriedigt ist. Es ist ein Anfang.

Inge Deutschkron sagte: Wenn ein Deutscher sagt, er habe von den Abtransporten nichts gewusst, der lügt. Alle haben hinter den Fenstern gestanden und zugeschaut, als die Juden aus den Häusern gejagt wurden (kein wörtliches Zitat).

Lieber Ulrich, ich danke dir für deine Ehrlichkeit. Wir haben unsere Trauer miteinander geteilt.
Vielleicht könnten wir zwei Threads machen, einen für Danzig 1933-1945 und einen für Danzig allgemeiner. Ich selber fühle mich eher unbeholfen hier irgendwie mitreden zu können.
Herzliche Grüße vom waldkind.

Wolfgang
19.02.2014, 20:48
Schönen guten Abend,
hallo "Waldkind",

Du schreibst "dass es wegen der Gräuel der Vergangenheit in diesem Forum, zumindest wissentlich keine Juden gibt und dass wir hier nicht mit ihnen reden können, sondern über sie reden" - ????

Pardon, aber auch in diesem Thema hat sich ein in Israel lebender Danziger Jude beteiligt... - und es gab bisher mehrere Themen die sich mit dem Schicksal der jüdischen Mitbürger Danzigs befassten.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

waldkind
19.02.2014, 21:20
Lieber Wolfgang,
zu vorschnellen Beurteilungen ist es meiner Meinung nach in dem gesamten Thread gekommen, so dass für unterschiedliche Meinungen kaum Raum blieb.
Ich hoffe, du hast mich nicht so verstanden, ich hätte Israels Politik kritisiert. Das habe ich nicht getan, weil ich darüber viel zu wenig weiß. Ich sagte, ich bin kein Kopfnicker. Ich möchte mir eine eigene Meinung bilden. Und diese kann nur unzulänglich sein, weil es viel zu wenig Begegnung und echte Information zu dem Thema gibt. Ich versuche auch zu verstehen, aber ich war nicht in Israel. Ich weiß, dass meine Erfahrungen nicht ausreichen, um damit eine tragfähige Diskussion zu beginnen.
Mehr möchte ich dazu nicht sagen, weil das Thema verfehlt ist und ich nicht schon wieder von irgendeinem Forumer darauf hingewiesen werden möchte. waldkind.

waldkind
19.02.2014, 21:26
Hallo Dan,
schöne Grüße nach Israel. Ich habe alle deine Beiträge aufmerksam gelesen. Ich habe mich gefreut hier in diesem Thread von dir zu hören. Du hast mir Kraft gegeben. Und auch sonst bin ich dir dankbar, dafür, dass es dich gibt und dass du immer nachsichtig mit mir gewesen bist. Herzliche Grüße, waldkind.

Und nun entschuldigt mich, ich muss noch meinen Alltag regeln.

Ulrich 31
23.02.2014, 12:55
Hier in Englisch ausführliche Informationen zu den Juden in Danzig aus inyourpocket.com:

► http://www.inyourpocket.com/poland/gdansk/sightseeing/Jewish-Gdansk.

Felicity
23.02.2014, 13:37
Lieber Ulrich ! Wenn auch nur wenige den Artikel lesen koennen, bin ich Dir dankbar dafuer. Das ist der ausfuehrlichste den ich ueber die 'Juden in Danzig' gelesen habe. Nochmals danke und liebe Gruesse von der Feli.

Wolfgang
23.02.2014, 15:48
Schönen guten Nachmittag,

ich habe soeben mehrere Beiträge verschoben die thematisch besser in andere Themen passen. Sie können über die Suchfunktion gefunden werden.

Viele Grüße aus dem frühlingshaften Werder
Wolfgang
-Admin des Forums-

Felicity
18.03.2014, 08:02
Habe gerade herausgefunden, dass Jan Sikora von der Seite 53 - 74 die Frage der Juden in Danzig behandelt und zwar in dem Buch :KULTUR IN DANZIG UND GDANSK - IM WANDEL DER ZEIT. Liebe Gruesse von der Feli

Bartels
19.03.2014, 14:20
Gefunden beim Probelesen im Buch von Dieter Schenk:"Danzig 1930−1945. Das Ende einer Freien Stadt":
Im September 1936 hatte der "Gau Danzig" 29 819 NSDAP-Mitglieder -

wenn man bedenkt, dass die NSDAP eine Männerpartei war, ist das m.E. eine sehr grosse Zahl.

Ulrich
19.03.2014, 17:14
Hallo Rudolf,

und dazu kommt, dass, wenn ich mich nicht irre, die NSDAP jahrelang Aufnahmestopp hatte!

Einen schönen Gruß

Ulrich

Felicity
19.03.2014, 22:54
In dem oben genannten Buch werden die Anfaenge der Praesenz von Juden in Danzig schon im 14ten Jahrhundert angegeben und auch dass die Integration der juedischen Einwanderer nicht ohne Probleme war. Die Juden und Christen vertraten andere Religionen, andere Sitten und eine andere Geschichte. Liebe Gruesse von der Feli

Birke Rühle
24.03.2014, 19:53
Hallo Dan,
hallo Alle,

auch ich möchte gerne wissen, welche Verdienste jüdische Familien oder/ und Unternehmen in Danzig hatten. Welche Geschäfte es gab, welche Stiftungen, Bauten und Einrichtungen von jüdischen MitbürgerInnen in Danzig, Zoppot ... für die MitbürgerInnen gemacht wurden.
Ich weiß von anderen Städten, z. B. Fürth in Bayern, dass Juden gerade in der 2. Hälfte des 19. Jhs viel für ihre Vaterstadt taten. In Fürth wurde eine Entbindungsklinik erbaut und ein prächtiges Brunnendenkmal. Gab es so etwas oder Ähnliches auch in Danzig?
Meine Großmutter schrieb, sie habe mit einem jüdichen Arzt etwa 1910 eine Mütterberatung in Zoppot gegründet, selbstverständlich ehrenamtlich.
Es wäre schön, diese Verdienste hier aufzulisten und zu benennen über eine Literaturangabe hinaus.
Dann wüßten wir alle mehr.
Gruß
Birke R.

Felicity
25.03.2014, 00:31
Bei uns laeuft gerade, in 5 Absetzen, jeden Samstag, auf dem T.V., "The story of the Jews", by Simon Schama, wie sie vom Anfang ihrer Geschichte ueberall verstreut wurden und jetzt, im dritten instalment von fuenf, wie sie im 18ten und 19ten Jahrhundert in Deutschland und Frankreich reich und beruehmt wurden. Simon Schama, der die Lectures gibt, geht da zurueck auf sein Buch. Er ist ein weltberuehmter Schriftsteller und Lecturer in London. Versucht 'mal ob Ihr da auch eine deutsche Version aufstoebern koennt. Liebe Gruesse von der Feli

Antennenschreck
25.03.2014, 08:02
Hallöle,

ich lese da auch gerade ein Buch, welches sich mit der jüdischen Geschichte in den letzten 2500 Jahren befasst.

Tschü......

waldkind
25.03.2014, 12:39
Freut mich, dass wir da angekommen sind,was mir am Herzen lag.

@feli: Ich hatte vor geraumer Zeit auf einen Dokumentationsfilm aufmerksam gemacht, der die Geschichte des jüdischen Volkes schildert. Ich finde, wenn man sich einmal dem Gesamtzusammenhang widmet, wird einem vieles klar. Hier der Link: Guter Film!

http://forum.danzig.de/showthread.php?4859-Die-Juden-Geschichte-eines-Volkes

@antennenschreck: Viel Erfolg beim Lesen.

@all: beim Lesen mecklenburgischer Sagen aus ca 1925 war mir endgültig klar, dass Judenhass keine Erfindung der Nazis war. Offensichtlich sah man in Juden Menschen, die geweihte Hostien jagten, um sie zu verunehren. Darob Christen sich das Recht nahmen, Juden zu verbrennen. Es liegt mir fern, herauszufinden, ob Juden Hostien entweihten, ich sehe nur, mit welcher Unsinnigkeit Menschen ihre Grausamkeit begründen. Christus, so wie er in der Bibel beschrieben steht, hätte daran nicht sein Wohlgefallen gehabt.

Greetings vom baummädchen.

Antennenschreck
25.03.2014, 13:00
Hallo Waldkind,

genau das denke ich auch. Und aus diesem Grund gibt es sehr viel Literatur zu diesem Thema, und das nicht erst seit 1933 oder gar erst 1945. Das Buch was ich gerade lese ist auch schon etwas älter und beschäftigt sich mit der tragischen Geschichte der Juden in den vergangenen ca. 2500 Jahren.

Tschü.......

Felicity
26.03.2014, 07:33
Liebes Baummaedchen ! Wie recht Du hast. Die Juden wurden nicht nur wegen religioesen Gruenden verfolgt, oft sogar um sie von ihrem Reichtum zu 'befreien'. In Schulen fand man dass juedische Kinder schneller vorwaerts kamen als gentile Kinder. Spaeter bekamen sie durch diesen Vorteil Stellungen in der Gesellschaft die auch sehr eintraeglich waren. In Frankreich und auch Deutschland wurden viele Juden im 18ten und 19ten Jahrhundert im Bankgeschaeft eingewickelt. Neid und Habgier war auch ein Grund der Judenverfolgung. Liebe Gruesse von dem anderen Baummaedchen, Feli

Martschinke
30.03.2014, 16:27
Liebe Helga,
Meine besten 2 Freunde Jüdjon und Harald Dilla wohnhaft in Scharfenort oder Nobel-Guteherberge mit denen mein Bruder Fritz und ich so gern spielten, wir lernten
mit einander das Fahrradfahren bei uns, und sie kamen so gerne zu uns. Sie mussten Danzig verlassen, weil sie Halbjuden waren. Ich war so traurig deswegen. Meine Eltern hatten mir gesagt, wir leben in einer unfreundlichen Zeit, sie können hier in Danzig nicht mehr leben. Obwohl wir noch ein Freistaat waren hatte die Diskriminierung gegen
Jüdische Mitbürger schon begonnen.
Es änderte sich vieles in Danzig, da konnten wir früher von der Schule nach Hause gehen, der Führer spricht. Ich habe die Rede vom Führer gehört aber nichts davon verstanden,
wenn er schrie, wir wollen unsere Kolonien wieder haben. Meine Mutter konnte mir die Frage nicht beantworten, sie wusste nicht wo sie sind.

Freundliche Grüße
kurt

Martschinke
30.03.2014, 17:33
Meine Mutter F.M. und auch meine Großmutter M.G. mussten in Danzig in Schießstange sitzen, nur weil sie nicht flaggen wollten, sie konnten auch nicht,
weil sie keine Fahne hatten und keine Einrichtung sie irgendwo hinzuhängen. Ich glaube es muss wohl im Jahre 1937 gewesen sein. Meine Mutter war
politisch noch unerfahren. Sie wusste noch nicht richtig, was die Stunde geschlagen hatte. Wir hatten jüdische Freunde in Scharfenort oder Nobel.
Mein Bruder Fritz und ich waren mit den Söhnen Namens Jidjon und Harald Dilla von den Eheleuten Dilla befreundet. Es waren meine besten Freunde, wir
spielten zusammen und lernten bei uns mit dem Fahrrad zu fahren. Doch als ich eines Tages von der Schule kam, sagte mir meine Großtante, die Schupos
haben die Mama und auch die Oma mit einem grünen Auto abgeholt. Mein Vater hat sie gegen eine Kaution aus dem Gefängnis in Danzig Schießstange
freigekauft. Er musste eine Fahne kaufen. Die Familie Dilla musste die Stadt verlassen. Ich war sehr traurig meine besten Freunde verloren zu haben.

StampCollector
30.03.2014, 17:35
Hoffentlich haben Deine beiden Jugendfreunde den Krieg überlebt und sind nicht in ein Land emigriert, was nachher besetzt wurde und sie damit doch noch Opfer des Holocausts wurden...
Versuche doch mal herauszufinden, ob sie noch leben!

Hoffentlich!
SC

StampCollector
30.03.2014, 18:59
Also die Google-Suche nach Harald Dilla mit Gänsefüsschen: "Harald Dilla" ergibt genau ein Ergebnis:
ttps://www.google.de/search?q=Harald+Dilla&ie=utf-8&oe=utf-8&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a&channel=rcs&gfe_rd=ctrl&ei=qz04U46JDMyX-Aa4nIBo&gws_rd=cr#channel=rcs&q="Harald+Dilla"&rls=org.mozilla:de:official&safe=off
Es ist eine skandinavische Seite zum Thema "Mobbing". Ich habe keine Ahnung, ob das für Dich weiterführend ist: Aber vielleicht...

SC

StampCollector
30.03.2014, 19:03
Irgendwas bei dem Link ist schief gelaufen. Versuch mal:
http://mhelenes.blogg.no/1297956089_mobbing.html

SC

StampCollector
30.03.2014, 19:18
Darüber hinaus gibt es hier im Forum auch einige Experten, die sich mit der Personensuche sehr viel besser auskennen als ich. Vielleicht kann da jemand helfen!
Eine mögliche Spur wäre also Skandinavien...

Olaf Berg Nielsen
30.03.2014, 23:42
Hallo StampCollector und andere,
diese norwegische Homepage du unter die Suche „Harald Dilla“ gefunden hat, hat mit diesem Familiennamen nichts zu tun. „Dilla“ ist das norwegische Wort für Fimmel oder Manie und ist hier als ein Spitzname gebraucht.

Es waren zur diese Zeit nicht möglich für Juden nach Dänemark oder Norwegen zu kommen. Die dänischen Juden hatten wegen Angst für die Deutschen das verboten und am 9. April 1940 wurde Dänemark von Nazideutschland Besatz.

Gute Nacht
Olaf

Ulrich
31.03.2014, 01:29
Hallo Olaf, ich interessiere mich für das Achicksal der sogenannten "Jüdischen Mischlinge", ihre Ehepartner, Vorfahren und Nachkommen in Danzig, ein Thema, dass für Danzig überhaupt noch nicht erforscht ist.Weißt du mehr über deine beiden Schulfreunde und ihre Familien?

Ein später Gruß
Ulrich

Felicity
25.05.2014, 08:35
Von der Wikipedia unter dem Titel 'Jewish Community Of Gdansk' kann man die Geschichte der Juden in Danzig verfolgen, von der frueheren Geschichte, die unter Preussen und im Freistaat, der Verfolgung und dem Holocaust bis zur Gegenwart. Nachdem die rassistischen Gesetze in Nuremberg in November 1938 eingefuehrt wurden, entschied sich die juedische Gemeinschaft in Danzig fuer Emigration. Besitztum, Synagogen und Friedhoefe wurden verkauft um die Emigration, der juedischen Bevoelkerung zu ermoeglichen. In March 1939 verlies der erste Transport Danzig,auf dem Weg nach Palestina und bei September 1939 verblieben nur 1,700 Jews in Danzig. Das juedische Leben wurde in Gdansk wieder hergestellt. Seit 1999 wird jaehrlich das 'Fest der juedischen Kultur im Baltikum'gefeiert
Da glaube ich schon dass Polen die richtige Idee hat wie man uber die Schrecken des Krieges und anderen Graeultaten zusammen,hinwegkommen muss. Shalom von der Feli

ada.gleisner
25.05.2014, 14:02
Aus den 70er Jahren stammt ein Buch "... und wurden zerstreut unter alle Völker" Es war das erste Buch ,das ich über jüdische Geschichte gelesen habe. Sie wurden überall verfolgt: Spanien, Frankreich, England, Deuschland, Polen, Rußland. Erst ging es immer ein Zeitlang gut, aber so bald ein Funke Haß aufflammte, waren sie nicht mehr sicher. Woran das liegt ? Einige Umstände wurden hier schon aufgezählt. Es war auch die Dummheit de unbelesenen Einwohner in den veschiedenen Ländern, es war auch die katholische Kirche (auch die evangelische?) die immer wieder von den Mördern Jesus berichtete und sie in diese kriminelle Ecke stellten. Es mag aber auch die Fremdenfeindlichkeit in den Dörfern und Städte gewesen sein. Man wollte lieber unter sich bleiben, sozusagen im eigenen Mief leben, Es scheint mir auch heute oft noch so zu sein,nicht bei Juden, aber bei vielen Fremden, die hier bei uns leben. Sonntägliche Grüße von Ada

Bartels
25.05.2014, 15:09
Hallo Ada,

es war auch die evangelische Kirche, die deswegen noch in den 1950ern Probleme mit dem Umgang mit Juden hatte!

Der Tod von Jesus am Kreuz ist die Basis aller christlichen Religionen, wäre er nicht gewaltsam gestorben, dann gäbe es weder christliche Religionen noch das Kreuz -

oder Jesus wäre nur der zweitwichtigste Prophet!

ada.gleisner
26.05.2014, 20:03
Lieber Rudolf,
das wissen alle Christen, sie lernen es im Religionsunterricht und es ist unverständlich, daß der Tatsache nicht ins Auge gesehen wurde. Nun gibt es Schulunterricht erst seit dem 19. Jahrhundert. Aber all die Reichen und kluge Kirchenfürste, Fürsten , Philosophen, Lehrer usw. wußten es ja schon immer und haben trotzdem den Judenhaß entzündet. Hat es nur mit Machtausübung zu tun oder Besitzgier ? Mir fällt dazu nichts mehr ein, Gruß von Ada

Martschinke
30.06.2014, 12:36
Hallo danli,

ich glaube nicht, dass die Mehrheit der Danziger die Nazi-Regierung in Danzig verhindern konnten.
Die Mächtigkeit geschah durch Hitlers Gesinnungsgehilfen, vor allen Dingen geschah es mit der
Einschleusung von dem Nazi-Gauleiter Albert Forster mit seinem Gefolge. Diese Mächtigkeit mit
ihrer bestialischen Durchführbarkeit hatte jede Möglichkeit die Danziger Bevölkerung in ihrer
gesamten Bevölkerungs-Mehrheit ihren faschistischen Willen aufzuzwingen. Jeder politischer
Verbrecher und Unruhestifter hatte die Möglichkeit in die "Freie Stadt DANZIG" einzureisen. Wie
konnte sich Danzig ohne eigene Schutzmacht gegen die Nazi-Einschleusung wehren, sie konnten
ihre Schutzmacht (in diesem Fall den Völkerbund) doch nicht befehlen, nun kommt und befreit uns
mit Granaten und Kanonen von diesen Eindringlingen. Die Danziger Bevölkerung stand ohnmächtig
dem Weltgeschehen gegenüber und hatte sich aus dem Grunde der braunen Brut gebeugt.

Martschinke

Antennenschreck
30.06.2014, 12:54
Hallo Martschinke,

irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass genau das Thema hier im Forum schon gelaufen ist und keinerlei konstruktive Erkenntnisse mehr zu erwarten sind, ausser eben die bekannte Feststellung unterschiedlicher Meinungen dazu von verschiedenen Teilnehmern.

Tschü.......

Felicity
30.06.2014, 14:06
Wenn man Simon Schama's Buch liest :"Die Geschichte der Juden", kann man erst verstehen was es bedeutet ein Jude zu sein. Man liest eine beinahe unglaubliche Geschichte, von Verfolgung aber auch Anerkennung. Durch diese dauernden Verfolgungen haben sich Juden in vielen Voelkern und Kulturen niedergelassen, trotzdem sie sich oft an die Nationen anpassten blieben sie doch immer in ihren eigenen kulturellen und religioesen Bereichen und haben vieles von ihrem Standard auch den anderen Laendern hinterlassen, von den Egyptern zu den Griechen, Arabern und Christen. Dadurch wird die Geschichte der Juden auch unsereGeschichte. Liebe Gruesse von der Feli

Poguttke
30.06.2014, 21:07
Zu #175 Die Erkenntnis von Martschinke ist durchaus konstruktiv, aber solange sich die Verantwortlichen verweigern, wird das wohl ein Thema bleiben müssen, Gero

Antennenschreck
30.06.2014, 21:39
Na, denn schaun wir mal, wer die Steilvorlage von Martschinke annimmt und die nächste Runde der never ending Story einläutet.

Tschü.......

danli, + 23.01.2015
30.06.2014, 23:40
guten aben

zu dem was Martschinke schrieb !!
Es tut mir weh ,wenn ich so etwas lesen muss!!Es war nicht nur Forster und Genossen !
Es reicht mir wenn ich in das Telefonbuch von 1937/38 hineinsehe: NSDAP- NSDA!!
Wen da mit Forster richtig waere muesste sich die Einwohnerzahl Bzw.der Wahlberechtign der Stadt Danzig,nachdem was die Wahlergebnisse zeigen, verdoppelt haben.Mein Vater war Danziger ,und wir wussten genau ,was gespielt wurde. Die Tatsachen sprechen fuer sich!!Die Geschehnisse der Kristallnacht auch.
Ich glaube nicht , dass die jenigen ,die hier Entschuldigungen suchen .jemals Tag fuer Tag und Monat fuer Monat
Angst hatten was der naechste Tag bringt.Ich weiss wie es war!!!und ich habe es erlebt.!!!

Danli

Bartels
01.07.2014, 23:33
Guten Abend,

Danli hat recht,

die Danziger Bevölkerung stand dem Weltgeschehen gegenüber und hatte aus diesem Grund die braune Brut MIT MEHRHEIT GEWÄHLT. - Leider hatte der Völkerbund eine NSDAP zu den Wahlen zugelassen - es war keine NSDzAP!

Poguttke
02.07.2014, 20:32
Also wenn man aus der Geschichte lernen will, dann darf man sich damit nicht einseitig befassen, denn es spielen immer mehrere Faktoren mit. Beim Lesen der beiden letzten Mails komme ich zu folgendem Schluß: Der Zusammenschluß mit der DDR war ein Fehler. Die Bevölkerung der DDR hatte in Wahlen mit 95% der Regierung das Vertrauen ausgesprochen, somit hätte man die "Terroristen" und ihre Demonstrationen niederschlagen müssen. Die Krim hat gewählt und ist jetzt russisch. Die Ost-Ukraine muß auch russisch werden. Wir haben nach dem Krieg gesagt "Nie wieder Krieg"! Obwohl die Mehrheit hier im Lande dagegen ist, befindet sich das deutsche Militär im Krieg. Wie wehren wir uns nun dagegen?????????????

Noch was geht mir durch den Kopf....wenn doch die meisten Danziger Nazis sind, was macht ihr dann in diesem Danziger Forum? :) Seid ihr dabei um das Schlimmste zu verhindern? :)

Also ich denke Pauschalisierungen bringen uns nicht weiter, ich bin mehr für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Fakten. Dafür könnte Danli mal in ihr Einwohnerbuch schauen und alle polnischen Stellen heraussuchen die es in Danzig gab. In einem Danziger Schulbuch von 1926? wird der Anteil der polnischen Ausländer mit 20% angegeben. (Deutschland hat also noch reichlich Platz für Flüchtlinge.) Ja und Bartels hat schon richtig erwähnt, daß Danzig ein teilsouveräner Staat ist, da der Völkerbund immer das letzte Wort hatte. Denn Staat und Verfassung stehen unter der Schutzgarantie und Schutzverpflichtung des Völkerbundes. Die Nazis haben die Danziger Verfassung geändert, ohne das der Völkerbund einschritt. Es waren die jüdischen Danziger die 1938 nochmals versuchten mit einer Petition den Völkerbund dazu aufzufordern, die Verfassung wieder herzustellen. Sie wurden aber von dem Hohen Kommissar nicht vorgelassen, er hat die Annahme schlichtweg verweigert. Dieser schäbige Hund ist dafür niemals zur Rechenschaft gezogen worden.
Im übrigen möchte ich bei diesem Thema Sachlichkeit anmahnen aus Respekt vor den Danzigern, die eben keine Nazis waren. Denn eine pauschalisierte Verurteilung ist eine Methode totaler Systeme und schafft nur neue Opfer.

Martschinke
08.07.2014, 22:10
Meine Mutter hatte die Religion der internationalen Bibelforscher von meiner
Großmutter übernommen.Der Ursprung dieser Religion ist ein Abzweig von den
Adventisten mit dem Begründer Namens Russel in Amerika gewesen. Der Begründer
ist vermutlich ein Freimaurer gewesen und Mitherausgeber der Zeitschrift
" Das goldene Zeitalter" gewesen." Als kleiner Junge habe ich das Bild
auf dem Titelblatt bewundert. Ich habe es authentisch mit dem Zeichenbild
des Freimaurertums verglichen. Die Bibelforscher- haben ihren Namen
gewechselt und nannten sich noch vor dem zweiten Weltkrieg " Jehovas Zeugen"
Wenn ihre biblischen Prophetische Voraussagen vom Weltuntergang auch nicht in
Erfüllung gegangen sind, so waren JZ. aber eine Protestreligion gegen Hitler und
gegen die Judenverfolgung.
Meine Mutter und Großmutter wurden 1937 in Danzig verhaftet und kamen ins
Gefängnis nach Schießstange, weil sie sich geweigert hatten die Hakenkreuzfahne
anzuerkennen. Mein Vater löste sie gegen einen Geldbetrag aus, und sie mussten
ein Revers unterzeichnen, dass sie nicht mehr sagen durften Jesus sei ein Jude gewesen.

kurt M

Martschinke
09.07.2014, 12:39
Hallo Wolfgang

Schon als Kind nach meinem 10. Lebensjahr hatte ich schon einen kleinen Einblick aus Nachbarskreisen
und Kenntnisnahme von anderen Leuten der ländlichen Bevölkerung mitkommen, dass die Danziger Seele
gar nicht so aggressiv gegen ihre Danziger jüdischen Mitbürger eingestellt waren. Wie konnte es aber dazu
kommen, dass so viele Danziger der nationalsozialistischen Partei ihre Stimme gaben. Es hatte einen andern
Grund aber nicht so sehr gegen die jüdische Geschäftstätigkeit. Oft hörte ich ein Bedauern darüber, man
sagte: Die Juden haben Handel und Wandel in unser Land gebracht. Nein, der wirkliche Grund ihrer
Stimmabgabe war, die Bauern waren alle Pleite. Sie konnten durch den Korridor ihre Produkte nur unter
den Preis absetzen, das bedeutet, sie waren nicht mehr konkurrenzfähig. Die polnische Konkurrenz konnte
ihre landwirtschaftlichen Produkte unter den Preis verkaufen, weil sie in Danzig für ihre Erzeugnisse den
Gulden bekamen und den tauschten sie gegen ihre Zloty-Währung bei der Danziger Bank ein. Der Gulden
hatte den doppelten Wert oder noch mehr, dem Zloty gegen über. Für die Polen war es ein hoher Gewinn
und die Danziger Bauern konnten da wirtschaftlich nicht mehr mithalten.
Nicht die Bauern waren gegen die Juden, sondern die Nazis. Die Nazis sind aber nur von den Bauern gewählt
um den Korridor zu los zu werden.

So ist das alles gekommen!

kurt M

Ulrich
09.07.2014, 14:09
Hallo Danli,

meine Gedanken sind, insbesondere wegen der neuesten Angriffe auf Israel, bei dir und den deinen.

Ulrich

danli, + 23.01.2015
09.07.2014, 21:11
danke Ulrich.

bei uns,im Norden ist es zur Zeit noch ruhig,aber das kann sich schnell aendern .

Wir wisen genau wie es ist wenn 50 meter von dir die Rakete einschlaegt.Deshalb wissen wir auch
wie sich die Leute im Sueden fuehlen. Auch haben wir dort Verwandte mit kleinen Kindern

Danke nochmals

Dan

Martschinke
14.07.2014, 21:24
wir reden sehr viel darüber, dass die Danziger in einer freien Stadt lebten und mehr
als 50 % für die Nazi Partei gestimmt haben, was den Juden in dieser nicht militärischen
Stadt zum Verhängnis wurde.
Nach meiner Ansicht sollte man die Wähler differenzieren. Wir Danziger wissen doch mit der
wirtschaftlichen Lage stand es nicht zum allerbesten vor dem Kriegsanfang 1939.
Nach 1919 musste sich dieser selbständige Freistaat um die Ausfuhr und Ausbau einer
eigenen Bedarfsgüterindustrie umstellen und wurde wirtschaftlich durch den aus
Konkurrenzgründen errichteten poln. Hafen Gdingen hart bedrängt. Für viele Bürger
in Danzig führte diese Maßnahme zu unermesslichen Einschnitten ihrer privaten
Lebensversorgung Viele Danziger sahen so recht keinen Ausweg mehr, wie es nun weiter
gehen sollte. Ihre Ratlosigkeit steigerte sich zum Höhepunkt ihrer Verdrossenheit.
Deshalb sahen viele Danziger Bürger nur einen Ausweg die Nazi-Partei zu wählen
und haben in ihrer Not gar nicht darüber nachgedacht, was sie sich damit eingehandelt
hatten. Ein Grund dafür war ihr politisches Analphabetentum. Sie erblickten eine Hoffnung,
die zu ihrem Untergang führte. Sozialdemokraten traten aus ihrer Partei und liefen zu den
Braunen. Pleite gegangene Bauern, die ihre Produkte kaum noch verkaufen konnten, weil
die poln. Konkurrenz durch den Geldumtausch bei der Danziger Bank vom Gulden zum
Zloty gut wirtschaften konnten, trieben sie die Danziger Bauern in die Insolvenz.
Mit Judenfeindlichkeit dieser Personenkreise hat es wenig zu tun. Man soll doch uns
Danziger nicht so hinstellen als sei dieser böse, menschenverachtende Spruch
"Komm lieber Mai und mache uns Judenfrei" eine Verallgemeinerung der Danziger
Bevölkerung im großen Stil gewesen ist, sondern eine eingeschleuste Propaganda
für Hitlers Entfachung zum Kriegsbeginn. Weil Hitler hier mit seiner Stimmenfangerei
die Mehrheit in Danzig erreichte konnte er seine diktatorische, Gewaltherrschaft mit
brutaler Bestialität vollenden.

kurt

Ulrich
15.07.2014, 19:28
Lieber Kurt,
der Versailler Vertrag war´s, die Armut war´s, die Bauern warens, der Hitler war´s, die wie Forster von Hitler nach Danzig eingeschleusten warens, die Propaganda wars, der Völkerbund war´s. Ich mags nicht mehr noch hören. All diese Schuldigen sind auch Teil der Verteidigungsrhetorik der Rechten - damals wie heute.
Und das von dir, der Teil war einer Verfolgtengruppe und auch mindestens über deine Schwägerin erfahren haben musste, unter welchem Druck die Juden und sogenannten "Jüdischen Mischlinge" in der Zeit des Nationalsozialismus in Danzig lebten.

Einen schönen Gruß

Ulrich

Martschinke
15.07.2014, 20:58
Lieber Ulrich,
ich möchte meinen Bericht vom 19.01.2014 ergänzen. Die Mutter meiner Freunde Jidjon und Harald war Jüdin,
ihr Geburtsnamen habe ich nicht gewusst, ja auch als Kind nicht erfragt. Ihr Ehemann war Deutscher
und hieß mit Nachname Dilla. Somit auch die Namen meiner Freunde.
Die beiden Eheleute haben sich nicht trennen lassen, sondern lieber das Land von uns verlassen.

Schöne Grüße

kurt

danli, + 23.01.2015
15.07.2014, 21:05
An Kurt
Du hast recht wenn Du sagst es waren schlechte Zeiten in Danzig .ABER!!!!!
Wie konnte in Danzig solch eine Kristallnacht ohne Beihilfe der Einwohner organisiert werden.Man war doch nicht in Deutschland .Wenn man ins Telfonbuch 1937/38 sieht . ist dort fuer mich wenigsten eine teilweise Antwort.
Der Aufmarsch anlaesslich Zerstoerung der Synagoge mit den genannten dem genannten Spruch:Komm ..........!!!
Wer sass da auf der Buehne ,Wer hielt dort Reden??? Das waren doch teilweise angesehene Buerger der Stadt.
Wie konnte es sein , das ich selber immer wieder in Gaststaetten und Geschaeften auf grossen Schildern lass:
JUDEN SIND HIER NICHT ERWUENSCHT!!!!!!
Das sind Tatschen die fuer sich sprechen!!
Und ich habe auch viele gekannt ,welche zu helfen versuchten .Aber alle hatten grosse Angst von ihren Nachbarn
denunziert zu werden !!!! Wer waren die Nachbarn ??
Ich war noch ein kleiner Junge aber meine Eltern versuchten mich im Haus zu halten,denn sie hatten Angst dass ich
was sage.

Da war fuer mich Danzig!! in den Jahren!!
Danli

Martschinke
17.07.2014, 12:28
Hallo Inge-Gisela,

Wer trägt die Hauptschuld, dass es in Danzig zu dem furchtbaren Verbrechen gegen die Juden kommen konnte.
Offen gesagt, hätte es dazu in dem großen Maße in der Zeit von 1935 bis 1939 kommen können, wenn die Danziger-
Nazi-Partei nicht so stark geworden wäre. Zu mindestens muss man doch wohl zugeben, die Nazi-Wähler in ihrer
Wahlentscheidung haben überwiegend wirtschaftliche Ziele gehabt und doch nicht rassistisches Gedankengut der
Brutalität gegen Menschen mit denen sie friedlich zusammen gelebt haben. Ich hebe in dieser Schriftformulierung
ganz deutlich hervor, es gab selbstverständlich auch andere mit krimineller Energie, aber die waren in der Minderheit.
Schuld an der hohen Naziwahlstimmung waren alle wirtschaftlichen Unterdrücker, aus welchen Gründen auch, seien es
Eigenbereicherung oder politische Mächtigkeit, und das haben auch Regierungen anderer Länder zu verantworten.
Nicht ausgenommen solche für den Korridor, Gdingen, Konkurrenz zu ungleichen Bedingungen und hohen Zollbelastungen.
Nur aus diesen Gründen konnte die Nazipartei die Mehrheit erreichen, und dann hatte keiner mehr das Recht in Danzig
den Mund aufzumachen oder in den Abgrund befördert zu werden. Jeder schuldlose Mensch in einer grausamen Diktatur
versucht sein Leben zu erhalten, und wer kann schon von sich behaupten, ich hätte öffentlich opponiert selbst wenn es
mein eigenes Leben gekostet hätte. Genutzt hätte das doch auch nichts, eine Schwalbe macht doch keinen Sommer, es
hätten sehr viele Schwalben sein müssen, und die wären nicht zu der Zeit mehr unter einen Hut zu bringen.
Viele junge Menschen sollten heute den wahren Sachverhalt von gestern kennen, ob sie dann auch noch fragen würden,
warum habt ihr das getan?

Gruß kurt

Tschü...

.
.

Antennenschreck
17.07.2014, 12:47
Hallo Kurt,

mir fehlt irgend wie der zugehörige Beitrag von Inge-Gisela, oder führst du hier mehr einen Monolog?

Tschü.......

Martschinke
20.07.2014, 15:22
Hallo Danli,

ob es rechtens ist den Danzigern in der Mehrheit als antisemitisch einzustufen habe ich
schon meine bedenken, es hat sehr bösartige Danziger gegen ihre Danziger jüdischen
Mitbürger gegeben, und da stellt sich die Frage, haben diese wenigen Bösartigen nicht
alle andern Danziger in Kollektivschuld gebracht. Es gibt doch keine Feststellung wie
hoch der prozentuale feindliche Anteil zu den Juden in Danzig war. Nach dem Jahr 1935 ja,
weil viele unpolitische Bürger durch die Nazihassprediger mittels Gehirnwäsche in dieser
Zeit dazu gebracht wurden. Es gibt so eine wissenschaftliche Erkenntnis, die besagt
"Wenn Menschen 1000 Mal immer dasselbe hören, dann ist es auch wahr, selbst wenn
es nicht stimmt."

Diese Erkenntnis trifft auch heute noch für alle politischen und religiösen Machtbesessenen
zu.

kurt m

Felicity
21.07.2014, 01:27
Liebe Kurt ! In unseren Schulen gibt es ein Teil des Curriculums, das heisst 'Clear Thinking' (Klares Denken). In den Oberstufen wird es ganz besonders gepflegt und man muss es in Examen bestehen. In allen Sprachen hat man die Woerter, "mehrere, wenige, manche, einige, einzelne u.s.w. So oft werden sie vernachlaessigt und das Wort 'alle' wird gebraucht, Gelegenheiten beschreibend, ohne das DAS KLARE DENKEN (Clear Thinking) zu gebrauchen. Das wuerde in unseren Oberstufen der Erziehungsanstalten, die fuer das Abitur vorbereiten, ein Durchfallen verursachen. Da gab es in Danzig mehr als genug Menschen, die den Juden halfen, sogar zur Flucht. Die sogenannte Gehirnwaesche kann nur dann geschehen, wenn thematisch das Gehirn und das Nervensystem des Einzelnen, durch Wiederholung, diese politischen und religioesen Begriffe aufgreift. Jeder hat einen freien Willen. Deshalb zurueck zum Anfang meiner email, unsere Erziehung braucht ganz dringend, die Bildung zum 'Klaren Denken' damit 'Gehirnwaesche' der Massen, in Zukunft, unmoeglich ist. Liebe Gruesse von der Feli

Martschinke
23.07.2014, 03:08
Hallo Felicity,

willst Du sagen, die Gehirnwäsche hat nur auf Einzelne mit einem schwachen
Selbstbewusstsein von wankelmütigen Leuten einwirken können und war von
geringer Bedeutung für die Nazi-Erfolge. Ich möchte mich aber gleich hiermit
entschuldigen falls ich Deine Formulierung falsch verstehe. Als Schulkind habe
ich erlebt, dass die politische Stimmung durch die Vergabe von Rundfunkgeräten
radikal umschlug. Es handelte sich um einen kleinen Volksemfänger, wir nannten
ihn die Goebbels-Kiste. Den Rundfunksender Danzig konnte man damit empfangen.
aber mehr nicht. Die Nazi-Propaganda wurde vom Reichssender in Berlin nach
Danzig übertragen, somit hörte die ländliche Bevölkerung nur einseitig die
rechthaberischen Volkshetzreden von Hitler und Goebbels.
DEUTSCHE VOLKSGENOSSEN und VOLKSGENOSSINNEN..... so habe ich es als
Kind immer noch in Erinnerung, und das soll sich nicht von dieser Herrschaft
auf die Danziger Bevölkerung ausgewirkt haben? Es war noch viel schlimmer,
die Mehrheit der Danziger wurde nicht nur irregeführt, sondern alle Gesellschafts-
Kreise verfingen sich in Regime- und Gesinnungsnotzwänge untereinander.
Da fällt mir eine kleine Geschichte ein, wie sie sich bei uns zugetragen hat.
Meine Mutter war ja nun in ihrem religiösen Kreis der JZ mit ihresgleichen sehr
verbunden. Da bekommt sie von einer ihrer Nachbarin auch JZ Besuch ganz
aufgeregt und sagt: Denk bloß Frieda heute habe ich von dem Ortsverband
eine Androhung wegen nationalistischer, missachtender Verhaltungsweise
erhalten, weil ich das goldene Mutterkreuz nicht in Empfang genommen habe,
was soll ich jetzt tun? Als Christ kann ich doch so Hitlerorden nicht annehmen.
Meine Mutter beruhigte sie, wir werden darüber bei unserer nächsten Versammlung
beraten. Sie fanden eine Lösung. Es wurde ein Brief von ihnen an die zuständige
Verwaltungsbehörde verfasst und eine Beschwerde geschrieben. Sie lautete,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hiermit lege ich wegen ihrer Vergabe eines goldenen Mutterkreuzes Beschwerde ein.
Jede deutsche Mutter wird für 4 Kinder mit einem goldenen Mutterkreuz geehrt,
ich habe aber 8 Kinder zur Welt gebracht und werde nur zum Empfang meiner Ehre
zu ihnen kommen, wenn ich mit 2 Mutterkreuzen von ihnen bedacht werde.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, sie erhielt die Antwort
Wegen ihres nationalistischen Ungehorsams 2 Ehren zu fordern
ohne Deutschen Gruß ihre Beschwerde zu versenden wird ihnen
die Ehrenvergabe entzogen.
Heil Hitler.

Was war diese Frau nun glücklich. Sie fühlte sich nun als treue Christen
in ihrer Standhaftigkeit dem lieben Gott gegenüber bekräftigt zu sein.

Nun zu meiner eigenen Beurteilung:
Der liebe Gott fordert von keinem gläubigen Menschen in einer Gemeinschaft
überdimensionales Pflichtverhalten einer Bewegung bis zum i-Tippelchen.
Die ZJ auferlegen sich Glaubenszwänge und die führen zu Zwangsvorstellungen
mit nicht notwendigen Lebensverzicht. In Diktaturen schlagen solche Richtlinien
besonders zu Buche.

Einen schönen Tag noch von kurt.

Felicity
23.07.2014, 04:55
Lieber Kurt ! Irgendwie kann ich mich entsinnen dass es hiess : "Hier ist der Reichsender Koenigsberg und der Landessender Danzig". Vielleicht habe ich da etwas falsches in Erinnerung. Alle anderen Behauptungen von Dir hoer ich mir gern an und denke mir, "Jeder soll in seinem Glauben seelig werden". Deine Geschichte gefaellt mir. Sie zeigt uns so ganz, dass man erreichen kann was man will, wenn man das Gehirn ein bischen anstrengt. Wer sagte es einmal ? "Des Menschen Wille ist sein Himmelreich ?" Liebe Gruesse von der Feli

Martschinke
23.07.2014, 11:52
Liebe Felicity, es kann so richtig sein, dass der Reichsender Königsberg und Landessender sich
so gemeldet haben. Es könnte vom Rundfunkgerät abhängig gewesen sein. Sicherlich hat
Königsberg als Landeshauptstadt einen eigenen Sendebereich gehabt, der auch in Danzig
zu empfangen war. Ich weiß es nicht, nur mit dem kleinen Einröhren in Plastik gebauten Empfangs-
System (Spitzamen Goebbelskiste) hat man den Reichsender Königsberg nicht empfangen können.
Wie der Danziger Sender sich damals genannt oder gemeldet hatte ist weiter nicht wichtig,
Hitlers Propagandareden wurden von dem Reichssender Berlin aus an alle Rundfunkanstalten
in Deutschland übertragen, sodass jeder deutsche Genosse auch den Führer und den
Propagandaminister Dr. DR. Goebbels hören konnte. An Volksaufklärung sollte es bei den
Nazis nicht gefehlt haben. Viele schöne Grüße kurt

Felicity
23.07.2014, 14:52
Kann mich nicht erinnern an die Einzelheiten, wie und wann diese Propaganda Reden uebertragen wurden, aber da waren wir wohl nicht daheim, ich hoechstwahrscheinlich in der Schule. Kann mich aber ganz und gar erinnern wie gerne ich dem 'Wunschkonzert' zugehoert habe und auch am Freitag Abend, einem Hoerspiel 'Paul Neugebauer aus Runxendorf'. Mein haben wir da Spass gehabt und viel darueber gelacht. Liebe Gruesse von der Feli an Kurt und all die anderen, besonders an die die dem Wunschkonzert zugehoert haben.

Antennenschreck
23.07.2014, 21:31
Hallo,

ich habe da eine Originalaufnahme von damals als mp3, und das was Feli in Erinnerung hat liegt sehr nahe an der Wahrheit. Nichts mit Volksgenossen ...... auch nicht aus der Goppelsschnauze, digitale Mediendifferenzierung gibt es heute, war aber damals noch nicht machbar: Hier sind alle deutschen Sender, angeschlossen die Sender des Protektorats Böhmen und Mähren, die Sender des Generalgouvernemants, die Sender Brüssel 2 und Luxemburg und der Sender Kopenhagen.......usw. usf.

das genau ist die Ansage des deutschen Rundfunks gewesen. Die haben sich da die Gusche fusselig geredet um aufzuzählen wo überall das Programm abgestrahlt wird, irgendwann sind sie auch bei Danzig und Königsberg gelandet. Und wenn das durch war kam der Titel der folgenden Sendung, und dann gings eben los.

Tschü.............

Felicity
24.07.2014, 02:47
Wir hatten einen 'Telefunken', so wurde der Apparat genannt und der hat schoen viel Platz eingenommen und stand im Wohnzimmer. Hoechstwahrscheinlich hat der eine groessere Empfangszone gehabt als die kleineren Volksempfaenger. Da kommt mir auch der Name 'Phillips' in Erinnerung. Das koennte wohl der Fabrickname sein. Bin ja nun 87 und viele Dinge habe ich vergessen aber nicht was die Musik zusammen haelt, besonders nicht die Schlager Paraden mit all den Liedern, die ich auf kleinen Karten sammelte. Koennt Ihr Euch noch entsinnen an die Marika Roeck und an ihren'Kauf Dir einen bunten Luftballon'? Liebe Gruesse von der Feli

Antennenschreck
24.07.2014, 09:04
Hallo,

ich habe noch ein Telefunken-, ein Saba-, und Nordmenderadio von damals. Die waren sicher aufwändiger und empfangsstärker als der VE 1 und VE 2 die so genannten Goeppelsschnauzen. Allerdings konnte man das mit einer Langdrahtantenne bedingt wieder wett machen. Es war prinzipiell auch mit den Volksempfängern möglich ausländische Sender zu hören. Während des Krieges störten beide Seiten den Empfang der gegnerischen Sender, so gut es eben ging. Die Medien waren damals eine Möglichkeit der Beeinflussung und sind es heute noch immer.

Tschü......

Felicity
24.07.2014, 15:49
Heute kommt noch das Fernsehen dazu. Aber damals hat man Radio, Film und Zeitungen schoen ausgenutzt um andere mit Propaganda zu beeinflussen. Funktioniert Dein 'Telefunken' noch, Antennenschreck ? Da liegt viel Wert in diesen alten Apparaten. Liebe Gruesse von der Feli

Antennenschreck
24.07.2014, 16:02
Hallo Feli,

Schande auf mein Haupt, ich wollte die Radios schon seit Jahren wieder in Gang setzen. Aber beim wollen ist es eben geblieben. Inzwischen sendet kein Mensch mehr in AM auf diesen Frequenzen, man könnte also ausser Rauschen nix hören mit so einem Teil. Die neueren Röhrengeräte (so ab Mitte der 50 er Jahre) hatten wenigstens noch UKW. Und davon habe ich hin und wieder eines in Schuß gebracht. Auf UKW senden ja noch die meisten großen Radiostationen, und werden das wahrscheinlich auch noch paar Jährchen tun.

Tschü......

Christkind
24.07.2014, 16:37
Niemals Antisemitismus mehr in unserem Land! Unter keinem Deckmantel!
Es entsetzt mich, was hier in Deutschland wieder möglich ist.

Bundespräsident Gauck spricht klare Worte:

http://www.sueddeutsche.de/politik/gauck-fordert-zivilcourage-gegen-antisemitismus-1.2060838

http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/gauck-gegen-antisemitismus-wir-wollen-das-nicht-laenger-hinnehmen-13060455.html
_____
Schöne Grüße, Christa

StampCollector
24.07.2014, 22:01
Noch einmal zurück zum "Reichsrundfunk":

Also meine Omi, die damals ihren linken "background" nicht vergessen hatte, hat auch gegen Opis Willen "Radio London" gehört. Auch hat sie nicht Opis Willen entsprochen und ist also auch nicht in die NSV eingetreten. Die Beiden hatten deswegen sogar Ehekräche... :)

Ihr Cousin (KPD-Mitglied und entarteter Künstler) hatte 1933 noch rechtzeitig eine Warnung bekommen: "Hau ab!"
Er hat das dann auch gemacht und hat dann nach einer Odysse durch halb Europa endlich in Schweden Asyl gefunden. Seine Mutter hat ihn dann im hohen Alter auch noch irgendwann per Luftreise in Schweden besuchen können.
Er hat sie auch portraitiert. Dieses Bild habe ich als Druck. Die Ähnlichkeit mit meiner Omi ist frappierend...

So, irgendwie sind wir zumindest etwas vom Thema abgekommen, obwohl die Propaganda des Regimes ja auch ihren Anteil am Geschehen hatte!

Was mich noch interessieren würde:

Gibt es in Danzig / Gdansk eigentlich auch "Stolpersteine"?!

SC

Martschinke
25.07.2014, 10:51
Hallo, liebe Felicity, wir hatten einen Philips-Empfänger und wenn ich ihn anstellte
hörten sich die vielen Sendungen so an als sei man auf dem Jahrmarkt von einem
Stand zum andern gekommen. Die ländliche Danziger Mehrheit war schon mit dem
Empfang eines Gerätes mit einer Empfangsröhre zu frieden. Es wird sich doch wohl
jeder erinnern können,
.... nach Hause, nach Hause gehen wir nicht bis unser geliebter Führer zu uns spricht
DEUTSCHES VOLK haltet aus, wir werden den Krieg schon gewinnen.
Darunter auch... heute Nacht hat Polen den Sender Gleiwitz überfallen!
Seit 5 Uhr 45 wird in Danzig zurück geschossen, und es wird Bombe für
Bombe vergolten. Wenn das überhörbar gewesen sein soll, eines doch
nicht, der zweite Weltkrieg hatte begonnen. Unsere geliebte Heimat, im
Osten war der Preis um den verlorenen Krieg zu bezahlen.

Einen schönen guten Tag noch, ich grüße Dich kurt m

Antennenschreck
25.07.2014, 11:37
Hallo Kurt,

ich möchte dir gerne ein Buch anempfehlen:

Der Krieg der viele Vaeter hatte

von Gerd Schultze-Rhonhof ehem. Generalmajor der Bundeswehr.

Dieses Buch ist frei zu kaufen, wenn auch unbeliebt. Auch kann man dem Autor sehr wahrscheinlich keinen rechtsradikalen Hintergrund nachsagen. Durch dieses Buch allerdings erklärt sich so manches historisches Ereigniss im Bereich von 1870 bis 1946, und man sieht einiges mit ganz anderen Augen (oder man könnte es zumindest). Es ist sehr gut recherchiert und ein geschichtlicher Abriss der betreffenden Zeit. Der Autor hat für sein Buch überwiegen ausländische Quellen benutzt, um nicht in den Verdacht zu geraten, Deutschland reinwaschen zu wollen. Trotzallem oder gerade deswegen kommt er auf ganz erstaunliche Ergebnisse in diesem Buch.

Tschü......

Antennenschreck
25.07.2014, 11:42
Hallo nochmal,

die ISBN Nummer des Buches ist:

ISBN 3-7892-8117-4

Tschü......

Antennenschreck
25.07.2014, 11:48
Hallo Kurt,

das Buch gibt es inzwischen auch in englisch, wenn dir das lieber ist als die deutsche Version.


Tschü.......

Ulrich
25.07.2014, 13:31
Hallo antennschreck, Du emphielst unter dem Thread "Die Juden in Danzig" ein eindeutig geschichtsrevisionistisches Buch zur Erklärung der Kriegsschuldfrage - stark!
Einen schönen Gruß
Ulrich

Antennenschreck
25.07.2014, 14:10
Hallo Ulrich,

also wenn das Buch "eindeutig geschichtsrevisionistisch" wäre, dann eben wäre es in diesem freien Land schon längst auf dem Index gelandet, davon kannste ausgehen.
Da es aber inzwischen in der 5. (stark erweiterten) Auflage angeboten wird, kann man das wahrscheinlich nicht so einfach behaupten, und es eben auch nicht mal so verbieten. Du hast es aber sicher schon gelesen, und wenn nicht, ist kaum zu verstehen wie du über Dinge (Bücher) urteilst, die du gar nicht kennst. Wohl nur weil das irgendwo im Netz steht, von jemand der das Buch vielleicht auch gar nicht gelesen hat. Wie ich schon schrieb, hat der Autor 15 Jahre lang, (überwiegend in ausländischen) Archiven, soziale-, politische-, wirtschaftliche-, militärische- u. u. Fakten zusammengetragen und analysiert. Würde er dabei unbedacht oder gar manipulierend vorgegangen sein, dann dürfte das Buch in unserem Land schon längst nicht mehr verkauft werden. Ich fände es vernünftiger nur über Sachverhalte (z.B. Bücher) zu urteilen, wenn man deren Inhalt auch kennt. Du kannst gerne belegen, dass der und jener Vertrag von dem Autor falsch wiedergegeben wird oder die Zeitungsmeldungen und Wirtschaftsdaten erlogen sind (solltest das dann aber auch belegen). Oder bringe eigene Quellen, die das Buch als "eindeutig geschichtsrevisionistisch" klassifizieren, alles kein Ding denn da kann man drüber diskutieren. Aber einfach nen Stempel drauf "eindeutig geschichtsrevisionistisch", zeugt nicht unbedingt von vernünftiger Diskussionskultur. Das mit dem einfach Stmpel drauf hauen und weg, kommt mir irgend wie bekannt vor aus einer eigentlich vergangenen Zeit. Wenn du aber über das Buch sprechen möchtest, dann kann ich nur bis zur zweiten Auflage dienen (denn nur die habe ich gelesen).

Tschü......

Ulrich
25.07.2014, 15:02
Hi Antennschreck!
Mehr als einen Blick in Wikipedia ist mir das nicht wert. Ich lese ja auch sonst keine Landser.
Einen schönen Tag!
Ulrich

Antennenschreck
25.07.2014, 15:17
hallöle,

war mir klar. ich kann allerdings auch selber bei wikipedia nachlesen, danke.

tschü.......

Martschinke
26.07.2014, 11:00
Hallo danly und Ulrich, ich bin der Meinung es reicht noch lange nicht,
warum fragt ihr, wo war die Polizei als .-- ?

warum fragst Ihr nicht? Welche Danziger haben die Kristall-Nacht durchgeführt?
welche Danziger haben die Schilder ... Komm lieber Mai..--... ???
welche Danziger haben die Synagogen in Brand geteckt?
Es scheint mir ihr kennt die Zusammenhänge nicht,
waren es friedliche Danziger Bürger, Geschäftsleute
oder waren es die Messerstecher von Danzig Ohra- und Schidlitz??
oder solche die arbeitsscheu sich vor jeder Arbeit drückten?
Die Nazi-Parteileitung hat dieses Gesindel in SA - Uniformen
gesteckt, ihnen finanziell unterstützt und Wohnungen gar Häuser
geschenkt. Sie waren doch jetzt WER!
Wer wohnte in der SA Siedung Schidlitz, es waren doch
Nazipartei- Beamte, sie hatten jetzt das Wort.
Lieber Danly, Du fragst, wo war die Polizei?
Ich frage warum griff die Schutzmacht für den Zwergstaat
Danzig nicht ein? Hatte Danzig einen eigenen Schutz, nein
Danzig war schutzlos ohne Militär, stimmt das auch? Nicht ganz!
Polen hatte den Schutz übernommen. War Polen interessiert
den Schutz für Danzig wahrzunehmen, sie hätten es doch
können mit ihrem Munitionsdepot.
Hitler hätte doch noch nicht eingreifen können, weil er
keinen Grund hatte. Gleiwitz war noch nicht vereinnahmt
vor dem 1.Septmber 1939
War Danzig als eine offene Frage, die noch nicht
in Versail als bestimmt geklärt werden konnte, weil
das Danziger Volk kein polnisch konnte.
Scheint mir so, das fragen die Juden uns auch.
Im Johannes Evangelium steht: "Am Anfang steht
das Wort.
Wer heute noch sagt wir brauchen keine Gesamt-
Einheitssprache in Europa, der muss noch viel
lernen.

Einen schönen Tag und viele liebe Grüße

von kurt m

Ulrich
26.07.2014, 18:12
Hallo Kurt,
So leicht lassen sich deine 'friedlichen Danziger Geschäftsleute' 'nicht reinwaschen. Nach dem Zeugnis meines Vaters waren sie zum Beispiel aktiv daran beteiligt, Juden und ihre nicht jüdischen Nachkommen aus ihren 'Geselligkeitsvereinen rauszuwerfen, d.h., sie gesellschaftlich zu isolieren- mindestens ab 1934.
Oder sie haben auch gern die arisierten Geschäfte ihrer jüdischen Konkurrenz übernommen.
Oder die ganz normale Danziger Hausfrau: Wenngleich den Nazis das nicht genügte: Nach dem Zeugnis meines Vaters reichte der partielle Boykott der Danziger Hausfrauen durchaus, ihn mit seinem Geschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen.
Oder schau dir doch mal den YouTubeFilm überHitlers Besuch in Danzig an: Wie überwältigend die Begeisterung der Danziger Bevölkerung für ihn war!
Du lädst zum Fragen ein? Gut.
Wem gehörten diese an die Schiedlitzer Nazis verschenkten Häuser ?Haben diese Nazis nach dem Judenmord den Verlust dieser Häuser nach Lastenausgleichgesetz Haben die Vorbesitzer Entschädigung nach Bundesentschädigungsgesetz(Stichwort Asoziale) bekommen? Das würde mich interessieren'

Martschinke
26.07.2014, 21:23
Lieber Ulrich. Eine Tante von mir hatte von einem Juden
in Danzig ein Haus gekauft. Sie wird es vermutlich zu
einem günstigen Preis erworben haben. Sie will es aber
nach dem regulären handelsüblichen Immobilien-Preis
erworben und nicht nach den Zwängen von jüdischen
Notverkäufen. Sie stellte einen Antrag auf Lastenausgleich
Eine Entschädigung für dies Haus hatte sie nicht erhalten.
Der jüdische Vorbesitzer hatte in Israel einen Antrag für
dies Haus gestellt und wurde dafür voll entschädigt

Ulrich
26.07.2014, 22:01
Lieber Kurt, die Rechtssprechung ist so, sie geht, wenn jüdischer Vorbesitzer nach BEG und nichtjüdischer Erwerber nach Lastenausgleichgesetz Forderungen stellen , davon aus, dass es sich in der Zeit von 33 - 45 um einen verfolgungsbedingten Zwangsverkauf gehandelt hat. Warum
Wohl?
Einen schönen Gruss
Ulrich

Ulrich
27.07.2014, 00:00
Lieber Kurt, noch ein Nachtrag, gewissermaßen eine Ergänzung: Du willst vermutlich sagen, dass die ganz normalen Danziger 'Bürger und Geschäftsleute naziMäßig Recht unbescholten waren, wohingegen die bösen. Schiedlitzer Buben für die JudenVerfolgung in Danzig verantwortlich sind. Zum ersten Teil hab ich ja schon was gesagt. Nun zum zweiten Teil:
Mein Onkel, obwohl nicht in Schiedlitz, sondern zentral wohnend, und auch weiter kein Messerstecher und Asozialer war gern Mitglied der Motor SA. Die Themastarterin Birke Rühle vermutet dass ihr beamteter Vater, durchaus kein Schiedlitzer Asi an den Judenpogromen tatkräftig teilgenommen hat.Kurz: Ich denke, dass auch dieser und jener gebildete und arbeitende Danziger an den Pogromen beteiligt war.
Noch etwas: In Schiedlitz wohnten vermutlich Leute, die man heute als sozial schwach bezeichnen
würde. Messerstecher, ASOziale, Arbeitsscheue sind Nazibegriffe, ihre Träger wurden von den Nazis verfolgt. Ich denk, man muss aufpassen, dass man aus Verfolgten keine Verfolger macht.
Einen schönen Gruß
Ulrich.

Martschinke
27.07.2014, 10:39
Lieber Ulrich,
die beiden Stadtteile Ohra und Schidlitz waren in Danzig als
Messerstecherei für gefährlich eingestuft.
Als die Stadt Danzig überwiegend von den Nazis regiert wurde
gab es keine Messerstecher mehr. Die Nazis hatten aus den
Messerstechern über Nacht friedliche liebende Mitbürger
geschaffen. Schau Dir doch Mal die Bilder vor den jüdischen
Geschäften richtig an, ich kann da keine Hausfrauen sehen, aber
SA - Leute standen vor den jüdischen Geschäften und schrien
kauft nicht bei Juden. Diese Typen sahen nicht wie gesittete
Bürger aus. Hat sich da noch eine Hausfrau ins Geschäft
gewagt, meistens wurde ihr den Weg davor versperrt, dass sie
gar nichts kaufen konnte. Nicht alle SA Leute waren zu der Zeit
radikal aber wer sich dazu hingabt, der ist schon als bösartig
einzustufen. Die Frage ist auch, wo kamen die vielen SA Leute
in einer in einer so kurzen Zeitspanne plötzlich alle her? Aus der
HJ können noch nicht viele hervor gegangen sein, weil diese
Jugendorganisation meistens von dem Jungvolk eine Übernahme
im Aufbau war. Daraus ist zu folgern, die SA ist spontan aus dem
Zivilen-Bereich gekommen und konnten so nicht zur Rechenschaft
für ihre Taten gezogen werden, weil sie nicht dem amtlichen Gericht
unterstand sondern der Nazi-Gerichtsbarkeit (Oliva Neues Tor / Gestapo)
den höheren Polizeiführer bei dem auch ich mich zu verantworten hatte, weil
ich nicht zum HJ-Apel erschienen war.
Von den SA-Leuten ist später keiner bestraft, es war doch keiner gewesen.
Einen schönen Gruß
kurt m

Ulrich
27.07.2014, 16:08
Lieber Kurt,
Kann das sein, dass sich das Ausbleiben der Messerstecher in Schiedlitz und Ohra mit Erstarken der Nazis so erklären lässt, dass sie ins KZ gesteckt wurden? Also Verfolgte des NS-Regimes sind?
Der Boykott der Hausfrauen bezog sich nicht nur auf einzelne Geschäfte, sondern auch auf einzelne Marken, die vom jüdischen oder als jüdische angesehenen
Grosshändler stammten.
So, wie es heute heißt, kauft nicht die Orangen der Marke x, die stammen aus Israel, hieß es früher bei Danziger Hausfrauen: Kauft nicht die Margarine der Marke y, sie stammt vom Juden.
Einen schönen Sonntag,
Ulrich.

Ulrich 31
05.08.2014, 23:31
Hier eine Website zu diesem Thema mit einem interessanten Stadtplan ("Wirtualny Sztetl"), der nach passender Größeneinstellung zeigt, dass es in Danzig einschl. Langfuhr und Zoppot zu unterschiedlichen Zeiten insgesamt 8 Synagogen gab (soweit von mir erkennbar): http://www.sztetl.org.pl/pl/dynamicmap/#il%3D1%7Cb%3D54.342533546705006%2C18.622125201179 87%2C54.35569037921253%2C18.676155619575866%7Cr%3D %7Co%3D%7Ca%3D%7Ci%3D%7Cp%3Dobject .
Dieser Plan zeigt auch andere, Juden in Danzig betreffende Markierungspunkte, über die man nach Anklicken jeweils nähere Informationen erhält - auch in Deutsch (Einstellung dann rechts oben).

Martschinke
04.09.2014, 21:29
Nein, nein liebe Felicity, Du hast nichts falsches gehört, es kann und wird wohl so richtig
sein mit dem Sendebereich von dem angeschlossenen Sender Königsberg an Danzig.
Königsberg gehörte doch zum Reichsgebiet Deutschland. Ich kann mich doch noch sehr
gut an die Zeit erinnern, als Danzig noch Freistadt war, und unser Lehrer Landes von
Müggenhahl sagte uns, heute spricht der Führer im Rundfunk zu uns. Jeder soll die
Möglichkeit haben die Führerrede zu hören, hier in der Schule oder auch zu Hause. Die ersten Worte des Führers waren "Deutsche Volksgenossen- und Genossinnen"
Dann legte er los seine Wohltaten hervorzuheben, -keiner soll hungern und frieren-
- wie ein Deutscher Junge sein muss - schlank, rank, zäh, hart und flink - wir wollen
unsere Kolonien wieder haben -Arbeit und Brot- und so weiter-
wie es auch in Danzig kurz vor dem Kriegsausbruch war, ich persönlich habe Hitler
schon deshalb als Kind gehasst, weil ich überhaupt sportlich nicht leistungsfähig
war und fühlte mich zurückgesetzt. Die anderen Schüler waren nun die besseren.
Hitler hatte ja einen Grund für seinen geplanten Krieg, Kämpfer für das Vaterland
zu haben. -Die mussten ja so ein, Sportliche Tüchtigkeit für seinen siegreichen Krieg.
Der Rundfunk mit dem Volksaufklärer Josef Goebbels war auch schon ganz schön
wirksam, und das ist in Danzig nicht ganz spurlos vorübergegangen.

Viele schöne Grüße von kurt M

danli, + 23.01.2015
05.09.2014, 21:09
hier ist der Reichsender Koenigsberg mit allen angeschlossenen Sendern

Danli

StampCollector
05.09.2014, 21:51
Ich hatte da letztens eine Diskussion mit deutschen Arbeitskollegen über die gegenwärtige Situation und habe da auch eine durchaus pro-israelische Meinung zum Ausdruck gebracht: Aber mein Gesprächspartner war da leider nicht ganz so überzeugt.
Konsens war jedenfalls, daß die Araber endlich einmal zum Ausdruck bringen sollten, daß Israel in den Grenzen von 1948 auch einmal von den Arabern akzeptiert werden muss, obwohl es damals auch einige Ungerechtigkeiten gegenüber den Arabern (muslimisch und christlich) gegeben hat!
Die Besetzung des Westjordanlandes, der Golanhöhen und des Gaza-Streifens halte ich persönlich auch für illegal.
ABER: Die Araber haben niemals das Existenzrecht für Israel anerkannt!
Da liegt das Problem!

SC

jonny810
05.09.2014, 23:28
eine bescheidene Frage. Hört das Thema "Die Juden" auch noch einmal auf?

Bartels
06.09.2014, 00:13
Rein hypothetisch wird die Zahl der Posts hier vierstellig ... (ohne Wertung meinerseits). - Es sei denn, wir können für da virtuelle Sztetl eine Gesamtdarstellung zusammentragen.

StampCollector
06.09.2014, 16:27
Andererseits ist der Arabisch-Israelische Konflikt leider auch immer Bestandteil der Weltpolitik und daher wichtig.
In der Freien Stadt Danzig war der prozuentale Anteil der Juden (wie beispielsweise auch in Berlin) höher, als wie im Reichsdurchschnitt.
Schon daher finde ich, daß das ein wichtiges Thema ist.

Ich bin auch der Meinung, daß die Araber, deren Kultur übrigens auch sehr wichtig in der Menschheitsgeschichte war und ist, es endlich auch einmal fertigstellen den Israelis ein Existenzrecht im Nahen Osten einzuräumen.
Die Israelis ihrerseits sind dann allerdings auch nicht in der Lage den Arabern so einen historischen Schritt leichtzumachen.
Jitzchak Rabin hat das seinerzeit versucht, ist dann aber Opfer eines Attentates aus extremistischen Kreisen geworden...

Jahrelang habe ich mich sehr mit dem Buddhismus befasst, weil mich da auch die Liebe zu den Mitgeschöpfen so stark beeindruckt hat.
Der Buddhismus ist in dieser Hinsicht sehr viel radikaler wie beispielsweise Jesus, da auch die Tiere mit eingeschlossen werden!

Möglicherweise war Jesus auch unterschwellig vom Buddhismus beinflusst. Es gab in Alexandria auch eine kleine buddhistische Gemeinde und dann gab es ja auch die "Seidenstrasse", wo auch neben Waren auch Ideen transportiert wurden...

Mich persönlich interessiert der japanische Zen-Buddhismus (bzw. der chinesische Chan-Buddhismus, woraus der Zen entstanden ist). Das ist eigentlich die "harte Nummer": Disziplin und nochmals Disziplin - dabei aber auch jede Menge geistiger Freiheit...

Jedenfalls ist es der Friede, der uns Menschen weiterbringt und nicht die Losung: "Der Krieg ist Vater aller Dinge".
Denn der Krieg bringt nur Leid, Zerstörung und Verlust.
Daraus entsteht dann der Hass und immer wiederkehrender Hass, der diese eigentlich schöne Welt kaputtmacht.

SC

StampCollector
06.09.2014, 17:24
In den letzten Tagen habe ich mch übrigens mit Stella Goldschlag (Kübler) beschäftigt:
Stella hat mir wirklich Kopfschmerzen bereitet: Ich bin da hin und her gerissen: Ist sie jetzt eine Täterin, oder kann man sie menschlich auch irgendwie verstehen. Das ist ein verdammt schwieriges Thema!
Sicherlich war sie damals jung und die "Nürnberger Rassengesetze" waren ja wohl wirklich ein Witz!
Ich habe mir dann den entsprechenden "Spiegel Artikel" durchgelesen und bin eigentlich nicht schlauer dadurch geworden.
Sicher: Stella war damals ein junges Mädchen (verwöhnt, vielleicht war sie, wie man heute sagen würde eine "Tussi"...).
Dann natürlich auch die Gestapo-Folter und die Aussicht die Eltern zu retten...
Ich wäre nur ungern ihr Richter gewesen, aber vielleicht wäre ich damals auch zu dem selben Ergebnis gekommen: 10 Jahre Haft?!

http://de.wikipedia.org/wiki/Stella_Goldschlag

SC

Helga +, Ehrenmitglied
06.09.2014, 18:15
Ist sie jetzt eine Täterin, oder kann man sie menschlich auch irgendwie verstehen

Natürlich ist sie eine Täterin. Und zwar von der ganz üblen Sorte. Menschen aufspüren, sie vertraut machen und dann zuschlagen sprich denunzieren. Das ist schon ganz schlimm. Wie es so schön heißt - der schlimmste Mann im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant -

Möglicherweise 3000 Menschen in den Tod geschickt zu haben und sich dann als Opfer des Faschismus geben zu wollen - darauf muss man erst mal kommen. Angesichts der Qualen, die ihre Opfer durchstehen mußten scheinen mir 10 Jahre nicht so viel.

StampCollector
06.09.2014, 18:28
Ich denke auch, daß 10 Jahre Haft für ein solches Verbrechen angemessen war und ist. Stella hat die "U-Boote" ja auch mit einem Grinsen verhaftet. Allerdings gibt es bei ihr immerhin auch einige strafmildernde Umstände, die sich aus unserer Geschichte erklären lassen...

SC

StampCollector
06.09.2014, 19:03
Der damalige Klassenkamerad Peter Wyden war ja auch ziemlich entsetzt darüber, daß seine damalige Klassenkameradin, die er wohl damals auch als erotisch attraktiv empfand, so tief gesunken war.

Man sollte auch nicht die Gestapo unterschätzen:

Mein eigener Urgroßvater, der in der Weimarer Republik gewerkschaftlich sehr aktiv war, hat 1933 auf der örtlichen Polizeiwache (Zweigstelle einer berüchtigten Gestapo-Wache) was "aufs Maul gekriegt". Danach war er ruhig...

SC

Ulrich
06.09.2014, 20:45
Hallo Johnny, der Wunsch nach "Schlussstrich" beim Thema "die Juden" wird, wie auch hier im thread schon gesagt, oft und gern vorgetragen. Auch das Passende zu diesem Wunwch wurde schon gesagt.
Mit freundlichem Gruß

Ulrich

StampCollector
06.09.2014, 21:12
Stella:
Das ist ein Thema, was mich wirklich verwirrt:
Einerseits hat sie hunderte oder tausende Juden ("U-Boote") in Berlin verraten. Anderersets hat sie wohl auch Juden entkommen lassen und hat auch ab Ende 1944 als Gestapo-Agentin wohl nicht mehr richtig funktioniert...

Sie hat sich wohl auch gegenüber einer anderen Frau "geouted", die dann folgende Aussage machte:

"Unter meinem Einfluß wurde sie zu einem anderen Menschen; in den letzten sieben Monaten vor der Kapitulation hat sie niemanden mehr festgenommen."

Mir persönlich gibt so etwas doch noch Hoffnung, daß diese Welt doch ein guter Ort ist...

SC

StampCollector
07.09.2014, 16:36
Anderen Quellen zufolge hat sie dann doch wohl bis März 1945 Verhaftungen gemacht. Möglicherweise ist dann aber seit Ende 1944 nicht mehr so eifrig gewesen. Natürlich hat es zu diesem Zeitpunkt wohl auch nicht mehrso viele "U-Boote" in Berlin gegeben.
Diese Person ist wirklich problematisch: Ihr ehemaliger Mitschüler Peter Wyden war ihr gegenüber auch sehr distanziert.
Er sagt aber auch:

"Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn Männer in schwarzen Uniformen gesagt hätten, ich könnte meine Eltern vor der Deportation retten. Ich weiß es einfach nicht, und heute bin ich dankbar dafür, daß ich nie in diese Situation gekommen bin."

Ihre Eltern wurden dann auch nach Theresienstadt deportiert, von wo sie dann später nach Auschwitz geschickt wurden, wo sie dann umgebracht wurden...

Im Alter von 72 hat sie dann 1994 in Berlin Selbstmord begangen (Tiefensturz - eine ziemlich harte Methode, die möglicherweise den Schluss zulässt, daß sie innerlich mit ihrer Schuld nicht fertiggeworden ist...).

In Berlin hat es damals circa 30 "Greifer" gegeben.
Ich frage mich, ob es in anderen Großstädten (z.B. auch Danzig) solche "Greifer" gegeben hat.

SC

Martschinke
09.09.2014, 22:27
Lieber Bartels,
Du schreibst, es gab in Danzig eine Minderheit, die sich nicht an Boykott
jüdischer Geschäfte beteiligt haben. Ich muss seiner Zeit wohl einen
Schleier vor Augen gehabt haben, wenn das stimmen sollte, es handele
sich nur um eine kleine Minderheit. Meine Gegenfrage ist nun, war die
große Mehrheit der Danziger für den Boykott der jüdischen Geschäfte.
Wir Danziger wissen doch wohl, dass Greiser einer der grausamsten
Juden-Verbrecher und Erfinder der Autobusse ohne Fenster war, in dem
die Juden schon auf dem Wege zur Vernichtung vergast wurden.
Die Angst der Danziger muss wohl riesengroß gewesen sein, vor den
Schicksalen in Händen von Verbrechern ähnliche Grausamkeiten zum
Opfer zu fallen. Ich habe noch in Erinnerung, als der Prauster
Schmiedemeister beim Pferde-Hufe beschlagen zu meinem Vater
sagte, man braucht nur um das Danziger Gebiet einen großen Zaun
zu ziehen und dann sind wir alle gemeinsam in einem KZ.
Die Danziger Bevölkerung hat den Nazigrößen doch nicht zugejubelt
für die Vernichtung der jüdischen Rasse, es ist ja nun schon ausreichend
in unserem Forum über die wirtschaftliche, politische Unterdrückung im
Danziger Geschäfts- und -Produktions-Leben plachandert worden.
Waren die jüdischen Geschäfte nicht selbst davon betroffen?

Viele Grüße kurt

Martschinke
10.09.2014, 10:25
Manche Leute heulen auch mit den Wölfen, weil sie glauben, sie werden
dafür von den Wölfen nicht gefressen werden.

Schöne Grüße kurt.

StampCollector
10.09.2014, 15:08
Der Antisemitismus in Deutschland ist nicht unbedingt nur ein Phänomen des "Dritten Reiches". Den hat es schon auch im Deutschen Kaiserreich gegeben!
Auf der Suche nach alten Postkarten zum "Dreikaisereck Myslowitz" bin ich da auf eine alte Ansichtskarte bei einem amerikanischen Händler gestossen, die wohl wirklich antisemitisch ist!
Anfrage übrigens gerne über PN!
Der Antisemitismus hatte natürlich auch seine christlichen Wurzeln (Ich kenne da auch ein Beispiel aus meiner eigenen Jugend!).
Jedenfalls hat der Antisemitismus NICHT mit dem "Dritten Reich" begonnen:
Den gab es auch vorher: Im Deutschen Kaiserreich, in Frankreich und auch im Zaristischen Rußland.

Adolf Hitler hat aufgrund seiner persönlichen Lebenserfahrungen dann den Antisemitismus "kultiviert":
Ablehnung als Kunstschüler, Nichtbeförderung durch einen jüdischen Offiziers während des 1. Weltkriegs trotz Tapferkeitsauszeichnung (EK I)...
Die dubiosen "Ostara-Hefte" von Franz von Liebenfels etc. hat er wohl während seiner Zeit im Wiener Männerasyl auch kennengelernt...

SC

StampCollector
10.09.2014, 16:48
Um es mal deutlich zu machen:

Als Kleinkind habe ich "dem lieben Gott" im "Salzburgischem" mal mal ein paar Blumen dargebracht. Meine Tante sagte: "Den haben die bösen Juden ans Kreuz gebracht..." Meine Neffen, die damals als langhaarige Hippies ("Gammler") galten, haben mir damals gesagt: "Glaub nicht den Quatsch, den Dir unsere "Alte" erzählt!"
Ich habe bis heute diesen Quatsch nicht gegelaubt!

SC

Ulrich
10.09.2014, 21:02
Lieber Kurt,

es ist ein Unterschied, ob man als ein von der z.b. rassischen Verfolgung betroffener "Untermensch" mit den Wölfen heulte, oder als deutscher oder Danziger "Herrenmensch". Was für die einen ein Schutzraum sein konnte, war für die Anderen die Erlaubnis, diesen Schutzraum zu zerstören.

Nein, mein lieber, ich kann Dir auch nicht recht geben in der Tendenz deines letzten und vorheriger Beiträge, nämlich dass die allermeisten Danziger Opfer und Verführte der deutschen Nazis waren. Die vielen Danziger, die die Nazipartei wählten und die meisten, die Hitler in Danzig so begeistert zujubelten, wie es auf you tube dokumentiert ist, wussten was sie taten - und es waren nicht wenige Danziger, die finanziell von der Enteignung der Juden profitierten, wie dies hier im Forum dokumentiert ist.

Einen schönen Gruß


Ulrich

Martschinke
11.09.2014, 09:45
Lieber Ulrich.

Aber, aber die Danziger haben den Hitler doch gewählt, weil sie
seinen Versprechungen glaubten. Sein Judenhass wurde in Danzig
überwiegend mit dem Kriegsanfang umgesetzt. Bis zum Kiegsanfang
gab es doch noch jüdische Geschäfte. Was habe ich als Kind mich
gefreut auf einen Besuch im Geschäftshaus Sternfeld zusammen
mit meinen Eltern. Für die Danziger war dies Geschäftshaus eines
der beliebtesten Einkaufsmöglichkeiten für ihre Weihnachtseinkäufe.
Eine Stimmung gegen die Juden kam natürlich von der Kirche, meine
Mutter und Großmutter waren aus der Kirche ausgetreten, weil der
evangelische Dorfgeistliche sie belehrte die Juden haben unsern Herrn
Jesus Christus umgebracht. Meine Mutter und Großmutter hätten
lieber nicht sagen sollen. Unser Herr Jesus Christus war ein Jude.
Dann wären sie auch nicht abgeholt worden und an das Kreuz haben
sie auch nicht geglaubt. Sie meinten in der Bibel ist nur von einem
Holz-Pfahl die Rede. Da haben sie auch ein wenig physikalisch gedacht,
könnte das möglich sein? Man nehme einen Holzpfahl und nagele an
den Händen einen Menschen fest. Der menschliche Körper wäre zu
schwer sich an genagelten Händen übereinander an einem Pfahl zu
halten. Meine Eltern ließen mich und meinen Bruder nicht zum
Konfirmandenunterricht. Wir wurden als Heiden eingestuft. Irgendwas
hat im biblischen Kreuzigungsbericht nicht gestimmt. Ist Jesus durch
Kreuzigung wirklich gestorben? Er ist doch nach der fragwürdigen
Kreuzigung gesehen worden. Die Kirche sollte auch heute ein wenig
ehrlicher den christlichen Glauben vertreten, vielleicht wäre der Juden-
Hass von früher erst mal gar nicht so schlimm entstanden.

Einen schönen Gruß Kurt

Martschinke
13.09.2014, 09:24
Lieber Daniel, die "Zehn Gebote" zu halten ist für Menschen nur möglich, wenn sie
fähig wären ihren negativen Egoismus zu überwinden. Leider gibt es kein Rezept dafür.
Der liebe Gott will uns in seinem Gleichnis geschaffen haben und der ist doch nicht böse,
warum sind wir als seine Geschöpfe in seinem Gleichnis nur so anders?
Darauf wird wohl kaum jemand eine zu friedende Antwort geben können.
Vermutlich liegt die Schuld immer bei den Andern.

Sei gegrüßt, Martshinke.

Peter von Groddeck
13.09.2014, 11:23
Hallo,
wie schon Konfuzius wusste, soll der Mensch das hohe Ziel des "Edlen" anstreben, auch wenn er es nie erreichen wird. Es gibt eben Menschen die näher dran sind als andere.
Gruß
Peter

Felicity
13.09.2014, 15:51
Wenn Ihr erst einmal so alt werdet wie ich (87), dann werdet Ihr auch einem neuen Leben zustreben. Das hat fuer mich eigentlich schon hier auf Erden angefangen, als meine Enkelchen zur Welt kamen. Rachel ist nun schon 7 Jahre alt und Klein-Sebastian 18 Monate. Die Unschuld der Klein-Kinder bringt uns dem "Edlen" naeher Peter und wenn man dann seinen Egoismus vergisst und die kleinen Wesen so mit ganzem Herzen lieb hat, dann hat man schon etwas sehr KOSTBARES gefunden. Deshalb liebe Gruesse an alle von Eurer Feli.

Ulrich
13.09.2014, 20:33
Liebe Feli,

ob das Hitler und seine Konsorten - auch Danziger - gebremst hätte? Wie viele Kinder im Alter deiner Enkelkinder - auch Danziger - haben sie ins Gas geschickt und wie viele jüdische Kinder, - auch Danziger - haben sie vetrieben. Wieviele haben sie auf ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion in ihren Hütten zusammen mit ihren Eltern verbrannt, wie viele dies Überlebende dann in den Wäldern gejagt und erschossen.
Mein Vater hat das als Soldat in der Sowjetunion mitbekommen. Unter Tränen sagte er mir: "Es waren unsere Leute", vermutlich Wehrmachtsangehörige. Warum wird so wenig über diese Hunderttausende Kinder gesprochen, die von guten deutschen Familienmenschen ermordet wurden, oder die Kinder, die als "arisierungsfähig" oder als Zwangsarbeiter von der Straße weg von liebevollen deutschen Familienmenschen aus ihren Familien gerissen und ins deutsche Reich verschleppt wurden?


Einen schönen Gruß

Heinzhst
13.09.2014, 23:18
Und dein Vater hat zugeschaut oder weggeschaut?

Schönern Sonntag, Heinz

Felicity
14.09.2014, 01:31
Da war es schon zu spaet ! Das Liebende in der Menschenseele ist etwas Goettliches und wenn man in der Menschengeschichte lernen will dann sieht man wie oft die Menschheit das Verlorene nie wieder gefunden hat. Hitler ist nicht die einzige Figur die das hervorgebracht hat. Es hoert sich irgendwie 'verdreht' an wenn man sagt man sollte auf 'Fluegeln der Liebe' leben. Jedes einzelne kleine Menschlein auf Erden koennte da schon einen grossen Unterschied machen. Ich spreche da nicht nur von Himmlischer aber auch von Irdischer Liebe, die da so viele 'Ableger' hat wie ein Baum im Wald, von der Liebe zur Mutter, Kindesliebe, die Liebe zwischen Kamerad und Kameradin, Heimatliebe u.s.w. Die meisten politischen Systeme und sogar die Kirche vergessen diese Macht. Geldgier, Herschsuechtigkeit, Unwissenheit und Egoismus u.s.w. regieren schon seit Hunderten von Jahren die Welt. Es waere Zeit dass die Menschheit an's Unkrautzupfen geht und jeder in seinem eigenen Garten damit beginnt. Da gibt es viel zu zupfen. Liebe Gruesse von der Feli, die genau so blind im Unkraut bewachsenen Garten lebte bis Unschuldigkeit in Kinderaugen ihr einen aufwachenden Ruf gab. Es muss doch einmal eine Zeit kommen wo wir alle, hier auf Erden, in Liebe und Frieden leben koennen. Noch ist es wohl nicht so weit, wie es uns die Nachrichten taeglich berichten. Aber ich bete recht inbruenstig darum

Ulrich 31
14.09.2014, 13:16
Damit man hier zum gestarteten Thema zurückfindet - oder es beendet (nach z.Z. 10.184 Hits und 246 Beiträgen):

ein beachtenswerter Artikel aus dem Berliner "Tagesspiegel" zur heutigen Demonstration gegen Antisemitismus (bitte die 3 Seiten lesen) ► http://www.tagesspiegel.de/politik/demonstration-gegen-antisemitismus-charlotte-knobloch-zum-judenhass-die-anstaendigen-scheinen-zu-schlafen/10697002.html .

Ulrich
14.09.2014, 21:33
Hallo Heinz,
ich denke mein Vater hatte als Danziger "Nichtarier", bzw. "Jüdischer Mischling" jedes Recht, sich auf Zeugenschaft zu beschränken. ich weiß, dass du nicht viel von Zeugenschaft hältst, und überhaupt von dem, was andere Menschen gesehen haben - aber macht das ihre Abwertung nötig?

Hallo Feli,
ich verstehe deinen letzten Beitrag nicht, sorry.

Hallo Ulrich,
danke für den Link. Ich find das Thema "Juden in Danzig" im Ggs. zu dir nicht erschöpfend behandelt, z.B. das Thema "Die Beteiligung der Danziger Wehrmachtsangehörigen am Völkermord an den Juden in der Sowjetunion" war meines Wissens noch nie Thema.
Auch erinnert mich der Wunsch, das Thema zu beenden, an die Schlussstrichforderung.

Einen schönen Gruß

Ulrich

Ulrich 31
14.09.2014, 22:52
Hallo lieber Namensvetter,

jetzt fühle ich mich doch zu einer Antwort auf Deine an mich gerichtete Bemerkung aufgerufen. Mit "Schlussstrichforderung" in dem von Dir gemeinten Sinn war mein Hinweis unter #247 durchaus nicht verbunden. Diese Anregung bezog sich vielmehr auf das Zerfransen dieses Threads in diverserse Fäden, die nichts oder kaum etwas mit dem gestarteten Thema zu tun haben.

Ich bin der Meinung, dass man strikt beim vorgegebenen Thema bleiben sollte, wobei ich durchaus eine umfassende Behandlung begrüßen würde. Eine "erschöpfende" Behandlung wird sich - auch im vorliegenden Fall - wohl kaum realisieren lassen. Was ich z.B. bei der Themenvorgabe "Die Juden in Danzig" hier vermisse, ist die Erwähnung namhafter Danziger jüdischen Glaubens. Vielleicht kannst Du den Anfang machen und bedeutende Juden in Danzig benennen und etwas über deren Vita und Schicksal mitteilen. Auch das würde hier sicherlich interessieren und ein Zeichen des besonderen Gedenkens sein. - Bei mehr Zeit, die ich im Moment nicht habe, bin ich gerne bereit, entsprechende Beispiele zu liefern.

Das von Dir genannte Thema "Die Beteiligung der Danziger Wehrmachtsangehörigen am Völkermord an den Juden in der Sowjetunion" passt m.E. nicht in den hier laufenden Thread. Du solltest dafür ein gesondertes Thema starten und dazu beweiskräftige Quellen angeben.

Beste Grüße
Ulrich (31)

Ulrich
15.09.2014, 21:51
Hallo , lieber Ulrich (31),

auch Danli vermisst die Benennung namhafter Danziger Juden hier im Thread.
Du hast also namhafte Unterstüzung für Deinen Vorschlag.

Ich sehe das jedoch nicht als meine Sache an, Du kannst es gern machen.

Woher rührt mein Widerstrben dagegen, das zu tun? Ich hatte im thread die Befürchtung geäußert, dass diese Glorifizierung jüdischer Danziger zur Holocaustvergessenheit beiträgt. Deshalb sah und sehe ich meine Aufgabe eher in der Benennung der Danziger Opfer des Holocaust.

Ein weiterer Grund ist: Die Mitglieder der Danziger Synagogengemeinde sind nicht die einzigen Opfer des antijüdischen Rassissmus in Danzig. Hinzu treten die nach den rassistischen Kriterien der Nazis zu Juden, Nichtariern und jüdisch versippten erklärten, allein in unserer Danziger Familie neun Personen.
Es gibt auch in dieser Gruppe der nicht glaubensjüdischen, zumeist christlichen, Danziger vermutlich Hunderte, wenn nicht tausende, darunter auch sehr verdienstvolle Personen. Unter welchem Label liefe die Erinnerung an sie? Wollen sie überhaupt eine öffentliche Erinnerung, wenn sie selbst Zeit ihres Lebens darum gekämpft haben, ihre jüdische Herkunft in Vergessenheit zu bringen - auch um ihrer Kinder in der Nachnazizeit willen?

Andererseits haben sie nicht auch das Recht als Opfer der antijüdischen Verfolgung nicht nur in der Rechtssprechung, sondern auch im öffentlichen Gedenken als Opfer des antijüdischen Rassissmus benannt zu werden?

Angesichts dieser Zweifel werde ich keine verdienstvolle Persönlichkeit aus dieser Gruppe benennen und mich auch auf die Nennung der veröffentlichen Namen der Holocaustopfer beschränken.

Ein guter Tipp:
Für das Thema:Haben Danziger Wehrmachtsangehörige am Judenmord in der SU teilgenommen ein eigenes Thema zu eröffnen.

Einen schönen Gruß:
Ulrich

Ulrich 31
03.10.2014, 23:57
Hier noch, gerade im Web gefunden, eine ausführliche Darstellung der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Danzig:

http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/c-d/104-danzig .

In dieser Darstellung mit kleinem Fehler (die Danziger Synagoge [Aufn. um 1920] stand nicht am Heumarkt, sondern an der Reitbahn) heißt es u.a.: "Am ehemaligen Standort der Großen Synagoge in Gdansk wurde 2013 an dieses Bauwerk erinnert, indem der Umriss des Gebäudes im Straßenbelag sichtbar markiert wird. Zudem sollen eine Informationstafel und eine Miniatur der Synagoge hier ihren Platz haben." - Hat diese Markierung und evtl. auch die Informationstafel und die Miniatur schon jemand von Euch gesehen oder gar fotografiert? Wenn ja, würde ich mich über das Resultat hier freuen.

Viele Grüße
Ulrich

Ulrich
04.10.2014, 02:26
Hallo, lieber Namensvetter,

danke für den Google-Hinweis. Eine Bemerkung dazu noch: Die Verfolgung der Danziger Juden und "Nichtarier" und "rasseverschiedener Mischehen" begann nicht erst mit der Einführung der "Nürnberger Gesetze" in Danzig (wohl 1938), sondern mindestens bereits mit der "Machtergreifung", besser wohl "Machtübertragung" 1933.

Einen schönen Gruß

Ulrich

Ulrich 31
04.10.2014, 16:50
Hallo, lieber Namensvetter,

Deine Bemerkung gilt dem in #251 als Link eingestellten Text von sicher jüdischer Seite. Auch ich habe mich deshalb dort über das von Dir Kritisierte gewundert. Zur weiteren Klarstellung sei an den aufschlussreichen Forum-Thread "Ein Wort für die Danziger Juden" erinnert: http://www.forum.danzig.de/showthread.php?3930-Ein-Wort-f%FCr-die-Danziger-Juden&highlight=Juden .

Mir ging es in #251 speziell um die heutige lokale Erinnerung an die Große Synagoge an der Reitbahn.

Beste Grüße
Ulrich (31)

Gerhard Jeske
19.10.2014, 18:38
Gerhard Jeske
In Danzig gab es eine Schallplatte, besonders für die Werbung. Ich erinnere nur eine Strophe:2 In der Langgass, in der Langgass, können Damen wunderschön flanieren, willst du eine dir erobern musst du hinterdrein marschieren. Kauf bei Brüggemann ihr Blumen, bei Edelstein sagt sie gleich „ Nein“ jedoch bei Walter Fleck“ ich sage dir. Du hast sie weck
Solch Platten wurde verbreitet. Kein Wunder, dass ein Nachbar, Mitglied der NSDAP, die Schallplatte besaß und wir sie gedankenlos abspielten.

Poguttke
19.10.2014, 19:05
Schau mal auf youtube Gerhard :) hab se mir schon anjehört :)

Gerhard Jeske
19.10.2014, 23:00
Gerhard Jeske ,
Poguttke meint: Ich selbst stamme ja von einer liberalen und eher unpolitischen Danziger Familie ab, und so hat mich natürlich mein ganzes Leben lang die Frage bewegt, was haben wir Danziger denn nun eigentlich verbrochen, daß wir so bestraft werden?
Ja, Poguttke, Sicherlich war auch das unpolitische Verhalten mit entscheidend, dass die Nationalistischen Funktionäre an die Macht kamen. Die Danziger hatten keinen Sinn für ihre Verfassung entwickelt. Fast täglich wurde die Verfassung gebrochen. Und als die Danziger Heimwehr im August aufmarschierte und vereidigt wurde, standen keine Demonstranten spalier an der Allee Seite, sondern begeisterte Danziger Einwohner. Die Schlußparade nach dem Polenfeldzug fand im KZ Dachau statt. Noch eine Frage dazu?

Martschinke
20.10.2014, 00:01
Hallo danli, Als 1936 die Danziger Opposition vom Völkerbund verlassen wurde,
kam ihr keine Hilfe von Polen zu Teil. Auch die polnische Minderheit lehnte die
Unterstützung des Danziger Widerstandes gegen die Nazis ab. Nach de Abdankung
des Völkerbund-Hauptkommissars Sean Lester regierte Hitler, und die Berliner Gestapo
kommandierte die Danziger Polizei. Suche doch bitte nicht in erster Linie die Schuld bei
den machtlosen Danziger Geschäftsleuten. Die Danziger suchten Schutz bei den neu
eingesetzten Völkerbunds-Kommissar Jacob Burkhard und hofften auf Neuwahlen um
die braune Brut in der Stadt Danzig zu entmachten, der war aber leider sehr passiv
eingestellt, sodass der politische, oppositionelle, ernste Widerstand im Oktober 1937
durch die Nazis gebrochen wurde. Am 23. August 1939 setzte der Senat den bisherigen
Danziger Gauleiter der NSDAP, Albert Forster ein. Die Danziger Verfassung wurde durch
gesetzgebende Nazigewalt ersetzt. Nach Kriegsbeginn am 1.September 1939 wurde das
Gebiet der freien Stadt Danzig zum Bestandteil des Deutschen Reiches erklärt.
Es war ein erzwungener Nazi-Vertrag und dürfte wohl keine völkerrechtliche Anerkennung
gegen die rechtschaffende, ehemalige Danziger Regierung am Kriegsanfang durch Nazigewalt
finden.
Ein Sprichwort sagt: Gewalt geht vor Recht, aber muss das immer so bleiben?

Einen schönen Tag noch.
martschinke

Antennenschreck
20.10.2014, 17:25
Hallo Kurt,

hast du nun das nächste Thema das wir jetzt zum 98. Mal durchkauen können?

Tschü.....

Antennenschreck
20.10.2014, 17:33
Hallo Gerhard,

es gibt wenigstens noch 2 weitere Threads mit ähnlichem Grundthema. In einem davon hat Wolfgang jetzt darum gebeten sich erst mal Alles durchzulesen und dann bei echt neuen Gesichtspunkten in diesem Thread zu posten: http://forum.danzig.de/showthread.php?7170-Freizügigkeit

Das halte ich für vernünftig. Was meinst du dazu?

Tschü.........

Ulrich
20.10.2014, 21:30
Martschinke,

du schreibst hier gestern am 29.10.2014 an Danli: "Suche doch bitte nicht in erster Linie die Schuld bei den machtlosen Danziger Geschäftsleuten".

Tschuldigung, dass ich mich einmische:
1. Sehe ich nicht, wo Danli das tut,
2. Allerdings sehe ich Schuld bei den nichtjüdischen Danziger Geschäftsleuten.
a) ganz offensichtlich bei den Ariseuren, Profiteuren der "arisierten" Betriebe. Namen dazu auch hier im Forum.
b) nicht so offensichtlich im Isolieren der jüdischen und als jüdisch angesehenen Geschäftsleute im gesellschaftlichen Leben.
Der als jüdisch angesehene Alexander Weichbrodt, Inhaber der Margarine-Spezialwaren Handlung "Hollando" ("Kick in de Köck") und Omnibusunternehmer etwa wurde von seinen Freunden und Kollegen darum gebeten, den Treffen in "Geselligkeitsvereinen" fern zu bleiben.
Dazu geht man nicht auf die Straße und macht Radau - das geschieht ganz leis und fast freundlich - Es führt für die Betroffenen aber zu ihrer gesellschaftlichen Isolation. (Hannah Arendt schreibt darüber, wie schrecklich gerade dieser wohlmeinende Rückzug der Freunde und Bekannten war - nicht so sehr das Gedröhne der Radaubrüder.
c) Und wie hinter der Kasse, so auch vor ihr: Zwar waren die Danziger Nazis nicht zufrieden mit dem nur zögerlichen Boykott der Hausfrauen von jüdischen Geschäften - aber auch dieser Boykott trug seinen Teil zur gesellschaftlichen Isolation der jüdischen Geschäftsleute bei.
d) Und diese Isolation begann direkt 1933.

Einen schönen Gruß
Ulrich

Ulrich

Martschinke
21.10.2014, 23:30
Hallo Ulrich,
ich habe mir das Buch vom Fischer-Taschenbuch Nachauflage IBN-3-596-24373-4 ausgeliehen,
und da finde ich keine Geschäftsleute, die mit politischen Machtmitteln als Nazi-Größen in den
vordersten Reihen gegen ihre jüdischen Mitbewerber einen Vernichtungskampf führten. Sie
hätten es sich auch nicht leisten können. Geschäftserfolge lassen sich nicht politisch erzwingen,
der Beweis lag auf der Hand, die erfolgreichsten Geschäfte in Danzig waren jüdisch, durch Fleiß
und Geschäftstüchtigkeit hatten Juden viel Erfolg.
Nun schreibst Du: die Danziger Nazis waren für den Boykott verantwortlich, darin stimme ich mit
Dir überein, erstaunlicher Weise hast Du nun die Richtung gewechselt. Erstmal sind es bei Dir
die nichtjüdischen Danziger Geschäftsleute und dann sind es auf einmal die Danziger Nazis, also was nun?
Sehe Dir doch das Buch an, wer die gefährlichen Nazis gegen die Juden waren.
Ich kann die politischen, tonangebenden Bonzen nicht in meinem Schreiben alle aufführen, weil es
zu viele sind. Überwiegend waren es Sturmbannführer, hochgebildete Leute zum Teil in hohen Rängen
die schon im ersten Weltkrieg ihr Kriegshandwerk beherrschten, sie konnten es nicht vertragen den
ersten Weltkrieg verloren zu haben, und da war ihnen jedes Mittel recht Schuldige zu finden, um mit
einem Obergefreiten Hitler sie brutal und blutrünstig in geheimer Kommandosache zu ermorden.
Alle Obrigeiten, Generäle und mächtige Führer vom hohen Grad standen vor dem Obergefreiten Hitler
stramm um nur ihre Ziele zu erreichen, koste es was da wolle, bis zum bitteren Ende für alle.

Von mir auch einen schönen Gruß

Martschinke

Gerhard Jeske
22.10.2014, 11:43
An Antennenschreck. von Gerhard Jeske, Ich stellte in meinem Bekannten- Kreis fest das zumindest folgender Satz nicht bekannt war:Die Schlußparade nach dem Polenfeldzug fand im KZ Dachau statt. Der Aufmarsch der Danziger Heimwehr war ein gewaltiger Verfassungsbruch, nicht nur die Danziger sondern auch die ausländische Öffentlichkeit hätte darauf lauthals reagieren müssen. Wie war die Reaktion in Skadinavien? Darüber wissen wir noch viel zu wenig, ich auch nicht.

Antennenschreck
22.10.2014, 12:14
Tja Gerhard,

wenn du das in deinem Bekanntenkreis festgestellt hast, dann solltest du das unbedingt mit deinen Bekannten diskutieren. Klingt logisch, oder?

Tschü......

Martschinke
22.10.2014, 12:38
Hallo Jeske,
soweit ich es als Kind vor dem 1. September mitbekommen habe, gab es die Heimwehr vor
dem Kriege in Danzig. Irgend wie durfte Danzig einen Schutz haben. Nach dem 1.September 39 wurden
sie deutsche Soldaten, davor hatten sie keine Rechte militärische Aufgaben zu erfüllen. Sie waren
für Grenzverletzungen zuständig. Die Danziger Neusten Nachrichten haben über Grenzverletzungen
berichtet. Das KZ in Dachau war zu der Zeit nicht bekannt in Danzig. Warum sollte eine aufgelöste
Heimwehr von Westpreußen nach Bayern kommen um dort Schlußparaden durchzuführen? Zumal
die Stinkpreußen in Bayern nicht Herzlich Willkommen waren.
Diesen Ausdruck bekam ich im Schwarzwald bei einer Wohnungssuche zu hören.

Schönen Gruß noch lieber Freund Jeske, erzähle mehr davon.

Gerhard Jeske
22.10.2014, 18:54
Hallo Martschinke,
Wie ich hier feststelle haben einige von Euch über die Entstehung der Danziger Heimwehr und ihres militärischen Charakters ebenso wenig gewußt, wie einige meiner Bekannten. Deshalb ist mein Beitrag hier auch richtig placiert. Horst Michaelis veröffentlichte das Buch" Die Geschichte der Danziger SS-Heimwehr Danzig." dort ist über die Aufstellung der SS-Heimwehr, ihre heimliche Ankunft in Danzig, sowie über die Kämpfe und die Gefallenen (mit Namen) berichtet. Auf Seite 110 ist ein Foto zu sehen, es zeigt die Parade. es heißt dort: " Vorbeimarsch der SS-Heimwehr in Dachau vor SS-Obersturmbannführer Goetze"
Jeske meint: Aus Unwissenheit über einen Tatbestand oder einer Geschichte ein Urteil zu fällen, das kann nur ein falsches Urteil ergeben

Ulrich
23.10.2014, 03:47
allo Martschinke,


ich weiß nicht, von welchem Buch du in Deinem Beitrag vom 21.10, 22.30 Uhr sprichst.
Ich wüsste auch nicht, dass ich in meinen letzten Beiträgen irgends Bezug auf Bücher genommen hätte.

Was ich sagen wollte, ist

1. dass nicht-jüdische Danziger Geschäftsleute von den "Arisierungen" profitierten. (Namenslisten von Arisierten und Profiteuren aus dem Danziger Staatsanzeiger hier im Forum in den Threads "Beschlagnahmungen in Zoppot" und "Beschlagnahmungen in Danzig)".

2. Am Beispiel einer Danziger als jüdisch angesehenen Familie wollte ich aufzeigen, dass die verordnete antijüdische Propaganda und die verordeten anijüdischen Gesetze und Maßnahmen ihr Echo nicht nur im sichtbaren Demolieren jüdischer Geschäfte fand, sondern auch in den Herzen, Gefühlen und Gewohnheiten von Geschäftskollegen und Kunden, die zum wirtschaftlichen Niedergang Danziger jüdischer Geschäfte und zur sozialen Isolation ihrer Inhaber und Familien beitrug.
Was Hannah Arendt zum Jahr 1933 in Bezug auf ihre intellektuellen Berliner Bekannten sagt, gilt auch für jüdisch und als jüdisch angesehene Danziger Geschäftsleute:

"Erstens wurde das allgemein Politische ein persönliches Schicksal, sofern man herausging. Zweitens aber wissen Sie ja, was Gleichschaltung ist. Und das hieß, daß die Freunde sich gleichschalteten! Das Problem, das persönliche Problem war doch nicht etwa, was unsere Feinde taten, sondern was unsere Freunde taten. Was damals in der Welle von Gleichschaltung, die ja ziemlich freiwillig war, jedenfalls noch nicht unter dem Druck des Terrors, vorging: Das war, als ob sich ein leerer Raum um einen bildete". (aus einem Interview mit Günter Gaus aus den 60iger Jahren).
Einen schönen Gruß
Ulrich

Antennenschreck
23.10.2014, 20:41
Hallo,

Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich? Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24373-4.

Vermutlich meint er das Buch.

Tschü.......

Ulrich
24.10.2014, 13:13
Hi Antennenschreck,

danke für den Hinweis!

Ulrich

StampCollector
24.10.2014, 21:38
Über NS-Täter gibt es auch die sogenannten "Braunbücher".
In der ehemaligen DDR erschien z.B. 1965 das Buch von Albert Norden: "Braunbuch. Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in West-Berlin. Staat, Wirtschaft, Verwaltung, Armee, Justiz, Wissenschaft"
In den 1960ern wollte man in "Westdeutschland" nichts davon wissen...
Dieses Buch war ein Produkt des "Kalten Krieges" und in der damaligen BRD wurde es auch verboten und unterdrückt, obwohl der Inhalt in grossen Teilen zutraf.
Andererseits gab es auch Kriegsverbrecher und Nazis, die in der DDR, SED und NVA Karriere machten.
Oftmals wurden sie unauffällig nach ihrer Pensionierung verhaftet...

SC

Bartels
24.10.2014, 22:02
Zu Thema des Threads:

Tagungsbericht: Antisemitismus in Ostmitteleuropa im Zeitraum von 1880 bis 1939 (https://www.pol-int.org/de/tagung/antisemitism-east-central-europe-ideas-politics-and-praxis-jew#cr517)

StampCollector
24.10.2014, 22:22
Bäder-Antisemitismus:

In Deutschland gab es dann auch schon seit dem 19. Jahrhundert den sogenannten "Bäder-Antisemitismus":

http://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%A4der-Antisemitismus

Im Bereich der Danziger Ostseebäder war dieser allerdings wohl nicht vorhanden... !

SC

Wolfgang
24.10.2014, 22:35
Schönen guten Abend,

zum Beitrag "Bäder-Antisemitismus": Natürlich gab es den auch auf Freistaatgebiet. Darüber haben wir uns auch hier im Forum befasst: Judenstrand in Zoppot (http://forum.danzig.de/showthread.php?4725-Judenstrand-in-Zoppot)

Viele Wortmeldungen sähen anders aus, wenn nur ein klein wenig hier in den vorangegangenen Forumbeiträgen gelesen würde.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

StampCollector
24.10.2014, 22:46
Hallo Wolfgang,

leider habe ich momentan nicht die Zeit das ganze Forum durchzusehen.
Nach oberflächlicher Recherche habe ich wirklich gedacht, daß es bei den Danziger Ostseebädern so etwas (dummes) nicht gegeben hat.
Tja, aber leider hat es auch dort so etwas gegeben...
Ich werde mir dieses Thema mal durchlesen!

Viele Grüsse SC

Martschinke
25.10.2014, 18:49
Hallo Stamp Collector,
warum gab es in Danzig (gerade nicht viele) aber doch eine beträchtliche
Anzahl von Kriegsverbrächern?
1) Die höheren Militär-Angehörigen wollten den Verlorenen Krieg von
1914 - 1918 in ihrer Verantwortung nicht tragen.
Wer die Geschichte Deutschlands einigermaßen studiert hat weiß wohl,
dass in erster Linie die Hohe Diplomatie weltweit versagt hatte, selbst
verständlich war Deutschland durch das Fehlverhalten von Wilhelm den II.
davon nicht ausgeschlossen. Es war aber ein Unrecht 1919 geschehen und
dadurch entstanden Kriegsverbrecher, die sich auf Danzig seit dem
Jahr 1933 übertragen haben.
2) Was wäre aus Danzig geworden, wenn Deutschland nicht dem Nationalismus
verfallen wäre?
3) Die Heimwehr mit 500 Freiwilligen aus Danzig und 1000 Zugereiste aus
Nazi-Deutschland hätten nicht als aufgestellte SS-Totenkopfstandarte
von Albert Forster am 20.Juni 1939 gegründet, die Freie Stadt Danzig
zerstören können.
4) Im Jahre 1937 hat Artur Greiser als Senatspräsident von Danzig das
Zentrum als Opposition-Partei verboten. Greiser war der SS beigetreten
aber kein Danziger.
5) Seit dieser Zeit im Jahre 1938 begann die Judenhetze (Arisierungen und
Boykott) die wirtschaftliche soziale Ächtung der Juden in Danzig.
6) Obwohl manch ein Danziger Geschäftsmann nicht ganz unerfreulich
über die Ausschaltung einer starken, geschäftstüchtigen, jüdischen
Konkurrenz gewesen sein konnte, das ist doch heute auch nicht viel
anders mit der lästigen Konkurrenz in der gewerblichen Wirtschaft.
Die Juden sind nun mal sehr geschäftstüchtig und verstehen ihr
Handwerk und im Bankwesen sehr gut.
7) ich glaube nicht, dass die Danziger Geschäfts- und Privat-Leute mit
der grausamen Judenvernichtung in dieser Form der Handhabung
einverstanden gewesen sind.
8) Man möge doch Bedenken, gerade die Danziger haben tausende Juden
in ihrer kleinen Stadt Aufenthaltsrechte eingeräumt als sie noch in Polen
vor der Nazi-Zeit verfolgt wurden.
9) Stellen wir Danziger uns doch unsere unvergessene liebe Heimatstadt
Danzig ohne gewalttätige Nazieindringlinge vor.
10) Unverkennbar der Ruf zum Anschluss an das Deutsche Reich war
nicht unhörbar, aber waren auch alle Reichsschreier Danziger?
Viele Danziger hätten sich lieber einen Reichsanschluss ohne Hitler
gewünscht und der wäre auch gekommen.
Kamen die Schreier zu den Großveranstaltungen mit den Nazirednern
nicht doch auch von Elbing, Berlin und sonst woher?
11) Wollen wir noch lebenden Danziger uns Kollektiv-Schutt aufladen
um als Böse vor der Welt dazustehen?
12) Ich glaube wir haben das nicht verdient.

Tausend Grüße an Alle im Danziger Forum

martschinke k

StampCollector
25.10.2014, 19:55
Hallo Kurt,

ich will Dir und Deiner Familie keine Kollektivschuld aufladen!

Persönlich finde ich es auch absolut bewundernswert, daß Du als junger Mann gesagt hast: "Krieg ist Mist! Dagehe ich nicht hin!"
Mein eigener Großvater hat als älterer Volkssturmmann 1945 die selbe Entscheidung getroffen. Er ist zusammen mit einem Kameraden nach Hause gegangen. Selbst die Vorgesetzten haben die Sinnlosigkeit erkannt und haben entsprechende Befehle weitergegeben.
Diese Befehle kamen ursprünglich von Generalfeldmarschall Walter Model, eigentlich ein strammer Nazi. Aber irgendwie hatte er auch noch einen Realitätssinn:
Ich möchte nicht wissen, wievielen deutschen Soldaten und Volkssturmmännern er das Leben gerettet hat!

http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Model

WAR IS OVER, IF YOU WANT IT!
(Der Krieg ist vorbei, wenn DU es möchtest!)
John Lennon

SC

Ulrich
26.10.2014, 02:15
Hallo Martschinke,

Erwin Lichtenstein erzählt von seinem ersten Besuch in Deutschland 1956 also nach dem Holocaust. Er war zuerst in Lübeck und traf dort alte Rechtsanwaltskollegen aus Danzig, auch Norbert Sternfeld. Lichtenstein berichtet: "Präsident der Vertretung der Freien Stadt war der Rechtsanwalt Norbert Sternfeld, dessen Vater, Justizrat Sternfeld, ich noch in meiner Ausbildungszeit in Danzig getroffen hatte... Norbert Sternfeld und seine politischen Mitarbeiter versuchten, eine Art Exilregierung der Freien Stadt zu bilden und in ihrem Namen auf die politische Entwicklung um Danzig Einfluß zu nehmen. Sie stellten sich auf den Standpunkt, daß Danzig am 1.9.1939 von Hitler mit Gewalt erobert worden sei, propagierten die Rückkehr zu dem Status quo vom 31.8.1939 und wollten zu einer entsprechenden Regelung mit Polen kommen.
So sehr ich für die Gefühle der früheren Danziger Verständnis hatte, die sich zum Teil in Westdeutschland nur schwer einleben konnten, so illusionär erschien mir ihre politische Haltung. Ich wußte nur zu gut, daß Danzig, als es durch den Versailler Vertrag gezwungen wurde, eine Freie Stadt zu werden, bei jeder Gelegenheit die Verbundenheit mit Deutschland betont hatte... Wohl gab es einige Bürger, die an die hanseatische Tradition der Stadt anknüpfen wollten... aber kein Mensch konnte behaupten, daß die Danziger (außer den jüdischen und polnischen Bürgern) in ihrer Mehrheit den "Anschluß" an Deutschland am 1.9.1939 als Vergewaltigung empfanden. Schon aus diesem Grunde mußte Danzig auch das weitere deutsche Schicksal teilen (Erwin Lichtenstein, Bericht an meine Familie, Ein Leben zwischen Danzig und Israel, Darmstadt und Neuwied 1985, S. 172f)".

Ich habe mich immer gefragt, warum Norbert Sternfeld in seiner Funktion als Vorsitzender des Rates der Danziger meines Wissens niemals an den Holocaust - oder die Judenverfolgung in Danzig, erinnert hat. Er hätte doch vermutlich einigen Grund dazu gehabt.
Vielleicht war ja sein Eintreten für das Fortleben einer Freien Stadt Danzig so etwas wie ein mißglückter Versuch, an die Judenverfolgung in Danzig zu erinnern.
Aber warum so kompliziert?

Einen schönen Gruß:
Ulrich

Gerhard Jeske
26.10.2014, 16:13
Gerhard Jeske
Dem Militär ungeheuer Model Realitätssinn –irgend wie - zu bescheinigen, beweist, dass der StampColector diesen Realitätssinn verloren haben muss, oder er hat, den Bericht über Model bei Wikipedia nur oberflächlich gelesen. Was Danzig betrifft, gab es keine Schonung der HJ Einheiten. Die Flak-HJ wurde zuletzt doch im Endkampf eingesetzt, obwohl es gegen die Vorschrift verstieß. Unterhalb des Bischofsberges, an der Landstraße, stand eine kaputte 8,8 Kanone, die Jungens in HJ Uniformen, lagen zerschmettert im Gelände herum. dicht an der Straße waren einige von den Autos platt gefahren. Wie ich es in meinem Buch erzählte, gelang es mir aus der 1. HJ Kompanie frei zu kommen, indem ich mich darauf berief, dass ich noch keine 16 Jahre alt geworden war, also nicht Volkssturmreif. Die Rache folgte sofort im Büro. Ich wurde ohne Entlassungsschein davon geschickt, der sollte mir per Post zugestellt werden. Jede HJ Streife oder die Kettenhunde hätten mich, nach ihrem Belieben, aufknüpfen können. Deshalb hielt ich mich bei den Soldaten im Schützengraben auf dem Motlau-Umfluter Deich auf. Bis dahin wagten sich die Greifkommandos nicht, denn manch einer von ihnen wurde mit einem Schuss in den Rücken aufgefunden.

StampCollector
26.10.2014, 17:20
Hallo Herr Jeske,

ich hatte ja bereits geschrieben, daß Generalfeldmarschall Model ein strammer Nazi war.
Er war auch sicherlich ein Täter des Holocaust (Kooperation mit den Einsatzgruppen und dem SD).
Jedenfalls stand mein Großvater 1945 als Volkssturmmann (Rüstungsarbeiter) im Ruhrkessel mittelbar unter seinem Kommando.
Nach einer kurzen militärischen Grundausbildung kam er dann an die Heimatfront und sollte mit einem Karabiner bewaffnet gegen amerikanische und kanadische Panzer kämpfen...

Zitat Wikipedia:

"...Model beschwor somit einerseits den Endsieg, andererseits hatte er jedoch die Aussichtslosigkeit der militärischen Lage erkannt und schließlich zumindest teilweise zur Handlungsgrundlage genommen.

Model führte den „Nerobefehl“, die von Hitler angeordnete vollständige Zerstörung sämtlicher Industrie-, Verkehrs- und Versorgungseinrichtungen, im Ruhrgebiet zwar teilweise, aber nicht vollständig aus.

Er entschied sich eigenmächtig, seine Heeresgruppe aufzulösen. Seinen Stabschef Generalmajor Carl Wagener wies er an, die ganz jungen und die alten Soldaten sofort zu entlassen, damit sie als Zivilisten nach Hause zurückkehren konnten. Die übrigen sollten sich innerhalb der nächsten drei Tage entscheiden, entweder ebenfalls heimzukehren, sich einzeln zu ergeben oder aber sich zur nächsten noch kämpfenden Truppe durchzuschlagen..."

Mein Opa hat sich dann aufgrund dieses Auflösungsbefehls mit einem Kameraden nach Hause begeben.
Örtliche Nazis meinten noch etwas unternehmen zu müssen...
Mein Großvater war damals nicht ganz abgeneigt, zumal er im Gegensatz zu meiner Oma recht gläubig war.
Meine Großmutter hat ihm dann klar gemacht, daß er doch bitteschön seine Uniform ausziehen soll, damit sie diese verbrennen kann. Er hat das dann auch so gemacht.
Die Uniform glimmte noch im Waschküchenofen, als schon die ersten Amerikaner auf den Hof kamen...
Mein Opa war noch in Unterwäsche:

"Hier deutscher Soldat?"

"Hier nix deutscher Soldat!"

Das ist zwar nicht die klassische Kriegsdienstverweigerung, aber immerhin...

SC

Antennenschreck
26.10.2014, 17:43
Hallo SC,

mal sehen was "Jeske meint" jetzt meint. Hat schon manchmal was maschinelles wie ihm sich ausdrückt.

Tschü......

Poguttke
26.10.2014, 18:59
Obwohl ich nicht wollte, mußte ich 68/69 meine Wehrpflicht als "Bürger in Uniform" in der BRD leisten. Geprägt durch die Vertreibung die in unserer Familie immer gegenwärtig war habe ich mich natürlich oft gefragt, wie ich mich wohl vor dem Krieg zur Zeit des Faschismus verhalten hätte. Es ist immer leicht im Nachhinein den Geschädigten auch noch das Eigenverschulden anzuhängen. Leider wird bei allen Diskussionen die völkerrechtliche Lage völlig ausgeblendet. Spätestens als die Opposition verboten und verfolgt wurde hätte der Völkerbund tätig werden müssen,denn dazu hat er sich selbst verpflichtet. Wir sehen ja heute am Beispiel des "arabischen Frühlings", daß man ein Volk nicht allein lassen darf bei der demokratischen Neuordnung. Auch Deutschland sähe heute anders aus wenn die Alliierten nach dem Sieg einfach wieder abgezogen wären.

Antennenschreck
26.10.2014, 19:25
Hallo,

genau das frage ich mich auch immer wieder, angesichts so mancher Kommentare. Was würden solche Leute eigentlich im Ernstfall tun, außer Sprechblasen abzusondern (und selbst das werden dann nicht). Den moralischen Wert einer Gesellschaft erkennt man an ihrem Umgang mit den Schwachen und denen welche sich nicht mehr verteidigen können (z.B. den Toten). Da kann man heute schon so manchen xxxxhelden finden. Man kann doch auch heute die wirklichen Verbrecher klar erkennen und muß nicht in der Vergangenheit suchen um die Welt zu verbessern.

Tschü....

StampCollector
26.10.2014, 19:44
Um dann auch einmal zum eigentlichen Thema zurückzukehren:

Mein anderer Großvater war mehr oder weniger unpolitisch. Er hatte nur das Wohl seiner Familie im Sinn und hatte als Kleingewerbetreibender nicht immer einen leichten Stand.
Solange es möglich war, hat er seine Waren von einem jüdischen Händler bezogen, weil der einfach billiger war, als seine "arischen" Konkurrenten.
Er war damit nicht allein. Auch viele Hausfrauen haben das jüdische Warenangebot aufgrund eines günstigen Preis-Leistungsverhältnisses geschätzt.
In der Mitte der 1930er Jahre begannen die Nazis damit Käufern bei jüdischen Händlern aufzulauern und haben Photos geschossen.
Am nächsten Tag wurden die Bilder dann mit entsprechenden Kommentaren in der gleichgeschalteten Lokalpresse veröffentlicht:

"Diese(r) Volksgenosse (Volksgenossin) hat bei dem Juden XY gekauft..."

Jedenfalls war das in meiner Heimat so und ich glaube, daß das System hatte. Mich würde es nicht wundern, wenn es das auch in Danzig gegeben hat.

SC

PS: Heute habe ich übrigens auf einer Ansichtskartenbörse eine (sammeltechnisch gesehen) relativ gute Danzig-Karte gesehen, die nach Leipzig adressiert war:
Sie stammte vom Februar 1938 und war mit "Heil Hitler" unterzeichnet...

Ulrich
27.10.2014, 04:42
Hi Antennenschreck,

die Frage, "Was hättest du denn getan"
Oder: "Was hätte ich denn getan", hat ja so ihre Tücken. Eine hängt mit ihrer Herkunft zusammen: Die Frage stammt aus der Klassischen Gerichtsrhetorik und ist dort bis heute ein gern genutzter Gemeinplatz, vornehm ein topos, zur Verteidigung eines Angeklagten.

Sollte man sich überlegen, ob man Lust hat, die Rolle eines Naziverteidigers zu übernehmen. Es zwingt einen niemand dazu, das tut man freiwillig. Es gibt keinen Befehlsnotstand, diese Rolle einzunehmen - genauso wenig, wie es einen Befehlsnotstand gab, Nazi zu werden.

Dass die Frage einzig Verteidigungszwecken dient, sieht man auch daran, dass man sie bei den überlebenden Juden und ihren Kindern kaum sinnvoll stellen kann.

Einen schönen Gruß
Ulrich

Gerhard Jeske
27.10.2014, 11:39
27.010. 2014Gerhard Jeske
Wieder dies " aber immerhin"
Die Katastrophe war doch schon längst perfekt. Zumindest ab dem Zusammenbruch der Ostfront im Mittelabschnitt war jedem einigermaßen klugen Offizier klar, dass der Krieg verloren war.
Waren wir in Danzig Groß Walddorf klüger als der Model?. Im August versuchten einige Bewohner nach dem Westen auszureisen. Das gelang nicht, weil es eine Reisebegrenzung bis zu 100 Kilometer gab. Etliche Familien, die gute Beziehungen hatten, brachten ihre Kinder in westliche Internate unter. Wir wussten, dass Danzig verloren war und dass wir nicht im Land bleiben konnten. Deshalb hatten wir eine Deckadresse von einem jungen, katholischen Flaksoldaten bekommen, zu dem Bauernhof seiner Familie, nach Oberfranken umzusiedeln.
Dorthin hatte sich mein älterer Bruder aus Podibrad –bei Prag, abgesetzt und ein Jahr auf dem Bauernhof gearbeitet. Leider ist der gute Sohn des Bauern bei Marienburg vermisst und nie nach Hause gekommen

Antennenschreck
27.10.2014, 22:27
Hallo Ulrich,

meine Frage was man eigentlich selber getan hätte, zielt darauf dass es heute (seit 1945) sehr viele Dinge in der Welt gibt, an denen ein jeder von uns zeigen kann, dass er überhaupt die moralische Berechtigung über Andere zu urteilen. Wenn du diese moralische Größe hast, dann nur zu. Ich für meine Person habe diese moralische Größe nicht und urteile deswegen auch nicht über andere. Ich kann, brauche und will auch niemand verteidigen, nicht mal mich selber. Alles klar Ulrich??

Tschü.....

Ulrich
28.10.2014, 02:44
Hi Antennenschreck,

"Beweist ihr erstmal, dass ihr auch so tüchtig seid wie wir, die wir nach (!) dem Krieg mit unserer Hände Arbeit im Schweiße unseres Angesichts aus dem Nichts dieses wunderbare doitsche Wirtschaftswunder geschafft haben" - dann (und erst dann) könnt ihr (uns Altnazis) kritisieren".
So tönte es in den späten sechziger Jahren. Alles klar, Antennenschreck?

Übrigens auch ein klassischer Verteidigungstopos aus der antiken Gerichtsrhetorik, die Berechtigung einer Kritik durch Infragestellung der moralischen Größe des Gegners nieder zu machen.
Vermutlich ist auch der Satz: "Ich will hier niemanden verteidigen" schlichtweg ein rhetorischer Kniff mit Bart, mit dem man geschickterweise eine Verteidigung einleitet.

Arthur Schopenhauer hat sich mit der Nutzanwendung solcher Floskeln fürs tägliche Leben in seiner Rabulistik näher beschäftigt.

Einen schönen Tag

Ulrich

Antennenschreck
28.10.2014, 14:18
Nu gut Ulrich,

wie schon gesagt, ich maße mir kein Urteil über dich an, habe aber kein Problem damit wenn du dir ein Urteil über mich bilden magst, nur zu. Da es diese Diskussion allerdings zu nichts führt ubd auch nur am Rand das Thema streift, bitte ich dich mich in Zukunft davor zu verschonen. Danke für dein Verständniss.

Tschü......

Ulrich 31
28.10.2014, 22:39
Hallo SC,

ich komme erst jetzt auf Deine Frage in #225 zurück: "Gibt es in Danzig/Gdansk eigentlich auch 'Stolpersteine?!'"

Nach meiner Google-Recherche lautet die (unverbindliche) Antwort: nein. - Interessant ist aber, dass zu den Staaten, in denen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland bisher Stolpersteine verlegt wurden, auch Polen gehört. Hierzu findet sich in der Wikipedia-Seite "Stolpersteine" (siehe > http://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine#Polen ) dieser Hinweis:
"Polen
Im Oktober 2008 wurden die ersten polnischen Stolpersteine in Wroclaw verlegt. Im Juli 2010 folgte Słubice, im April 2014 Łódź. Die nächsten Verlegungen sind für Oktober 2014 geplant.[21]".
Die hier für Oktober 2014 angekündigten Verlegungen erfolgten nach den betr. Angaben am 13.10. in Gliwice/Gleiwitz (siehe > http://www.stolpersteine.eu/chronik/ ).

Interessant in diesem Zusammenhang ist weiter, dass im Web die in Berlin verlegten Stolpersteine für zwei jüdische, in Danzig geborene Schwestern zu finden sind: für Thekla Moeller (* 1878) und für Mathilde Moeller (* 1880). Siehe dazu > http://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/1322 und > http://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/1323 .

Zu Stolpersteinen finden sich in unserem Forum außerdem Beiträge im Thread "Jüdische Gemeinde Berlin" (siehe > http://www.forum.danzig.de/showthread.php?9812-J%FCdische-Gemeinde-Berlin&highlight=Stolpersteine ).

Viele Grüße
Ulrich

Ulrich 31
28.10.2014, 22:48
Nachtrag zu #308:

Dass in München bislang die Verlegung von Stolpersteinen verboten ist, habe ich aus diesem Artikel im heutigen "Tagesspiegel" erfahren:
http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/gedenken-an-die-shoah-stolperstein-verbot-spaltet-muenchen/10897112.html .

Peter von Groddeck
28.10.2014, 23:35
Hallo,
heute wurde in Warschau ein jüdisches Museum eröffnet.
Gruß Peter

Christkind
28.10.2014, 23:41
Stolpersteine - erstmals sah ich sie in Hamburg Eppendorf. Und ich muss sagen, dass ich mit sehr viel Bedacht und sinnend durch die Straßen ging, weil vor fast jedem Haus solche Steine auf die Menschen aufmerksam machten, die hier einmal wohnten und aus den Häusern verschwanden. Es kann keinen normalen Menschen unberührt lassen.Viele Steine brachten mich zum "Stolpern".Und deshalb fand ich diese Art von Erinnerung besser als riesige Denkmäler mit gewaltigen Steinmonumenten.
Schöne Grüße, Christa

Wolfgang
30.10.2014, 01:17
Schönen guten Abend,

ich schließe das Thema. Es ist genug gesagt, gefaselt, zerredet, provoziert, recherchiert, fundiert geantwortet.

Dieses Thema zeigt beispielhaft und stellvertretend für viele andere Themen die Grenzen auf in denen sich viele von uns bewegen, Grenzen die ganz offensichtlicht und beschämend weder überschritten noch überwunden werden können.

Trotz allem: Es war ein wertvolles Thema, vielleicht zeigte es auch auf, was heute noch über Juden gewusst und gedacht wird. Insofern kann es als eine dokumentarische -wenn auch nicht repräsentative- Zeitaufnahme gewertet werden.

Was mich beschämt, irritiert, wütend aber auch hilflos macht, waren etliche Beiträge die unwidersprochen hingenommen wurden. Gut, es mag sein, dass es etlichen Teilnehmern zu mühsam war, in vorangegangenen Themen und Beiträgen zu lesen -ein Großteil der Beiträge hätte sich dann als überflüssig erwiesen-, aber es gibt unwidersprochene Aussagen und Behauptungen bei denen ich tausend Tode starb. So hieß es z.B. einmal "Obwohl manch ein Danziger Geschäftsmann nicht ganz unerfreulich über die Ausschaltung einer starken, geschäftstüchtigen, jüdischen Konkurrenz gewesen sein konnte, das ist doch heute auch nicht viel anders mit der lästigen Konkurrenz in der gewerblichen Wirtschaft."

WIE??? WAS???? Das damalige bereits zu Freistaatzeiten herrschende Terrorregime gegenüber Danziger jüdischen Miteinwohnern, die Enteignungen, die Morde, das Hineintreiben in Selbstmorde, das vollkommen rechtswidrige Agieren gegen Mitbürger jüdischen Glaubens, das Aberkennen jedweder Rechte, die Missachtung grundlegender Menschenrechte: All das wurde unwidersprochen gleichgesetzt mit der heutigen "lästigen Konkurrenz in der gewerblichen Wirtschaft". Pardon, NEIN, ich sage NICHT Pardon, auch das ist MENSCHENVERACHTEND, vielleicht unbewusst, nicht wissend, aber wer der Wissenden berief sich nicht darauf, dass alles Recht und Ordnung war und dass man nicht wusste.

Dieses Thema uferte aus, zerfaserte, wurde teils auch kaputt geredet. Es gab hervorragende Wortbeiträge, HERVORRAGENDE, ich hebe das hervor. Und was war? Sie wurden ignoriert, überlesen, missachtet.

Es hieß auch einmal "leider habe ich momentan nicht die Zeit das ganze Forum durchzusehen". Es war aber genug Zeit, mit Schnellschüssen Beiträge ins Forum zu setzen.

Pardon, NEIN, nicht schon wieder Pardon: Bei einem solchen Thema heißt es den Verstand einzuschalten, nachzudenken, zu recherchieren, Empathie zu empfinden bevor das Maul aufgetan wird.

Ich schließe das Thema. Aber ich sage auch, dass alle anderen SACHBEITRÄGE zum Thema "Juden in Danzig" jederzeit willkommen und gewünscht sind. Bitte macht in diesem Fall ein Thema mit AUSSAGEKRÄFTIGER Überschrift auf, sagt konkret worum es sich dreht oder was ihr wissen möchtet. Alle Antwortenden bitte ich, ganz konkret beim Thema zu bleiben, nicht abzuweichen.

Das Thema der jüdischen Miteinwohner in Danzig ist zu ernst und zu wichtig um im allgemeinen Blabla kaputt geredet zu werden und zu versinken.

Wolfgang
-Admin des Forums-