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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Waren in Danzig die Häuser unterkellert?



Stejuhn
12.04.2014, 20:49
Guten Abend liebe Forumteilnehmer,

sind oder waren in Danzig die Häuser unterkellert? Oder ging/geht das aufgrund des Grundwasserspiegels nicht?
In den Heftchen von Herrn Maass wird von Luken unterhalb des Küchentisches berichtet welche einen Raum verschlossen in dem sich die Vorräte befanden.
Meine Oma hat damals viel und gerne eingekocht. Besonders beliebt:p waren ihre Gurken. Die Arbeitskollegen meines Vaters kamen gerne vorbei, wenn sie wussten, dass Oma sie eingekocht hatte.
Folglich, so sage ich mir, hat sie schon in Danzig eingekocht. Aber wo hat sie ihre Schätzchen untergebracht. Sie wohnte ja auf der Heubuder Straße 8 in einem Mehrfamilienhaus. Wenn es keinen Keller gab, hatten die Wohnungen vielleicht Speisekammern?

Einen schönen Abend und Sonntag wünscht
Sigrid

Bartels
12.04.2014, 21:48
Hallo Sigrid,

ich kenne in der Danziger Rechtsstadt Beischläge mit Kellereingang - da die Beischläge mit Treppe zum "Erdgeschoss" führten, waren es also nicht tiefe Keller, sondern ca. die Hälfte lag über Strassenniveau - der Keller insgesamt über dem normalen Wasserspiegel der Mottlau.

Bartels
12.04.2014, 21:52
NB: Im Werder könnte ich mir auch Erdkeller (https://de.wikipedia.org/wiki/Erdkeller) vorstellen.

Ulrich 31
12.04.2014, 23:34
Hallo Sigrid,

die Häuser des Wohnblocks (Baujahr um 1930), in dem ich bis 1945 gewohnt habe (Schidlitz, Karthäuser Straße), waren unterkellert. Im Einzelkeller zur Wohnung war u.a. der Koks für die Etagenheizung gelagert. Außerdem befand sich im Keller zu jeder Hausnummer eine Gemeinschaftswaschküche.

Viele Grüße
Ulrich

Belcanto
13.04.2014, 09:22
In Langfuhr jedenfalls waren die Häuser unterkellert. Wenn wir es bei den Bombenangriffen nicht mehr bis zum Luftschutzbunker schafften, haben wir in den Kellern Zuflucht gesucht.

Felicity
13.04.2014, 10:24
Genau wie bei uns, Ullrich, im vierstoeckigen Haus mit 8 Familien, in der Weidengasse, auf der Niederstadt, hatte jeder seinen Keller und dann auch die gemeinsame Waschkueche. Diese Keller wurden in den letzten Kriegsmonaten 'Luftschutzkeller' und ohne sie waeren ich und viele andere heute nicht mehr am Leben. In der Frauengasse, gab es sogar unter den Kellern noch Unterkeller, in denen viele ihre Kostbarkeiten verbargen. Ich weiss es von meiner Urgrosstante Kohn die gegenueber der Sternwarte gewohnt hatte. Liebe Gruesse von der Feli

Helga +, Ehrenmitglied
13.04.2014, 10:43
Mein Vater wohnte in der Häkergasse, das Haus war auch unterkellert und ab un dzu, wenn die Mottlau Hochwasser hatte, stand der Keller unter Wasser.

Rudolf
13.04.2014, 11:51
Hallo Sigrid ,
Du erwähnst das Heft vom Heubuder Helmut Maaß mit den Luken in der Küche . In Heubude gab es viele ältere Häuser ( wir wohnten in der Dammstraße auch in einem solchen Mehrfamilienhaus ) , bei denen es für die Parterre-Wohnungen von der Küche aus über eine Luke begehbare kleinere Keller gab . Dort wurden die Vorräte - Eingewecktes , Kartoffeln , Möhren in Sandkästen , usw. - gelagert . In dem Haus , in dem wir wohnten , lebten auch die Großeltern von ihm .
Im Frühjahr , nach der Schneeschmelze , aber auch nach längerem und stärkerem Regen , stand in diesen kleineren Kellern oft das Wasser . Ich weiß , daß in anderen und besser gebauten Häusern in Heubude die dortigen Keller trocken waren , wie ich es in den Luftschutzkellern dieser Häuser erlebte .
Noch einen schönen Sonntag wünscht allen der Heubuder Rudi

Ulrich 31
13.04.2014, 15:00
Ergänzung zu #4:

Das dort genannte Schidlitzer Haus, in dem meine Eltern zur Miete wohnten (3 Zimmer, Küche, Bad kosteten zur Freistaatzeit 54 Gulden; es existiert noch, die Wohnungen sind z.T. Eigentum der jetzigen Bewohner geworden), hatte/hat 4 Obergeschosse und ein Flachdach. Im 4. Obergeschoss befand sich außer einer einzelnen Wohnung der sog. "Boden", eine große Freifläche mit je einem Holzverschlag für jede Wohnung des Hauses (insgesamt 9) und einem größeren offenen Teil zum Trocknen der Wäsche ("Trockenboden") bei ungünstigem Wetter (sonst wurde die Wäsche auf besonders eingerichteten und mit Hecken begrenzten Rasenplätzen im Hofareal, sog. "Trockenplätzen", getrocknet; heute ist dieses Areal leider verwildert und wird zum Abstellen von Pkws benutzt).

Hallo Sigrid,

Dich hat offenbar der Gedanke an das Grundwasser zu dieser pauschalen Frage veranlasst. Danzig ist jedoch auch eine hügelige Stadt: siehe z.B. Bischofsberg, Hagelsberg, Stolzenberg, Zigankenberg.

Viele Grüße
Ulrich

Felicity
13.04.2014, 15:43
Ja, Ullrich, wir hatten auch die Boeden unter dem Dach und dann den grossen Trockenboden. Ich kann mich noch entsinnen wie die Luftschutzwarte des Hauses 'DIE ENTRUEMPLUNG' ueberwachten. Man musste seinen Boden von all verbrennbarem Material entlasten. Das war genau so zwecklos wie die VERDUNKLUNG. Liebe Gruesse von der Feli

Antennenschreck
13.04.2014, 15:56
Hallöle Feli,

so was gab es sogar noch in der DDR. Da kam regeläßig (denke 1* im Jahr) eine Kommision von der Feuerwehr und hat hauptsächlich die Böden begutachtet um den Brandschutz genüge zu tun. Die nannten sich allerdings nicht Blockwart.

Tschü...

Felicity
13.04.2014, 16:25
Das ist erstaunlich dass man in der DDR auf 'Brandschutz' achtete. Social waren die DDR Buerger wohl besser dran als der Westen. Ich kam in 1949 nach Australien und wir hoerten nicht viel von der Heimat. Liebe Gruesse von der Feli, die fuer lange Jahre im Busch lebte und sich ganz und gar in das Land eingelebt hat und nicht mehr staatenlos ist, aber schon seit langen Jahren Australierin geworden ist.

Wolfgang
13.04.2014, 16:31
Schönen guten Nachmittag,

in Danzig hat es überall unterkellerte Häuser gegeben. Das ist auch überall da zu sehen wo es archäologische Ausgrabungen gibt bzw. gab. Diese Keller müssen teilweise weit unter Grundwasserspiegel gebaut worden sein. Wie eine Entwässerung / Drainage bzw. Schutz vor Druckwasser gebaut wurde, kann ich nicht sagen. Das ist mir ein Rätsel. Johanna Schopenhauser schrieb in "Alt-Danzig" von "weitläufigen Kellern, oft zwei Stock
übereinander" und ich glaube mich erinnern zu können gelesen zu haben, dass es in einer zur Mottlau führenden Gasse einen sehr tiefen Keller über fünf Etagen gab. Ich versuche, das wieder zu finden, war aber bisher erfolglos.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Rudi
13.04.2014, 19:47
Hallo Wolfgang.Bei unsern Groseltern in der Hundegasse gab es auch Keller.
Viele Gruesse an euch.

Rudi.

Bartels
13.04.2014, 20:29
Das wird wohl so gewesen sein, dass in der Rechtsstadt unter den halbhohen Kellern noch Unterkeller gelegen haben, aber die "Kostbarkeiten" lagen sicher auf den Speicher und nicht im hochwassergefährdeten Tiefkeller. - Keller in Schidlitz, Langfuhr oder in den höheren Stadtteilen sind kein Thema.

Die Keller (auf der Nehrung und im Werder) mit der Luke waren wohl "Kriechkeller" und in denen stand wie unser Heubuder Rudi schreibt "oft das Wasser".

NB: Bei meinen Grosseltern in Hamburg stand auf dem entrümpelten Dachboden eine alte Badewanne mit Lösch- und Vorratswasser - und in diese fiel bei einem der vielen Angriffe eine Brandbombe!

Stejuhn
13.04.2014, 23:12
Danke Euch allen,

für die große Resonanz auf meine Frage.
Ich bin erstaunt, dass es in Danzig Keller gab, zum Teil über 5 Etagen.
Und das, wo Danzig doch an der Ostsee liegt, zum Teil auch von Flüssen durchzogen ist.
Hier an meinem Wohnort gibt es weder See noch einen Fluss. Trotzdem müssen wir zwei Pumpen haben, damit uns der Keller bei starkem Regen nicht voll Wasser läuft.

Einen schönen Restsonntag wünscht
Sigrid

krista
14.04.2014, 01:46
Wir bewohnten ein Reihenhaus in Langfuhr, Ostseestr. Dieses Haus war unterkellert. Im Krieg gab es dann Durchgänge zu den Kellern der Nachbarhäuser. Wäre das Haus von einer Bombe getroffen worden, hätte man evtl. dorthin ausweichen können. Bei Bombenangriffen haben wir uns immer im Keller aufgehalten. Wir sind nie in einem Bunker gewesen.
Gute Nacht
-Krista-

Belcanto
14.04.2014, 09:53
Und ich glaube es war auch so, dass auch Kellerverbindungen bestanden. Das war manchmal als Fluchtweg sehr von Nutzen.

Felicity
14.04.2014, 16:10
So war es Belcanto, in Weidengasse 48 und 49 war die Kellerwand durchgestossen und somit wurden die meisten in 48 gerettet als Volltreffer unser Haus zerstoerten. Nach dem Brand wurde dann auch 49 zerstoert und nun ist da nur eine Grass Flaeche wo die beiden grossen Mietzhaeuser gestanden haben. Liebe Gruesse von der Feli

Belcanto
14.04.2014, 17:31
Hallo Feli, das sind für mich ganz schlimme Erinnerungen, die ich Jahrzente lang nicht verdrängen konnte. Ich wurde nämlich von einem Russen der meine Mutter vergewaltigte, und die ich als kleiner Junge helfen wollte, die Treppe runter geworfen. Ich habe mir damals dabei den Arm und das Schlüselbein gebrochen. Aber das stellte sich erst vor ein paar Jahren heraus, als ich an der Schulter operiert werden sollte, und auf der Röntgenaufnahme, der alte falschzusammengewachsene Bruch sichtbar wurde.Ich kann nur sagen, so etwas möchte ich nie mehr erleben.

Wolfgang
14.04.2014, 21:43
Schönen guten Abend,

in der Hoffnung nähere Informationen über den von mir erwähnten 5-Etagen-Keller zu finden, recherchierte ich ein wenig in alten Ausgaben von "Unser Danzig". Ich wurde zwar in dieser Hinsicht noch nicht fündig, stieß aber mehrere Male auf Erwähnungen zwei- bzw. doppelstöckiger Keller.

Was mich interessiert: Wie wurden diese abgedichtet? Heute ist das ja machbar, da kann man auch weit unter den Wasserspiegel gehen, aber früher?

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Ulrich 31
14.04.2014, 22:04
Hier ein Bericht aus dem Internet zum Luftschutzkeller: "Luftangriff auf Danzig 1944"

► http://www.dhm.de/lemo/forum/kollektives_gedaechtnis/369/ .

Felicity
15.04.2014, 01:29
Ich auch nicht ! Allerdings habe ich nicht das Schlimmste durchgemacht, die Verwaltigungen, pflegte im Reservelazarett, dem Marienkrankenhaus, im Kriegseinsatz, und mit der Kampftruppe der Russen kam auch ein Stab von Aerzten, die sofort Ordnung und Diszipline erschafften. Aber als unser Haus in der Weidengasse einen Volltreffer bekam besuchte ich gerade meine Familie. Sie waren alle verschuettet und Opa tot. Mutti wurde rausgebracht, mit weissem Haar, einem Schlaganfall und gebrochenen Rippen. Ich nahm sie mit mir in's Reservelazarett und auch meine kleine Schwester, Jenny. Nach dem Einmarsch der Russen wurden alle Zivilisten entfernt, so auch Mutti und Jenny. Ich durfte nicht mit ihnen mit, war kriegsverpflichtet und musst nun auch russische SXoldaten pflegen. Nach einer kurzen Zeit kam Jenny und erzaehlte mir dass Mutti elend im Arbeitslager krank war, sie konnte es nicht schaffen. Zwei russische Soldaten holten sie mit einer Trage und bei mirf im Hospital starb sie nach 5 Tagen. Jenny und ich brachten sie auf einem kleinen Handwagen zum Grab meiner Oma, auf dem Nickolei Friedhof in der Halben Allee. Sie ist in geweihter Erde begraben. Liebe Gruesse von der Feli

Belcanto
15.04.2014, 09:59
Wir wollten am 30.Januar 1945, wie viele anderen auf mit der Wilhelm Gustloff aus Danzig raus. Wir hatten jedoch eine Vorahnung? Und unserer Mutter war schwanger und wäre auf ein Schiff gekommen, was schwangere Frauen betreut. Wir wären auf jeden Fall getrennt worden; das wollte Mutter nicht also sind wir zurück. Das war für uns ein Wunder, wie wir später erfuhren. Was dann mit unserer Mutter geschah, war vielleicht schlimmer, als wenn wir ertrunken wären. Mutter wollte das Kind unbedingt in Danzig zur Welt bringen. Das Kind kam im Juli auf die Welt. Für uns gab es keine ärztliche Betreuung und keine Hebamme mehr- auch kein Lazarettzelt. Es war nur fruchtbar! Deswegen musste ich das später in meinem Buch verarbeiten.