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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Marienburg Tunnel?



Waltermenzel
14.05.2014, 19:31
Guten Tag allerseits,

mein Vater, geb. 1913 in Danzig, gewohnt Große Schwalbengasse 8, erzählte mir als Kind immer wieder, wie aufregend es für Ihn und seine Freunde war, mit dem Fahrrag kilometerweit in einem unterirdischen Tunnel/Gang zu fahren.
Der Tunnel/Gang begann in Marienburg und soll angeblich mehr als 50 km lang (gewesen) sein.

Es wäre für mich ungemein interessant, ob jemad hier aus dem Forum soetwas bestätigen kann.

Ich habe noch unendlich viele Jugendgeschichten meines Vaters im Kopf, es war immer spannend, ihm zuzuhören. Somit haben sich in meiner Phantasie ganz eigene Bilder von Danzig entwickelt, und es war interessant dann die zugehörigen Originalfotos zu sehen.

Ich werde diese Jahr wohl mal hinfahren und mir Papas Geburtsstadt ansehen.

Vielen Dank für Eure Mühe und beste Grüße

Walter Menzel

radewe
15.05.2014, 00:46
Willkommen im Forum


Guten Tag Walter!


Unterirdische Gänge wurden im 18 Jahrhundert über weite Strecken für die (Lösch)-Wasserversorgung angelegt.
So einem historischen Wasserkanal gibt es noch in Riesenburg Ks. Rosenberg als s.g. `unterirdische Touristenrouten`. Sie liegen in Riesenburg einige Meter unter der Erdoberfläche, sind bis 1,5m breit und mehr als 2m hoch. Die Wände und die Deckengewölbe bestehen aus roten Ziegelsteinen. Wieviel Meter von dieser Touristenroute begehbar ist kann ich nicht sagen, aber es gibt so etwas.


Grüße von Hans-Werner aus Hamburg

Wolfgang
15.05.2014, 10:16
Schönen guten Morgen,
hallo Walter,

Dein Vater sagte, da gebe es einen Tunnel - und das hat er bestimmt nicht aus dem hohlen Bauch heraus gesagt sondern da wird etwas dran sein. Ich habe noch nicht davon gehört, auch wenn immer wieder über mehr oder minder lange gewesene Tunnels im Weichsel-Nogat-Delta gesprochen wird.

Als Wasserversorgungstunnels kann ich es mir nicht ganz vorstellen, denn hier im gesamten Delta gibt es Wasser im Überfluss und je näher man der See kommt, desto mehr hat es davon, und zwar überall. Weiter im Süden, also nogat- und weichselaufwärts, gibt es auch genug Wasser, das von dort aber dann nicht per Tunnel nach Marienburg geleitet werden müsste.

Also vielleicht Tunnels mit früherem militärischen Zweck? Aus Ordenszeiten?

Interessante Fragen, mal sehen ob ich hier jemand finden kann, der der etwas dazu sagen kann.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

StampCollector
15.05.2014, 20:20
Hallo,

die Geschichte stimmt wohl doch.
Hier habe ich etwas über die Städtische Wasserleitung in Riesenburg/Prabuty gefunden:

http://pomorskie.travel/de/Odkrywaj-Dziedzictwo_kulturowe-Unterirdische_Routen/1215/Wodoci_gi_miejskie_w_Prabutach

SC

Ulrich 31
15.05.2014, 20:54
Diese andere interessante Information habe ich im Wikipedia-Eintrag für Prabuty (Riesenburg) - http://de.wikipedia.org/wiki/Prabuty - zu einer der dortigen Sehenswürdigkeiten gefunden:

"Rolandsbrunnen (Fontanna Rolanda, erbaut um 1900 von Franz Schwechten, stand zuerst in der Nähe der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg, musste dort der Verkehrsplanung weichen und wurde 1928 von der Stadt Riesenburg erworben). Im Jahre 2011 wurde die 1945 entfernte Rolandstatue rekonstruiert."

NB: Franz Schwechten ( http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Schwechten ) ist auch der Erbauer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Wolfgang
15.05.2014, 20:59
Schönen guten Abend,

wenn es in Riesenburg einen mit Abzweigungen rund 200 Meter langen Tunnel gegeben hat, muss das noch nicht unbedingt ein Hinweis darauf sein, dass es im 40 km entfernten Marienburg einen rund 50 km langen Tunnel gibt bzw. gegeben hat.

Riesenburg liegt in einer hügeligen Landschaft, fast 100 Meter über dem Meeresspiegel, während Marienburg ca. 5 Meter über NN liegt. Der Grundwasserspiegel befindet sich jedoch deutlich darüber sodass Brunnenbauten vollkommen unproblematisch waren. Hinzu kommt, dass vor dem Bau der Weißenberger Schleuse der Nogat-Wasserstand meist deutlich über dem heutigen Niveau lag.

Damit stellt sich natürlich auch die Frage, ob es ein Tunnel unterhalb des Grundwasserspiegels war und wenn ja, wie dieser auf Dauer abgedichtet wurde. Eine weitere Frage, wohin er geführt haben kann - in die noch tiefer gelegenen Werdergebiete wird das wohl kaum gewesen sein.

Möglicherweise hat es alte aus der Burganlage führende Fluchttunnels gegeben, aber diese werden dann nur in die nähere Umgebung geführt haben.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Bartels
15.05.2014, 22:17
Einen schönen guten Abend,

Angebliche Tunnelgeschichten gibt es in fast jeder Stadt und auch in kleinen Dörfern, manche mögen einen kleinen Wahrheitsgehalt haben, andere sind schlichtweg unmöglich, da die angeblichen Tunnel weit unter Grundwasserniveau lagen, oder die Erbauer und Benutzer garantiert erstickt wären.

50 km Länge ist unmöglich - ein paar 100 Meter Tunnel in Riesenburg bei Marienwerder können Auslöser für diese Geschichte gewesen sein. - Der erste Tunnel unter der Toten Weischsel ist noch im Bau.

NB: Mein Vater hat uns Kindern keine Tunnelgeschichten erzählt, sondern ermöglicht: Wiener U-Bahn 1971 (1978 offiziell eröffnet) und 1974 ist er mit der ganzen Familie durch den Neuen Elbtunnel in Hamburg gedüst, Monate vor der Fertigstellung (26. Dezember 1974) und Freigabe / Eröffnung am 10. Januar 1975.

Bernstein
16.05.2014, 15:23
Hallo, schon vor mehr als 1000 Jahren wurden Wasserleitungen mit einem großen Durchmesser gemauert und die sind damals dicht geblieben. Warum soll das in Marienburg nicht auch geklappt haben.

Viele Grüße, Ulfried

Wolfgang
16.05.2014, 16:27
Schönen guten Nachmittag,
hallo Ulfried,

Du hast recht: schon vor weit mehr als tausend Jahren wurden Wasserleitungen durch Felsen getrieben oder durch gemauerte Kanäle über weite Distanzen geführt. Wovon ich jedoch nichts weiß, sind dauerhafte Tunnels, die unter dem Grundwasserspiegel gebaut wurden. Hier, ganz in der Nähe, liegt Schöneberg (Ostaszewo) wo es auch einen solchen Tunnel gegeben haben soll, der erst 1930 voller Ritterrüstungen und Schwerter wieder entdeckt worden sein soll. Außerdem soll es da einen auf die andere Seite der Weichsel nach Letzkau führenden (noch vor dem Krieg erhaltenen) Tunnel geben, der im 14. Jahrhundert vom Orden durch Schlick, Sand und Lehm getrieben wurde. Die Jungs müssen damals über Techniken und Materialien verfügt haben, die erst viele viele Jahrhunderte später wiederentdeckt bzw. entwickelt wurden :)

Problem bei diesen Überlieferungen: Es gibt keine Beweise dafür, weder alte Aufzeichnungen oder sonstige Dokumente noch gefundene Fragmente eines solchen Tunnels.

Drückendes Wasser war und ist teils noch immer ein großes Problem in Gebieten mit hohem Grundwasserspiegel. Deswegen gibt es hier auch nur wenige unterkellerte Häuser.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

radewe
16.05.2014, 22:56
Aus dem Mittelalter sind uns herrliche Wasserschlösser und unter dem Grundwasserspiegel liegende Kanalmauern erhalten geblieben …… nun fragen wir uns, wie war der Bau unter dem Wasserspiegel möglich?
Die Frage lässt sich einfach beantworten: als Baustoff wurde ein Bindemittel verwendet der unter/im Wasser härtet, ihn gibt noch heute im Handel, es ist der Trass-Zement, er wurde im 16./17. Jahrhundert von den holländischen Wasserbauern entwickelt.
Vor der Entdeckung des Trass-Zements gab es die s.g. `Kieselfeuchte` als Abdichtungsmittel, sie dichtet Mauern und Putz gegen Wasserdruck ab. Die Kieselfeuchte wurde im 17. Jahrhundert vom Wasserglas abgelöst. Wasserglas findet im Hoch- und Tiefbau noch heute Anwendung.
Jeder gute Siel-/Kanalmaurer oder Kaimaurer hatte seine Geheimrezeptur zur Abdichtung des Mauerwerks entwickelt. Sie nannten das Verfahren "verseifen“: dem Mörtel wurde z.B. Sodawasser beigegeben.


Grüße von Hans-Werner

Waltermenzel
19.05.2014, 17:20
Hallo allerseits,

herzlichen Dank für Eure z.T. ausführlichen Antworten. Es leuchtet mir ein, dass der mancherorts hohe Grundwasserspiegel die Erzählungen meines Vaters bezüglich langer Tunnel doch etwas relativiert.
Vielleicht ein Mix aus real Erlebtem und einer Portion Phantasie?
Wie auch immer, ich habe ihm stets gespannt zugehört.
Einen guten Start in die (meteorologisch) heiße Woche.

Walter

Felicity
20.05.2014, 13:30
Jutta ist in Danzig und wird die Regina zu einem Besuch in Marienburg abholen. Vielleicht kann sie da etwas mehr erfahren. Wenn es nicht zu spaet ist, ich glaube die beiden waren schon dort. Liebe Gruesse von der Feli.