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N.Herold
05.01.2015, 19:38
Einen schönen guten Abend wünsche ich,

Ich habe eine Frage an Sie alle:

Können Sie mir etwas über die Eigenart oder Charakter der Danziger erzählen?

In meinen bisher 37 Jahren habe ich ja schon festgestellt das Menschen in unterschiedlichen Regionen ihren eigenen Charakter haben. So empfinde ich( als Frau die in Süddeutschland aufgewachsen ist) die Norddeutschen als sehr direkt und immer zum flaxen bereit, die Süddeutschen scheinen mir verschlossen, eher "mimosig" und weniger offen für Neues. ( Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel :) )

LG Nina

Bartels
05.01.2015, 23:22
Hallo Nina,

einen schönen guten Abend und herzlich willkommen im Forum!

Danziger sind
- tolerant,
- multikulturell (von ihren Wurzeln und den Konfessionen) geprägt,
- humorvoll, spitzbübisch "Bowke",
- immer bereit zu plachandern,
- oder auch "heiß" zu diskutieren.

Leider gibt es zu jedem Punkt auch Gegenbeispiele und
manche halten noch heute un- oder begründet die Flagge der Freien Stadt Danzig hoch.

Inge-Gisela
06.01.2015, 11:16
Hallo Nina,
mein Vater als geborener Danziger hatte oft den Schalk im Nacken. Er kam auf Ideen, die sonst niemandem in unserer Familie eingefallen wären. Und er war ein Stehaufmännchen, wie man so schön sagt, positiv eingestellt, was unserer Familie in schweren Zeiten half. Allerdings muss ich sagen, mein Großvater (ich habe ihn nicht kennengelernt) war kein gebürtiger Danziger. Frage: wann ist man wirklich ein Danziger?

Lieben Gruß
Inge-Gisela

mottlau1
06.01.2015, 12:33
Guten Tag Nina,

ich kann von einem Onkel berichten der noch das originale Danziger sprach mit vielen Wörtern die echte Danziger kennen.
Mein Vater war ein echter Danziger. Wenn er von einer Reise zurück kam ging er zuerst an den Strand , nahm eine Hand voll Sand in seine Hände und sagte:
Nun bin ich wieder Zuhause. :)
Seine Verbundenheit mit seiner Vaterstadt war ohne Gleichen. Als er aus dem Krieg und der russischen Gefangenschaft im Westen landete sprach er oft von Danzig seiner geliebten Heimat.

L G Jutta

Ute Marianne
06.01.2015, 12:34
HAllo Inge,

Da sprichst du mir aus der Seele. Mein Paps war auch immer ein Stehaufmännchen und ein ausgebufferter Bowke der alles mitnahm was sich ihm anbot.


Gruß Ute

waldling +6.8.2023
06.01.2015, 14:03
Hallo,
nettes Gedichtchen zu Bowke auf dieser Seite:
http://www.jessner.homepage.t-online.de/trojan.htm
wahrscheinlich schon bekannt hier.
Uwe

waldkind
06.01.2015, 21:57
Was mir einfällt:
Da war ein Gesang in der Stimme du hatten ihre eigene Sprache.
Sie tanzten gern.
Sie waren fürsorglich und häuslich und fromm.
Es gab eine gewisse Zärtlichkeit, was sich besonders in der Verkleinerungsform -chen zeigte.
Sie können außerordentlich stur sein.
Hart aber herzlich trifft auf alle Fälle zu, wobei manche mehr herzlicher sind als hart.
Aberglaube und Marienkult.
Beste Grüße vom waldkindchen

Stejuhn
06.01.2015, 22:55
Guten Abend Nina,

wenn ich meinen Vater, meine Oma und meine wiedergefundenen Angehörigen aus Danzig beschreiben sollte, so würde ich zuerst sagen: " Sie sind so spritzig wie Sekt", was bedeutet sie sind in ihrer Lebensart und in einem Gespräch sehr erfrischend.
Außerdem lachen oder gneddern (in sich hinein lachen) sie gern. Alles in Allem sehr lebensfrohe, fleißige und sparsame,aber trotzdem nicht geizige Menschen.

Viele Grüße
Sigrid:D

Christkind
06.01.2015, 23:34
Ob diese bisher genannten Charaktereigenschaften aber speziell auf Danziger beschränkt sind?
Ich jedenfalls meine, dass es auf alle Ostgermanen zutrifft.
Meine Danziger Sippe war häuslich. Familienmenschen. Aber Zärtlichkeiten wurden nicht ausgetauscht.Umarmungen gab es nicht.Dafür aber unbedingte Fürsorge.Und große Lust am Dichten, Verkleiden,Freude am Spaßmachen.Und dieses finde ich auch in den Nachkommen wieder. Es ist ein ganz trockener Humor, bei dem man nur herzhaft loslachen kann.Fromm waren alle meine Vorfahren, aber das hat sich nach dem Krieg gewandelt. Ein Teil ist weiterhin ganz intensiv an eine Kirche gebunden, andere wieder losgelöst von jeder kirchlichen Bindung.
Stur sind sie auch.Was sie nicht wollen, das wollen sie nicht. Und was sie wollen, das erreichen sie auch.
Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Schöne Grüße, Christa

Bartels
07.01.2015, 01:50
Danke Christa,

in #9 kenne ich in vielen Punkten meinen Vater wieder.

"Stur sind sie auch.Was sie nicht wollen, das wollen sie nicht. Und was sie wollen, das erreichen sie auch." Das ist meine Mutter, aber diese Eigenschaften hatte sie nicht von ihrer in Danzig geborenen Mutter, sondern von ihrem Pfälzer Vater - der allerdings 1912/13 bei der Kaiserl. Werft in Danzig Schiffe baute ...

Gerhard Jeske
11.01.2015, 13:12
„Allerdings muss ich sagen, mein Großvater (ich habe ihn nicht kennengelernt) war kein gebürtiger Danziger. Frage: wann ist man wirklich ein Danziger?“

Lieben Gruß
Inge-Gisela
Antwort von Gerhard Jeske,
Frau Inge- Giesela stellt zu recht obige Frage.
Die Danziger Bevölkerung war nicht homogen. Schon gar nicht ostgotisch. Viele Schlagwörter ergeben noch keine richtige Erkenntnis.
Ab 1870 zogen immer mehr Auswärtige in die neuen Stadtteile ein, bis 1914 ungefähr siebzig.bis achtzig Tausend. So ist die Niederstadt entstanden. Die Architektur glich den Stadteilen in Hamburg und anderen Städten im Stil jener Zeit. Die Bewohner kamen aus der Kaschubei, dem Land zwischen Danzig und Tiegenhof, aus West und Ostpreußen und aus dem Reich, diese waren oft Fachleute oder Angehörige des Militärs. Dazu gehörte auch die Mannschaft der Technische Hochschule und andere Behörden wurden angesiedelt.. Wo Katholiken wohnten, lebten viele Kaschuben, das war in St Albrecht, Ohra und auch in Schidlitz so. In der Volksschulklasse Allmodengasse -Niederstadt waren von 35 Schülern nur fünf oder sechs katholisch, die Jungens bekamen frei für den Messedienst. Sie wurden von den anderen Schülern oft deswegen verspottet. In Danzig gab es an besondern Tagen katholische Prozessionen. Davon erfuhr ich erst durch den Danziger Kalender nach dem Krieg. In den, von Kaschuben bewohnten Stadteilen, sagte man zur Kartoffel „ Bulwe“ Rund um das Langarter Tor und östlicher-„Erdschocken“, oder „Erdäpfel“.(/so wie in Osterreich)
Viele Neubürger, die in der ersten und zweiten Generation in Danzig lebten kannten kaum die Danziger Geschichte und hatten deshalb keine gewachsene Tradition vorzuweisen.. Daraus erklärt sich, warum viele Danziger für die Reichsdeutsche Propaganda so anfällig waren. So konnte es geschehen, dass in der „ Freien Stadt Danzig“ ab 1933 eine bayrische terroristisch-politische Maffia die Regierungsgewalt übernahm, Auch das gehört zur Überfremdung der Stadt. Kulturell geteilt war die Danziger Bevölkerung durch die verschiedenen Konfessionen. Hatte das bisher niemand bemerkt. Auch im heutigen „ Gdansk“ wird auf diese unterschiedliche Kultur nicht mal hingewiesen. Es sind noch eine Reihe offener Fragen zur Geschichte der Danziger Bevölkerung zu klären.

Antennenschreck
11.01.2015, 16:19
Hallo,

es gibt oft ganz typische Charaktereigenschaften von bestimmten Regionen. Wer schon mal die Stille und Bedachtheit (oder war das anders) der Menschen in Italien erlebt hat, der wirde mir da wohl recht geben. So wird man auch bestimmte Eigenschaften der Danziger finden, trotz einer Durchmischung mit anderen Völkern, denke ich zumindest.

Tschü.....

Felicity
11.01.2015, 23:26
Welcome auf dem Forum, Nina ! Bin schon seit 1949 in Australien, eine echte Danzigerin, in 1927 im Freistaat geboren, dort bis 1945 aufgewachsen und habe auch dort das Kriegsende miterlebt. Bin schon fuenf mal von Australien nach Danzig geflogen. Liebe meine Heimat noch immer, halte fest an all die alten Sitten und habe sogar einen DANZIGER TISCH in meiner kleinen Wohnung. So wie beschrieben, ich bin sehr eigenwillig und trotzdem offen und herzlich, aber wenn ich etwas will erreiche ich es auch und was ich nicht mag, lehne ich grundsaetzlich ab. Du fragtest nach den Eigenschaften der Danziger, also gebe ich Dir ein Beispiel von einer recht typischen Danzigerin. Liebe Gruesse von Down Under von der Feli

Martschinke
31.01.2015, 22:08
Hallo Felicity, Du lebst heute als echte Danzigerin in Australien.
Du bist sicherlich auch welterfahren, wie es in der Zukunft weltweit
weiter gehen könnte. Als ich noch Kind in Danzig war ängstigten mir
die heraufziehenden, dunklen Wolken am geschichtlichen Horizont,
in der Schule. Auch ein Kind merkt schon die Gefahr, wenn Richtungen
gleich welcher Art disharmonisch verlaufen. Wir bekamen schon zu
hören, es hatte einen schlimmen Krieg gegeben, (den erste Weltkrieg)
und da fragten wir uns doch, kann so etwas grausames wieder passieren?
Es wurde in meiner Schulzeit vom Kampf und Stärke von Vaterlands-
Verteidigung gesprochen und geschrieben, gerade in Danzig gab es viele
Zugewanderte, und aus einer gewachsenen Tradition sind wir wohl nicht
hervorgegangen, obwohl meine Eltern mütterlicherseits ihre Scholle bis zum
17. Jahrhundert nachweisen konnten, lebten viele zusammen gewürfelte
Menschen im Ernstfall nicht ganz ungefährlich. Heute in dem kleiner gewordenen
Deutschland kommen mir andere Gedanken auf. Was wird wohl werden, wenn
unser ganze Erdball für die Menschheit zu klein geworden ist. Wir selbst werden
es offensichtlich nicht mehr erleben, aber die Anzeichen gibt es heute doch schon
dafür, unsere Erde benimmt sich zum Teil wie ein innerer Vulkan. Nach dem
zweiten Weltkrieg bewohnten 2 Milliarden Menschen unsern Erdball, da war
er noch ziemlich friedlich und heute wohnen schon 8 Milliarden. Wenn die
Menschen weltweit nicht die Vernunft annehmen, wir können nicht mehr
so weitermachen, sonst brechen die gesamten Sozialsysteme zusammen,
dann kämpft jeder gegen jeden und daraus folgt nur eine Antwort: ENDE!
Viele liebe Grüße
von kurt.

Gerhard Jeske
31.01.2015, 22:44
Gerhard Jeske, zu 14*
Sehr richtig, Herr Martschinke,
Kinder haben eine Ahnung für Gefahren. So sagte meine Großmutter Jeske in Straschien-Prangschien 1939 zu Ostern:" Die Kinder spielen Krieg, dann steht er vor der Tür.

Felicity
01.02.2015, 04:04
Lieber Kurt ! Du hast schon Recht, ich lebe als echte Danzigerin und als echte Australierin in meiner adoptierten Heimat. Danzig und Australien haben veles gemeinsam, viele Zugewanderte, die Liebe zur Freiheit und das Gefuehl dass die Gerechtigkeit die Grundlage des Staates ist, hier 'Social Justice' genannt. Am 26. August feierten wir 'Australia Day'. Wir dankten Gott fuer die vielen Geschenke die er uns gegeben hat und immer wieder werden wir daran erinnert dass wir in einem 'Commonwealth' leben. Die Geschenke und Schaetze des Landes sind da fuer alle. Wir beten dass alle Menschen, in sich, das Gefuehl der Gemeinschaft vertiefen, dass der Respekt, die Harmonie und die Sorge fuer einander waechst, sei es in der Familie, fuer den Nachbarn oder fuer die Menschen im Nachbarland. Dieses ist Gottes Vision fuer die ganze Welt und die Menschen sollten danach streben, diese Vision in Erfuellung zu bringen, einen tiefen und ewigen Frieden zu erhalten und als erstes in sich selbst dieses zu erreichen. So wollen wir deshalb Gott danken fuer das Gute das er uns beschert hat, ihn bitten das Bedrohende, das wir erschaffen haben, in seine Hand zu nehmen und mit Vertrauen weiterhin unseren Weg gehen, den nur wir gehen koennen, bis an unser eigenes Ende. Das Ende der Welt ist vorbestimmt und mit Problemen, wie Ueberbevoelkerung, kann man sich wohl Sorgen machen aber nicht viel daran aendern, dazu ist es schon zu spaet. siehe China. Fuer Kriege, Krankheiten und andere Klagen, 3 gefuerchtete K's, werden oft zeitweilige Loesungen gefunden. In der Zwischenzeit, Kurtchen, erfreue Dich so viel Du kannst am Leben, diese Minute, diese Stunde kommt nie wieder, fuelle sie aus mit Dingen und Menschen, die Dir Freude bereiten, positive sind und am Ende Dir sagen :" Das hast Du wohl getan !" Habe den festen Glauben dass Dein Leben geleitet ist und Du beschuetzt bist. Da muss man nur ein bischen sein eigenes EGO vergessen. Vielleicht hat mich dieser Gedanke mein ganzes Leben begleitet und mit meinen 87 Jahren muss ich sagen, war mein Leben, wenn auch manchmal schwer zu verstehen, in den chaotischen Jahren, so doch voller Frieden und Zuversicht. Ganz liebe Gruesse von der Feli

Martschinke
01.02.2015, 19:05
Liebe Felicity,
Du schreibst es ist schon zu spät, ich denke man sollte nicht aufhören alles
gut zu lassen, was es nicht ist. China hat es doch schon in Griff bekommen,
ihre Überbevölkerung in ihrem eigenen Land zu steuern. Für die menschliche
Unvernunft in Afrika und Asien sind die Regierungen der Erdteile selbst
verantwortlich. Die Waffenlieferanten in Europa, Asien und Amerika
tragen die Verantwortung mit, anstatt Kanonen Granaten und andere
grausame zerstörbare Einrichten sollten sie lieber den armen Menschen
in den Slum s Verhütungsmittel senden, vielleicht auch Sozialarbeiter wie
man damit umgeht. Dann brauchen die Sozialen Organisationen und
kirchliche Institutionen sich keine großen Sorgen zu machen, wie die
armen, geborenen Kinder leiden müssen, die sonst von Anfang an ihrer
Geburt kaum Überlebensmöglichkeiten haben, und wenn doch, dann bleibt
ihnen der Erfolg auf ein erfülltes Leben meistens verwehrt. Sie kommen
als Erwachsene mit ungenügender Ausbildung nach Europa und werden
die Fänge von Hasspredigern. Ein wenig theologische Ausbildung sollte
jeder Mensch haben, damit er keinen göttlichen Irrweg zum Opfer fällt.
Gerade wir Danziger haben nach 1945 in unserer Heimat zu spüren
bekommen, was eine religiöse, politische, menschliche Irrführung zu
Folge haben kann.
Grüße von kurt.

Felicity
02.02.2015, 00:33
Lieber Kurt !Wir sind wieder einmal vom Thema abgekommen. Wenn man von einer 'religioesen, politischen oder menschlichen Irrfuehrung' zu sprechen beginnt, kann man da viele Menschen, in vielen Laendern beschreiben. Was der Character der Danziger betrifft, kann man wohl sagen, es sind innerlich starke Menschen, die fuer ihre Freiheit und Gerechtigkeit leben und kaempfen. Trotz den chaotischen Zeiten die wir durchgemacht haben, sind wir nicht untergekommen. Die, die in der Heimat blieben, haben geholfen aus den Truemmern eine neue Heimat aufzubauen, fue die naechste Generation von Danzigern. Andere, haben im deutschan Land, zwei, sogar drei neue Generfationen aufgebaut, haben geholfen Deutschland wieder aufzubauen und haben durch ihre vielfaeltigen Talente dem Land ein neues Gesicht und Zukubft gegeben. Viele, die in fremdem Laendern landeten, haben durch ihre Liebe zur Freiheit und Gerechtigkeit ebenfalls durch den Eroberungsgeist, von ihren Vorfahren mitbekommen, in der neuen Heimat, auch ein neues Leben aufgebaut, das nicht nur ihnen geholfen hat, manchmal beinahe unerreichbare Grenzen zu erstuermen, aber auch dem Land half, sich aus den Anfaengen, eines neu geborenen Staates, in eine moderne Gesellschaft zu entwickeln. Vom Altertum zu der Neuzeit, haben Danziger immer wieder bewiesen, wie sie faehig waren in die Geschichte einzutreten und sich bewerten koennen. Das ist der Charachter der Danziger. Liebe Gruesse von der Feli

Bartels
02.02.2015, 00:37
VIELEN DANK Feli,

Beste Grüsse
Rudolf H. Böttcher

Felicity
02.02.2015, 06:18
Lieber Rudolf ! Deine wenigen Worte zeigen ein Reichtum des Wissens und damit auch einen anderen wichtigen Charakter Zug der Danziger, in wenigen Worten auszudruecken, was manchmal viele Buecher Seiten nicht koennen. Liebe Gruesse von der Feli.

Grabbi
02.02.2015, 10:40
Hallo Felicity,

du schreibst:
...halte fest an all die alten Sitten und habe sogar einen DANZIGER TISCH in meiner kleinen Wohnung...

Was sind alte typische danziger Sitten?
Mein Vater ist in Danzig geboren und seine Vorfahren kommen aus der Kaschubei. Wenn ich ihn zu alten Sitten befrage, zuckt er immer mit den Schultern. Er ist 1935 geboren. Vielleicht hat er es aber auch vergessen.

Und was ist ein DANZIGER TISCH ?????

Bartels
02.02.2015, 19:37
Liebe Feli,

ich habe allerdings auch gelernt über 60 Minuten am Stück zu reden.

Liebe Grüsse
Dein Rudolf

Gerhard Jeske
02.02.2015, 22:42
Zu #18 Verehrte Frau Feli, Das meiste, was Sie den Danzigern zuschreiben, könnte auch für die anderen Menschen aus den Ostgebieten gelten. Waren die zu LASCH ODER ZU FAUL; WOMÖGLICH CHARAKTERSCHWACH ? Es gibt, pauschal gesehen, keinen einhelligen Charakter der Danziger. Gerhard Jeske

Felicity
03.02.2015, 00:00
Das glaube ich Dir gern, Rudolf, bin immer von Deinen Beitraegen beeindruckt aber auch von Deinen kurzen Bemerkungen. (In der Kuerze liegt die Wuerze) Liebe Gruesse von der Feli

Felicity
03.02.2015, 00:05
Das kann schon moeglich sein, Gerhard und Grabbi Dir werde ich einige Character Zuege, die ich als Kind wahrgenommen habe, beschreiben, werde auch versuchen Dir meinen 'Danziger Tisch' zu erklaeren. Mache das alles heute Abend, jetzt nur liebe Gruesse von der Feli

Bartels
03.02.2015, 01:07
Hallo Gerhard
bzw. "verehrter" Gerhard,

nicht nur der Rhein = das Rheinland, sondern auch Danzig war "eine Völkermühle" Europas, wie Carl Zuckmayer in "Des Teufels General" schrieb. - Eine gesunde, genetische Mischung (ein Schmelztiegel / Multi Culture), die die Nazis nie verstanden haben.

NB: War "der Führer" germanisch oder gar dinarisch? Seine Ahnentafel musste bei Ausstellungen von SA Männern bewacht werden. - Die Heiratsdaten blieben leer! Wenn jemand "Schicklgruber" rief, wurde die Polizei auf Trab gebracht. - Man verkaufte auch Postkarten, wo er blonden Kindern den Kopf tätschelte, die Kinder waren mindestens "Halbjuden", wie es heute belegt ist.

ada.gleisner
03.02.2015, 01:21
Liebe Feli,
was Du unter 18 geschrieben hast,ist meiner Ansicht nach in Plaedoyer für alle Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen ostdeutschen Gebieten. Es blieb ihnen ja auch nichts anderes übrig als Herz und Hände zu bewegen und Neues zu schaffen. So haben sie u.a auch ihr Heimweh und den Verlustschmerz bekämpfen können. Sie haben eine großen Teil dazu beigetragen, Restdeutschland wieder zu einem bewohnbaren und anerkannten Land zu machen. Wir können stolz auf uns und unsere Eltern sein, auch wenn wir es nie so sehr an de große Glocke gehängt haben, welch Bereicherung aus dem Osten gekommen ist. Manche der Forumer sehen vielleicht nur Danzig, ich aber bin eine Mischung aus Ostpreußen (Ermländern und Masuren, Westpreußen, Posener Land, Königbergern und Danzigern. Daher muß ich in diesem Fall für alle sprechen. Einen schönen Tag wünscht Ada

Felicity
03.02.2015, 01:36
Danke Dir Ada ! Du und auch Gerhard haben mich darauf aufmerksam gemacht was alle Fluechtlinge vollbracht haben. Hoffentlich habe ich nicht zu verstehen gegeben dass die Danziger 'Uebermenschen' waeren. Ihre Charakterzuege teilen sie mit vielen anderen Menschen aber da ich nicht so weltbekannt bin und fuer die 18 Jahre, vor der Emigration, nur in Danzig lebte, habe ich die Sitten und Gebraeuche der Danziger beschrieben, die ohne weiteres, auch andere Voelker oder Menschengruppen haben. Grabbi erkundigte sich und ich gab ihr eine Antwort die ich noch erlaetern werde. Habe viel nach meinen Danziger Vorfahren geforscht und was es da fuer eine Anzahl von Ornowskis im Osten gibt, ist unglaublich. Wir kommen alle aus dem selben Genepool und sind verwandt, sollten deshalb wohl auch viele Sitten und Gebraeuche in den Familien ueberliefert haben. Liebe Gruesse von der Feli

Bartels
03.02.2015, 02:14
Liebe Feli & Ada,

ich denke, dass der Genpool äussert verschieden sein kann:

Ich bin zu 50 % Anhaltiner: Allerdings haben die beiden Grosseltern 50 Jahre in Danzig gelebt. Mein Vater wurde dort geboren und hat 40 Jahre in Danzig gelebt.

Zu 25 % bin ich Kurpfälzer oder Europäer mit Wurzeln in mindestens acht Ländern Europas ... - Allerdings hat auch mein Grossvater als Betriebsingenieur einer Werft in Danzig gearbeitet.

Zu 25% bin ich ein richtiger Danziger(?) Allerdings war mein Danziger Ur-Grossvater ein Existenz- und Unternehmensgründer aus Vorpommern. Seine Ehefrau (12,5 %) stammt aus dem Werder, hat aber wiederum zur Hälfte (?) mennonitische Vorfahren aus dem niederländischen Zeeland (& anderswo) und (der Familienüberlieferung nach) auch Ahnen im Salzburgerland. -

Meine Mutter war vier Jahre lang landwirtschaftliche Lehrerin im Werder, in und um Danzig. - Sie hat keine polnischen Vorfahren, aber den Komponisten Marcel Landowski (https://de.wikipedia.org/wiki/Marcel_Landowski) als Vetter 5. Grades. - Seine Ahnen waren in Warschau und Wilna zu Hause, die Verwandtschaft besteht aber über die pfälzische Linie der Familie.

NB: Ich wiederhole noch einmal meinen ersten Beitrag:

Danziger sind
- tolerant,
- multikulturell (von ihren Wurzeln und den Konfessionen) geprägt,
- humorvoll, spitzbübisch "Bowke",
- immer bereit zu plachandern,
- oder auch "heiß" zu diskutieren.

Felicity
03.02.2015, 03:39
Genepools koennen zum Teil unerwartet verschieden sein und unter ganz anderen Umstaenden habe ich durch "Ancestry" in Amerika die Albrecht-Dakota Family entdeckt, als weitlaeufige Verwandte. Haette so etwas nie geglaubt. Hoechstwahrscheinlich haben Genes sehr viel mit dem Charakter des Menschen und somit auch einer ganzen Menschengruppe zu tun. Deine 5 angefuehrten charakteristischen Neigungen der Danziger, koennen viele Sitten und Gebraeuche erklaeren, teils durch Geneology und auch durch allgemeiner Umgebung.
Liebe Gruesse von der Fali

Felicity
03.02.2015, 04:57
Liebe Grabbi ! Die Eindruecke, die ich von den typischen Charakter Zuegen der Danziger habe, kommen aus den Jahren 1927-1945, also den Kindern und Entwicklungsjahren. Sitten und Gebraeuche springen deshalb aus der Erinnerung dieser Jahre. Da ich in einer multikulturellen und multireligioesen aufgewachsen bin, konzentriere ich mich auf die Danziger Seite dieser Familie und meines Freundeskreises.
Sitten und Gebraeuche werden durch das ganze Leben, in den Aktivitaeten des Menschen oder Menschlein,ausgedrueckt. Die Kinderspiele wurden von einer ganzen Gruppe Danziger Kinder gespielt. Sie kamen zusammen in unserem Hinterhof, an den 3 Haeuser grenzten, da wir an der Ecke Weidengasse/Hirschgasse auf der Niederstadt lebten. Ein Ballspiel "Kopfchen, Brustchen, Kniechen" in dem man einen Ball an die Wand abstiess, habe ich nirgendwo anders spielen gesehen. Auch "Voelkerball" war sehr beliebt. Auch die Singspiele waren typisch und wir haben sie bis in's 'reife Alter' von 13 und 14 Jahren gespielt.
Ein Singspiel mache ich noch immer mit meinem 2 jaehrigen Enkelchen "Hoppe, hoppe Reiter, wenn er faellt dann schreit er, faellt er in den Graben, fressen ihn die Raben, faellt er in den Sumpf, dann macht der Reiter PLIMPS. Da sitzt er auf meinem ausgestrecktem Bein, waehrend ich ihn an seinen Haendchen halte, reitet rauf und runter und warte auf den PLUMPS. Wie er dann lachen und jauchzen kann. Das KInderlachen ist ansteckend und wir alle lachen mit ihm.
Als KInder haben wir auch immer puenktlich und aufgeregt in die Mottlau gespuckt wenn wir ueber die Bruecke gingen, das war unbedingt noetig. Warum, weiss ich heute immer noch nicht, es war eben eine Sitte.
Sogar die Woche war in Tage eingeteilt an denen gewisse Dinge geschahen. Das war nicht nur in unserem Haushalt gebraeuchlich, ich kannte viele Familien um uns herum die das auch einhielten. Sitte und Gebrauch ? Am Freitag wurden immer die duennen Holzkaeste mit geraeucherten Sprotten gekauft und der Fischmarkt besucht. Am Abend geschah dann das Vorputzen, weil am Samstag die ganze Wohnung sauber gemacht wurde. Teppiche wurden zusammen gerollt und auf der eisernen Kloppstange im Hinterhof gut ausgeklopft und abgebuerstet Am Sonntag ging es dann in die Kirche, sei es in die katholische oder die evangelische und zum Mittagessen kam der Braten mit Rotkohl auf den Tisch. Das sogar wie es schon Marken gab, wie es die Mutti gemacht hat weiss ich immer noch nicht. Allerdings waren wir eine 7 koepfige Familie, das half. Die vielen Gesellschaftsspiele die wir dann am Abend spielten, waren auch beruehmt, "Mensch aergere Dich nicht" und "Schwarzer Peter". Montags kam die Waschfrau. Die Sitte war dass die Bettwaesche am Abend vorher mit gruener Seife eingeweicht wurde. An diesem Tag gab es immer Wrucken oder Erbsen Eintopf, oefters mit den Schwarten und KNochen vom Sonntagsbraten lecker zubereitet. Familien hatten auch verschiedene Waschtage und Waschkueche und Trockenboden wurden mit allen geteilt.
Wenn Mutti oder Oma ein neues Brot anschnitten wurden drei Kreuze darueber gemacht bevor die Schnitten abgeschnitten wurden. Das habe ich auch nur in den Danziger Familien gesehen.
Die vielen Festtage hatten auch ihre beinahe ritualen Gebraeuche. Am Aller-Seelen Tag gingen wir immer zum Friedhof um auf dem Grab von Oma Lichtlein anzuzuenden, um uns leuchteten 100erte.
Am Nikolai Tag wurden den Kindern die Schuhe mit Suessigkeiten gefuellt und Adventskraenze mit ihren Kerzen leuchteten aus vielen Fenstern in der Niederstadt.
Der Heilige Abend wurde immer, nach alter Sitte gefeiert. Die Bescherung war um 6 Uhr und der grosse Tannenbaum leuchtete durch das ganze Wohnzimmer, welches wir nur betreten durften wenn das Gloeckchen laeutete. Wir Kinder mussten Gedichte aufsagen und Mutti spielte all die bakannten Weihnachtslieder. Wir sangen alle mit und nur wenn "Stille Nacht, Heilige Nacht"verklungen war gab es die Bescherung und die 'eingelegten Teller' mit Suessigkeiten
Nie werde ich die Brataepfel vergessen die in den Roehren der Kacheloefen pruzzelten. Bestimmt gab es diese auch in anderen kalten Gegenden aber die Sitten und Gebraueche in meiner Heimat sind mir tief in's Herz gewachsen.
Vor Ostern wurden fleissig Ostereier bemalt ich kann mich noch erinnern,als wir nicht die Farben bekamen, die Eier mit natuerlichen Mitteln zu faerben. Zum Beispiel Zwiebelschalen wurden um sie herumgegeben bevor sie gekocht wurden.
Im Sommer wurden alle Danziger Strandbesucher. Wir hatten regelmaessig aus Thorn, der Niederung und dem Werder Besucher. So ging es auch unseren Freunden. Ganze Gruppen machten sich auf zum Heubuder Strand und wie es so Sitte war hatten wir Burgen und allerhand Festungen um uns herum aufgebaut.
Und nun zum 'Danziger Tisch' Grabbi
Mein Danziger Tisch beherbergt Bilder und Andenken aus Danzig, sogar eine ungeoeffnete Flasche Danziger Goldwasser und eine Flasche voller Seesand aus Heubude. Ueber dem Tisch haengen Bilder und Teller an der Wand und ich habe sogar eine Danziger Flagge. Viele Dinge habe ich aus Luebeck und Hamburg und auch einige von Euch alten Danzigern aus den drei Foren.
Da siehst Du also Grabbi dass sogar am anderen Ende der Welt, Danziger Luft weht. Liebe Gruesse von der Feli

Grabbi
03.02.2015, 11:17
Liebe Feli,

vielen herzlichen Dank für Deine ausführliche Erklärung:).

Einiges davon kenne ich auch, aber das dies typische danziger Gebräuche und Sitten waren, war mir nicht so bewusst. Ich dachte immer, das machen alle Deutschen so oder das war aus der Heimat meiner Mutti, die ja aus Ostpreussen kam z.B. das mit dem Glöckchen zu Weihnachten.

Das mit dem Danziger Tisch finde ich sehr schön. Da hat man immer so ein Stück Heimat bei sich egal wo man sich auf dieser Welt befindet.

Peter von Groddeck
03.02.2015, 13:23
Liebe Feli,
welches sind die anderen beiden Danziger Foren?
Gruß Peter

Felicity
03.02.2015, 13:49
Lieber Peter ! Das eine Forum ist die 'Blakerstube' und wird wunderbar verwaltet von unserer Christa, dem 'Christkind' und das andere ist die fruehere' Erlebnisgeneration' und der jetzige Administrator ist Andreas Lisseux. Liebe Gruesse von der Feli

ada.gleisner
03.02.2015, 14:26
Liebe Feli,
danke für Deine ausführlichen Gebräuchesammung.Fast alles kann ich auch in meinen Erinnerungen so bescreiben. Immer mit kleinen Abstufungen. Z.B.gab es am Hl. Abend bei uns immer Kartoffesalat und Würtchen (wohl wege der Ungeduld der Kinder, endlich spielen zu können. Abgeschlossene Zimmer, geheimnisvolles Rascheln, Verbinden der Augen, wenn man etwas anprobieren sollte u.ä. Auch wir waren immer im Sommer in Glettkau und wohnten immer beim Fischer Obalski. Auch Kindergeburtstage verliefen immer nach dem gleichen Schema :zuerst Kuchen und Kakao, dann Spiele und zum Schluß noch Schokoladenpudding mit Vanillesauce. Um 18.00 wurden die Kinder abgeholt. zum Schluß noch einen Nachsatz zum Hoppe-Reiter-Spiel . "Fiel er in das grüne Gras, macht' er sich die Höschen naß.
Was hat das alles nun mit dem Charakter zu tun. Ich nehme an, daß unsere Kindheitserfahrungen späzer unseren
Charakter beeinflußen, deshalb ist eine gute Kindheit so wichtig Liebe Grüße nach Australien von Ada

Bartels
03.02.2015, 16:16
Einen schönen, sonnigen Tag, *)

"Hoppe hoppe Reiter" ist wohl im ganzen deutschen Sprachraum vertreten: Kniereitvers (https://de.wikipedia.org/wiki/Kniereitvers) (siehe: The study of European ethnology in Austria)

Es werden in der Wikipedia noch andere Verse genannt und drei Schweizer Versionen mit anderem Text.

*) wie heute in der Pfalz

Peter von Groddeck
03.02.2015, 19:05
Liebe Feli,
herzlichen Dank für die Info.
Liebe Grüße Peter

Felicity
03.02.2015, 23:03
Liebe Ada ! Hast schon Recht, man sagt ja immer " Was Hanschen nicht lernt, Hans lernt es nimmer !" Oft werden Charaktere in der Kinderstube gemacht. Habe oben nicht zu viel ueber den Charaket der Danziger geschrieben, sondern ueber die Sitten und Gebraeuche und meinem Danziger Tisch, so wie mich Grabbi darum gebeten hatte. Da ist mir noch ein anderer Gebrauch eingefallen. Am Sylvester wurde immer 'Blei gegossen'. Kennt Ihr das auch ? Die flachen, kleinen Quadrate von Blei konnte man kaufen und dann wurden, sie ueber Hitze, auf einem Loeffel aufgeloest und in's kalte Wasser gestuerzt. Was dann fuer Figuren herauskamen, sollte die Zukunft im naechsten Jahr beschreiben. Mit viel Gelaechter und Phantasie wurde dann das Neue Jahr sogar mit dieser Vorsicht begruesst. Liebe Gruesse von der Feli

Insel2008
03.02.2015, 23:05
Hallo liebe Feli,
als Tochter eines Danzigers mit norddeutscher Mutter erkenne viele Deiner Gebräuche, die sich in meinen Kinderjahren (nach dem Krieg) abspielten.
Das Singspiel, die Haushaltstage, Weihnachtsglöckchen-u. Teller und anderes mehr.
Auch heute sind diverse Tätigkeiten im Täglichen eingebunden.

Felicity
03.02.2015, 23:12
Liebes Inselchen ! Da bin ich aber froh dass Du auch, in gleicher Weise, aufgewachsen bist. Auch bei mir und meiner Familie, hier, so weit weg in Australien, wurden viele dieser Taetigkeiten in's Taegliche eingebunden. Sitten und Gebraeuche sind nun 'mal ein Teil unseres Lebens. Liebe Gruesse von der Feli

Felicity
03.02.2015, 23:23
Jetzt will ich Euch einmal eine kurze, wahre Geschichte erzaehlen. Ich fahre oft mit einer Taxe, wenn ich den langen Weg zum Doktor mache. Neulich, sprach mich der Fahrer an und sagte ich koenne auch deutsch mit ihm reden, (ich habe noch immer einen Accent in meinem englisch) Er erzaehlte mir dass er von Wien sei und ich sagte dass ich die letzten Jahre vor der Emigration in Deutschland lebte. Da wurde der Mann ganz still und fragte mich ploetzlich wo ich aufgewachsen waere, ich habe den selben Klang in der Stimme wie seine Frau aus Luebeck. Brauche Euch ja nicht mehr zu erzaehlen, habe Mascha kennen gelernt, sie wohnen ganz in der Naehe und wir sind gute Freunde geworden. Nicht nur haben wir Kinder aus dem Osten die gleichen Sitten sondern haben auch den singenden Tonfall, wenn wir deutsch sprechen. Liebe Gruesse von der Feli

Ute Marianne
04.02.2015, 10:43
Hallo Felicity,

Deine Sitten und Gebräuche sind mir auch gut bekannt .Ich bin Jüngeren Jahrgangs(69) und mein Vater stammt auch aus Danzig und ist dein Jahrgang .Er läutete immer it dem Glöckchen zu Weihnachten und ich mache es jetzt ebenso . Freitags ging es immmer mit der Großmutter zum Fischmarkt schöne Flundern und Dorsche holen manchmal gabs auch Krebse. Vor diesen hatte Paps etwas Respekt.
Großvater (Paps Vater)goß vor Weihnachten Zinnfiguren und Urgroßvater Artur(Paps Opa) bemalte sie. Oma röstete auch selbst Kaffee und Uropa züchtete Tauben.

Ach ich könnte so manches aufzählen was Papas so alles anstellte aber Feli das kennst du bestimmt alles.

Ich lese deine Berichte super gern und hoffe du bleibs noch schön lange gesund und munter.
Wirst du bald wieder Uroma?



Gruß Ute

Felicity
04.02.2015, 13:30
Liebe Ute ! Du glaubst garnicht wie gut es einem tut, wenn man liest, dass die naechste Generation, in Ehren haelt und die Gebraeuche aufrecht erhaelt, die wir von unseren Eltern und Ureltern gelernt haben. Mir scheint es immer als wenn sich da eine lange Kette ausdehnt und wir uns alle nahe sind. Und es ist schade, wenn dann ein Glied in der Kette nicht mehr mitmacht oder nicht mitmachen will. Die Zusammengehoerigkeit fuehle ich ganz stark und manchmal kommt es mir vor als ob ich meine Ahnen kenne und sie mir lieb und nahe sind. Danke fuer Deine Zeilen und sie sind fuer mich, wenn auch unbekannterweise, Worte der Freundschaft und Verbundenheit. Liebe Gruesse von der Feli

Ute Marianne
04.02.2015, 16:10
HAllo Feli,

Ich halte die Sachen von meinem Vater und Oma aus Danzig schon in Ehren,da es ihm leider nicht mehr vergönnt war seine Heimat nach 1980 nochmals zu besuchen. Er hat mir aber diesen Charme von Danzig und alles drumherum mit auf den Weg gegeben.Oma wollte ihr geliebtes Danzig soin Erinnerung behalten wie sie es als Kind und junge Frau erlebt hat.
ICh habe den Stammbaum meines Vaters erstellt ,da ihm dies sehr am Herzen lag.Er würde sich riesig freuen.Ich hoffe noch weiter zu kommen.
Selbst die Wrukensuppe und Pferdeschmalz haben bei mir Einzug gehalten.Kartoffelpuffer in Pferdeschmalz gebacken köstlich.

Gruß Ute

Felicity
05.02.2015, 22:47
Als ich von den Kartoffelpuffer las, lief mir das Wasser im Mund zusammen, Ute. Die gab es immer am Freitag mit sauren eingelegeten Heringen. Die Kartoffelpuffer waren im Schweineschmalz gebacken und schoen knusprig, manchmal legte ich eins of ein kleines Tellerchen und streute Zucker darueber, das hat auch gut geschmeckt, hatte immer schon einen Charakterzug, etwas anderes zu tun als das was man erwartete. Liebe Gruesse von der Feli

Danzig211
06.02.2015, 19:40
Liebe Feli und Ute.Ein alter Danziger aus der Altstadt möchte euch auf etwas hinweisen,in Danzig sagte man Flinsen nicht Kartoffelpuffer und den Dorsch nannte man Pomuchel.Das war echt Danziger gerede,Reibekuchen oder Rievkoche sagt man im Rheinland.Ich als Fischerjunge kann heute noch mit 87 Jahren Danziger platt sprechen.Viele Grüße von Kurti Danzig211.

Ute Marianne
06.02.2015, 22:26
Hallo Kurti,

Bei mir hat das Rheinland halt ein bischen abgefärbt so nach 18 Jahren wie ich jetzt hier wohne.Mein Paps sagte immer Puffer und Pomuchel. Aber Flinsen hörte ich leider nicht ,wieder was dazugelernt.

Paps liebte Fisch in allen Variationen.


Gruß Ute

Felicity
06.02.2015, 23:20
Von mir auch ein Hallo, Kurti ! Wir nannten die Kartoffelpuffer auch Flinsen und Flundern und Pomuchel waren halt die Fische die am meisten gegessen worden und die auch immer so genannt wurden. Besonders die Pomuchel liebte ich und deshalb nannte mich der Opa, sein 'Pomuchelskopp'. Sogar heute bestelle ich im Lokal zu gern ein Flundergericht. Es ist zwar teuer aber der Fisch bedeckt den ganzen Teller und wenn wir auch nicht die geraeucherten hier bekommen so ist die gebratene Flunder auch lecker. Beim Kubitzki auf der Langen Bruecke, bei meinem letzten Besuch, war ich ganz und gar mit meiner Flunder beschaeftigt und vernachlaessigte das Gespraech. Das war ein Genuss. Heute gibt es ja den Kubitzki dort nicht mehr, Schade. Liebe Gruesse von der Feli

ada.gleisner
07.02.2015, 01:35
Wenn ich an geräucherte Flundern denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Der Fischer Obalski in Glettkau, bei dem wir im Sommer wohnten, räucherte seine frisch gefangenen Flundern in so einem Räucherhäuschen in seinem Hof. Warm noch aus dem Rauch gab es nichts Köstlicheres für mich, so jung ich auch noch, war als diese geräucherten Flundern. Nie wieder habe ich solche gegessen. Grüße von Ada

Felicity
07.02.2015, 03:43
Liebe Ada ! So wuchsen wir kleine Knirpse eben auf, mit Flundern und Dittchen, Gebraeuchen und Sitten und bekamen die Menschen die wir heute sind. Diese Eigenarten und besondere Genuesse im Essen, hier in Australien aufrecht zu erhalten ist nicht immer leicht. Aber meine Geschwister, ich und auch jetzt meine Soehne schaffen es meistens unserem Magen einen Feiertag zu stiften. Ganz besonders wenn wir zu Familien Festen zusammen kommen, vom Kartoffelsalat zum Heringssalat bringt ein jeder etwas mit das uns an die Heimat erinnert und das glaubt man kaum, mein juengster Sohn kocht den besten Gullasch den ich je gegessen habe. Liebe Gruesse von der Familie (habe ihnen erzaehlt von diesen Episteln ueber unsere Heimat) und der Feli

Ute Marianne
07.02.2015, 09:24
Hallo zusammen,

Großvater Kurt und Paps machten oft Ausflüge nach Stegen und holten sich an der Schiewenhorsten frisch geräucherte Aale .Die ersten wurden schon gleich auf der Fähre verschnabuliert.Bratheringe waren auch sehr beliebt. Vater machte auch immer eine sehr leckere Sülze aus Schweinefüßchen.

Kennt jemand ein Motorad der Marke Indian ? Großvater baute noch einen Beiwagen an und damit wurden bis 1939 Ausflüge um Danzig herum unternommen.

Gab es auch spezielle Kuchenrezepte in Danzig??


Gruß Ute

Felicity
07.02.2015, 12:48
Da musst Du einmal unter 'Omas Rezepte' suchen Ute, da gibt es alles, mit den Kartoffelflinsen angefangen. Liebe Gruesse von der Feli

waldling +6.8.2023
07.02.2015, 14:31
Guten Tag zusammen,
meine Mutter sprach manchmal von "Erdschucken duckeln". Na, wer weiß was damit gemeint ist? Erdschucken ist ja noch einfach, aber duckeln? Allerdings weiß ich nicht, ob das Wort so korrekt ist.
Einen schönen Samstag!
Uwe

waldling +6.8.2023
07.02.2015, 14:42
http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/botanik/periodical/pageview/3892702
Seite 66 habe ich das köstliche Gericht gefunden ;)

https://www.digizeitschriften.de/de/dms/toc/?PPN=urn%3Aeuropeana.ub.uni-frankfurt.de%3Adigibotzzvdd%3Alog3892638
Hier gibt es übrigens ganz interessante Berichte.

StampCollector
07.02.2015, 15:05
Bei den Reibeplätzchen ist auch die Stärke der Kartoffelreibung interessant.
Meine Großmutter hat die (westfälischen) Reibekuchen fein gerieben.
Ich persönlich benutze eine grobe Reibe...
Die Kartoffelpuffer werden so knuspriger.

Dann gibt es auch noch Leute, die einen gewissen Prozentsatz Instant-Reibekuchen dem Teig zufügen...

Jeder so, wie er mag...

SC

Bartels
12.02.2015, 16:26
Hallo Ute,

ff. schrieb ich früher in einer Diskussion ("Automobile in Danzig") mit Hans-Jörg: "ich denke 1930 schwärmte man mehr für eine "Indian" als für eine Harley."

wikipedia: Indian (http://de.wikipedia.org/wiki/Indian)

Ob es schon eine Scout war? Die Einfuhr von Vier- und Zweirädrigem nach Danzig war teuer.

Ute Marianne
12.02.2015, 17:52
Hallo Rudolf,


Mein Vater (JAhrg.27) sprach nur von Indian-Motorad an diese wurde eine Beiwagen gebaut von seinem Vater und dessen Cousin.
Im Jahr 1939 mußte sie kriegsbedingt abgegeliefert werden.
Ich denke mein Opa bekam sie von seiner Schwägerin so ca 1927/29.Diese besaßen zu diesem Zeitpunkt ein Tabakwarengeschäft(Zabak Gullatz Englischer Damm).

Ja Paps war hin und weg von dieser Maschine.

Gruß Ute

Christkind
15.02.2015, 22:10
Guten Abend.
Vor 10 Tagen fragte Nina nach den Eigenarten der Danziger.
Ich komme darauf, weil aus unserem Ortsverein wieder eine Danzigerin von uns ging.
Im Nachruf in der Tageszeitung schrieb die Familie:

"Man muss nur wollen,
daran glauben,
dann wird es auch gelingen!"

Danke, dass du uns das gelehrt hast.



Frau Lucia Schrödter, geb. Petri,gab. am 2.10. 1917 in Danzig,
gest.am 11.2.2015 in Salzgitter.
Hartmut und Frank Schrödter mit Familien.
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Ist damit nicht auch viel über den Charakter der Danziger gesagt?
Frau Schrödter war immer dabei, wenn wir uns trafen, auch wenn es zuletzt nur noch mit großer körperlicher Anstrengung möglich war. Aber Danzig lag ihr am Herzen, und unter Danzigern fühlte sie sich wohl.


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Schöne Grüße, Christa