Wolfgang
22.02.2015, 00:42
Schönen guten Abend,
diese Woche hatte meine Frau Geburtstag und so ließen wir uns (meine Mutter und ich) von ihr zu einem Essen einladen. Ich hatte von einer Zoppoter Restaurantbrauerei gehört und da ich gerne frisch gebraute Biere und auch einmal ein deftiges Mahl liebe, schlug ich dieses Lokal vor. Meine Mutter, die gegen Ende des Krieges als junges Mädel ihre Wohnung in der Bismarckstraße (unweit des Restaurants in der Seestraße) fluchtartig verlassen musste, stimmte diesem Vorschlag sofort zu.
Die Hausbrauerei befindet sich in der oberen Seestraße, direkt gegenüber der früheren evangelischen Erlöserkirche, ist also leicht zu finden.
Zuallererst: Die Biere sind geschmacklich recht gut. Ich bestellte ein Weizen, meine Mutter ein Pils. Beide sahen gleich aus, hell, trüb und wurden in kelchförmigen Gläsern gereicht. Ein bisschen verwundert war ich über die Biertemperatur: Ich mag keine kühlen Biere, und wir erhielten auch keins, aber ich weiß natürlich, dass warme Biere nicht jedermanns Geschmack sind...
Die Einrichtung ist modern, sehr modern, nach meinem Gefühl dem modernen Zoppot ein bisschen zu stark angepasst. Wenn ich eine Hausbrauerei besuche, dann will ich auch ein Flair spüren, ein an alte Traditionen erinnerndes Flair. Dann will ich Hopfen riechen oder zumindest Braugerüche empfinden, Hopfensäcke sehen, alte Plakate oder Reproduktionen davon an den Wänden bewundern. Nix kam da auf, und selbst der Bierthresen mit einigen dahinter befindlichen blank gewienerten Braukesseln war eher schamhaft versteckt. Welcher Innenarchitekt hat das verbrochen???
Die Speisekarte: Nu ja, sie war natürlich polnisch und in Kleinschrift darunter auch in recht guter englischer Sprache. Deutsch? Fehlanzeige. Es wird offensichtlich davon ausgegangen, dass deutsche Gäste entweder der polnischen oder der englischen Sprache mächtig sind. Mir persönlich geht das gegen den Strich -obwohl ich die Karte mittlerweile auch in polnisch verstehe-, denn es gibt so viele deutsche Zoppot-Besucher, die beide Sprachen entweder gar nicht oder nur dürftig beherrschen. Es ist kein Kunstwerk, eine solche Speisekarte -sie ist nicht sehr umfangreich- auch in deutsch zu verfassen. Wer dies nicht tut, ist gedankenlos oder ignorant oder mag schlichtweg keine deutschen Gäste.
Was bestellten wir? Die Angebote auf der Karte sind kurz, trotzdem interessant, und sie sind nicht hochgestochen wie in der Danziger Brauereigaststätte (Browarnia Gdańska). Preislich bewegen sich die fast durch die Bank weg gut klingenden Gerichte in einem sehr zivilen Rahmen. Gut, und was bestellten wir nun?
Ich bestellte "Żeberka grillowane 300g, glazurowane miodem, kapusta zasmażana, placki ziemniaczane" für 29,90 Zloty. Das sind gegrillte Schälrippchen, in glasiertem Honig, Weißkohl und Kartoffelpuffer.
Meine Mutter orderte "Dorsz z patelni z frytkami 170g, sałatka z kapusty kiszonej" für 24,90 Zloty. Also Dorsch aus der Pfanne mit Pommes und Sauerkraut
Und meine Frau wählte "Pstrąg z pieca w pergaminie 250-300g, frytki, zestaw surówek" für 27,90 Zloty. Das ist eine schöne große Forelle in Pergamentpapier mit Pommes und dem typischen beigereichten polnischen Salat.
Nun zur Kritik: Alle drei Gerichte wurden lauwarm an den Tisch gebracht. Mein Gott, es müssen ja nicht unbedingt vorgewärmte Teller sein, aber lauwarme Schälrippchen, lauwarmer Fisch, lauwarme Pommes??? Es ist NEBENSAISON und da sprang genug Personal rum (pardon, häufiger waren sie vertieft in Gepräche miteinander zu sehen), wie soll das in der Hauptsaison aussehen wenn der Laden brummt? Die Speisentemperatur war vollkommen daneben, einfach unakzeptabel!
Meine Schälrippchen -wenn sie gut sind, liebe ich sie-, stammten von einem Schwein das drei Mal starb. Erst wurde es totgeschlagen, dann wurden die Rippchen totgekocht, und dann wurde das ganze totgetrocknet. Honigglasur? Fehlanzeige! Totgekochtes und ewig warm gehaltenes und deswegen langfasrig ausgetrocknetes Fleisch. Geschmack? Hatte es nicht. Der beigereichte gekochte Weißkohl war prima, die fetttriefenden Kartoffelpuffer keine Spur knusprig. Sie lagen auf dem Teller wie vollgesogene Wischkodder.
Der Dorsch meiner Mutter: Sie war sehr angetan. Wenn man von der Temperatur absieht, sehr gut, selbst ihre lauen Fritten. Ich hätte die Fritten nicht runter gebracht.
Meine Frau hatte die Pergament-Forelle. Das sah lustig aus. Hatten die doch eine Forelle in ein Stück normales Pergamentpapier gepackt und auf Pommes und Salat draufgelegt. Ich frag mich, wie hat der Kellner das zu uns bringen können ohne dass ihm die Forelle von den Pommes runterhopste? Und so wie das gereicht wurde, war das gar nicht zu essen. Einen separaten Teller für die Gräten erhielten wir erst auf Nachfrage. Geschmacklich -auch da lasse ich jetzt ins Urteil die Laulau-Temperatur nicht einfließen-, war die Forelle aber super! Gut durch, phantastische Konsistenz, saftig, mit einem kräftigen aber nicht dominanten Hauch von Knoblauch. Wunderbar, aber wie die das gemacht haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich frisch im Konvektomat.
Der ganze kulinarische Spaß kostete (drei Gerichte, zwei Weizen, zwei kleine Pils, ein stilles Wasser) rund 115,00 Zloty. Positiv ist anzumerken, dass ausländische Kreditkartenzahler nicht übervorteilt werden - die Bezahlung erfolgt in Zloty.
Fazit: Na ja, wat willste sagen? Es fehlt zu viel für eine Empfehlung. Das Personal freundlich, aber zu verschlafen. Dass das Bier zu warm und die Gerichte zu kalt gereicht werden: Kann sein, wenn da so furchtbar getrödelt wird. Aber die kaputten Schälrippchen, frei von Honigglasur und so pfurztrocken dass sie Einem im Hals stecken bleiben, die sind absolut unentschuldbar und zeugen davon, dass Gäste bewusst verarscht werden. Wie kann ein Kellner so etwas an den Tisch bringen?
Hier die Internet-Adresse (nur in polnisch): http://browarmiejskisopot.pl/
Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang
diese Woche hatte meine Frau Geburtstag und so ließen wir uns (meine Mutter und ich) von ihr zu einem Essen einladen. Ich hatte von einer Zoppoter Restaurantbrauerei gehört und da ich gerne frisch gebraute Biere und auch einmal ein deftiges Mahl liebe, schlug ich dieses Lokal vor. Meine Mutter, die gegen Ende des Krieges als junges Mädel ihre Wohnung in der Bismarckstraße (unweit des Restaurants in der Seestraße) fluchtartig verlassen musste, stimmte diesem Vorschlag sofort zu.
Die Hausbrauerei befindet sich in der oberen Seestraße, direkt gegenüber der früheren evangelischen Erlöserkirche, ist also leicht zu finden.
Zuallererst: Die Biere sind geschmacklich recht gut. Ich bestellte ein Weizen, meine Mutter ein Pils. Beide sahen gleich aus, hell, trüb und wurden in kelchförmigen Gläsern gereicht. Ein bisschen verwundert war ich über die Biertemperatur: Ich mag keine kühlen Biere, und wir erhielten auch keins, aber ich weiß natürlich, dass warme Biere nicht jedermanns Geschmack sind...
Die Einrichtung ist modern, sehr modern, nach meinem Gefühl dem modernen Zoppot ein bisschen zu stark angepasst. Wenn ich eine Hausbrauerei besuche, dann will ich auch ein Flair spüren, ein an alte Traditionen erinnerndes Flair. Dann will ich Hopfen riechen oder zumindest Braugerüche empfinden, Hopfensäcke sehen, alte Plakate oder Reproduktionen davon an den Wänden bewundern. Nix kam da auf, und selbst der Bierthresen mit einigen dahinter befindlichen blank gewienerten Braukesseln war eher schamhaft versteckt. Welcher Innenarchitekt hat das verbrochen???
Die Speisekarte: Nu ja, sie war natürlich polnisch und in Kleinschrift darunter auch in recht guter englischer Sprache. Deutsch? Fehlanzeige. Es wird offensichtlich davon ausgegangen, dass deutsche Gäste entweder der polnischen oder der englischen Sprache mächtig sind. Mir persönlich geht das gegen den Strich -obwohl ich die Karte mittlerweile auch in polnisch verstehe-, denn es gibt so viele deutsche Zoppot-Besucher, die beide Sprachen entweder gar nicht oder nur dürftig beherrschen. Es ist kein Kunstwerk, eine solche Speisekarte -sie ist nicht sehr umfangreich- auch in deutsch zu verfassen. Wer dies nicht tut, ist gedankenlos oder ignorant oder mag schlichtweg keine deutschen Gäste.
Was bestellten wir? Die Angebote auf der Karte sind kurz, trotzdem interessant, und sie sind nicht hochgestochen wie in der Danziger Brauereigaststätte (Browarnia Gdańska). Preislich bewegen sich die fast durch die Bank weg gut klingenden Gerichte in einem sehr zivilen Rahmen. Gut, und was bestellten wir nun?
Ich bestellte "Żeberka grillowane 300g, glazurowane miodem, kapusta zasmażana, placki ziemniaczane" für 29,90 Zloty. Das sind gegrillte Schälrippchen, in glasiertem Honig, Weißkohl und Kartoffelpuffer.
Meine Mutter orderte "Dorsz z patelni z frytkami 170g, sałatka z kapusty kiszonej" für 24,90 Zloty. Also Dorsch aus der Pfanne mit Pommes und Sauerkraut
Und meine Frau wählte "Pstrąg z pieca w pergaminie 250-300g, frytki, zestaw surówek" für 27,90 Zloty. Das ist eine schöne große Forelle in Pergamentpapier mit Pommes und dem typischen beigereichten polnischen Salat.
Nun zur Kritik: Alle drei Gerichte wurden lauwarm an den Tisch gebracht. Mein Gott, es müssen ja nicht unbedingt vorgewärmte Teller sein, aber lauwarme Schälrippchen, lauwarmer Fisch, lauwarme Pommes??? Es ist NEBENSAISON und da sprang genug Personal rum (pardon, häufiger waren sie vertieft in Gepräche miteinander zu sehen), wie soll das in der Hauptsaison aussehen wenn der Laden brummt? Die Speisentemperatur war vollkommen daneben, einfach unakzeptabel!
Meine Schälrippchen -wenn sie gut sind, liebe ich sie-, stammten von einem Schwein das drei Mal starb. Erst wurde es totgeschlagen, dann wurden die Rippchen totgekocht, und dann wurde das ganze totgetrocknet. Honigglasur? Fehlanzeige! Totgekochtes und ewig warm gehaltenes und deswegen langfasrig ausgetrocknetes Fleisch. Geschmack? Hatte es nicht. Der beigereichte gekochte Weißkohl war prima, die fetttriefenden Kartoffelpuffer keine Spur knusprig. Sie lagen auf dem Teller wie vollgesogene Wischkodder.
Der Dorsch meiner Mutter: Sie war sehr angetan. Wenn man von der Temperatur absieht, sehr gut, selbst ihre lauen Fritten. Ich hätte die Fritten nicht runter gebracht.
Meine Frau hatte die Pergament-Forelle. Das sah lustig aus. Hatten die doch eine Forelle in ein Stück normales Pergamentpapier gepackt und auf Pommes und Salat draufgelegt. Ich frag mich, wie hat der Kellner das zu uns bringen können ohne dass ihm die Forelle von den Pommes runterhopste? Und so wie das gereicht wurde, war das gar nicht zu essen. Einen separaten Teller für die Gräten erhielten wir erst auf Nachfrage. Geschmacklich -auch da lasse ich jetzt ins Urteil die Laulau-Temperatur nicht einfließen-, war die Forelle aber super! Gut durch, phantastische Konsistenz, saftig, mit einem kräftigen aber nicht dominanten Hauch von Knoblauch. Wunderbar, aber wie die das gemacht haben, weiß ich nicht. Wahrscheinlich frisch im Konvektomat.
Der ganze kulinarische Spaß kostete (drei Gerichte, zwei Weizen, zwei kleine Pils, ein stilles Wasser) rund 115,00 Zloty. Positiv ist anzumerken, dass ausländische Kreditkartenzahler nicht übervorteilt werden - die Bezahlung erfolgt in Zloty.
Fazit: Na ja, wat willste sagen? Es fehlt zu viel für eine Empfehlung. Das Personal freundlich, aber zu verschlafen. Dass das Bier zu warm und die Gerichte zu kalt gereicht werden: Kann sein, wenn da so furchtbar getrödelt wird. Aber die kaputten Schälrippchen, frei von Honigglasur und so pfurztrocken dass sie Einem im Hals stecken bleiben, die sind absolut unentschuldbar und zeugen davon, dass Gäste bewusst verarscht werden. Wie kann ein Kellner so etwas an den Tisch bringen?
Hier die Internet-Adresse (nur in polnisch): http://browarmiejskisopot.pl/
Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang