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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wer weiß es noch?



vklatt
26.08.2015, 15:32
Hallo in die Runde

wenn ich mich recht erinnere, war es 1944 als ich in Heubude in der Volksschule war, als
während des Unterrichts plötzlich die Klassenzimmertür aufgestoßen wurde und Hermann Göring
mit 3-4 Männern unser Klassenzimmer betrat. Er begrüßte uns, na wie wohl? Ja, mit erhobenem Arm.
Er sprach etwas mit uns, aber was, das hab ich leider vergessen.

Gibt es hier im Forum noch Jemand der/die sich an diesen hohen Besuch erinnert?


Viele Grüße


Vera

Rudolf
26.08.2015, 16:41
Hallo Vera ,
von April 1940 bis April 1944 habe ich die Heubuder Volksschule besucht . Ich kann mich nicht erinnern ( obwohl mein Erinnerungsvermögen noch sehr gut ist ) , daß in diesem Zeitraum jemals ein höherer Regierungsvertreter der damaligen Zeit die Schule besucht hat .
Im damals neuen Trakt , angebaut am alten Schulgebäude , zog etwa Mitte des Krieges eine ( vermutlich ) Ausbildungseinheit der Flakartillerie ein . Sie exerzierten häufig auf dem Schulgelände und dann erschienen dazu häufig auch höhere Offiziere , aber es waren nur Dienstgrade bis max. Oberst dabei ( die Dienstgrade kannten wir als Jungs schon ) .
Übrigens sah ich Ende 1943/Anfang 1944 auf dem Schulhof auch Soldaten in deutschen Uniformen beim Exerzieren , jedoch mit anderen Kragenspiegeln und Rangabzeichen . Sie sprachen - wie ich dann erfuhr - russisch . Die Erwachsenen erzählten , daß es sich um ehemalige sowjetische Kriegsgefangene handelte , die sich entschlossen hatten , unter Aufsicht der Wehrmacht gegen die Sowjetunion zu kämpfen . Ob sie zur dann gebildeten " Wlassow-Armee " , die vom ehemaligen Sowjetgeneral Wlassow geleitet wurde , gehörten , weiß ich nicht .
Beste Grüße vom Heubuder Rudi

vklatt
26.08.2015, 18:26
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Hallo Rudi

ich bin ja bis Mitte Januar 45 noch dort gewesen. Es ist möglich, daß sie in dem Zeitraum von April 1944-Jan. 1945 die Schule
besucht haben.
Mit den Soldaten hast du Recht, sie waren mir nicht so ganz geheuer.


Viele Grüße Vera

Martschinke
05.04.2016, 09:35
Das gesamte Schulwesen in Danzig seit 1943 bis zur Kapitulation 1945 war auf
Krieg eingstellt. Ich wurde im April 1943 in die Berufsschule GROßE MÜHLE in
Danzig eingeschult. Die Berufsschule hatte kaum noch richtig ausgebildete
Fachlehrer. In der ersten Lehrstunde mußte immer ein Berufsschüler die
Danzige Zeitung holen. (Die Danziger neuesten Nachrichten.) Es wurde
über die Kriegs-Schauplätze gelesen über Sieg und Erfolg. Die zweite Berufsschulstunde wurde nach einem vorgegebenen Bericht, den jeder besuchende Schüler der Schule erhielt. Dieser Stoff in dieser Berufslektüre
wurde kaum behandelt. Ein heute auszubildender junge Mensch kann es kaum glauben, wie es damals geschah.
Die Berufsschullehrkraft war wohl keine Person, die durch ihre höhere Kompetenz auf bestimmten Gebieten anderen etwas beibringen könnte,
Kriegsversehrte wurden in den letzten Kriegsjahren für Aufgaben ausgebildet,
die sie selbst nicht leisten konnten. Der betreuende Lehrer sagte zu mir Martschinke fahren sie doch mal nach meinem Hause in Zoppot ob ich Post bekommen. Nach Übergabe der geholten Post sagte er mir, was sie sind
nun schon wieder zurück, warum haben sie sich nicht den Seesteg in
Zoppot angesehen? Alles andere hier hat doch keinen Zweck mehr.
Sie kommen doch aus dem ländlichen Gebiet (Praust) das nächste Mal
bringen sie mir doch einen kleinen Sack Korn mit, ich habe kein Futter
mehr für meine Hühner. Na gut, wunschgemäß brachte ich ihm sein
Hühnerfutter. In meinen ausgehändigten Jahres Zeugnis hatte ich
überwiegend Einsen dafür bekommen. Darauf konnte ich nicht stolz
sein, es stimmte ja doch nicht. Dies Zeugnis musste ich dem Lehr-
Betrieb vorlegen. Der Lehrmeister machte eine krause Stirn und
unterschrieb das Zeugnis gesehen zu haben. Schließlich war er ja
doch immer froh, wenn ich ihm aus dem ländlichen Gebiet paar
Hühnereier und frische Milch mitbrachte.

Freundliche Grüße Martschinke.


zu Hause, ( in Zoppot ) ob ich Post bekommen habe. Wir waren alle gehorsam
und taten, was wir mussten.

joachimalfred
05.04.2016, 12:02
Hallo Ihr alten Heubuder,
ja so war es in der ehemaligen Schule in Heubude die auch ich
bis zum bitteren Ende 1945 besucht habe.
Fremde Soldaten habe ich auf dem Schulhof nicht gesehen.
Mein Onkel war im Anbau der Schule längere Zeit als Soldat stationiert.
Oft und hat er uns aus der Kantine mit allerlei essbarem versorgt.
Schöne Erinnerungen habe ich in der Schule sonst leider nicht erlebt.
War es in den letzten Monaten überhaupt noch "Schule"?
Wechselten unsere Lehrer nicht so oft, dass wir sie manchmal gar nicht
mehr kannten?
Bei einem meiner letzten Dzg.-Heubude besuchen hatte ich versucht in
das Schulgebäude hinein zu gehen, leider klappte es nicht, die Türen waren
alle verschlossen.
Versuchen werde ich es aber noch einmal..........

Rudolf
05.04.2016, 12:48
Zu diesem Thema auch von mir einige Bemerkungen . Von April 1940 bis April 1944 habe ich die Heubuder Volksschule besucht . In den ersten beiden Kriegsjahren merkte man allmählich , daß die bekannten Lehrer nach und nach verschwanden . Die Männer wurden zumeist zum Militär eingezogen und als Ersatz kamen dann verschiedene - vermutlich bereits pensionierte - Lehrer und überwiegend Lehrerinnen zum Einsatz . In Erinnerung ist mir besonders eine ältere Lehrerin in Erinnerung , die bei uns Schülern sehr unbeliebt war . Sie war eine sehr kleine Person und hatte ihre helle Freude daran , uns bei ihren überraschenden Fragen - auch wenn diese sich nicht auf den Stoff der Unterrichtsstunde bezogen - zu maßregeln . So fragte sie z. B. in der Deutsch-Stunde plötzlich eine Schüler nach dem Einmaleins . Wenn nicht sofort wie aus der Pistole geschossen das richtige Ergebnis kam , mußte dieser Schüler den Federkastendeckel an sie übergeben und erhielt mit diesem einige Schläge auf die ausgestreckte Hand - eine recht schmerzhafte " Bestrafung " . Ungefähr ab Mitte des Krieges gab es auch zeitweise Unterricht durch verwundete Soldaten , die im Zivilberuf Lehrer waren und im Heubuder Kurhaus ( während des Krieges zeitweise ein Lazarett/Genesungsheim ) zur Behandlung waren . Hier denke ich besonders an einen Lehrer , der uns Schülern in der Deutschstunde vor allem Soldatenlieder einhämmerte und das so intensiv , daß ich einige Texte bis heute nicht vergessen habe .
Werner schreibt , daß er in der Heubuder Schule keine fremden Soldaten gesehen hat . Im Winter 1943/1944 gab es für einige Wochen Soldaten im Anbau der Schule , die mitunter auf dem Schulhof exerziert haben . Sie trugen wehrmachtsgraue Uniformen , ab andere Kragenspiegel und Abzeichen . Die Kommandosprache war - wie wir erfuhren - russisch .
Vor einigen Jahren war ich in Riga/Lettland und sah dort in einem Museum eine Teilausstellung zur lettischen Waffen-SS . Dort fand ich einen Hinweis , daß Ende 1944/Anfang 1945 auch Einheiten dieser lettischen SS zeitweise in Heubude waren .
Aber allgemein war es wirklich so , daß von einem regulären und normalen Schulbetrieb ab Mitte des Krieges nicht mehr gesprochen werden konnte .
Euch allen noch eine schöne Woche vom Heubuder Rudi