PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bodenfunde im Werder



Wolfgang
29.09.2015, 12:03
Schönen guten Morgen,

die ganze Gegend hier im Großen Werder bzw. Marienburger Werder liegt auf geschichtsträchtigem Boden. Alles was nicht unter Wasser lag, wurde besiedelt und genutzt. Und natürlich sind noch überall Spuren früherer Besiedlung zu finden.

Spaziergänge über abgeerntete Felder sind immer interessant. Vor allem auf früheren Warften, also aufgeschütteten Geländeerhebungen auf denen Höfe standen, liegt häufig Vieles offen an der Erdoberfläche: z.B. Keramik-, Porzellan- und Glasscherben, Tierknochen, Münzen, Nägel und sonstige Metallteile.

Auf einem kürzlichen Spaziergang über abgeerntete Kartoffelfelder fand ich bei Klein-Brunau (Broniewo) einige Teile, die hier immer wieder zu sehen sind:

20074

Wer kann sagen was das ist? :) Diese Bodenfunde sagen sehr viel aus, und oft sind sie sogar sehr genau zu datieren.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

ada.gleisner
29.09.2015, 14:03
Hallo Wolfgang,
vielleicht ist es eine Tonpfeife, evtl. für Raucher , aber auch um Töne zu fabrizieren ? Grüße von Ada

jonny810
29.09.2015, 15:55
Hallo Wolfgang,

ich kenne diese Pfeifen noch aus meiner Kind-Zeit aus Danzig.

Das war ein Erb-Stück und stammte aus Mutters Familie.

Meines Wissens nach sind das ganz normale Tabak-Pfeifen.

Dazu gibt es ja auch viel historische Abbildungen, bei denen man sie

bei Rauchern sieht.

In Westfalen zum Beispiel, werden sie noch heute auf "Stuten-Kerlen"

als Besonderheit mitverkauft. Allerdings sind diese wesentlich kürzer.

asgaard
29.09.2015, 16:01
Hallo Wolfgang,

das ist ein Meerschaumpfeifenkopf für den Tabakgenuß , nebst abgebrochenen langen Röhren, die zum Mundstück führen. Diese Tabakpfeifen treten in Deutschland seit dem 18.Jahrhundert auf, ursprünglich aber aus der Türkei wo der Meerschaum ,ein Magnesiumsilikat verwandt mit dem Magnesiumkarbonat hauptsächlich vorkommt. Lülestein oder Lületas genannt.
Ich habe selbst schon welche in alten Burgruinenhang am Rhein und Mosel gefunden.

Gruß Wolfgang

Wolfgang
29.09.2015, 17:06
Schönen guten Nachmittag,

ja, es ist eine alte Tabakspfeife. :)

Früher hat es ja (gücklicherweise) keine Müllabfuhr gegeben und so wurde alles, was nicht mehr brauchbar war, über Latrinen, Dunghaufen oder oder einen kleinen nahe des Hauses gelegenen Müllplatz entsorgt. Und so eine Pfeife ist eben ein recht filigranes Ding, das häufig brach. Es gibt hier Plätze in denen der ganze Boden voller kleinster Tabakspfeifenbruchstücke ist.

Das Problem sind die schweren Bodenbearbeitungsmaschinen, also Traktoren, Pflüge, Eggen. Als ich hier letztes Mal mit einem Freund unterwegs war, fand dieser eine weiße blau bemalte Kachel, die ganz frisch von einem Traktorreifen in unzählige Stücke zerdrückt war. So geht Jahr für Jahr mehr verloren.

Die hier gefundenen Tabakspfeifen stammen zumeist aus Holland. Oft tragen sie Herstellermarken und lassen sich somit zeitlich genau zuordnen. Aber auch die Form des Pfeifenkopfes und -halses lässt Rückschlüsse auf das Alter zu. Der auf dem Foto gezeigte Pfeifenkopf lässt sich für mich als Laien nur schwierig zuordnen. Auf Vergleichsbildern (siehe http://helene-bonn.info/AK/kat.htm#kopf) gleicht er am ehesten dem Modell "h" (längergestrecktes eiförmiges symmetrisches Modell, 1775-1815).

Unbeschädigte Pfeifenköpfe sind relativ selten zu finden, da sie wie gesagt, durch die Bodenbearbeitung meist schwer beschädigt sind.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

o-berg
29.09.2015, 18:54
Eine Kreidepfeife. Wird oft in die nordische Länder gefunden.
Kamen um 1600 und 1700 Jahren aus Holland.

Gruß Olaf

Wolfgang
29.09.2015, 19:04
Hier noch ein Link zur Geschichte der holländischen Tonpfeife: http://www.pfeife-tabak.de/Artikel/Pfeifenkunde/Tonpfeifen/Teil2/tonpfeifen2.html

Schöne Grüße,
Wolfgang

jonny810
29.09.2015, 20:00
offenbar wurde aus der oben gezeigte Pfeife noch gar nicht geraucht.

Die Röhrchen sehen so aus, als hätten sie noch nie Nikotin zu Spüren bekommen.

Wolfgang
29.09.2015, 20:41
Schönen guten Abend,
hallo Erhart,

solche Pfeifen werden häufig vollkommen verkrustet gefunden. Wenn man denkt, da setzt sich nur Lehm und Sand ab, dann ist man auf dem Holzweg. Auch diese Pfeife hat einen langen Reinigungsweg hinter sich. Erst vorsichtig mit einer Zahnbürste abgebürstet, dann in einer Seifenlösung über einen Tag eingeweicht, immer wieder Schmutz mit der Zahnbürste entfernt, wieder eingeweicht, dann harte Rückstände vorsichtig mit einem Messerchen abgeschabt, und dann erneut die Zahnbürste.

Die Stielstücke, die vollkommen verschlossen waren, habe ich vorsichtig mit einer Injektionsnadel ausgepult, durchstochen und gespült.

Bei solcher Arbeit läuft dann bei mir im Kopf ein Film ab. Ich stelle mir vor, wann, wo, von wem das Pfeifchen geraucht wurde, wer dort auf der Warft lebte. Dann ist so eine Pfeife kein totes Stückchen mehr, dann ist mit ihr eine Geschichte verknüpft, und das macht das Ganze so interessant.

Aber ich habe noch viele andere Fundstücke, nicht nur Pfeifenteile, und auch diese sind durch die Bank weg interessant.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

jonny810
30.09.2015, 20:02
Na Wolfgang,

der Winter steht vor der Tür. Restauriere das gute Stück,

setze dich an den warmen Ofen und schmauche dir eine.

(dann kennst du wenigstens eine Person, die das gute Stück benutzt hat.;)-stimmt's?)

Felicity
02.10.2015, 15:10
Und wie ich Dich kenne, Erhart, wird in den naechsten par Tagen ein Gedicht entstehen, ueber den 'rauchenden Naujocks,' mit seiner Meerschaumpfeife. Liebe Gruesse von der Feli