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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 1935: Berufsverbot für Hebamme Marie Neumann, Weidengasse 8a



Wolfgang
03.11.2015, 17:24
Schönen guten Nachmittag,

hier ein weiteres Berufsausübungsverbot in dem man sich zusätzlich auf zwei Paragraphen der Gewerbeordnung beruft.

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Staatsanzeiger, Teil 1, Nr.162 vom 19. November 1935

Erlasse und Verordnungen des Senats (Staatsverwaltung)
531. Verbot der Ausübung des Hebammenberufs.
Aufgrund der Rechtsverordnung zur Vereinfachung der Verwaltung vom 5.8.1935 (G.Bl. S.869) Art.III §2 Ziff.7 in Verbindung mit den §§30 und 52 der Gewerbeordnung wird der Hebamme Marie Neumann, geb. Buchholz, Danzig, Weidengasse 8a, gemäß Senatsbeschluß vom 11.11.35 mit sofortiger Wirkung das Hebammenzeugnis entzogen und die Ausübung des Hebammenberufes im Gebiet der Freien Stadt Danzig verboten.
Danzig, den 6. November 1935
Der Senat der Freien Stadt Danzig,
Abteilung für Gesundheitswesen und Bevölkerungspolitik.
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Bemerkenswert ist, dass der Veröffentlichungsvermerk vom 06.11.1935 stammt, man sich aber im Text auf einen Senatsbeschluss vom 11.11.35 bezieht...

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

sarpei
03.11.2015, 17:59
Hallo Wolfgang,

ich habe gerade ein wenig im Reichsgesetzblatt geblättert (Stichwort: Alex). Allerdings taucht dort die Verordnung für mich nicht auf. Kannst du die Angaben freundlicherweise noch mal überprüfen?


Viele Grüße

Peter

Wolfgang
03.11.2015, 18:58
Schönen guten Abend,
hallo Peter,

seinerzeit galt nicht das Recht des Reiches sondern Danziger Recht. Insofern müssten die Danziger Gesetzessammlungen und Verordnungen herangezogen werden.

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

sarpei
03.11.2015, 19:38
Hallo Wolfgang,

na klar, da habe ich mich mal wieder vergallopiert .....


Viele Grüße

Peter

Wolfgang
04.11.2015, 10:06
Schönen guten Morgen,

diese gegen Hebammen verhängten Berufsverbote sind sehr ungewöhnlich. Deswegen möchte ich darüber Näheres erfahren. Waren es berufliche Verfehlungen oder lagen politische, religiöse oder rassische Gründe vor? Bereits Mitte der dreißiger Jahre wurden viele Berufsverbote verhängt, manche ganz direkt gegen Einzelpersonen, manche aber auch indirekt indem z.B. Apotherkonzessionen zurückgezogen wurden oder gegen Künstler die nur noch tätig werden durften wenn sie Mitglied in der Landeskulturkammer waren.

Besonders wenn die Gründe hinter unscheinbar lautendem Paragraphenwerk versteckt waren ("Aufgrund der Rechtsverordnung zur Vereinfachung der Verwaltung vom 5.8.1935 (G.Bl. S.869) Art.III §2 Ziff.7 in Verbindung mit den §§30 und 52 der Gewerbeordnung ...") besteht Grund zum Nachhaken. In welcher Beziehung stand das Hebammenberufsverbot mit einer Verwaltungsvereinfachung und der Gewerbeordnung?

Aus meiner Sicht sehr interessante Fragen....

Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Bartels
05.11.2015, 09:55
Schönen guten Morgen,

Entbindung steht noch im heutigen §§30 der Gewerbeordnung drin:

(Verbotsgrund könnte sein:) "..., welche die ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten als nicht gewährleistet erscheinen lassen,"

http://www.gesetze-im-internet.de/gewo/__30.html

Carl hat hier mal den Inhalt des GBl. eingestellt: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Da-gbl-iv_1935.pdf&page=7

Natürlich kann ein anderer Grund vorgeschoben sein, um eine "arische" Frau von einem "Mischling" behandeln zu lassen. - Rassegesetze waren erst nach dem 9. August 1935 öffentliches Thema, aber seit September hoch aktuell (am 16. September 1935 verkündet).

Bartels
05.11.2015, 10:02
Ein Grund die automatische Smiley-Umwandlung auszuschalten!