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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Haus des Akademischen Seglervereins in Danzig - 1917



sarpei
13.11.2015, 16:07
aus: Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 50 vom 20. Juni 1917
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Das Haus des Akademischen Seglervereins in Danzig
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Am 11. November 1914 gedachte der Akademische Seglerverein in Danzig sein zehnjähriges Stiftungsfest im neuerbauten Eigenhause zu feiern, für das er in der großen, von Danzig nach Langfuhr führenden Allee ein in unmittelbarer Nähe der Technischen Hochschule gelegenes 1.075 qm großes Grundstück von der Stadt erworben hatte. Die Fertigstellung des im April genannten Jahres im frohen Ausblick auf seine schnelle Vollendung begonnenen Baues verzögerte sich aber um mehr, als ein Jahr. Zog doch im August die Gesamtheit der durch ihren Segelsport für die Anstrengungen des Krieges besonders gut vorbereiteten Vereinsbrüder ins Feld, so dass es zunächst ratsam erschien, die Arbeiten an dem inzwischen gerichteten Hause einzustellen. Aus wirtschaftlichen Gründen empfahl es sich aber später, den Bauplan zur Ausführung zu bringen; und das ist denn auch Ende 1915 bis auf den inneren Ausbau des großen Kneipraumes geschehen, für dessen Ausgestaltung friedliche Zeiten abgewartet werden sollen. Auch die das freistehende Haus umgebenden Gartenanlagen (Abb. 3) sind bislang nur auf dem 15 m tiefen Vorgelände fertiggestellt worden. Zur Kennzeichnung des Gebäudes soll später auf dem runden Mittelbeet ein hoher Hausmast errichtet werden, der den Stander des Akademischen Seglervereins tragen wird.

Ein niedriges Holzgitter grenzt das Grundstück nach der großen Allee zu ab. Zwei Laternen auf erhöhten Pfosten beleuchten hier an festlichen Kneipabenden die Eingangpforte. Über eine zweiarmige Freitreppe gelangt man durch einen Windfang in den langgestreckten Vorraum zu dem großen Kneipsaal, der die gesamte Hausbreite im Erdgeschoss einnimmt (Abb. 6). Bei einer Breite von 5,6 m und einer Länge von 14,22 m bietet er auch für größere Veranstaltungen genügenden Raum. Nach Norden zu führt über einen offenen Sitzplatz eine Freitreppe in den freilich nur kleinen Hintergarten, dessen Vergrößerung durch späteren Hinzukauf von Gelände geplant ist. Dem Kneipraum gliedern sich ein behaglich ausgestattetes Schifferzimmer und die erforderlichen Nebenräume, wie Anrichte, Kleiderablage und Abort, an. Eine bequeme Treppe führt in das Obergeschoss, wo über der Kneipe sich Lesezimmer, Billardzimmer und Vorstandzimmer befinden (Abb. 6). Der übrige Teil dieses Stockwerkes wird von zwei, an Vereinsbrüder vermietbare Räume mit Bad eingenommen. Drei weitere solcher Zimmer liegen im ausgebauten Dachgeschoss nach Süden zu; die Nordseite ist für den Paukboden bestimmt. Im Untergeschoss (Abb. 4) befindet sich die große, für Vereinszwecke nutzbar zu machende Küche, die auch der Hauswart benutzt. Für diesen sind drei Wohnräume vorgesehen. Bierkeller, Speisekammer und Heizraum nebst Kohlenkeller haben außerdem im Untergeschoss Platz gefunden. Ein bis zum Obergeschoss führender Aufzug erleichtert das Heraufschaffen der Speisen und Getränke.

Alle diese Räume haben sich zwanglos zu einem klaren Baukörper gestalten lassen, dessen Aufrisse eine schlichte Architektur zeigen (Abb, 1, 2 u. 7). Die Außenwände werden von einfach in die Fläche eingeschnittenen Feinstem mit breit, absichtlich nicht allzu eng geteiltem Sprossenwerk durchbrochen. Der einzige Schmuck am Gebäude ist auf die Mittelachse der Vorderseite verteilt. Hier vereinigen sich die Freitreppe mit schmiedeeisernem Geländer, die durch zwei Obergeschosse reichenden toskanischen Säulen, der Mittelbalkons mit dem Vereinszirkel im Gitter und die Eingangtür mit ihrem Oberlicht zu einer gesteigerten Wirkung, bei der es auch darauf ankam, den Zweck des Hauses zu betonen und es bei aller gebotenen Einfachheit und soweit es mit gesunden städtebaulichen Grundsätzen vereinbar ist, aus der mit 'Villen' bebauten Umgebung herauszuheben.

Die technische Ausführung bot keine Gelegenheit an besonderen Bauweisen. Es sei nur erwähnt, dass die Decken teils als Massiv-, teils als Balkendecken hergestellt wurden, so wie es für die Sonderbenutzung der einzelnen Räume zweckmäßig erschien. Ein hohes, mit Biberschwänzen gedecktes Dach mit vorgehängter Rinne überspannt die durch eine Sammelheizung erwärmten Räume. Die äußeren Wandflächen sind mit gefärbtem Edelputz beworfen; die Gliederungen und der Sockel des Hauses haben dabei eine dunkle, bräunliche Färbung erhalten, die Flächen eine fast weiße. Weiß ist auch das Holzwerk der Fenster gestrichen. Die schmiedeeisernen Gitter haben dunkelgrünen Anstrich mit teilweiser Vergoldung erhalten. Die inneren Wandflächen der Räume und des Treppenhauses sind lebhaft gefärbt und mit einfachen schablonierten Friesen gegen die weißen Decken abgegrenzt. Im Kneipraum in ist Stabfußboden ausgeführt; die übrigen Zimmer sind teils mit Linoleum, teils mit Riemenfußboden ausgelegt. Die bebaute Grundfläche beträgt rd. 210 qm, der umbaute Raum rd. 2.446 cbm. Die Baukosten, ausschließlich der architektonischen Ausgestaltung des Kneipraumes haben 56.000 Mark betragen, so dass sich für 1 cbm umbauten Raumes ein Einheitpreis von 23,89 Mark ergibt. Für Umwehrung und Gartenanlagen sind bisher 1.500 Mark verausgabt worden.

Danzig-Langfuhr, A. Carsten

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Abb. 1. Ansicht von der Großen Allee


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Abb. 2. Querschnitt


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Abb. 4, 5, 6. Geschosspläne


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Abb. 7. Haus des Akademischen Seglervereins in Danzig


Viele Grüße

Peter

sarpei
13.11.2015, 16:09
... sorry, der Lageplan mit der geplanten Gartenanlage fehlt noch:

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Abb. 3. Lageplan


Viele Grüße

Peter

Bartels
13.11.2015, 16:57
Hallo Peter,

danke für diese und andere ähnliche Veröffentlichungen.

Aber wenn es gleich bei Dir klingelt, dann ist es der Staatsschutz, denn diese Plänchen betreffen die Residenz (Generalkonsulat) von Frau Pieper in Danzig. - Ob sie die zweite Wohnvilla inzwischen verkauft hat?

Bartels
13.11.2015, 17:00
Hier das Foto von Patrick:

https://picasaweb.google.com/103953387695929505721/Gdansk2015#6116709679790742162

MbG
Rudolf