Wolfgang
05.10.2016, 21:01
Schönen guten Abend,
schreiben wir das Jahr 2016? Oder 1966? Gut, ich kann nicht sagen wie eine Stadtführung vor 50 Jahren aussah, aber vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, an einer im Jahr 2016 teilzunehmen.
- In der Frauengasse: "Wir befinden uns hier in der Marienstraße. Waren Sie schon mal in Amsterdam? Ja? Dann werden Sie feststellen, dass die Straßen in Danzig wie in Amsterdam aussehen. Kein Wunder, denn Danzig wurde ja von den Mennoniten aufgebaut die aus dieser Stadt kamen."
- Ein kleiner Geschichtsexkurs: "Vor dem Krieg hatten die meisten Bewohner Danzigs slawische Namen. Und dann kam der Forster, der das viel geschickter machte als der Frank in Krakau. Der hat Bücher gelesen und dann den Polen gesagt, sie müssten deutsch werden. Und dann hat er Druck ausgeübt. Wer seinen Namen nicht ändern ließ, den hat er ins KZ nach Stutthof geschickt. Mit dem Resultat, dass Danzig deutscher wurde als Berlin, hahaha!" (Man beachte: Bereits VOR DEM KRIEG wurden Polen ins erst mit Kriegsbeginn gegründete und später zum KZ umfunktionierte Zivilgefangenenlager Stutthof gesteckt).
- Mit der Geschichte war es aber noch nicht zu Ende: "Zuerst gehörte das hier pomerellischen Fürsten, dann den deutschen Ordensrittern und dann kamen Polen und die Mennoniten die Danzig aufbauten".
Und so weiter und so fort. Das ging ohne Ende so weiter. Die Führung wurde vor einer gut 20-köpfigen deutschen Gruppe gehalten. Meiner Frau, der ich das übersetzte, stieß mich immer wieder mit dem Ellenbogen in die Seite und meinte "sag doch was, sag doch was!" Ich entgegnete ihr, das habe keinen Sinn, denn wer so etwas sagt, ist entweder strohdumm oder er betreibt bewusst Propaganda. In beiden Fällen ist Hopfen und Malz verloren.
Es war eine ältere Danzigerin in der Gruppe, eine Dame, die im Krieg in Danzig geboren wurde. Ich fragte sie, was sie von der Führung hielte. Sie sah meine Skepsis und fragte "ja, stimmt da irgendwas nicht?"
Ohne weitere Kommentare...
Schöne Grüße aus dem herbststürmischen Werder
Wolfgang
P.S.: Ich WEISS, dass es auch sehr gute und geschichtlich nicht zu beanstandende Führungen gibt. Ich habe hier nur einen anachronistischen Ausreißer geschildert.
schreiben wir das Jahr 2016? Oder 1966? Gut, ich kann nicht sagen wie eine Stadtführung vor 50 Jahren aussah, aber vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, an einer im Jahr 2016 teilzunehmen.
- In der Frauengasse: "Wir befinden uns hier in der Marienstraße. Waren Sie schon mal in Amsterdam? Ja? Dann werden Sie feststellen, dass die Straßen in Danzig wie in Amsterdam aussehen. Kein Wunder, denn Danzig wurde ja von den Mennoniten aufgebaut die aus dieser Stadt kamen."
- Ein kleiner Geschichtsexkurs: "Vor dem Krieg hatten die meisten Bewohner Danzigs slawische Namen. Und dann kam der Forster, der das viel geschickter machte als der Frank in Krakau. Der hat Bücher gelesen und dann den Polen gesagt, sie müssten deutsch werden. Und dann hat er Druck ausgeübt. Wer seinen Namen nicht ändern ließ, den hat er ins KZ nach Stutthof geschickt. Mit dem Resultat, dass Danzig deutscher wurde als Berlin, hahaha!" (Man beachte: Bereits VOR DEM KRIEG wurden Polen ins erst mit Kriegsbeginn gegründete und später zum KZ umfunktionierte Zivilgefangenenlager Stutthof gesteckt).
- Mit der Geschichte war es aber noch nicht zu Ende: "Zuerst gehörte das hier pomerellischen Fürsten, dann den deutschen Ordensrittern und dann kamen Polen und die Mennoniten die Danzig aufbauten".
Und so weiter und so fort. Das ging ohne Ende so weiter. Die Führung wurde vor einer gut 20-köpfigen deutschen Gruppe gehalten. Meiner Frau, der ich das übersetzte, stieß mich immer wieder mit dem Ellenbogen in die Seite und meinte "sag doch was, sag doch was!" Ich entgegnete ihr, das habe keinen Sinn, denn wer so etwas sagt, ist entweder strohdumm oder er betreibt bewusst Propaganda. In beiden Fällen ist Hopfen und Malz verloren.
Es war eine ältere Danzigerin in der Gruppe, eine Dame, die im Krieg in Danzig geboren wurde. Ich fragte sie, was sie von der Führung hielte. Sie sah meine Skepsis und fragte "ja, stimmt da irgendwas nicht?"
Ohne weitere Kommentare...
Schöne Grüße aus dem herbststürmischen Werder
Wolfgang
P.S.: Ich WEISS, dass es auch sehr gute und geschichtlich nicht zu beanstandende Führungen gibt. Ich habe hier nur einen anachronistischen Ausreißer geschildert.