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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Tag der Neusiedler (Dzień osadnika)



Wolfgang
10.10.2017, 01:09
Schönen guten Abend,

mittlerweile wird man sich nicht immer mehr bewusst, dass die Menschen die ihre Heimat verloren, die ihre Heimat verlassen mussten, nicht immer freiwillig ihr neues Zuhause aussuchen konnten.

Das gilt für deutsche Vertriebene die sich irgendwie und irgendwo -häufig nach jahrelanger Gefangenschaft in sibirischen oder dänischen Lagern- im Restdeutschland neu ansiedeln mussten genauso wie für polnische Vertriebene deren Heimat von den Russen okkupiert wurde und die ebenso ihrer Heimat beraubt wurden.

Tiegenhof hatte durch den Krieg unzählige Todesopfer zu beklagen. Und trotzdem bestand noch bei Kriegsende, also im Mai 45, die Einwohnerschaft größtenteils aus Deutschen. Aber auch sie wurden gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Ihr Platz wurde durch Neusiedler eingenommen. Neusiedler die aus von Russen besetzten Gebieten vertrieben wurden. Sie kamen in ein Land, das zerstört war, dessen Äcker unter Wasser standen, dessen Entwässerungssysteme nicht mehr existierten. Niemand kam freiwillig hierher, es war ein Land der Verbannten, ein Gebiet Jener, die man in Danzig nicht haben wollte weil sie keine Spezialisten, keine Facharbeiter waren. Noch bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts standen Tiegenhöfer Felder unter Wasser. Es waren fehlende Kenntnisse, fehlende Gelder, also insgesamt gesehen fehlende Mittel die dazu führten, dass das Werder jahrzehntelang mit den Kriegsfolgen zu kämpfen hatte. Und, auch das darf nicht vergessen werden, die Gefahr, dass die Deutschen eines Tages wieder kommen und das Land nehmen, veranlasste viele Neusiedler "auf gepackten Koffern" zu sitzen. Auch das lähmte den Aufbauwillen und jedwede wirtschaftliche Aktivitäten. Redakteure von "Unser Danzig" berichtete darüber kopfschüttelnd, nannten das "polnische Wirtschaft".

Seit einigen Jahren, fast schon traditionell, wird nun in Tiegenhof, heute Nowy Dwór Gdański, der "Dzień osadnika", der Tag der Neusiedler als Gedenktag begangen. An diesem Tag im September, dieses Mal am 30.09.2017, führte ein Umzug vom Tiegenhöfer Bahnhof durch die Stadt bis hin zum Werder-Museum, der früheren Käserei Krieg.

In diesem Jahr fand diese Gedenkfeier das vierte Mal statt. Für jene deutschen Tiegenhöfer die als Kriegsfolge ihre Heimat verloren haben, mag all das schmerzhaft sein. Aber für die polnischen Neusiedler war die Ansiedlung, der Neubeginn, der Aufbau in einer fremden und zerstörten Umgebung die sie sich selber nicht ausgesucht hatten, ebenfalls alles andere als einfach. Sie sind stolz auf das was sie in den Nachkriegsjahrzehnten schufen.

Nicht nur die Neuansiedlung ist Thema, immer im Hintergrund steht auch das Schicksal der vorherigen Bevölkerung.

Die folgenden Bilder stammen von diesem Neusiedler-Fest. Auch wenn das Militärische dieses Tag in deutschen Augen möglicherweise befremdlich wirken mag: Polen war immer stark wenn es militärisch stark war, also sich selber verteidigen konnte. Insofern haben polnische Soldaten, die polnische Armee, einen vollkommen anderen Stellenwert in der polnischen Gesellschaft als das Militär in Deutschland.

Ich war dabei, mit Bekannten, mit Freunden, mit meiner Frau. Auf der einen Seite freute ich mich gemeinsam mit Anderen über das Erreichte, auf der anderen Seite war ich mir aber auch der Tragödie und des Verlustes bewusst.

Schöne Grüße aus dem polnisch-russischen Grenzland
Wolfgang

ada.gleisner
11.10.2017, 00:07
Lieber Wolfgang,

kann man das, das Schicksal der anderen beklagen und sein eigenes vergessen ? nein, denke ich, kann man nicht und so wird für mich, so lange ich lebe, immer eine Balance gefunden werden müssen, um mit unseren Vertriebenenschicksalen ins Reine zu kommen. Ich glaube, daß es jedem der Betroffenen so geht, Einen schönen Abend wünscht Ada

Iris Freundorfer
11.10.2017, 10:41
Lieber Wolfgang und alle anderen,
ich finde es gut, dass du, Wolfgang, über diesen Tag berichtest und dass du es auf eine versöhnliche Art und Weise machst! In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Menschen in vielen Ländern der Welt durch die beiden Weltkriege und ihre Folgen großes Leid erfahren. Deutsche haben Leid angerichet und Leid erfahren, ebenso wie Russen, Polen und andere Europäer. Japan hat noch ein ganz anderes Leid erfahren.
Ich habe den Bericht auch nicht so empfunden, dass das Schicksal "der einen" beklagt und das "der anderen" vergessen wurde. Ich habe hier bewusst auf die Formulierung "das eigene" verzichtet, denn jede/r Vertriebene hat ein eigenes Schicksal, unabhängig davon, welcher Nation er oder sie angehört. Flucht und Vertreibung sind für die Betroffenen immer schwer zu ertragen, es ist für alle schwer, an einem anderen Ort Fuß zu fassen und heimisch zu werden. Und ich finde es allemal besser, den gelungenen Neubeginn zu feiern als immer nur den Verlust zu betrauern.
Jetzt kann man sagen, die hat gut reden, sie hat selbst keine Vertreibung erfahren. Das stimmt - aber meine Eltern und deren Eltern, Geschwister, Tanten, Onkel stammen aus dem ehemaligen Westpreußen und haben erfahren, was das bedeutet. Bei uns zuhause wurde sehr viel über die "alte Heimat" gesprochen. Ich habe aber auch erlebt, dass man dieses Schicksal unterschiedlich meistern kann. Man kann nach vorne schauen, ohne die Vergangenheit zu vergessen (wie z.B. meine Mutter) oder das Schicksal zeitlebens beklagen und dadurch die Kraft für einen gelungenen Neuanfang verlieren (auch dafür kenne ich Beispiele).
Wichtig erscheint mir vor allem, dass wir heute alles tun, was uns möglich ist, dass Flucht und Vertreibung in Europa nie wieder vorkommen und dass wir jenen helfen, die heute Flucht und Vertreibung erfahren.
Das Militärische des Tages erschien mir allerdings tatsächlich befremdlich. Mag sein, dass das Militär in Polen einen anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Nichtsdestotrotz: Auch in Deutschland gab/gibt es diese Haltung, die Wolfgang für Polen beschreibt "immer stark wenn es militärisch stark war, also sich selber verteidigen konnte." Beim Verteidigen ist es dann nur nicht geblieben..... Deshalb bin ich bei militärischen Aufmärschen und dergleichen immer sehr skeptisch, egal, wo sie stattfinden - ohne dass ich jemandem Angriffsabsichten unterstellen möchte. Aber es ist leider ein schmaler Grat, je nachdem, wer an den Hebeln der Macht ist (aktuell brauchen wir nur auf den Konflikt zwischen den USA und Nordkorea zu schauen). Kurz, mir sind andere als militärische Stärken lieber.

Viele Grüße
Iris

Felicity, Ehrenmitglied +20.5.2024
11.10.2017, 12:43
Liebe Iris ! Auch ich finde es gut, dass Wolfgang ueber diesen Tag berichtet und es in seiner Weise tut. Genau wie er begruesse ich was in meiner Heimat erreicht wird und trotzdem hat man auch das Gefuehl des Verlustes in sich. genau wie Tausende andere mussten wir ein neues Leben in einem fremden Land aufbauen und um Deine Worte zu gebrauchen, wir haben nach Vorne geschaut und trozdem die Vergangenheit nicht vergessen. Als wir in 1945 Danzig verliessen lag die Stadt in Schutt und Asche und auf die Umgebung Danzigs hatte die Kriegsmaschiene eine verherende Vernichtung ausgeuebt. Da kann man doch nur froh sein dass neues Leben in Stadt und Land aufblueht. Liebe Gruesse von Deiner Feli aus ihrer neuen Heimat, dem Land Down Under.

MeinEichwalde
07.10.2018, 09:13
Liebe Alt und Neusiedler, liebe Danziger Migranten,
dieses Jahr das gleiche. Es gibt mittlerweile auch Tagungen zu den Enteignungen. Ich such die Wissenschaftler noch raus. Wird über die Familiengeschichten in Nowy Dwir Gdanski inzwischen gesprochen. Das wäre ja schön. Und vor allem: Wie sind die Grundbücher ? Bekommen die Anwohner erst wenn Oma stirbt mit, dass ihnen das Haus nicht gehört und sie nun ausziehen müssen ? Diese Fragen kann man doch auf so einem Fest stellen. oder kommen die kostümierten Anwohner nicht von dort ? Muss jeder mitmachen ? Meinem Eindruck nach sind die Neusiedler dort mitnichten angekommen. Und fühlen sich auch mitnichten dort heimisch. Sie wandern massenweise aus. Das ist die aktuelle Tragödie. In Berlin lagern sie in den Strassen und saufen. RWE baut im Werder die Windräder. Wir verkaufen gerade unser Häuschen weil wir es nicht halten können, und zu wenig Geld haben. Meine Eltern sind tot.Ich denke an die Enteignungen und bin traurig, dass die Neusiedler sich nicht heimisch fühlen in der Heimat meiner Vorfahren.
LG Eure Delia, Enkelin von Schroedter in Eichwalde

MeinEichwalde
09.10.2018, 13:26
Liebe Danziger,
das GEschehen am Siedlertag möchte ich nach einigen Gesprächen mit Betroffenen noch um ein paar Gedanken und Fragen ergänzen. Warum werden deutsche Partner nicht dazugebeten. Welches sind die Gefühle der Zuschauer, welches sind die erwünschten Gefühle. Was beabsichtigt der Veranstalter mit diesen Erinnerungsaktionen ?Ist diese Aktion einzigartig in Polen ? Sind es Schauspieler aus Dirschau, die das historische Geschehen nachspielen ? Welche Rolle wird den 1945 anwesenden Deutschen zugedacht. Meinem Grossvater z.B. , mit welchen Gefühlen betrachten die Zuschauer dieses Schauspiel. Und warum werden keine deutschen dazu eingeladen ? Gibt es oder gab es einordnende journalistische Artikel in überregionalen Tageszeitungen ? Wobei auch die Zuschauer interviewt wurden. Dürfen die Zuschauer protestieren ? In Eichwalde war 1945 sofort ein Baum geschlagen worden, den man schmückte, und an dem man sich in der Dorfmitte jedes Jahr erinnerte, wo man herkam. alle kamen aus einem Dorf. Unbekannt bis heute sind die Eigentumsverhältnisse der Dorfbewohner. Ist das wohl bei dem Dzien Osadnika ein Thema. Darf man an diesem Tag bei der Stadtverwaltung nachfragen ? Ein lustiges nichtsbedeutendes Fest, wie die Auskunft der Organisatoren an die Partnerschaftvereine war, kann es eigentlich nicht sein. Es sind dramatische Ereignisse, die meiner Meinung nach nicht nachgespielt werden sollten, solange noch Opfer leben. Das Land des Oberwerders war bekanntermassen mitnichten zerstört. Also beste Grüße Delia

Ulrich 31
13.10.2018, 17:53
Hallo Delia,

dies meine Antwort auf Deine Behauptungen ("Neusiedler dort mitnichten angekommen" und "Sie wandern massenweise aus. ... In Berlin lagern sie in den Straßen und saufen"):

1. Dieser gdansk.pl-Artikel vom 13.10.2018 (in leider schlechter deutscher Google-Übersetzung):
> https://translate.google.com/translate?sl=pl&tl=de&js=y&prev=_t&hl=de&ie=UTF-8&u=https%3A%2F%2Fwww.gdansk.pl%2Fwiadomosci%2Fjak-kalifornia-w-dzienniku-baltycki-o-topowej-marce-gdanska-i-pomorza%2Ca%2C127444&edit-text=&act=url berichtet von ganz überwiegender Zufriedenheit der Einwohner von Danzig (90 %).

2. Nach aktueller Untersuchung halten sich in Berlin derzeit 1000 bis 1500 Polen obdachlos auf. Inzwischen wurde ein polnischer Sozialarbeiter zur Betreuung seiner Landsleute hier eingesetzt. - Ich sehe das nicht als Folge einer massenweisen Auswanderung aus Polen an, sondern als Verhalten jener Polen, das dem der viel zahlreicheren deutschen Obdachlosen hier gleicht.

Wenn Du Gegenargumente bringen willst, dann belege sie bitte mit robusten Beweisen.

Viele Grüße
Ulrich

Iris Freundorfer
13.10.2018, 23:23
Lieber Ulrich,

danke für deine Erklärungen und den Link.
Ich habe die beiden Beiträge auch gelesen und mich sehr gewundert (was sehr vorsichtig ausgedrückt ist). Und dann habe ich mich zurück gehalten und mich gefragt, ob ich in diesem Forum überhaupt richtig bin.
Viele Grüße
Iris

MeinEichwalde
14.01.2025, 11:45
Zur Neuansiedlung gibt es ein gefeiertes Buch. Es wird in Marienburg vorgestellt. Und ist von einer Erfolgsautorin geschrieben Sylwia Kubikhttps://media.upolujebooka.pl/images/206460-1a52663df1d68221374638fff5059f5f-1/mini.webp (https://upolujebooka.pl/oferta,206460,dziki_zachod.html)
Dziki Zachód (https://upolujebooka.pl/oferta,206460,dziki_zachod.html)
Sylwia Kubik (https://upolujebooka.pl/autor,70104,sylwia_kubik.html)Ich habe mich bemüht jemanden in Deutschland zu finden, der diese Ansiedlungspublikationen kennt. Fehlanzeige. Kennt vielleicht jemand jemanden der dieses Buch in Polen kauft. Und Ist es Kitsch oder regt es die Kommunikation der Eichwalder an. Oder der Marienauer, oder Klein Mausdorfer ? Ich bin gespannt.
Frohes Neues Jahr
Eure Delia
Schroedterscher Hof in Eichwalde, heute ist die Saatzuchtfirma Danko dort.

MeinEichwalde
15.02.2025, 11:38
Ihr Lieben,
nun hat Sylwia Kubik ihre Buchvorstellung gehabt. Das Thema betrifft jeden einzelnen von uns. Bitte geht doch noch mal in Euch und kommentiert.
Beste Grüße aus dem verschneiten Berlin
Eure Delia

stazki
15.02.2025, 13:27
Nein, auch ich habe dieses Buch "Tag der Neusiedler" nicht gelesen. Die Autorin ist in Polen bekannt für ihre Liebesromane, deren Handlung oft in Gegenden entlang der Weichsel und Żuławy Wiślane/Werder liegen. Hier ein Einstieg zu ihrem neuesten Roman:

"Das Ende des Krieges war der Beginn einer großen Veränderung im Leben der Menschen in Wolhynien. Sie mussten das Land, das sie liebten, verlassen und nach Westen ziehen, um dort ihre Zukunft aufzubauen. Sie wollen sich nicht von ihrer Heimat und all dem trennen, was seit Generationen zu ihrer Identität gehört, aber sie haben keine Wahl - sie müssen sich auf eine lange Reise ins Ungewisse begeben. Sie trösten sich mit dem Gedanken, dass am Ende des Weges ein postdeutscher Wohlstand auf sie wartet, von dem sie vorher nicht zu träumen wagten. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Versprechungen, die man ihnen gemacht hat, weit von der Wahrheit entfernt sind. Sie finden sich an einem Ort wieder, den sie mit dem Wilden Westen assoziieren - ein zerstörtes Land der Gesetzlosigkeit, in dem Horden von Plünderern ihr Unwesen treiben, die Rote Armee ungestraft alles Wertvolle mitnimmt und es zu Streitigkeiten mit anderen Siedlern kommt. Auch das Gebiet selbst sieht ganz anders aus, als sie es sich vorgestellt haben. So weit das Auge reicht, gibt es endlose flache Flächen, die erst trockengelegt werden müssen, bevor sie bebaut werden können. Kein ideales Umfeld, um ein neues Leben zu beginnen. Was werden sie tun? Werden sie bleiben und gegen die Widrigkeiten ankämpfen oder werden sie weiterziehen und anderswo nach ihrem Platz auf der Erde und dem Frieden suchen, nach dem sie sich sehnen?"

Übersetzt mit DeepL.com

Aartin
15.02.2025, 15:38
Ihr Lieben,
nun hat Sylwia Kubik ihre Buchvorstellung gehabt. Das Thema betrifft jeden einzelnen von uns. Bitte geht doch noch mal in Euch und kommentiert.
Beste Grüße aus dem verschneiten Berlin
Eure Delia

Bei den Büchern von Frau Kubik handelt es sich um Liebesromane bzw. literarische Romane, die (wenn überhaupt) lose in der historischen Realität angesiedelt sind.
Es lohnt sich nicht, sich darauf einzulassen, es ist Zeitverschwendung, es sei denn, man hat Lust auf etwas auf dem Niveau einer mittelmäßigen brasilianischen Telenovela. Ich habe ein paar ihrer „Werke“ gelesen und habe keine positive Meinung über ihre Arbeit.

Übersetzt mit DeepL.com

MeinEichwalde
10.03.2025, 16:00
Es gibt ein zweites Bestsellerbuch von Sylwia Kubik, welches wieder im Stadtmuseum hochgelobt und hochkarätig vorgestellt wird. Am 27.März. Es gibt dort eine aus deutschland geförderte Ausstellung über die unmittelbare Nachkriegszeit. Ebenfalls. Ich möchte nicht aufdringlich sein, aber der Bund der Danziger hat das Thema Deutsche in Danzig und besonders das Nichtvorhandensein von deutschen Menschen in Danzig 2025. vielleicht ist den Forum Teilnehmern das Thema zu belastend. Wer weiss. Aber die polnischen Anwohner sind hellwach. und machen uns was vor, wir sollten mitmachen Beste Grüße aus dem demonstrationsgeplagten Berlin Eure Delia

Wolfgang II
10.03.2025, 19:58
Auch ich habe mir zum "Tag der Neusiedler" meine Gedanken gemacht und meine, dass jede Form der Erinnerung an die Vertreibung - Neusiedler bedeutet ja, dass dort vorher andere gelebt haben und nun nicht mehr da sind - die Erinnerungskultur belebt.
Anders wie bei Neusiedlern hieß es bei meinen Vorfahren noch Kolonisten, die noch vor ganz anderen Aufgaben standen.
Eigentlich ist es auch egal ob die Vertreibung in einem Liebesroman thematisiert wird oder aber bei öffentlichen Veranstaltungen.
Vertreibung kann auch passiv geschehen, wie ich von meinen Eltern und Großeltern weiß, die nach dem ersten WK plötzlich einer neuen Obrigkeit unterstellt waren. Schikanen erleiden mußten und ihre Zukunft eher westlich der Grenze sahen. Wer nicht weit genug gen Westen gezogen war, war dann nach dem zweiten WK von der aktiven Vertreibung betroffen.
Sylwia Kubik, wie ich in der Übersetzung auf dieser Forum-Seite gelesen habe, um schreibt in ihrem Roman die Begriffe Flucht und Vertreibung neutral als "das Land verlassen müssen" oder "auf eine Reise ins Ungewisse begeben". Und sinniert, dass die Versprechungen, die man den Flüchtlingen gegeben hat, nicht eingehalten wurden. Ich gehöre zur Erlebnisgeneration und habe Zeit meines Lebens keinen Vertriebenen kennen gelernt, dem man Versprechen gemacht hatte. Auch vom Wilden Westen mit Gesetzlosigkeit und Plünderungen konnte zumindest in den drei Westzonen nicht die Rede sein. Als wir zu Beginn 1946 in Niedersachsen zwangseinquartiert wurden, war vom Wilden Westen nichts zu sehen. Wenn dann noch, um einen Schuldigen zu nennen, die Rote Armee erwähnt wird, lenkt das gerne von eigenem Verschulden ab. Vor allem im Zuge der sogen. wilden Vertreibung, vorbei an Polizei und Behörden.
Aber nochmals zurück zu den Neusiedlern. Sprechen wir über die Zeit nach 1945/46, so ist es ein gewaltiger Unterschied zwischen einem Neusiedler polnischer Herkunft und einem eigentumslosen vertriebenen Deutschen. Erstere konnten all das nutzen, möglicherweise ihr Eigen nennen, daß die Flüchtlinge zurücklassen mußten. Letztere hatten nur das, was sie auf dem Leib trugen, oder sich erbettelten.

MeinEichwalde
13.03.2025, 13:16
Liebe DAnziger,
gestern habe ich eine Leserreaktionsseite zum Buch Dzik Zachod gefunden. Die polnischen Leser geben ihre Einrücke wieder. Hie reine Kostprobe..Die Autorin überraschte mich erneut mit ihrem historischen Wissen und der Art und Weise, wie sie die schwierige, aber sehr wahre Geschichte von Żuławy vermittelte. Sie verband auf wunderbare Weise Fiktion mit historischer Wahrheit. Es machte es mir schwer, mich vom Lesen loszureißen.Zusammen mit den Helden habe ich ihren Schmerz und ihr Leid während der langen Reise in die wiederhergestellten Gebiete erlebt. Gemeinsam mit ihnen verspürte ich Angst vor Plünderern und Russen. Schließlich marschierte ich mit ihnen über den nassen und schlammigen Boden und fühlte mich äußerst unsicher und ängstlich. Ich roch den Gestank, sah Tierkadaver und Menschenleichen, oft auf makabere Weise verstümmelt. Die Beschreibungen sind erschreckend und sehr real.


Ich muss auch den ursprünglichen Erzähler des Romans erwähnen, nämlich Dom, den Geschichtenerzähler. Ich war davon unglaublich überrascht. Ein sprechendes Arkadenhaus in Marynów, das erstaunliche Geschichten verbirgt. Er erzählt von dem, was er erlebt und gesehen hat. Es gedenkt seiner früheren Bewohner, aber auch der Neuen, der Plünderer und der Roten Armee, die es zerstören, ausrauben, Balken, Türen und Fensterläden herausreißen. Es hat einen unglaublichen Eindruck auf mich gemacht. Zumal dieses Haus noch heute existiert und ich das Vergnügen hatte, dort zu wohnen.

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(Forts. ) Aber die Realität, die sie finden, entspricht nicht dem, was ihnen versprochen wurde. Sie werden von flachen Flächen ohne Bäume begrüßt, die teilweise überschwemmt sind. Rundherum sind nur noch zerstörte Häuser, Dreck und Unordnung zu sehen und der Gestank von toten Tieren und Menschenleichen liegt in der Luft. Hinzu kommen Plündererbanden und die Rote Armee, die alles Wertvolle plündern und stehlen. Das Fehlen eines Rückführungsbüros bedeutet, dass sie von nirgendwo Hilfe erhalten und auf sich allein gestellt sind.Wie werden sich die Siedler in diesem neuen Land zurechtfinden? Werden sie Hilfe erhalten und einen geeigneten Wohnort im neuen Polen finden?


In ihrem neuesten Buch erzählt uns Sylwia Kubik von Pionieren.

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( noch eine Rezension)Nach dem Massaker in Wolhynien fühlt sich niemand mehr sicher. Ukrainer übernehmen polnische Häuser, woraufhin Wolhynier auf der Suche nach einem neuen Wohnort fliehen. Angeblich werden sie im Austausch für ihre Häuser und Ländereien andere im Westen bekommen. Schweren Herzens verlassen sie die Orte, an denen sie gelebt haben. Sie hinterlassen alles, was sie im Laufe ihres Lebens geliebt und verdient haben, ihre geliebten Häuser, Gegenstände und Gräber ihrer Lieben. In Viehwaggons, oft mit zwei oder mehr Familien in einem, machten sie sich auf den Weg in die zurückgewonnenen Gebiete. Sie nehmen wenig mit, etwas Kleidung, Lebensmittel, einige persönliche Gegenstände, Werkzeuge und Tiere. Nur die Hoffnung auf ein besseres Morgen hält sie am Leben. Und in unseren Köpfen verflechten sich verschiedene Gedanken. Sie fragen sich, welche von den Deutschen hinterlassenen Häuser sie übernehmen können und wie viel Land sie für die Landwirtschaft erhalten werden.

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( DAs "sprechende Arkadenhaus" ist ein Vorlaubenhaus In Marienau. So wird der Bogen zu den Marienauern geschlagen. Natürlich würde mich sehr interessieren ob auch Marienau überschwemmt war und die Tannseer, Eichwalder Brodsacker sich erinnern. Ob sie die Bücher auch lesen. Nächste Woche erfolgt eine weitere Buchvorstellung im renommierten malborker Stadtmuseum. Auch der Direktor des Weltkriegsmuseums hat ein Buch verfasst, des Inhalts, dass es ja schön sei das das polnische Danziger Gebiet 1945 wieder polnisch geworden sei . Es sind alles öffentliche Veranstaltiungen und von Deutschland finanziert. Liebe danziger Herzensgrüße Eure Delia