Wolfgang
27.11.2017, 03:54
Aus „Unser Danzig“, 1958, Nr.20, Seite 18
Krebse von Mariensee
Von Hugo Arendt
Jeder Mensch liebt seine Heimat, das ist naturgegeben, überall gibt es Schönheiten zu bewundern, doch wir Danziger waren durch die idyllische Lage unserer schönen Stadt ganz besonders gesegnet. Wo gab es noch einmal so stille, jahrhundertealte verträumte Gassen, Badeorte in großer Anzahl in un¬mittelbarer Nähe der Stadt, erheblichen Waldreichtum, fruchtbare Niederung und sandige Höhen, ein Juwelenkranz von Natur¬schönheiten!
Lasst uns heute einmal die Danziger Höhe besuchen. Vor etwa 50 Jahren fuhr man mit einem „Kremser“ vom Heumarkt zu einem kleinen Dörfchen Mariensee auf der Danziger Höhe. Solch ein Kremser war mit Maiengrün geschmückt, ein Fässchen Bier gegen das Ver¬dursten wurde mitgenommen, und zwei schmucke Pferde brachten dann die kleine Reisegesellschaft von 10 bis 15 Personen in etwa zweistündiger Fahrt zum erträumten Ziel. Es ging über Petershagen an der Radaune entlang bis Stadtgebiet, dann rechts ab über Schönfeld, Kowall, Kahlbude, Stan¬genwalde nach Mariensee. Die Pferdchen hatten es nicht leicht, weil es immer bergauf ging, besonders vor Kowall war eine große Steigung zu überwinden. Die tierliebenden Danziger kletterten dann meistens vom Wa¬gen, um den braven Rössern die Arbeit zu erleichtern. Von Stangenwalde bis Marien¬see ging es durch den schattigen Wald, der sich bis an die Landstraße erstreckte.
Endlich sah man durch die Waldbäume den verträumten Waldsee liegen, das Paradies der Danziger Jugend, denn hier konnte man baden, Kahn fahren, angeln und Schiffchen fahren lassen. Von der großen Gartenterrasse der Marienseer Wirtschaft konnten die Eltern ihre Sprösslinge gut beobachten. Dieses Waldrestaurant führte eine gute Speisekarte, doch zwei Spezialitäten standen an erster Stelle, Krebssuppe und Schinkenstullen. Der See war sehr reich an Krebsen, und diese lukulli¬sche Krebssuppe war ein Gaumenlabsal für viele Danziger. Da der Gastwirt auch Bauer war, gab es hier Schinkenstullen von un¬geheurer Größe mit frischer Landbutter und Räucherschinken. Nach einem herrlichen Fest¬mahl trudelte man sich noch ein paar Ma¬chandelchen aus, machte mit den Seinen einen Spaziergang um den See oder suchte Pilze, die hier in großer Menge vorkamen, beson¬ders den schmackhaften Pfifferling und auch den Steinpilz konnte man hier finden. Wenn die Sonne dann ihre letzten Strahlen über den See schickte, ging es wieder nach Hause. Der Kremser wurde mit einigen Papierlaternchen versehen, die lustig im Winde schaukelten. Gegen Mitternacht langte man wieder im heimatlichen Hafen an, nachdem man einen ganzen Tag in der schönen freien Gottesnatur verbracht hatte. Kinder, war das doch schön!
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Die Veröffentlichung des Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck. Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Bund der Danziger, Lübeck
Krebse von Mariensee
Von Hugo Arendt
Jeder Mensch liebt seine Heimat, das ist naturgegeben, überall gibt es Schönheiten zu bewundern, doch wir Danziger waren durch die idyllische Lage unserer schönen Stadt ganz besonders gesegnet. Wo gab es noch einmal so stille, jahrhundertealte verträumte Gassen, Badeorte in großer Anzahl in un¬mittelbarer Nähe der Stadt, erheblichen Waldreichtum, fruchtbare Niederung und sandige Höhen, ein Juwelenkranz von Natur¬schönheiten!
Lasst uns heute einmal die Danziger Höhe besuchen. Vor etwa 50 Jahren fuhr man mit einem „Kremser“ vom Heumarkt zu einem kleinen Dörfchen Mariensee auf der Danziger Höhe. Solch ein Kremser war mit Maiengrün geschmückt, ein Fässchen Bier gegen das Ver¬dursten wurde mitgenommen, und zwei schmucke Pferde brachten dann die kleine Reisegesellschaft von 10 bis 15 Personen in etwa zweistündiger Fahrt zum erträumten Ziel. Es ging über Petershagen an der Radaune entlang bis Stadtgebiet, dann rechts ab über Schönfeld, Kowall, Kahlbude, Stan¬genwalde nach Mariensee. Die Pferdchen hatten es nicht leicht, weil es immer bergauf ging, besonders vor Kowall war eine große Steigung zu überwinden. Die tierliebenden Danziger kletterten dann meistens vom Wa¬gen, um den braven Rössern die Arbeit zu erleichtern. Von Stangenwalde bis Marien¬see ging es durch den schattigen Wald, der sich bis an die Landstraße erstreckte.
Endlich sah man durch die Waldbäume den verträumten Waldsee liegen, das Paradies der Danziger Jugend, denn hier konnte man baden, Kahn fahren, angeln und Schiffchen fahren lassen. Von der großen Gartenterrasse der Marienseer Wirtschaft konnten die Eltern ihre Sprösslinge gut beobachten. Dieses Waldrestaurant führte eine gute Speisekarte, doch zwei Spezialitäten standen an erster Stelle, Krebssuppe und Schinkenstullen. Der See war sehr reich an Krebsen, und diese lukulli¬sche Krebssuppe war ein Gaumenlabsal für viele Danziger. Da der Gastwirt auch Bauer war, gab es hier Schinkenstullen von un¬geheurer Größe mit frischer Landbutter und Räucherschinken. Nach einem herrlichen Fest¬mahl trudelte man sich noch ein paar Ma¬chandelchen aus, machte mit den Seinen einen Spaziergang um den See oder suchte Pilze, die hier in großer Menge vorkamen, beson¬ders den schmackhaften Pfifferling und auch den Steinpilz konnte man hier finden. Wenn die Sonne dann ihre letzten Strahlen über den See schickte, ging es wieder nach Hause. Der Kremser wurde mit einigen Papierlaternchen versehen, die lustig im Winde schaukelten. Gegen Mitternacht langte man wieder im heimatlichen Hafen an, nachdem man einen ganzen Tag in der schönen freien Gottesnatur verbracht hatte. Kinder, war das doch schön!
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