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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wassermüller & Wassermühlen



MueGlo
04.11.2018, 14:03
Moin,

Wassermüller, Wasserabmahlmüller und Entwässerungsmüller gibt es z.B. in Groß und Klein Zünder nachweislich zwischen 1668 und 1927.

Was er tut ist klar: Er bewegt überschüssiges Wasser aus einem niedriger liegenden Graben in einen höher liegenden Graben, eine Laake einen Fluß mittels einer sog. Wassermühle, damit dieses abfließt.

Bei einer Mühle hatte ich bislang immer die Vorstellung von etwas Stationärem. Jetzt bin auf eine Site über Fluttermühlen in Holland und Nordwestdeutschland gestoßen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Flutterm%C3%BChle

Die Fluttermühlen sind mobil, d.h., an diversen Stadorten einsetzbar, und pumpen das Wasser mittels Archimedischer Schraube angeblich maximal zwei Meter höher.

Gibt es Belege, dass derartige Fluttermühlen --- eventuell anders bezeichnet --- auch im Weichselwerder eingesetzt wurden?
Gibt es Belege für andere Typen von Wassermühlen?

Der letzte Wassermüller in Groß Zünder hat sicherlich mit Motorpumpen gearbeitet.

In der Dorfhierarchie steht der Wassermüller auf der Ebene der Arbeiter, "Einwohner", "Gärtner", "Eigner", etc. 1945 bewohnen die Nachkommen des letzten Wassermüllers in Klein Zünder ein Insthaus. D.h., der Wassermüller ist nicht vergleichbar mit dem Kornmüller, der in der Dorfhierarchie ziemlich weit oben steht und --- insbesondere wenn er auch noch Land besitzt --- zum "Nachbarn" aufsteigen kann.

In der einschlägigen Literatur sowie in Websites über alte Berufe finde ich bislang nichts Relevantes über den Wassermüller. Deswegen ist mir unklar, als was er seinen Beruf ausübt und wie er damit ein Einkommen erzielt. Der Kornmüller bekommt einen Teil des Mehls, das er aus dem angelieferten Getreide produziert hat. Für den Wassermüller als Dienstleister --- er produziert ja nichts --- gibt dieses System keinen Sinn.

Was ist der Wassermüller dann?

a) Ein angestellter Arbeiter, der von der Dorfgemeinschaft - den Nachbarn / Hofbsitzern - seinen festen Lohn erhält? Ist er dem Schlickgeschworenen unterstellt und übt seine Tätigkeit entsprechend dessen Vorgaben aus?

b) Ein Freiberufler, der von den individuellen Nachbarn / Hofbesitzern kontraktiert und nach eingesetzter Zeit bezahlt wird? Das gibt m.E. wenig Sinn ... denn wenn Wasser aus den Gräben eines Nachbarn abgepumpt wird fließt Wasser aus den Gräben der anderen Nachbarn nach ...

Hat jemand Ideen und möglichst Belege?

Beste Grüße aus Rabat,

Rainer MueGlo

Antennenschreck
04.11.2018, 14:46
Aus einem alten Lexikon:

Mühle, Mühl, lateinisch Mola und Molendinum, französisch Moulin, ist ein von verschiedenen Rädern und Getrieben zusammengesetztes Gebilde, welches durch eine äußerliche Gewalt in in Bewegung gebracht wird, und vermittels derselben eine sonst schwere Arbeit mit besonderem Vorteil leicht und geschwind verrichtet. Ihrem Gebrauch nach ist sie in Bänder-, Blase-, Bret-, Säge-, Schneide-, Kaffee-, Dresch-, Gewürz-, Getreide-, Korn-, Mahl-, Hammer-, Moder-, Papier-, Polier-, Pulver-, Schleif-, Schrot-, Seiden-, Stampf, Walkmühlen und so weiter zu unterscheiden. Nach der eingesetzten Kraft aber wird sie in eine Hand-, Roß-, Ochsen-, Gewicht-, Tret-, Wagen-, Wind- und Wassermühle unterschieden.

Deiner Beschreibun käme meiner Ansicht nach noch die Modermühle am nächsten.

LG Arndt

Antennenschreck
04.11.2018, 15:05
Hallöle,

die Holländer haben mit diesen Mod(d)ermühlen (welche auf Schiffen installiert waren), und welche von Pferden angetrieben wurden, durch sog. Archimedische Schrauben ihre Kanäle von Schlamm (also Modder) befreit. Ich meine mich düster zu erinnern, dass das Niedrigwasser zum Oberwasser in einem Verhältnis von etwa vier zu eins gestanden hätte, also ein weiterer Mühlenantrieb auf diese Weise nicht sehr sinnvollwar. Man hätte hier einfacher ein unterschlägiges Mühlenrad (ev. mit Windkombination) benutzen können. Solche Schraubenkonstrukte wurden aber gerne zur Wasserversorgung und Bewässerung im flachen Land (mit wenig Gefälle) genutzt, wenn sich ein größerer Fluss in der Nähe befand.

LG Arndt

Antennenschreck
04.11.2018, 16:17
Hallöle,

hier mal so eine Schraube:

23603

Tschü....

sinus
04.11.2018, 17:50
Hallo Rainer,

ich meine, die Wasser(abmahl)müller waren Angestellte der Deichgenossenschaften. Diese Genossenschaften waren nicht auf Gemeindeebene organisiert, sondern nach Wasser-Einzugsgebieten. So gab es z.B. eine Deichgenossenschaft Sperlingsdorf-Schönau (rechts der Mottlau) oder Mönchengrebin-Sperlingsdorf (links der Mottlau).
1793 wird der Sperlingsdorfer Wassermüller Simon Schwarz als Einlieger in der Dorfskate (der Dorfgemeinschaft gehörend) geführt.

Schöne Grüße
sinus