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werner.ohl
22.02.2019, 13:23
Wir bauten die Herz-Jesu-Kirche in Hohenstein
Herrn Baumeister Johannes Meißner zum dankbaren Gedenken!
Von Johannes Ohl – Hohenstein

Vor kurzem erreichte mich die tieftraurige Nachricht, daß der Liebe Gott den treuen Mitarbeiter und Förderer unseres Kirchenbaues in Hohenstein zu sich in sein ewiges Reich abberufen hat.
Ich erachte es als meine Pflicht, von diesem Verstorbenen ein Bild seines Wirkens in der katholischen Kirchengemeinde und innerhalb des Katholischen Kirchenbauvereins von Hohenstein und Umgebung zu geben.
Nach dem unglücklichen Ausgang des Ersten Weltkrieges und dem darauffolgenden Friedenvertrag wurden die Katholiken von Hohenstein und den anliegenden Ortschaften von ihrer Mutter- und Pfarrkirche Mühlbanz durch die Grenze zwischen Polen und dem Freistaat getrennt; die kirchliche Versorgung und die Teilnahme am Gottesdienst wurde für uns unmöglich. Um das lebendige kirchliche Leben nicht erlahmen zu lassen, mußte etwas geschehen, den glaubenstreuen Katholiken die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu ermöglichen.
Herr Lehrer Buchholz und ich suchten Verbindung zu dem inzwischen gebildeten Konsistorium in Danzig, wo wir in dem hochwürdigen Herrn Prälaten Sawatzki einen eifrigen Förderer für unsere kirchlichen Angelegenheiten fanden. Herr Prälat Sawatzki unternahm zunächst Schritte um die Genehmigung zur Abhaltung von Gottesdiensten in unserer Schule. Nachdem dieses von Seiten des Senates und unserer Gemeinde genehmigt worden war, Kam Herr Prälat Sawatzki und sein Vikar Hoppe in unsere Gemeinde und hielt am 11.11.1922 in Hohenstein zum ersten Mal das hl. Meßopfer. Am Nachmittag dieses Tages wurden alle Katholiken zu einer Aussprache über unsere kirchlichen Sorgen und Nöte in den Saal des Gasthauses Heinzel geladen. Herr Prälat Sawatzki begrüßte die Erschienenen, ermahnte zur Treue gegen Gott und sagte zu, daß alle 14 Tage ein Geistlicher in Hohenstein den Sonntagsgottesdienst halten würde. Daran schloß sich eine lange Auassprache über den weiteren Auf- und Ausbau unserer Pfarrgemeinde, und es wurde anschließend die Gründung des Kirchenbauvereins von Hohenstein und Umgegend beschlossen, der den Zweck verfolgen sollte, Geldmittel zu sammeln, um später den Bau einer Kirche zu ermöglichen.
Kurze Zeit danach wurde für den Bahnmeistereibezirk Hohenstein unser Herr Johannes Meißer als Bahnmeister angestellt. Unsere Bitte um Mitarbeit und Hilfe für die Belange unseres Kirchenbauvereins fand bei ihm begeisterte Zustimmung. Sogleich machte er sich an das Planen für den Bau einer Notkirche auf dem schon geschaffenen Friedhof. Dank der Opfer der Mitglieder und Förderer und der Zuschüsse kirchlicher und staatlicher Stellen erstand diese bald unter seiner Leitung.
Wir hatten nun einen Gottesdienstraum. Doch die Gemeind sehnte sich auch nach einem ständig bei ihr weilenden Seelsorger, so daß der Wunsch nach dem Bau eines Pfarrhauses immer größer wurde. Eine rege Sammeltätigkeit, verbunden mit Wohltätigkeitsveranstaltungen, auch unter Mitwirkung weitester evangelischer Kreise, ermöglichte im Jahre 1927 den Beginn des Baues eines Pfarrhauses. Sein Plan stammte von dem leider auch so früh verstorbenen Architekten Drostek vom staatlichen Hochbauamt. Herr Meißner übernahm die Durchführung der Bauarbeit, stellte die notwendigen Arbeitskräfte, Polier, Gesellen und Helfer an. Bis zum Herbst dieses Jahres konnte das schöne Haus unter Dach gebracht werden. Über Winter beschäftigte sich Herr Meißer mit den Berechnungen für den Weiterausbau bis zur Fertigstellung. In vielen Vorstandssitzungen wurden seine Pläne besprochen und gutgeheißen. Im Frühjahr 1928 wurde dann an den Weiterausbau gegangen.
Als ein Teil der Wohnräume beziebar war, wurde als erster Pfarrer unserer Gemeinde Herr Vikar Johannes Cymanowsky von Danzig-St. Josef vom Konsistorium bestimmt. Die Freude, diesen eifrigen Priester nun ständig unter uns zu haben und ihm bei der weiteren Ausführung unseres Zieles bei zu wissen, war unverkennbar. Es war ein Markstein auf dem schweren Wege der Errichtung der Katholischen Pfarrgemeinde von Hohenstein und der umliegenden Ortschaften. Nun erreichte unser junges kirchliches Leben und Streben viele Erfolge. Größere Spenden und viele hilfreiche Hände bewirkten, das in nie getrübter, harmonischer Zusammenarbeit im Jahre 1928 unser Pfarrhausbau beendigt wurde.
Obwohl Notkirche und Pfarrhaus errichtet waren, stellten sich doch an der Notkirche erhebliche Mängel ein. Im Sommer bei heißem Sonnenschein war es sehr warm und im Winter empfindlich kalt; an den Festtagen erwies sie sich als zu klein. So wurde unter den Gläubigen bald der Wunsch laut, an den Bau einer größeren Kirche heranzugehen. Unser Herr Meißner griff diesen Wunsch auf und arbeitete viel und oft an Entwürfen für den Bau einer geräumigen, massiven Kirche für unsere Gemeinde. Im Frühjahr 1930 wurde in der Generalversammlung der Beschluß gefaßt, den Bau der Kirche zu beginnen und auf mehrere Jahre zu verteilen. Der vorgelegte Bauplan wurde nach geringen Abänderungen durch die Hochbauverwaltung von der Generalversammlung des Kirchenbauvereins gutgeheißen und daraufhin Herrn Meißner die Ausführung übertragen. Mit Dank und Freude nahm er diesen hohen und ehrenvollen Auftrag an.
Im Frühjahr 1930 wurde nach der Weihe des Bauplatzes und des Baukreuzes mit der Aushebung des Fundamentes begonnen. Zu einem Stamm von ständigen Facharbeitern kamen täglich freiwillige Helfer in den Abendstunen, so das gelang, die Fundamente bis zum Herbst fertigzustellen. Für Herrn Meißner trat keine Unterbrechung seiner Arbeiten ein. An den Winterabenden beschäftigte er sich viel mit der Berechnung der erforderlichen Baumaterialien für den Weiterbau im Frühjahr 1931. Der Abschluß eines Lieferungsvertrages mit der städtischen Ziegelei Güttland und deren Anfuhr wurde getätigt, so daß nach Anlieferung von ca. 250.000 Ziegelsteinen der Weiterbau in Angriff genommen werden konnte. Durch die opferfreudige Mithilfe vieler frei williger Helfer stieg unser Bau höher und höher, so daß wir noch im Herbst den Dachstuhl auf dem Kirchenschiff und dem Altarraum aufrichten konnten. Die darauf eintreffenden Dachsteine wurden auf die Dachfläche gelegt, und der noch offene Turm wurde für den Winter mit Brettern abgedeckt.
Während dieses Bauabschnittes war unser Herr Meißner täglich längere Zeit auf dem Bauplatz. Am Nachmittag konnten wir Mitarbeiter im Vorstand ihm dort stets antreffen, wo er uns weitere Vorschläge für die Bauarbeiten und Anweisungen an unsern Polier Bernhard Pollak und seine Gesellen und Arbeiter gab. Hiermit war wieder die Jahresarbeit geschaft; der Weiterbau wurde in das kommende Frühjahr gelegt.
Nach diesem Bauabschnitt mit dem so sichtbaren Fortschritt setzte eine unerwartete, große Opfererfreudigkeit ein. Der auch an dieser Stelle dankbar rühmlichst gedacht sei. Es gelang uns schon im Winter, Aufträge für den Turmausbau und die Fenster zu vergeben. Mit Einbruch warmen Frühlingswetters ging Herr Meißner mit seinen Bauleuten mutig ans Werk, um unser Ziel zu erreichen und den Bau unserer Herz-Jesu-Kirche zu vollenden. Die schwerste Arbeit war es, den Glockenturm bis auf die geplante Höhe zu bringen. Das bereitete große Mühe; denn alles Material mußte durch Menschenkraft nach oben befördert werden. Doch mit Gottes Hilfe wurde es ohne Zwischenfall geschafft. Bald kam der Tag, da wir zur Freude aller das weithin sichtbare, von Herrn Meißner geschaffene Turmkreuz an der Spitze befestigen konnten. Es ging dann an die Eindeckung des Turmes und an das Säubern und Fugen der Außenwände, während im Innern das Deckengewölbe des Altarraumes und das Putzen der Seitenwände der Vollendung entgegenging. Immer umfangreicher wurde die Arbeit unseres Baumeisters. Der Einbau der Orgelempore und der bleiverglasten Fenster, die Tischlerarbeiten an den Türen und der Aufbau des Hauptaltares sowie der Seitenaltäre nahmen ihm voll in Anspruch.
So ging mit dem Ablauf der Sommermonate unser Kirchenbau seiner Fertigstellung entgegen. Schließlich, im Anfang September 1932, erlebte unsere Gemeinde die lang und heiß ersehnte Freude, das neue Gotteshaus nach vorläufiger Weihe durch den hochwürdigen Herrn Prälaten Sawatzki in Gebrauch nehmen zu dürfen.
Großes und Erhebendes haben wir in jenen Jahren mitschaffen und erleben dürfen. Es wird uns zeitlebens in Erinerung bleiben. Nächst Gott und dem Heiligsten Herzen Jesu, dem wir uns geweiht haben, gebührt aufrichtigster Dank unserm lieben, verstorbenen Baumeister, Herrn Johannes Meißner!
Nun hat der himmlische Meister dem Erbauer unserer Pfarrkirche und des Pfarrhauses Feierabend geboten und ihm nach zweijährigem schweren Krankenlager (Lähmung) zu sich in sein himmlisches Reich aufgenommen. Möge das Heiligste Herz Jesu ihm dort aufs Reichste alles vergelten, ihm den Segen und die Freude des Himmels in hohem Maße schenken und ihm sein nimmermüdes, tatkräftiges und uneigennütziges Wirken für unsere Pfarrgemeinde reich belohnen! Er ruhe in Frieden!

* * *
Ein Nachwort der Schriftleitung zu obigen Artikel: Gern und mit großer Freude haben wir den Artikel von Herrn Johannes Ohl entgegengenommen und hier veröffentlicht. Legt er doch schlicht, aber wahr Zeugnis ab für das Wirken eines selbstlosen, edlen Mannes, des nun verstorbenen Herrn Meißner, der im Dienste Gottes und der Kirche Großes geleistet hat. Wir haben aber den Aufsatz auch deswegen hier gern zum Abdruck gebracht, weil er den Verfasser, Herrn Johannes Ohl, selbst in schönem Lichte erscheinen läßt. Einfach und bescheiden schildert Herr Ohl die Verdienste seines Freundes und Pfarrmitgliedes. Er tut es neidlos, ohne seiner eigenen Verdienste um den Kirchenbau zu gedenken. Dabei wissen es nicht bloß die Hohensteiner Katholiken, sondern alle, die über die kirchlichen Verhältnisse in Hohenstein einigermaßen informiert sind, daß das größere Verdienst um den Bau der Kirche und des Pfarrhauses dort Herrn Ohl gebührt. Er war es, von dem die Idee des Kirchbaues ausging, er derjenige, der diese Idee zum Zünden brachte. Er erwärmte ebenso die Hohensteiner Katholiken wie das Danziger Konsistorium für den Kirchenbau. Er gründete den Kirchenbauverein und war der eifrigste Förderer desselben. Unermüdlich plante und überlegte er. Er stiftete den Baugrund für die Kirche und das Pfarrhaus mit Garten, spendete namhafte Summen zum Bau und förderte ihn ganz außerordentlich durch Sachleistungen, etwa durch kostenlose Anfuhr des Baumaterials u.ä.
Noch wichtiger erscheint uns, daß er auf Seiten der Laien zu denen gehörte, die am nachhaltigsten die Pfarrfamilienbildung beeinflußt und durch ihr Beispiel das religiösekirchliche Leben in der Pfarrei gefördert haben. Kein anderer als der erste Pfarrer von Hohenstein, der jetzige Prälat und Kapitelsvikar des Bistums Danzig, der H. H. Cymanowski, sagte mir einst, daß er in seiner seelsoglichen Arbeit in Hohenstein gerade an Herrn Ohl die beste Stütze gehabt habe. Nicht nur sei sein persönliches und Familienleben ohne Fehl und Tadel gewesen, sondern darüber hinaus sei er durch seine edle Gesinnung und Haltung und durch seine religiöse Betätigung zündendes Vorbild für die ganze Gemeinde geworden. Sein häufiger, ja fast täglicher Empfang der hl. Kommunion sei ihm dafür die Kraftquelle, sei aber auch stets erneuter Ansporn für alle Pfarrangehörigen gewesen.
Wir wissen, daß Herr Ohl, wenn er diese Zeilen liest, unruhig werden wird und in in seiner kernigen, charakterhaften Geradheit das nicht wird gelten lassen wollen. Wenn er aber in seinem Aufsatz seinem Mitpfarrangehörigen ein so schönes und wohlverdientes Denkmal setzte, so verlangte es die Gerechtigkeit, daß auch seinen Verdiensten die gebührende Anerkennung gezollt wird.
Johannes Meißner und Johannes Ohl von Hohenstein! Gemeinden, die solche Männer ihr eigen nennen dürfen, können sich ihrer mit Recht freuen und stolz auf sein! Sie sind aus ihnen hervorgegangen und sind es geworden auch aus dem Geist, der in der ganzen Gemeinde herscht. So gebührt allen Hohensteinern Anerkennung, besonders denen, die am Bau der Kirche und am Aufbau der Pfarrgemeinde Anteil gehabt haben.
Dr. R. Stachnik
Erschienen im Heimatbrief der kirchlichen Zentralstelle der Danziger Katholiken, Herbst 1955