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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Reisebericht erster und zweiter Danzigbesuch mit 163 Fotos von Sommer 2021



Ilja_CH
17.06.2023, 13:21
163 Fotos, einfach klicken um durchschauen:
https://www.iljajenzer.ch/55/danzig.html


Ich war im Sommer 2021 das erste Mal in Danzig. Während hier in der Schweiz div. Massnahmen wegen dem Corona-Virus das Leben damals etwas einschränkten, bemerkte man in Danzig in jenem Sommer nicht viel vom Virus bzw. von Massnahmen. Nach viel Home Office war es eine Wohltat, eine neue Stadt zu erkunden, alles offen vorzufinden und viele Menschen zu sehen mit einem Minimum an Masken.

Meine Grossmutters Vorfahren stammen aus Westpreussen, Neustadt/Rumia/Pentkowitz und Danzig. Zudem heiratete meine Grossmutter später einen Mann, der in Danzig geboren wurde und seine Vorfahren stammen logischerweise ebenfalls aus Westpreussen (Danzig Langfuhr, Oliva usw.).

Hotel:
Da ich einen Besuch im Staatsarchiv Danzig machte, blieb ich die ersten Nächte im Hotel Scandic Gdansk direkt beim Hauptbahnhof. Ein sehr gutes Hotel, sehr umfangreiches Frühstück, Suiten inklusive. Und nicht weit weg vom Hauptbahnhof. Nur über die Strasse. Praktisch, wenn man zum Archiv möchte. Auch nicht weit weg vom Zentrum. Und wer mit Tram oder Bahn nach Langfuhr, Oliva o. Ä. möchte, ist schnell beim Bahnhof. Diesen Sommer werde ich wieder dort verbringen, für 7 Nächte zahlen wir für eine Junior Suite 1384 CHF.
Das Hotel Novotel Gdansk Centrum war ok. Nicht schlecht, aber in allen Belangen etwas weniger gut als das Scandic Gdansk. Dafür preislich viel billiger und im Zentrum. Östlich davon, wenn man über die Brücke spaziert, im Quartier befand sich ein Waschsalon, wo man selber seine Kleider waschen konnte.

Anreise:
Damals schon fuhr ich mit dem Zug nach Berlin, nach einer Nacht dort weiter mit dem Zug nach Danzig. Der Hauptbahnhof wurde gerade umgebaut, aber der Bahnhof war in Betrieb. Auch diesen Sommer nehmen wir den Zug von der Schweiz nach Berlin und von dort nach Danzig. 1. Klasse.

Bericht:
Am ersten Wochenende nach meiner Ankunft besuchte ich Danzig Langfuhr. Mit der Strassenbahn die Hauptstrasse entlang bis zum Krankenhaus in Langfuhr. Dieses besichtigt, überrascht, hier noch Einschusslöcher erkennen zu können. In der Nähe, nördlich der Hauptstrasse, befand sich früher eine Geburtsklinik. Auch dieses Gebäude habe ich gefunden und fotografiert. Alle Orte hatten war mit der Familiengeschichte zu tun.
Weiter mit der Strassenbahn zu einer grossen Kreuzung, von der der Heiligenbrunnerweg abzweigt. Von der Hauptstrasse den Heiligenbrunnerweg entlang bis zum „Ende“ der Strasse. Dort befindet sich eine Kreuzung. Der Hauptweg ist eine Linkskurve zum St. Michaels Weg. Gerade aus und rechts sind Sackgassen. Zuerst bin ich aber nach rechts, weiter den Hügel hoch. Nach wenigen Minuten kommt man zu einem Wald. Dort steht südlich vom Weg auch sehr schönes, grosses Anwesen. Auf einem Pfosten stand „Erb 1921“. Das habe ich fotografiert. Im Wald könnte man hoch steigen auf einen Hügel. Zurück zur Kreuzung und gerade aus Richtung Süden. Anscheinend befand sich dort ganz früher eine Blindenanstalt. Das Gebäude scheint heute verlassen zu sein, es gab eine Menge Baby-Frösche auf dem Boden rings um das Gebäude. Danach zur Kreuzung Königstaler Weg und St. Michaels Weg. Hier gibt es einen Hügel, wo vermutlich ein Wasserreservoir steht oder stand. Der Hügel ist nett. Interessant ist jedoch der Waldpark dahinter. Der Wald ist steil, weil dort das Gelände in Richtung Station ein Gefälle besitzt. Und hier befinden sich viele Grabsteine. Zum Teil umgekippt, zerfallen, zugewachsen. Sehr eine interessante Atmosphäre. Danach wieder hoch gelaufen zur Spitze (Reservoir) und von dort den St. Michaels Weg nach Osten gelaufen. Vorbei der technischen Hochschule, dort vermutlich auch noch ein paar Einschusslöcher an der Fassade, und viele alte Häuser gesehen. Die Gegend gefiel mir sehr, weil es sich hier um eine authentische Gegend handelte, und nicht um ein Touristen-Zentrum. Kleine Cafes hier und da, Geschäfte. Malereien an den Wänden. Auch Dreck.
Der Friedhof zwischen St. Michaels Weg und der Hauptstrasse existiert nicht mehr, das ist heute ein Park. Es gab in der Nähe der von mir besuchten Grabsteine anscheinend mal ein Krematorium für nicht gläubige Leute oder Ähnliches. Vom St. Michaels Weg zurück zur Hauptstrasse und via Strassen Bahn zurück zum Zentrum.

Danzig gefiel mir sehr gut. Das Zweite Weltkrieg-Museum, der Fluss, die Brücken, das Wasser, die Kirchen und Türme, die Fassaden, Cafes, Restaurants. Eine sehr lebendige, schöne Stadt. Nie schlecht gegessen. Einfach zu Fuss erkundbar. Mit dem Schiff zur Westerplatte (war ok, eine Bunker-Ruine, etwas Wald und ein Monument). Auf dem Weg sieht man zum Teil auch alte Häuser, wo man die alten Schriftzeichen an der Fassade z. T. noch erkennen kann („Kolonialwaren“ usw.). Oliva war klein und nett, schöner Park, eine Kirche. Zoppot fanden wir sehr schön, ein viel besuchte Strasse vom Bahnhof die Strasse runter zum Strand. Schön zum Baden, aber weniger Infrastruktur als z. B. beim Mittelmeer (z. B. keine Duschen gesehen). Viele Touristen. Von dort kann man einen schönen Spaziergang Richtung Danzig unternehmen und wenn man nicht mehr mag, auf die Strassenbahn umsteigen. Wer es ruhig mag, kann sich dort am Strandweg irgendwo eine Ferienwohnung oder ein Ferienhaus suchen.

Was ich an Polen zudem schätze, sind die riesigen Malls. Einkaufstempel mit vielen Cafes, preiswerten Geschäften, Kinos, WCs usw. In Danzig Langfuhr waren wir im „Manhattan“ sowie in der Galeria Baltycka und beim Hauptbahnhof im Forum Gdansk.

Wie gesagt, wir haben nie irgendwo schlecht gegessen. In Erinnerung geblieben sind mir nach all dieser Zeit zwei Orte: Trattoria Al Dente, ein kleiner, gemütlicher, ruhiger Italiener. Warum? Erstes lag dieser direkt hinter dem Hotel, zweitens nicht weit weg vom Staatsarchiv. Perfekt um nach etwas Recherche einen guten Happen zu essen. Das andere Restaurant lag am Wasser in der Nähe vom Krantor (südlich davon). Wie es heisst, weiss ich nicht mehr, aber sie hatten ein gutes Bulgur-Menü.

Was wir an Polen auch toll finden, sind die zahlreichen Cafes. Tee und Kuchen, gemütlich sitzen und etwas Süsses essen, Leute beobachten, ein gutes Buch lesen. Die Kette „Wedel“ ist ein Traum. Egal ob am Wasser in Danzig oder in Zoppot zwischen Bahnhof und dem Meer, in fast jeder Stadt findet man einen Wedel. Die Auswahl an Köstlichkeiten ist sehr gut.

Archiv:
Als ich im Archiv war, hatte ich vor Ort das Gefühl, dass mir niemand helfen konnte (sprachlich). Im Lesesaal wollte ich zudem nicht stören. Signaturen müssen online in einem Formular eingetragen werden eine nach der anderen mit Wahl vom Datum des Besuchs. Eine Liste in einem PDF mit 40 Signaturen ans Archiv schicken geht nicht. Alles einzeln bestellen. 10 pro Tag normalerweise. Die im umfangreichen Buch erwähnten Bestände (Staatsarchiv Danzig Wegweiser Bestände bis 1945) müssen in der Online-Suche anhand vom polnischen Begriff mühsam gesucht werden. Zum Glück stehen im Buch neben den deutschen Beschreibungen und Überschriften auch polnische Überschriften, aber nicht alle klappen bei der Online-Suche. Zudem sind mehrere der Bestände im anderen Archiv in Gdingen untergebracht und gar nicht in Danzig.
Diesen Sommer nehme ich mir einige Karteikarten mit, auf denen ich einige Übersetzungen aufschreibe. So kann ich je Situation bei Fragen oder Problemen der Aufsicht – sollte sie nicht Englisch oder Deutsch können – einfach die Karte hinhalten und die Aufsichtsperson kann auf aufgedruckte Antworten zeigen.

Verständigung:
Englisch und Deutsch kein Problem.

Geld:
Man kann überall mit der Karte zahlen (auch Maestro-Karte, Kreditkarte ist nicht zwingend nötig) und an zahlreichen ATMs Geld rauslassen.

Sicherheit:
Ich würde sagen, keine gefährliche Stadt. Aber es ist mir dort das erste Mal während all meiner Reisen (Zeitraum 10 Jahre) passiert, dass es einen gefährlichen Moment gab. Ich war auf der Ostseite vom Fluss um nachts das Krantor mit Stativ zu fotografieren. Ein Betrunkener oder auf Droge stehender Typ hat sich meiner Frau und mir sehr aggressiv genähert und als ich begann die Sachen einzupacken (Stativ, Kamera, Fernauslöser usw.) ist er sehr schnell näher gekommen. Wir rannten schnell weg. Ich denke, wenn wir dort geblieben wären, hätte der uns eine verpasst. Ich war schon an vielen Orten – Iran, Aserbaidschan, Istanbul, Ukraine, Russland, Belarus, Laos, Vietnam, Kambodscha, China, Myanmar, Thailand, Malaysia, Kenia, Namibia, Kuba, USA, Nordkorea usw. Nie gab es auch nur ansatzweise solch ein Problem wie dieser eine Moment. Und ich habe in all diesen Ländern fotografiert, auch nachts mit Stativ.
Man kann immer Pech haben und per Zufall auf den falschen Typen treffen.
Danzig ist eine sehr sichere Stadt. Ich war nachts oft unterwegs und habe Fotos gemacht, nie ein Problem bis auf diese eine Situation.

Von Breslau, Warschau, Krakau, Hirschberg und Lublin gefällt mir Danzig am besten. Gefolgt von Breslau. Das Meer macht den Unterschied.

Beim zweiten Besuch waren wir nur zwei Tage in Danzig Langfuhr um in der Mall in Auftrag gegebene Hochzeitsringe abzuholen und in Langfuhr ein spezifisches Haus zu fotografieren (wo sich heute das polnische Militär heute befindet). Die Hausnummern von damals und heute sind nicht zwingend überall gleich.

Ich freue mich auf diesen Besuch im Sommer. Danzig ist eine tolle Stadt.

Belcanto
17.06.2023, 14:51
So etwas ist schön. Keine idiologische Streitigkeiten.

Beate
17.06.2023, 15:52
Hallo Ilja,

herzlichen Dank für deinen schönen, informativen Bericht mit den prima Hinweisen für das Archiv!
Und die vielen tollen Fotos...
Ich bin mal gerade mit verreist:)...

Fröhliche Grüße, Beate

Inge-Gisela
17.06.2023, 16:21
Hallo Ilja,
auch ich bedanke mich herzlich für den Bericht und die interessanten und auch schönen Fotos. Da ich 2013 in Danzig war, habe ich so einiges wiedererkannt. Aber so einiges ist mir auch unbekannt. Man sieht, dass die Fotos nicht nur im touristischen Bereich gemacht worden sind. Das gehört auch zu Danzig. Wie man Deinem Bericht entnehmen kann, muss man für das Archiv auch viel Zeit und Geduld mitbringen. Ich hatte das Glück, das Gesuchte per Mail vom Standesamt und auch vom Archiv zu bekommen, was auch bezahlbar war. Was man leider nicht bekommen kann, sind z.B. Gerichtsurteile bzgl. Scheidungen. Da gibt es lt. mehrfacher Auskunft von Interessenten nichts Geordnetes in Danzig.

LG Inge-Gisela

Ilja_CH
19.06.2023, 20:02
Hallo Belcanto, Beate und Inge-Gisela

Danke für eure Rückmeldungen. Ich werde die Online-Galerie mehrere Monate im Netz stehen lassen, aber in einem Jahr oder so kann es sein, dass der Link nicht mehr funktionieren wird.

Falls ich diesen Sommer Fotos machen werde, kann ich diese gerne ebenfalls teilen. Ich werde jedoch viel Zeit im Archiv verbringen. Neufahrwasser möchte ich zudem besuchen, das habe ich letztes Mal nicht gewürdigt.

Ich denke, dass ich nach meinem Archiv-Besuch einen Beitrag machen werde im Detail anhand eines realen Praxisbeispiels, wie man vorgehen muss ect. Ich habe viele Signaturen bestellt und teilweise muss man in dessen Inhalt manuell nach Infos suchen, daher denke ich, dass das Archiv mir dies nicht einfach schicken kann.

Schönen Abend
Ilja

Petra M.
12.07.2023, 20:53
Hallo Ilja, ein sehr schöner Bericht mit tollen Informationen. Danke.

Schöne Grüße Petra