Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wörd opp Plattdütsch ut de Neddrung
waldkind
11.06.2024, 08:46
Liebe Forumerinnen und Forumer,
ich hoffe, diese Einleitung zum Thema wird mein einziges Hochdeutsch hier bleiben. Es ist meine Absicht, Wörter aus dem Danziger Plattdeutsch, deren Bedeutung ich mir nicht hundertprozentig herleiten kann, hier zu erfragen in der Hoffnung auf kompetente Antworten.
Hier das erste Wort. Was genau bedeutet "Bommke"? LG Miriam
Fischersjung
11.06.2024, 13:51
Hallo Miriam
Ich kenne nur 'Bomke' aus dem Plattdeutsch, hier ist es ein 'Bonbon'.
Als Kind sagten wir dazu 'Schnongs' :)
waldkind
11.06.2024, 16:19
Hallo Joachim,
klingt auf alle Fälle süß, dein Bomke :).
Ich fürchtete schon, ich stünde im Verdacht, das Wort bedeute lediglich 'kleines Bäumchen'.
Es geht in der Quelle darum, dass eine Bauermannsgesellschaft in einem Gasthaus "en Bommke Machandel" leert. Ich befürchte eher viele Bommkes Machandel, denn am Ende ist jeder mal betrunken. Dat Bommke wird quasi herum gereicht zum Leeren. Mit anderen Worten, es müsste da viel reinpassen. Ich denke an einen Krug (Bierkrug, Weinkrug?). Aber vielleicht gab es ja spezielle Schnapskrüge? Ich bin gespannt, ob wir es herausfinden.
Viele Grüße
Miriam
(PS: Bäume saufen zwar auch viel, aber selten bis zum Umfallen;))
- - - Aktualisiert - - -
Vielleicht ist es ein Holzkrug, dann käme das mit dem "kleinen Bäumchen" hin. LG
- - - Aktualisiert - - -
Oder ein kleines Holzfässchen? Da passt mehr rein als in einen Humpen.
Hallo Miriam,
wie wäre es mit folgender Erklärung:
Preussisches Wörterbuch, Ost- und Westpreussische Privinzialismen (1882)
Bummchen, Bommchen, n., altes Branntweinmaß zum Ausschank an Ort und Stelle. Ein Bummchen kostet meistens 25 Pfg. und wird von mehreren Personen "umzech" getrunken.
Viele Grüße,
Peter
waldkind
11.06.2024, 21:33
Hallo Peter,
das passt, klasse!
Möglicher Weise hat man in Danzig tatsächlich eher "Bommchen" gesagt, weil dort die Endung "chen" sehr beliebt war. Vielleicht finden wir irgendwann zufällig heraus, wie viel Machandel in das Bommchen hineinpasste.
Das Wort Bommchen oder Bommke war Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts noch im Gebrauch.
Hallo Joachim,
was mir noch eingefallen ist: Bei den plattdeutschen Wörtern gibt es keine einheitliche Schreibweise, weil Plattdeutsch eine Sprechsprache ist und keine Schreibsprache. Man schrieb wie einem de Schnoawel gewosse es. Daher können wir für ein und das selbe Wort unterschiedliche Schreibweisen finden. Also ob Bommke, Bomke, vielleicht Boumke, Bommchen, Bummchen ...
Jetzt suche ich ein neues Wort, das mir nicht geläufig ist.
Viele Grüße
Miriam
Fischersjung
11.06.2024, 22:02
Hallo Miriam,
siehe hier: https://www.ndr.de/kultur/norddeutsche_sprache/plattdeutsch/woerterbuch101_region-1923.html
- - - Aktualisiert - - -
In deinem Fall wird Peter's Lösung die richtige sein.
waldkind
11.06.2024, 22:32
Danke Joachim,
wieder eine Quelle mehr.
Vielleicht war ursprünglich, so regional versteht sich, in einem Bonbon/Bomke ein Schuss Machandel drin!?;)
Jetzt mal ein anderes Wort: "tecken"
Der Satz dazu: "Köhmt Bommke to em, he hewt ett herruinger geteckt."
Es kommt mir nicht bloß darauf an, den Sinn zu verstehen, sondern vielmehr die genaue Bedeutung eines Wortes zu erfassen, sodass ich es anwenden kann.
Viele Grüße
Miriam
waldkind
12.06.2024, 01:08
Könnte "tecken" eventuell "zechen" bedeuten, also viel Schnaps wesch zechen?
Guten Morgen Miriam,
ich kenne das Wort Tacken (Bochumer Platt?) für eine Mark oder Groschen.
Mein Nachbar sagte nämlich, als ich noch klein war und wenn seine Frau einkaufen ging, hast du auch einen Tacken eingesteckt.
Einen schönen Tag wünscht Dir
Sigrid
waldkind
12.06.2024, 20:28
Leewe Forumer,
hied well eck keenen ploage mett väl Jebrus. Oawer twe wörd well eck froage.
1. Wat meent "Woaslichter"?
2. War meent "Westfupp"?
Wenn ehr mi dat vertellt, doar wer eck begleckt! ;)
Aller Anfang ist schwer, seid bitte nachsichtig mit mir. Bei dem Wort "Woaslichter" tippe ich auf Wattlichter. Bei dem Wort "Westfupp" tippe ich auf Westentasche. Habt ihr irgendwelche Assoziationen dazu?
Liebe Sigrid,
ich kennen "einen Tacken weg haben", aber das ist bestimmt nicht gemeint. Obwohl, wenn man weschzecht bis man umfällt, hat man bestimmt auch einen Tacken wesch.
Viele Grüße an alle
Miriam
Christkind
12.06.2024, 20:38
In J.Pinnows Buch steht:
Boom.Baum, dazu Bo(o)mke 'Bäumchen' im Sinne von 'doppelter Schnaps'......Das Wort Bommke ' Machandelglas...vielleicht mit kaschubisch-polnischem kurzen o für oo.
Christa
waldkind
15.06.2024, 08:53
Liebe Christa,
vielen Dank für deine Antwort.
Ich stelle mir vor, dass "Bommke" auf eine Zeit zurückgeht, als die einfachen Leute aus Holzgefäßen tranken, also tatsächlich aus ausgehölten kleinen Stämmchen tranken, Boumkes eben. Die waren umsonst zu haben, selber herzustellen und unzerbrechlich. Kann man übrigens heute wieder kaufen. Da Holz sich vollsaugt und damit auch Geschmack annehmen kann, war es möglicher Weise üblich, dass man für spezielle Getränke "Extragefäße" hatte, damit der Geschmack beim nächsten Trunk nicht verfälscht wurde. Ein Machandelken, dass nach Holunder schmeckt, war damit ausgeschlossen. Damit man nicht unzählige Gefäße verwahren musste, gab es denn ein Gefäß für alle, einen Krug zum Herumreichen. Wir werden sehen, eines Tages haben wir es herausgefunden wie viel Machandel in das Bomke hineinpasste.
Ich konnte mir den Pinnow - Grieger in der Biliothek besorgen, leider nicht die tausend Wörter aber die Abhandlung über Aussprache, Grammatik und Rechtsschreibung. Das mit der Rechtschreibung ist so eine Sache, Th. Albert enutzt eine andere. Obwohl ich locker tausend Wörter habe, wäre ich über die von Pinnow auch ganz glücklich. Jedenfalls kann ich mit dem Buch von Pinnow "Schloothööwa Platt" einige Rätsel knacken. Es macht halt ein Unterschied "Blood" und "Blott" ;).
Hallo Joachim,
nun fand ich tatsächlich in Pinnows Buch das Wort "Bombom" für "Bonbon". Da ist es von Bombom nach Bomke nicht weit.
Viele Grüße
- - - Aktualisiert - - -
Wenn hier im Forum jemand die tausend Wörter von Pinnow über hat, weil sie still und ungenutzt im Regal herumliegen, bei mir wären sie in guten Händen. LG Miriam
waldkind
20.06.2024, 07:43
Guten Morgen an alle,
das Wort "Fupp" habe ich nun gefunden. Es bedeutet "Tasche". Folglich bedeutet "Westfupp" "Westentasche".
LG Miriam
Christkind
20.06.2024, 10:34
Ich weiß nicht, Miriam, welches Platt dies nun ist. Aber Danziger Missingsch wohl eher nicht.
Ernst Frieböse
Dem Darpschmett sine Red.
De Darpschmett wär, wie sich dat so jeheert,
een Kehrl, so stoark on isern wie een Peerd.
He kunn, ganz ohne omtofleeje,
mordstoarke leserstange kromm verbeeje.
Dat doarbie wäre sine Oarms so oppjebläht,
datt manchmoal goar sin Hemd terrät.
Wenn oawer enner kiggd on sich versehrd,
dann säd he bloß:
"Doar send all dollre Dinger en de Welt passert!"
On wat een andrer ut dem Darp uck emmer säd,
am Eng von jede Sach, doar wär dat sine Red.
Moal kreech he eent jewescht von eenem boss' jen Peerd,
he oawer säd:
"Doar send all dollre Dinger en die Welt passert!"
Als he een ander Moal groad met de Frät
en eene Kohfload rennjeschmeert,
brommt he terknerscht:
"Doar sind all dollre Dinger en de Welt passert!"
Als sine Fru ehm tweemoal hingerander
Twillinge beschert,
säd he man bloß:
"Doar send all dollre Dinger en de Welt passert!"
Ganz jlick, wat uck passert em Huus on en de Scmäd,
von freeh bet spoad wär dat dem Darpschmeet
sine Red.
On uck, als all ganz wacklich wär sin Kopp,
heerd he met disse Red nich opp.
On wie't so jeiht, met eemoal kam de Dod,
dem Schmett sin Wief, dat jriend en Angst on Not.
He oaver meend: "Hiel nicht!
Begroaw mi, wie sich dat jeheert;
Doar send all dollre Dinger en de Welt passert!"
__
Ja, der Dorfschmied wusste Bescheid.:D
Ich habe 3 kl. Bändchen "Ut Noatange- Plattdütsche Spoaskes"
von W.Reichermann, Creuzburg, Ostpreußen.
Nachdruck der Ausgabe von 1904.
Erschienen im P. Rosenberg Verlag, Hamburg.
Vielleicht noch irgendwo vorhanden?
___________
Es grüßt, Christa
jonny810
20.06.2024, 16:15
Daran hätte Heinz Mandey seine Freude gehabt.
Er war ein großer Freund dieser, unserer Mundart.
Vieln Dank Christa.
waldkind
20.06.2024, 17:41
Liebe Christa,
herzlichen Dank dafür! Es ist doch zu herrlich!
Ein Wort habe ich nicht auf dem Schirm. Wenn du mir weiterhelfen könntest bei "Leserstange"?
Lieber Erhart,
wie recht du doch hast!
Seid herzlichst gegrüßt von Miriam
waldkind
21.06.2024, 19:34
Liebe Plautdütsch-Interessierte,
heute will ich mich mal selbst versuchen mit etwas Neddrunger Plaut. Mir ist das Abendgebet eingefallen, das wir als Kinder beim Zubettgehen gesprochen haben (auf HD). Bedenkt bitt, dass es für einzelne Wörter mehrere Möglichkeiten gibt, aber ich muss mich halt für eine Variante entscheiden. Wer grobe Fehler entdeckt, bitte melden!
Meed benn eck,
goah to Ruh.
Schleet mien Ogen to.
Voader let de Ogen dien
öawer mien Baadken senn.
Mit herzlichen Grüßen für eine erholsame Nacht, Miriam.
Christkind
21.06.2024, 22:51
Miriam, ob "Leserstange" ein Tippfehler sein kann?
Ich weiß nicht, ob es vielleicht Leiterstange heißen könnte.
Diese Gedichte und Texte sind gesammelt von Mitgliedern unserer Foren.
Und in Dateien gespeichert von Waldemar Willner. Ich finde die zu schade zum Vergessen, und ich habe alles auf CD.
Hier ein Gespräch.
---------------------
So ein Duhnas
Irgendwoin der Langjass, Frauenjass
vleichtauch auffem Fischmarkt, trafen sich zwei Danzjer Madamchens, und dann ging's los.
Mui,du Olgachen, so'n dwatscher Nachbar von umme Eck hat neilich doch warraftig meinen Ollen
'n Duhnas jenannt! - Haste Teene?! - Oder is am End' 'n bisschen was Wahres dran? - Wie meinste
das, Marta? - Na, wenn er womeejlich noch jetzt mitten im drickendsten Sommer sogar seinen
Grog lubbern tut? - Das ja nu nich jerad', aber 'n paar zweisteckje Macheickes, auch Konjakchens
verträgt er immer. - Wird ihm danach dänn aber nich schwummrig im Kopp? -Ach, Olga, das hab'
ich noch ni nich jemerkt! Na, er muss ja nich jleich rumquiemen oder womeejlich inne Wonz jeraten;
es jeniegt ja all, wenn er Schuckernes schlabbern tut oder allerlei Fisematäntchens macht. - Du,
ieber sowas is mein Eheollscher all längst raus. - Frieher, ja, da kam es warraftig mal vor, dass er
sein janz doll jeliebtes Ehejebilster.... - Also doch dich, nein liebes Martachen....! - Tjawollja, dass
er mich vleicht mittem nassen Wischkodder, was ich jerad' inne Handhätt', eins iebern Glumsert
je klatschthat, aber....... - Und heitzutage, da....da....? - Ja, wenn du's denn durchaus wissen willst....?
-Natierlich, Schuckerchen, nu erleichter dir man! - Erleichtern? ich mir? Nei, er macht mir vieles
leichter! Und ich ihm's dänn natierlich auch!
Kannste mir das nich 'n bisschen verklickern? - Tjawollja, liebe Olga! Du, das is so: Wenn er
wirklich vleicht mal mit Mieh und Not de Treppen raufjepoltert kemmt und ich mächt ihm sowas
entjejen bälkenwie Labs, Labommel, Suffke, Absolvat, dänn schreit der auch nich, wie frieher
manchmal, was wie olle Koss! und eins mit's andre mich entjejen, nei, Handkisschens schmeißt er
hoch und fragt vielleicht; Na, prischeln deine Flinderchens am End' noch auffe Pfann? - Und du,
was schreiste ihm entjejen? - Schreien tu ich all längst nich mehr, ich flister heechstens: Na, nu
komm man kicken, Ollerke, du wirst dir wundern! - Ach nee, und was soll er sich dänn bekicken? -
Was ich ihm fier alle Fälle vorzusetzen hab' oder am End' rasch braten könnt. - Hurrjes, hurrjes!
Das is ja 'n rein firstlicher Empfang! Und was kriegste zum Dank? - Na,'n paar Kisschens, Knutscherchens und vleicht 'n Einladung fier nächsten Sonntag ins Kaffee Derra, zur Maibowle oben auf Zinglersheeh, zum Feierwerk im Kurhaus Westerplatte, am End' sogar zur Zoppoter Sejelrejatta und hinterher im Kurhaus! - Du, einmal verlockd' er mir sogar im Spielkasino zum Roulettchen.... -
Und habt ihr da vleicht auch noch was jewonnen? - Ich nuscht, er aber sogar noch zwanzig Jille,
von die er de Hälft' hat abjejeben! - Und was war noch? - Von wejen Alkohölers? Jetrunken hat er
man einen einzjen Schniebus, mir zu Ehren, wie er sagd'! - Na. heer mal, Martachen, dänn is dein
Eheollscher man 'n klitzekleiner Duhnas! - Tjawollja, und noch was viel Besseres: Ein reinweg netter Duhnas!!
_______________-
Schöne Grüße, Christa
waldkind
22.06.2024, 11:52
Liebes Christaken,
vielen Dank für die schöne Geschichte. Bedeutet "Dunha" so viel wie Trunkenbold oder Betrunkenen?
Bei dieser Geschichte handelt es sich glasklar um Missingsch. Wollt ich nur dabei gesagt haben, damit hier keiner was verwechselt. Es ist ganz schön so lange Texte vor sich zu sehen, da sieht man nämlich sehr gut den Unterschied zwischen Missingsch und Platt.
Bei leserstange könnte auch vorne ein Buchstaben fehlen. Denn es ist klein geschrieben, aber weder ein Adjektiv noch ein Verb. Vielleicht sind Kleiderstangen gemeint. Kleiderstangen waren ja früher aus Metall und recht robust gebaut. Ich habe jedenfalls noch keine Kleiderstange von der früheren Art zerbiegen können. Wir werden es herausfinden.
Ich freue mich auf weitere Texte. Dir und Waldemar Willner sei Dank.
Viele Grüße
Miriam
Guten Tag Miriam.
Wie gefällt dir und allen Forumern das:
Dat scheckt sich nich....
So ehnen Arger hest joa doch ehn Jeder.
Der Ehne öwer dit, de Andre öwer dat.
Dem Ehne argern emmer sine Kleeder,
Dem Andre argert sinet Noabersch Katt.
De Ehne moakt dem Andre dat nich god,
De Andre moakt dem Ehne dat nich recht;
Na on min Frind de olle Buer Foth,
De argert stets sich öwer sinem Knecht.-
"Hör moal" sächt Foth ehn Dag to dem Jehann,
"Dat geit doch nich, denk doch blos ehnmoal an;
De ganze Dag deist goarnuscht, fest du fuhl,
On sächt man wat, denn hest ehn grotet Mul!
Kömmst du noah Hus, moakst emmer du Skondoal,
Schleist Wiew on Kinder jedet ehnz'ge Moal,
On gest besoape, schwäkst so wie e Fischt,
On speelst uck Koarte beet tum Morgelicht!
Eck sai die dat, hör Jahn, on eck hew Recht,
Dat scheckt sich öwerhaupt för keenen Knecht!"
On doarbi moak he ehn Gesicht ganz fuer,
"Dat darf doch höchstens man noch blos ehn Buer".
Danziger Uhlespegel
Spaß und Spott in Versen plattdeutscher Mundart
von Gustav Kroß
Danziger Verlagsgesellschaft Paul Rosenberg
Hamburg
Eine schönes Wochenende
wünscht Dir
Sigrid
- - - Aktualisiert - - -
Es soll "Ficht" in Zeile 15 heißen
waldkind
23.06.2024, 09:52
Liebe Sigrid,
es ist toll und perfekt geeignet für ein sonntag-morgendliches Schmunzeln.
Kannst du mir in Zeile 14 mit "Schleist" behilflich sein?
LG Miriam
Liebe Miriam,
schleist steht für schlägst.
Bei diesem Gedicht und allen anderen steht im Anhang immer
die Wortbedeutung.
Einen schönen Sonntag wünscht Dir
Sigrid
waldkind
27.06.2024, 10:34
Liebe Plattdeutsch-Liebhaber-innen,
hier ist eine Stelle aus Alberts Vertellkes,bei der ich so schmunzeln musste, dass ich sie euch nicht vorenthalten kann.
"Wie dat önn de Neddrung foaken värkömmt, red uck hier de Mann meist plattdütsch onn de Fru hochdütsch; ett sall datt feiner onn gebildeter senne onn ett mag joa uck - oaber ward eenmoal eene Fru doll, kann de Hochdütsche groad so zacköre wie de Plattdütsche."
Müsste mir noch jemand erkläre was "zackröre" bedeutet.
In der Schule, wo ich gebildet wurde, hat man mich wegen eines Brockens Missingsch vor der gesamten Klasse lächerlich gemacht. Ich habe lange daran geknabert, ob ich meiner "Mutter Sprache" folgen wollte oder dem, was der Lehrer verlangte. So verliert man denn auch noch das allerletzte Stück Heimatgefühl. Jedenfalls habe ich mich sehr ausführlich mit den Fällen auseinandergesetzt und immer sehr viel Wert darauf gelegt sie richtig anzuwenden. Nun bin ich mit meiner hochqualifizierten Ausbildung verbildet genug und stelle fest, dass man sich komplett ohne Genitiv verständigen kann. Wie cool ist das denn? "Der Genitiv ist dem Dativ sein Tod", wie wahr, wie wahr! Folglich ist es auch dem Plattdeutschen sein Tod.
Liebe Sigrid,
hab Dank für deinen Hinweis. Ich brauche immer ein paar Tage bis ich für mich alles fein eingeordnet habe (wegen Gehirnverbildung;).
Gute Grüße an alle
Miriam
waldkind
02.07.2024, 18:58
Zur Feier des Tages gibt es ein besonderes Wort, auf das man nicht so leicht kommt, wenn man es nicht kennt.
Oalbaasem - das sind schwarze und rote Johannesbeeren
Beispiel: Oalbaasem-Wien moakt quittschvergnögt. Een Oalbaasem-Wien wöll sick keener verkniepe, wiel Oalbasem dat schmarthafte Riete ut de Gleder treckt.
Stellt sich mir die Frage wie man sich auf Danziger Neddrunger Platt zuprostet?
Guts Nächtle, Miriam.
Ulrich 31
05.07.2024, 13:43
Hallo an die Thread-Teilnehmer hier,
ich hänge mich mal kurz hier rein, weil ich gerade zufällig das Forum-Thema "Danziger Platt" von 2017 gefunden habe, was hier vielleicht zusätzlich interessiert. Hier der Link dazu: ► http://forum.danzig.de/showthread.php?14882-Danziger-Platt.
Leider funktionieren bei mir nicht mehr die dort in #1 verlinkt angegebenen Sprechbeispiele vom Heubuder Platt. Vielleicht ist jemand im Forum in der Lage, diese sicher interessanten Beispiele wieder zugänglich zu machen. Das würde mich und sicher auch andere freuen. Ggf. vielen Dank!
Beste Grüße
Ulrich
waldkind
06.07.2024, 13:28
Liebe Forumer-innen,
hierfolgt meine erste Anekdote auf Danzig-Niederung-Platt. Ich habe mich an Grieger-Pinnow-Schtoothööwa-Plaut gehalten, weil die vom Fach sind. Eventuell habe ich nicht jedes Wort gefunden, aber merkt man kaum. Viel Spaß beim Lesen.
Wie doll Tiede ons haalpe
Tiede haalpe goanz opp Daek to bliewe, egoal waut die schoad. Oalbaars wörke bi aole Krankhiete. Waan kömmt so de Oalboar-Tied heran, mott eck een kleen Oalbaar-Wien drinke. Daut ess bi Naturfrinnde Tradition. Ömm Aoljemeenen benn eck nich fäär Drinke onn begnög mie mett kloar Woata. Oawa eck haaw so scheen Wien-Gläsa! De blooß auntokieke ess mie doch to domm. Fäär een Wien-Värgnöge neem eck det graatste Glas. Soo ess de Buddle schnaala leer on eck benn nich jenötigt mie öfter een Wien-Oawend önntoröchte. Een prall Buddle ess uck to schwoar to hääwen.
Donnalitschen! De earschte Schluck ess jewaultich seet. Doar mott eck foarts poar Schluck hingahäär neeme doarmett eck dem Zocker hinga de Schlich koam. Een Wien fäär Früües. Hafft oawa aul noach dem dredde Schluck Wörkung. Doa ess det Glas uck aul leer. Een Glas aleene det geit nüü goar nich. Bi eenem Glas Wien blief daut nich. Eener kaun keener! Daut ess Naturjesetz.
Wie eck mie nüü de Schulz onn de Trusk ömm Fernseh bekieke, doa ess mie det tweede Glas oppen moal ruingajewutscht. Eck haaw det nich moal jemoarkt. Doar wäär det tweede Glas Oalbaar-Wien waech! Eck nipp noch so aun dem Eng, doa moark eck wie ess diss Oalbaar-Wien leewlich. Eck dächt „De ess wie eck!“ Wie de mie nüü soo godmeedich kiekt, mott eck mett em opp Frinndschoft drinke. Daut hafft Wörkung!
Soo ne värtrüüte Oalbaarwien-Frinndschoft moak eenen goanz scheen de Öechen schwoar onn ruckzuck benn eck önnjeschloape. Wie eck wedder oppwoake, haaw eck een kleenen Koata. De ess oawa nich von de Wien. De ess von de Oalbaars, wiel de Krig moake mett de Krankhiete ömm Liew. De Wien saalwst griep eenen nich hingaräcks aun. Bäter düü dringst eenen Kleenen hingahär, daut värdriewt den Koata. Mien Buddel ess oawa nüü leer. Keene Värstaalung wie daut passöre kunnd. Ett ess auntoneeme, daut de Wien saalwst Schuld haud. Eck benn joa fäär Woata, doa mott hee ett joa jewääsen senn. Hee twingt mie.
Det Riete önn de Gleeder ess waech, blooß de Kopp dröhnt a bät. Oawa gegen Koppschmarte haaw eck toom Gläck een väl bätre Medizin onn senn boald wedder opp Daek. Diss Medizin kaant jiera Daunziger onn jiera Buer ut de Neddrung. Doa mott keener dröwa schriewe, uck eck nich. Bi Oalbaar-Wien ess önn naechste Tied nuscht mett Nee, wiel de Oalbaar-Tied ess vääräwa. Doa mott eck fix hingahäa senn! Wäjen dem sine gesunde Wörkung wäll eck moal saejen. Oawa eck weet waan ess eene Tied vorbi, fangt een anger Tied aun. Onn de naechste Tied ess uck ämma scheen!
Bei den Wörtern, bei denen mir die Übertragung noch nicht gelungen ist, freue ich mich auf Feedback. Aus der Reihe „Schmunzeld insWochende“ beste Grüße vom waldkind.
Christkind
07.07.2024, 00:18
Hab mich redlich bemüht, Miriam. Aber was ist Oalbaars?
Schöne Grüße, Christa
waldkind
07.07.2024, 09:23
Guten Morgen Christa,
man hast du mir eine schlaflose Nacht bereitet. Du hast recht, "Oalbaars" sieht aus wie eine Mischung aus Aal und Storch. Das kommt davon, wenn man zu tief ins Glas schaut. Oalbaasem muss es heißen. Du ahnst, der Johannisbeerwein ist schuld, nicht ich. ;) LG Miriam
Christkind
07.07.2024, 11:23
Na Miriamchen, bei sone Fleißarbeit mits Schluckern und so kriegste doch Jeneralpardong fier de Vertippchens, und fragen kost nuscht.
Hm, Oalbarsen möcht ich wohl liebers auf ne Stulle als Marmelade,macht dann hast auch keinen Koata.
Ich halt`s mit nem Schnapschen , wo die vielen Kräuter drin sind. Weißt Bescheid?
Prost! Christa
waldkind
07.07.2024, 12:02
Nichts für Ungut, Christachen. Alles hat einen Sinn, auch Vertun. Ich hatte definitiv das Wort Baars im Hinterkopf und vermute, dass ich es unbewusst von baric abgeleitet hatte, was fruchtbar bedeutet. Zugegeben, ich konnte mir überhaupt nicht erklären wie dieses Wort Oalbaasem zustande kommt und hatte es damit bewenden lassen. Wie man sieht, war dies ein Fehler. Ich hätte einfach "Aalbesen" oder "Ölbesen" verstanden. Ganz so einfach ist es also doch nicht.
Baulbeer (Friseur), Blöubeer (Blaubeere), Oalbaasem (rote-schwarze Johannisbeere), Baasem (Besen), das verstehe wer will. Vielleicht musste der Aal aus dem Schmoddergrunde erst mal ordentlich gekehrt werden?
Die Johannisbeere ist im Hochdeutschen nach dem Tag ihrer Ernte am 24. Juni benannt. Diese Bezeichnung ist dann wohl neueren Jahrhunderts (17.Jh.). Es gibt die Vermutung, dass das Wort Beere von einer indogermanischen Wurzel für "Rot" abstammt. Im Norddeutschen gibt es für die Johannisbeere das Wort Ahlbeere. Na die Norddeutschen sollen sich mal zu Wort melden und das Wort "Ahlbeere" erklären. Jedenfalls sind die Wörter "Aal" und "Ahle" miteinander verwandt. Daut ess nich eenfach mett de Sproak.
Und Christachen, Kräuterschnäpperken hilft sowieso gegen alle Krankheiten. Scheen Sinndach wünscht Miriamchen (so nannte mich auch meine Mutter).
- - - Aktualisiert - - -
Wie ich auf Aalbesen komme, müsste ich wohl noch erklären. Früher hat man sich einen Besen aus Zweigen gebunden. Ich glaube, dass Johannisbeerzweige sehr geeignet sind, um Besen zu binden. Zurückgeschnitten werden diese Sträucher sowieso, damit sie im nächsten Jahr junges Holz schlagen. Da kann man sich dann auch einen Besen aus den Zweigen binden. Genauso gut kann ich mir vorstellen aus den dünnen Zweigen der Johannisbeere Ahlen zum Knüpfen von Netzen herzustellen. Wörter sind interessant.
waldkind
07.07.2024, 18:18
Leonhard Fuchs schreibt 1543 etwas zu den Johannisbeeren. Der Strauch hieß damals Sant Johansbeerlin oder Sant Johannstreüblin, benannt nach dem Täufer. Sie kühlen den hitzigen Magen, löschen den Durst besonders bei denen, die fiebern. Sie vertreiben sowohl die Appetitlosigkeit als auch die Esslust. Sie stillen verschiedenen Bauchfluss und die Rote Ruhr. Sie kräftigen den Magen und stillen "das Speien vnnd Kotzen". Sie verhindern, dass scharfe Galle den Darm schädigt. Sie legen die Hitzewallungen im Blut. "Darumb sol man iren Safft samlen/vnnd mit zucker jnmachen/ darmit man ihn das ganze jar möge gebrauchen/ wie daß auch die Apotecker thun."
Ach, die Apotheker kochen Marmelade? Damals vielleicht, heute eher weniger. Christachen ist jedenfalls auf einem guten Weg;).
Ich nehme den Kampf mit dem Oalbaasem-Wien noch mal auf. Soll ja nicht schaden, wenn ich den Kräuterkundler Fuchs richtig verstanden habe.
Kommt gut in die nächste Woche, lG waldkindchen.
waldkind
12.07.2024, 22:49
Liebe Forumer-innen,
um mir das Wort Oalbassem besser einzuprägen, schreibe ich euch mein Anekdötchen so, wie es wirklich war. Viel Spaß damit. LG waldkind.
De Oalbaasemwienjeschicht
Wie ett wäärklich wäär
Eene echte Daunzjer Früü ess trunkfast. Eck benn daut nich. Eck drink blooß kloar Woata jaejen Däerscht, Tee jaejen Krankhiet onn Kaffe fäär de Kopp.
Wie eck jeheerd haud wäär Oalbaasemwien emm Aunjeboot. Daut ess goot jaejen Krankhiet, dochd eck, onn eck koffd hem. Eewa vääle Wäeken laach hee emm Köolschpinnd. Ämma, waan eck de Schpinnddäar oppmääkde, reep hee „Drink mie, drink mie“. Doa schlöach eck schnaal de Däar waaro too.
Een Oawend kaum de Ogenbläck. Eck joat mie een groat Glas Oalbaasemwien enn. De Wien schmaagd onvärrhoffts wunndabar onn schwupps wäär daut Glas laadich. Doanoo schleep eck enn, ett wäär frööj oawends. Doawäejen wäär eck nüü baang väär hem, ämma waan eck hem aunkiekte. Eck wull nich frööj ennschloape. Hee oawer krakeehld kiewich wie een kleenet Kinnd omm soo meea „Drink mie, drink mie!“.
Tweschendorrch haaw eck väärsöökt de Wien schpooda aum Oawend too drinke. Oawa waan eck morrjens oppschtund, wäär daut Gläske noch nich üütjedrunke. Daut daed nich funtioneere. Von diss Tied aun de Wien onn eck boljen daechlich. Hee krakeehld „Drink mie“ onn eck krakeehld „Schpooda!“. Nüü wurrd de Pracha von Daech too Daech lüüda onn mien Nerve kunne doa nich meea mett.
Een schlaiwa Dockta sääd mie domma Simpel: „Düü mottst de Wien auls Medizin drinke, daut wörkt!“
Een Likeurgläske too Meddachkost kunnd eck goot väärknusen. De Wien määkde a bät schummrig oawer eck drussel ämmer poar Meenüüten noach dem Ääten. Eck wäär doamett toofreeden onn dochd de Wien wäär ett uck. Oawa waan eck de Köolschpinnddäar oppmäeke, de Kreet lüüat meijenrich (wehleidig) opp mie onn kläächt: „Süpp mie, süpp mie!“
Powered by vBulletin® Version 4.2.5 Copyright ©2025 Adduco Digital e.K. und vBulletin Solutions, Inc. Alle Rechte vorbehalten.