PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Danziger Kreditinstitute



Wolfgang
06.12.2008, 01:17
Aus „Unser Danzig“ vom Juni 1952, Nr.6, Seite 8


Danziger Kreditinstitute
von Kurt Remuss

Mit nachfolgendem Artikel beantworten wir zugleich die zahlreichen Anfragen nach Namen bzw. Sitz der Danziger Kreditinstitute

Durch seine eigenartige Stellung im Ostwirtschaftsraum wurde Danzig nach 1920 zu einem der interessantesten Bankplätze Europas. Viele ausländische Banken errichteten Zweigstellen in Danzig, das zugleich das Dorado osteuropäischer Wechselstubenbesitzer wurde. Man zählte 1922 rund 350 Firmen, die sich mit Bank- und Devisengeschäften befassten.

Dieser Spuk verschwand zwar zum großen Teil nach der Schaffung des Guldens 1923/24. Immerhin blieben die seriösen ausländischen Bankinstitute in Danzig. Erst die großen Krisen der Weltwirtschaft 1928 bis 1932 verringerten die Zahl der Banken. Damals wanderten z. B. die meisten der großen polnischen Banken wieder ab, es gab aber auch Zusammenbrüche (z. B. Danziger Bankverein) und Zusammenlegungen (Deutsche Bank und Discontogesellschaft). Aufgelöst wurden auch die 1921 sicherheitshalber von den deutschen D-Banken gegründeten Danziger Firmen Danziger Bank AG (= Deutsche Bank), Danziger Creditanstalt AG (= Dresdener Bank) sowie etwas später die Ostbank für Handel und Gewerbe (= zunächst Darmstädter u. Nationalbank, dann Dresdner Bank), übrig blieben immerhin 1939 noch rund 50 Kreditinstitute, die sich dann noch nach der „Wiedereingliederung" um die ausländischen verringerten. Ein Eindringen der altreichsdeutschen Banken wurde jedoch durch den Weitblick der die Uberleitung vornehmenden Danziger verhindert und damit die spätere Bankenrationalisierung vorweg genommen.

Wo befanden sich die Danziger Banken?
Da sich möglicherweise bei Kriegsausbruch bzw. durch die Schließung der Auslandsbanken bei notgedrungen mit diesen arbeitenden Danzigern Verluste ergaben, sollen hier zunächst diese Banken genannte werden, zugleich mit denen, die in der Zeit zwischen der Guldenabwertung (2. Mai 1935) und dem 1. 9. 1939 bereits eingegangen waren


Baltische Handels- und Effektenbank AG., Langfuhr, Adolf-Hitler-Str. 28
Bank Kwilecki, Potocki i Ska., Sp. Akt-AG., Danzig, Hundegasse 85, Bank- und Getreidegeschäft.
Bank Ludowy e.G.m.b.H., Danzig, Holzmarkt 4.
Bank Ludowy-Volksbank e.G.m.b.H., Zoppot, Südstraße 10.
Bank Zwiazku Spolek Zarobkowych Oddzial, Gdanski, Danzig, Holzmarkt 18
Banque Franco-Polonaise, Societe Anonyme, Danzig, Hundegasse 127.
The British and Polish Trade Bank AG, Danzig, Dominikswall 6.
Commercialbank AG., Danzig, Hundegasse 60.
Jewish Public Bank AG., Danzig, Hundegasse 96.
Boris Sokolower, Danzig, Langer Markt 35.
Wohl & Cie., Danzig, Matzkausche Gasse 8.

Jedoch wurden nicht nur ausländische, sondern auch altbekannte Danziger Firmen geschlossen oder zum mindesten in ihrer bankgeschäftlichen Tätigkeit beschränkt. U. a. gingen ein:


Gebr. Berghold, Langgasse 72.
Dempke & Siegfried, Danzig, Vorstädt. Graben 43.
Ruhm & Schneidemühl, Neuteich

Schließlich kaufte die Bank der Deutschen Arbeit AG. die beiden Alt-Danziger Banken R. Damme, Langer Markt 10, und Danziger Privat-Actien-Bank, Langgasse 32/34, einschl. Depositenkassen auf. Die Danziger Hypothekenbank AG., die Staatsbank der Freien Stadt Danzig und der Danziger Hypotheken-Verein i. L. mussten den wesentlichsten Teil ihres Geschäftsbetriebes an die neu gegründete Landesbank und Girozentrale Danzig-Westpreußen abgeben, die die Räume der Bank Zwiazku bezogen hatte. Auch das älteste Danziger Kreditinstitut, der Danziger Sparkassen-Actien-Verein, wurde von der Sparkasse der Hansestadt Danzig übernommen, während die Spar- und Darlehenskasse des Danziger Beamtenvereins auf die Sparkasse Danzig-Land überging, die ihrerseits bereits früher durch Fusion der Sparkassen der Kreise Danziger Niederung und Danziger Höhe entstanden war. Unregelmäßigkeiten hatten den Anlass dazu gegeben; außerdem waren auch die Kreise zusammengelegt worden.

Somit bestanden Anfang 1945 in den Städten des Freistaates folgende Kreditinstitute:


Bank der Danzig-Westpreußischen Landschaft, öffentlich-rechtliche Bankanstalt, Danzig, Reitbahn 2, umgebildet aus der Landwirtschaftlichen - , vorm. Landschaftlichen - Bank A. G., mit Niederlassungen in Bromberg, Deutsch-Eylau, Elbing, Könitz, Marienburg, Marienwerder, Riesenburg, personell und räumlich vereint mit der Danzig-Westpreußischen Landschaft.
Bank der Deutschen Arbeit AG., Niederlassung Danzig, Langgasse 32/34, mit Depositenkasse Langfuhr und Zweigstelle Gotenhafen.
Commerzbank Filiale Danzig (früher Commerz- und Privatbank AG) Danzig, Langer Markt 14.
Deutsche Bank Filiale Danzig, Langer Markt 19, mit Depositenkassen in Langfuhr und Zoppot sowie Zweigstellen in Gotenhafen und Tiegenhof (letztere 1944 geschlossen).
Dresdener Bank in Danzig, Langer Markt 12/13, mit Depositenkasse Zoppot und Zweigstelle Gotenhafen.
Volksbank, (Gewerbebank in Danzig) eGmbH., Hundegasse 119, E. Heimann, Zweigniederlassung Danzig, Lg. Markt 7/8.
Deutsche Bau- und Bodenbank AG., Altstädt. Graben 4
Deutsche Industrie-Bank AG., Hundegasse.
Sparkasse der Hansestadt Danzig, Langgasse 47, Jopengasse 33/38, mit Zweigstellen Altstädt. Graben 96/97; Langgarten 14; Langfuhr I, Adolf-Hitler-Straße 65; Langfuhr II, Adolf-Hitler-Straße 137; Oliva, Am Markt 18; Neufahrwasser, Olivaer Straße 52; Schidlitz, Karthäuser Str. 55; Ohra, Stadtgebiet 27; Heubude, Heidseestr. 29a.
Sparkasse des Kreises Danzig-Land, Theaterplatz 22, mit Zweigstellen in Praust und Höhenstein.
Landesbank und Girozentrale, Danzig-Westpreußen, Danzig, Holzmarkt 18, (Sparkassen- und Giroverband für Danzig-Westpreußen befand sich Elisabethwall 9).
Raiffeisenbank Danzig - Westpreußen e.G.m.b.H., Krebsmarkt 7/8, dort auch Deutsche Bauernbank für Westpreußen GmbH i. L. und Raiffeisenverband, Dachorganisation der zahlreichen ländlichen Spar- und Darlehenskassen - Landbanken -
Landschaftsbank Neuteich Victor Wehle
Sparkasse des Kreises Gr.-Werder, Tiegenhof, mit Zweigstellen in Neuteich, Kalthof.
Reichsbankhauptstelle Danzig, Karrenwall 10.

Fast alle Danziger Banken und Sparkassen sind in den Märztagen 1945 ausgebrannt, über die Schicksale der verlagerten Konten - bereits seit Ende 1944 waren auf Veranlassung der Industrie- und Handelskammer und der Reichsgruppe Banken im Einvernehmen mit den zuständigen staatlichen Stellen Ausweichstellen in Mittel-und Westdeutschland geschaffen worden - wird in einem weiteren Artikel berichtet werden.

-----

Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung durch den Rechteinhaber:
Bund der Danziger
Fleischhauerstr. 37
23552 Lübeck

Bei vom Bund der Danziger genehmigten Veröffentlichungen ist zusätzlich ist die Angabe "Übernommen aus dem forum.danzig.de" erforderlich.

-----

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Marc Malbork
06.12.2008, 19:28
Aus „Unser Danzig“ vom Juni 1952, Nr.6, Seite 8


Danziger Kreditinstitute
von Kurt Remuss

über die Schicksale der verlagerten Konten - wird in einem weiteren Artikel berichtet werden.

Hallo Wolfgang,

könntest du so freundlich sein, den zweiten Teil des Artikels - falls er denn erschienen ist - auch noch einzustellen ?

Ich frage mich, wie es eigentlich den Leuten ergangen ist, die 1945 ihr Geld auf einer rein örtlichen Bank in den deutschen Ostgebieten, also etwa der Ortssparkasse, hatten. Die Kunden der überregionalen Institute werden wohl mit erheblichen Währungsreformverlusten noch einen Bruchteil ihres Geldes nach 1948 wiederbekommen haben - aber was hätte ich als Kunde z. B. der ausschließlich in Westpreußen bestehenden Sparkasse Kreis Großes Werder eigentlich gemacht - auf den Lastenausgleich gewartet ?

Vielleicht sagt der zweite Teil ja was dazu.

Wolfgang
07.12.2008, 00:18
könntest du so freundlich sein, den zweiten Teil des Artikels - falls er denn erschienen ist - auch noch einzustellen ?
Hallo Rüdiger,

ich habe die Ausgaben bis Ende 1953 durchgesehen, aber keinen Artikel gefunden, der als Fortsetzung des ersten Beitrages angesehen werden kann.

In diesen Jahren erschienen zahlreiche Artikel über Bank- und Sparguthaben und was seinerzeit zu tun war. Aber vielleicht kann jemand hier auf Deine im vorangegangenen Beitrag gestellten Fragen antworten kann...?

Marc Malbork
07.12.2008, 01:35
Wolfgang, dankeschön für deine Mühe.

Oliva +19.08.2018
15.02.2011, 15:26
Danziger Kreditinstitute,
Bei der Durchsicht dieses wunderbaren Berichts über alle Banken in Danzig
habe ich auch das ausländische Institut meines Vaters gefunden.
Es war die "BRITISH & POLISH TRADE BANK" Domnikswall 6 gleich nebenan
befand sich der "Danziger Hof" Inhaber Herr Weiland das führende Haus
in Danzig. Mein Vater war im Managment der Bank und zusätzlich als
Wirtschaftskorrespondent der Zeitung "THE TIMES" von 1921 bis 1939 tätig.
Am 1.September 1939 wurde mein Vater, trotz Vorwarnung durch einen
Kollegen von der Gestapo verhaftet. Erst Inhaftierung Gefängniss "Schießstange"
dann nach Stutthof. Nach vielen Einsprüchen vieler angesehener Bankleute
und seiner hohen Qualität in seinem Fach wurde er am 5.Oktober 1939 in die
Freiheit entlassen. Schöne Grüße vom Jochem einem Danziger in Oberbayern.

Marc Malbork
15.02.2011, 23:09
In diesem Beitrag

http://forum.danzig.de/showthread.php?384-Fotos&p=28202&viewfull=1#post28202

habe ich mich bei diesem Bild

http://www.gettyimages.de/detail/3418840/Hulton-Archive

gefragt, um welches Kreditinstitut es sich wohl handelt. Jetzt weiß ich es.:surprised::) Dankeschön Oliva.

MueGlo
21.02.2011, 01:27
Moin, Rüdiger,

mir liegen einige Dokumente von meinem Onkel vor von 1953, also kurz nachdem der zitierte Artikel über die Danziger Banken in „Unser Danzig“ erschienen war.

Zum einen: Die Kunden der Banken in den Ostgebieten wurden – unabhängig davon, ob es sich um lokale oder überregionale Banken handelte, – nicht von den Banken selbst für den Verlust der Einlagen entschädigt. Die Banken wären dazu gar nicht in der Lage gewesen, da die angelegten Gelder wieder als Kredit ausgegeben worden waren und die Kreditnehmer aufgrund des Verlustes der finanzierten Investitionen folglich alle pleite waren. Mithin waren die Banken auch bankrott und damit auch sämtliche Einlagen verloren.

Der Bundestag verabschiedete ein sog. Altsparergesetz und in dessen Kontext 1953 einen § 3 Abs. 2 des Gesetzes über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener. Danach erhielten Ostsparer von den am 01.01.1940 (kein Schreibfehler, wirklich 1940) bestehenden Sparguthaben „sofern nicht der Geschädigte den Nachweis eines höheren Betrages führt, 20 vom Hundert des im Zeitpunkt der Vertreibung bestehenden Guthabens.“

Das scheint zu bedeuten, dass letztmalig zum 01.01.1940 verlässliche Unterlagen aller Banken über Einlagen und Kredite bei der Deutschen Reichsbank lagen, mithin auch jemand, der seine Sparbücher nicht in den Westen hat retten können, einen überprüfbaren Anspruch erheben konnte.

Bezüglich meines Onkels bedeutete dies: Er hatte ein Sparguthaben von 6.779 RM bei der Sparkasse der Bank der Ostpreußischen Landschaft in Neidenburg gehabt. Ob das der Betrag vom 01.01.1940 war oder das Sparbuch irgendwie in den Westen gelangt ist – direkt mit ihm auf jeden Fall nicht, da er verschleppt wurde –, weiß ich nicht.

Die Abrechnung der Bank in Oldenburg sah dann wie folgt aus: 20 Prozent Entschädigung macht 1.355 RM, davon 13,5 Prozent umgerechnet in DM entsprechend der Währungsreform ergab 183,06 DM !

Zur Verdeutlichung der Größenordnung der Entschädigung: Diese 183,06 DM / 94 Euro entsprachen ungefähr der Hälfte seines damaligen Bruttomonatsgehaltes.

Mit besten Grüßen aus Dakar,

Rainer MueGlo

Marc Malbork
22.02.2011, 01:11
Hallo Rainer,

sehr interessant und anschaulich.

Mit dem Datum 01.01.1940 als Bezugspunkt dürfte auch eine Entschädigung des inflationären Geldüberhangs aus dem Kriege vermieden worden sein.

Mir war oben bei dem Aufsatz aus UD am Schluss aufgefallen, dass augenscheinlich schon ziemlich früh nach sehr weit westlich verlagert wurde. Theoretisch hätte man dann das eine oder andere Institut wohl auch weiterführen können. Aber selbst wenn Kasse und Geschäftsaufzeichnungen noch in den Westen gelangten, dürfte für die Verantwortlichen bei den damaligen Umständen wohl eher eine stille Liquidation angesagt gewesen sein.:)