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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Karneval/Fastnacht in Alt-Danzig



Anonymus
22.02.2009, 09:35
Liebe Danziger Freunde,

"Man soll die Feste feiern wie sie fallen." :D

Wer in diesen Tagen am Radio oder vor dem Fernsehschirm etwa den Koelner und Duesseldorfer Karneval oder den Muenchner Fasching mitgeniesst, oder wer gar an Ort und Stelle mitmacht, der duerfte im Rueckblick auf Danzig ein wenig ueberheblich sagen: "Das hat's doch da niemals gegeben!"

Zu Ehren unserer alten Heimatstadt muessen wir entgegnen: Doch hat es aehnliches gegeben, aber wer weiss denn noch etwas davon?! Aus alten Chroniken erfahren wir, dass im 15. und 16. Jahrhundert der "Fastelabend" in Danzig durchaus festlich begangen wurde und dass auch Umzuege veranstaltet worden sind. Bei den vielen engen Beziehungen unserer Stadt auch zu Westfalen und dem Rheinland mag das alles von dorther seinen Ursprung genommen haben.

Liebe Danziger Freunde, zu unserer Zeit gab es zwar Maskenbaelle in Menge, aber Karnevalsumzuege, ausser in Zoppot, nicht mehr, wohl aber immerhin echten rheinischen Karneval in geschlossenen Raeumen. Denn die Rheinlaender hatten sich bei uns ja heimatlich zusammengeschlossen, waehlten ihren Prinzen Karneval, hatten rote und blaue Funken, hielten ihre Buettenreden und waren mitsamt ihren Danziger Gaesten fast so froehlich an der Mottlau wie einst am Rhein. So geschehen bis in den Zweiten Weltkrieg hinein.

Und nun die Danziger selbst. Dass allen voran die Studenten unserer Technischen Hochschule Feste zu feiern verstanden, weiss ein jeder. Aber auch die waschechten Pomuchelskoepp' und gelernte Mottlauspucker, die Mochums und Zrohrs, die Koarls mit ihren Schleiserchen wie alle sonstigen braven Buerger wussten, wohin sie gehen mussten, um einmal so recht ausgelassen und losgelassen froehlich zu sein. Sie konnten das, auch ohne immer gleich einen oder mehrere "hinters Schemisettchen zu plaentschen". Freilich ging es "mit ohne" nicht ganz so leicht und so schnell wie "mit mit". - Volkscharakter? - Oder war das kuehle Klima schuld daran?

Wohin ging man nun, um zu feiern? Das kam ganz auf den Geschmack und Geldbeutel an. Vom "Danziger Hof" und dem "Carlton-Hotel", "Ayckes Weinstuben" und "Bodenburg" ueber "Cafe Derra" und die Zoppoter "Kakadubar" bis zur "Ostbahn" in Ohra und dem "Seestern" in Broesen, den Lokalitaeten der Altstadt und den Seemannskneipen von Neufahrwasser war wohl fuer jeden Anspruch Entsprechendes aufzutreiben. Denn gefeiert wurde ueberall, ob in den Wirtshaeusern des Danziger Landes oder selbst auf den Kaehnen auf Mottlau und Weichsel.

Zwischendurch wurde natuerlich auch gesungen, anfangs stiller und stimmungsvoller, spaeter lauter und lustiger. Ohne den "wunderschoenen deutschen Rhein" ging es natuerlich nie ab. Allmaehlich kam man unserem Osten naeher, so etwa mit der geistvollen Weise:

Margrobowa, Kreis Oletzko,
Margrobowa gibt's nicht mehr;
Margrobowa heisst jetzt Treuburg,
Margrobowa gibt's nicht mehr.

Hatte man sich noch naeher an Danzig herangesungen, wurde der Rhein geradezu herausgefordert mit einem Lied, das inoffiziell auch als die "Danziger Nationahymne" bezeichnet wurde:

Loat se rede, loat se quassle
von dem olle dietsche Rhin,
loat se unsre Mottlau sehne,
ook de Wiechsel es nich klien;
Darum nehm' wir noch so'm Dubbas,
dat bekemmt dem Danzjer good;
Darum nehm' wir noch so'm Dubass,
dat bekemmt dem Danzjer good!

Bei all' dem feuchtfroehlichen Feiern, mussten aber doch welche nichtern bleiben. Das waren de Pullezist'chens, de Eisenbahner und de Schoffoehre. Aber das waren daenn auch wieder de Lausangels, was inne Fastnachtsnacht hahm de Schneemaenners auffem Kohlenmarcht hinjebaut und was vor'm Artushoff dem ollen Neptuhn hahm'n schickes Lampjong'chen an seim Dreizack anjebammelt.

War doch 'ne scheene und sorglose Zeit damals in unserm ollen Danzich, na nich? ;):D

Een' scheenen Sonntach mit Alaaf und Helau,
winscht
de Ohr'sche Siegfried