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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kindheitserinnerung einer Danzigerin (07)



Wolfgang
28.02.2008, 00:02
Folgenden Beitrag schrieb meine Mutter im Dezember 2003 in unserem alten Forum "Danzig-L":

Bei uns war es so ein wenig anders bei der Anwerbung für den Landdienst. Die kamen damals in die Schule und da hieß es Pflichtjahr oder Landdienst. Eine große Lust zum Putzen hatte ich damls ja nicht. Mir war die Landwirtschaft da schon lieber da ich sie von meiner Oma her ein wenig kannte. Nun, dass wir dann nach Rippin kamen, mitten in Polen, war nicht mein Wunsch aber nicht zu ändern. Ich kenne da nur einen Gutshof, der Name ist mir nicht geläufig, und zwar war der südöstlich von Rippin. Wir 13 Mädchen wohnten in Schalensee im Lager samt Führerin und Wirtschafterin. Und wenn Du Schalensee kennst, dann meinen wir auch dasselbe Gut. Das lag zwischen Rippin und Schalensee. Die damaligen Besitzer luden uns zu einem Fest ein wo wir uns endlich mal satt essen konnten. Ich war 1944 bis Anfang 45 da. Wir wurden von der Gauleitung, oder wer zum Teufel es auch war, vollständig vergessen. Manchmal kam ein Eimer Rübenmarmelade an. Und als unserer Wirtschaftsleiterin im Herbst, angeblich wegen Krankheit, nicht mehr wieder kam, übernahm ich den Haushalt. Ich bat alle Mädchen, die Bauern zu bitten uns etwas Essen am Abend mitzugeben. Das taten sie auch sodass wir manchmal etwas zum Fruehstück und für mich und die Führerin zu Mittag übrig hatten. Wir hatten Hühner, die wahrscheinlich vor Hunger krank wurden und so langsam verendeten. Unsere Sau war so mager
dass sie mir schon leid tat. Die Polen klauten das arme Tier dann endlich!!!! Freundlich war unsere Umgebung zu uns ja nicht!!! Es waren ja die Bauernhöfe der Polen die jetzt von den Bessarabiendeutschen bewirtschaftet wurden. Wir waren zu jung um uns darüber Gedanken zu machen. Heute dafür umsomehr!!! Nachdem unsere Führerin Weihnachten 44 auch nicht mehr zurück kam, entschlossen wir Mädchen uns Mitte Januar
alleine abzuhauen. Da ging da schon alles durcheinander. Heute weiß ich,
dass es unser Glück war, im letztem Moment nach Danzig zu flüchten. In
Danzig dann, das ist eine andere Geschichte!!!!!!!

Viele Grüße aus dem leicht überzuckerten, aber sonst schneefreien
Freudental im Schwabenländle, Ruth