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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : St. Jakob-Kirche und Hospital



Anonymus
08.04.2009, 19:12
Liebe Danziger Freunde,

zum Thema Danzig's Kirchen lesen wir in der Festgabe fuer den Hochwuerdigsten Herrn Bischof von Danzig, Se. Exzellenz Msgr. Dr. Carl Maria Splett, zum 25. Jahrestag seiner Bischofsweihe in der Kathedrale zu Danzig-Oliva am 24. August 1938, folgendes.

<===Anfang===>

Bald nach 1410 gestattete der Hochmeister Heinrich von Plauen den Danziger Seeleuten zum Danke für ihre dem Orden bei den Kämpfen um Gotland und bei der Verteidigung der Marienburg geleisteten Dienste, am neuen Damm auf jungstädtischem Gebiet ein Krankenhaus und eine Kapelle für ihre Kameraden zu errichten. Das Hospital war 1414 fertiggestellt, die dem heiligen Jakobus, einem der Schutzpatrone der Schiffer, geweihte Kapelle erhielt 1415 ihre Weihe.

Da diese Anlage nur einen mässigen Umfang besass und den Ansprüchen bald nicht mehr genügte, schenkte Hochmeister Paul von Russdorf den Seeleuten 1432 auf ihr Bitten ein grösseres Gelände zur Erweiterung des Siechenhauses und der Kapelle.

Während der Kämpfe zwischen dem Orden und den Polen brannten die von den Polen zur Belagerung der Stadt herbeigerufenen Hussiten mit vielen vor den Mauern gelegenen Gebäuden auch das St.-Jakobs-Hospital mit seiner Kapelle im Jahre 1433 nieder. Für die bald wieder aufgebauten Gebäude konnte bereits 1437 die erneute kirchliche Weihe vorgenommen werden.

Im 15. Jahrhundert wurde die neue Stadtbefestigung weiter hinausverlegt und umfasste dann auch das St.-Jakobs-Hospital, das in die Altstadt einbezogen wurde. Die Anlage hat bis in die Neuzeit bestanden.

Die im vergangenen Jahrhundert als Archiv, Bibliothek und Navigationsschule und seit 1900 als Gewerbehalle benutzte Kirche gliedert sich in einen einschiffigen Saalbau und den abgesetzten langen Chor mit geradem Schluss. Kirchenschiff und Chor sind flach gedeckt.

Dieser nach einem Brand im Jahre 1636 erstellte Neubau erhielt einen zur Hälfte in das Langhaus eingebauten quadratischen Westturm, dessen gotischer Helm nach der Zerstörung durch die 1815 erfolgte Explosion des Pulverturms durch die barocke Haube des Jakobtors ersetzt worden ist.

Der Turm ragt über die Bauflucht der anschliessenden Häuser des Schüsseldamms hinaus und bildet hierdurch einen städtebaulichen Akzent.

<===Ende===>

Viele Gruesse
Ohrscher Siegfried

MaSteRu
05.03.2020, 01:43
Folgenden Artikel fand ich heute in der Danziger Zeitung vom 6. Mai 1927 nr. 124

Der dort erwähnte "alte Mielke" ist ein entfernter Verwandter von mir und heisst Heinrich David Mielke, am 23. Nov 1836 geboren und am 1. Juli 1927 verstorben.
Der Pfarrer hatte sich die Sterbemeldung der Zeitung ins Kirchenbuch geklebt, so entdeckte ich dann auch den Artikel, dort ist sogar ein Foto von ihm sichtbar.

Das Seemannshospital zu St. Jacob (Eine Mahnung für die heutigen Danziger)


Mit zu den ältesten Erinnerungen an Danzigs Blütezeit als See- und Hansestadt gehört das noch heute bestehende Seemannshospital St. Jacob. Seine Geschichte ist mit der Danziger Schiffahrt eng verbunden. Schon seit Jahrhunderten hat es alten Seeleuten, die im Dienste der rauhen Seefahrt auf den Schiffen ihres Heimathafens ihr langes Leben verbracht hatten, als letzter Ankerplatz, als letzter ruhiger Hafen vor der Fahrt in ein besseres Land gedient. Wer die Geschichte Danzigs kennt, weiß, daß die ersten Anfänge Danziger Seegeltung und auch Danziger Seemacht in die Ordensritterzeit fallen, denn Danzig hat seine Schiffahrtspolitik im 14. und zum Teil auch noch in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in mehr oder weniger enger Gemeinschaft mit dem Orden geübt. Der deutsche Ritterorden war sich der Vorzüge des Seehandels wohl bewußt. Zwischen Hanse und Orden bestand eine durch.Interessengemeinschaft geschaffene moralische Allianz mit einer zeitweisen Autoritätsstellung des Ordens. In den sechziger Jahren des 14. Jahrhunderts betrug der Wert der zur See vom Orden und der Hanse über Danzig ein- und ausgeführten Güter sechs Millionen Mark nach unserem Gelde. 1372, zur Zeit der Regierung des Hochmeisters Winrich von Kniprode, segelten englische Schiffe mit Rüstharnischen und Rheinwein und anderen Kaufmannsgütern aus Hull und anderen Städten nach Danzig. 1389 wird schon eine Schifferbank im Artushof erwähnt. 1392 lagen mehr als 300 englische Handelsschiffe im Hafen.



Wir haben diese geschichtlichen Jahreszahlen nur erwähnt, um zu beweisen, wie stark schon damals zu gewissen Zeiten der Seeverkehr in Danzig gewesen ist. Dieser Seeverkehr brachte es mit sich, daß sich in Danzig mit der beste Teil der Bevölkerung erfolgreich der Seefahrt widmete. Die Ordensritter wußten, was sie an den Danziger Seeleuten hatten; daher gründete der Orden noch in der Zeit seines Verfalles ans Dankbarkeit gegen die verdienten Seefahrer im Jahre 1432 das Seemannshospital St. Jacob in Danzig. Die Urkunde, die der Hochmeister Paul von Rußdorf damals ausgestellt hat, lautet: „Es sollte eine Kapelle und ein Siechhaus nach aller Bequemlichkeit und Notdurft der Siechen gebaut, und in das Siechhaus Niemand anders aufgenommen werden, als allein Schiffsmann und Bootsmann, die mit Krankheit oder mit Alter beschwert oder befallen sind." Wir sehen, daß die Ordensritter schon damals Sozialpolitik betrieben haben, als man in anderen Ländern noch nicht daran dachte. Die Gründung des St. Jacobshospitals beweist, auf wie hoher Stufe die geistige Kultur des sich aus allen Teilen Deutschlands zusammensetzenden Ritterordens schon zu dieser Zeit gestanden hat. Dieses Werk stellt sich ebenbürtig neben die zahllosen anderen Zeugen, z. B. die Schlösser, Burgen, Bürgerhäuser, Deiche usw., die zu dieser Zeit im deutschen Osten an der Weichsel, in Westpreußen und überhaupt im Osten entstanden sind.



Die ursprüngliche Bestimmung des Hospitals von St. Jacob war, solche Schiffer und Seeleute unentgeltlich zu verpflegen, die wegen Alters- oder Körperschwäche, ihrem Gewerbe nicht mehr nachgehen konnten; allmählich ist man von diesem Grundsatz abgewichen und gewährte den Insassen, zu denen später auch die alt und erwerbsunfähig gewordenen Familienmitglieder von Danziger Seeleuten gehörten, neben freier Wohnung statt der Naturalverpflegung eine jährliche Rente in wöchentlichen Raten. Die Fonds des Hospitals, ursprünglich aus milden Beiträgen, Geschenken und Legaten zum Stiftungszweck gemacht, erhielten aus den Schiffshafengeldern und früher auch aus den Schiffer-Armenbüchsen geldliche Zuschüsse. Vor dem Kriege konnte das Hospital aus seinem Vermögen jährliche Renten in einer Gesamtsumme bis zu 35000 Mark zahlen. Während der Inflationszeit ging das Vermögen fast ganz verloren, so daß die Insassen zum Teil Not erleiden mußten. Jetzt hat sich die Lage zwar etwas gebessert aber es fehlt noch viel. so daß sich auch hier ein weites Feld für die Wohltätigkeit ausbreitet.



Noch heute steht die alte Schifferkirche von Sankt Jacob am Schüsseldamm, wenn sie auch anderen Zwecken dienstbar gemacht ist. Dicht an diese Kirche schließt sich das Hospital. das aus einem Block von 14 Häusern besteht. 45 Familien älterer Seefahrer haben hier den wohl verdienten ruhigen Hafen gefunden. Die Mitglieder dieser Familien stehen im Alter von 60 bis 80 Jahren. Welche Fülle von Erlebnissen aus aller Welt weilen unter den Dächern dieser 14 Häuser, dessen Haupthaus die Jahreszahl 1609 trägt.
Der älteste Insasse, Mielke, dessen Bild wir bringen, steht im 91. Lebensjahre. Noch vor kurzer Zeit fertigten seine geübten, vom Alter nicht behinderten Finger Schilfsmodelle, die bis zum kleinsten Block genau waren. Ein Modell ist neben seinem Bild auf dem Tisch zu sehen. Mielke hat in der preußischen Marine noch unter dem Prinzen Adalbert Dienst getan. Auf verschiedenen Danziger Seglern, die damals unter preußischer Flagge mit zu den stolzesten der Welthandelsflotte gehörten, ist er zur See gefahren, so hat er auf der Danziger Bark „Albion" mehrere Reisen im Krimkriege gemacht. Er hat als Matrose die Segel der preußischen Kriegsschiffe Arkona, Gefion und Thetis mitbedient, Schiffe, die für uns nur in der Erinnerung aus jüngst vergangener Zeit auftauchen. Einige Danziger Herren, die heute im Alter von etwa 60 bis 70 Jahren stehen, werden Mielke noch aus fröhlicher Kinderzeit in der Erinnerung haben, als er den Dampfer Trio für den Holzkaufmann Mason in Danzig als Schiffsführer geführt und
den damals aufhorchenden Knaben oft von seinen Seefahrten erzählt hat.
Außer diesen an Wert nicht hoch genug einzuschätzenden Erinnerungszeichen birgt das Hospital noch viele andere Zeugen seiner an Schicksalen in der Seefahrt reichen Vergangenheit. Im Sitzungsaal des Hospitals grüßen uns von den Wänden die Bilder des Heiligen Jakobus, des Schutzherrn der Seefahrer, und von verschiedenen Danziger Seglern. Dazwischen hängen die Bilder von Männern, die sich um die Danziger Schiffahrt, den Danziger Schiffbau und das St. Jacobshospital verdient gemacht haben, so z.B. des Vaters und des Großvaters unseres jetzigen Handelskammerpräsidenten Klawitter. Besonders fällt das Oelbild des alten Danziger Schiffsreeders Foeking auf.
Unter einer Geschäftsinstruktion vom 31. Januar 1851 stehen als Vorsteher des Hospitals die Namen Facking, Hendewerk, Hoepfner, Klawitter.

Die Verwaltung des Hospitals liegt in den bewährten Händen des nicht nur in Danziger Schifffahrtskreisen hochgeschätzten Kapitäns Beyer, der sich schon infolge seiner in langer Seefahrt erworbenen Erfahrungen besonders für das Amt eignet. Die augenblicklichen Vorsteher des Hospitals zu St. Jacob sind die Herren Hevelke, Kommerzienrat Behnke, Konsul Brinkmann und Lotsenkommandeur Wunderlich.



Das Hospital zu St. Jaoob, das härtere Zeiten. Als die jetzigen überstanden hat, ist eines der vielen Denkmäler Danzigs, über das die Zeit nicht mit zerstörenden Schritten hinweggegangen ist, Im Zeitalter modernster Technik hat es noch einen hohen idealen Zweck zu erfüllen; so hält das Hospital nicht nur die Erinnerung an die alte Danziger Seefahrt wach, sondern dient wie vor Jahrhunderten der sozialen Aufgabe, die letzte Zufluchtsstätte für alt und wrak gewordene Danziger Seeleute zu werden. Für dieses Ziel sollten sich über aller Parteien Streit und Haß hinaus die Hände aller Danziger zu gemeinsamem Wirken „der Erhaltung der Danziger Schifffahrt" zusammenfinden. „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen". So ruft uns heutigen Danzigern der große Dichterfürst mahnend zu.
Matiol

Viele Grüße, Mario