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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Überschwemmungen in Danzig



Wolfgang
02.07.2009, 19:14
Schönen guten Nachmittag,

gestern gab es wolkenbruchartige Regenfälle in Danzig die Teile der Innenstadt überflutete. Einen Kurzfilm dazu gibt es bei n-tv: http://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Starker-Regen-sorgt-fuer-Chaos-article393695.html

RenéDublin
02.07.2009, 20:02
Und heute hatten wir die Ueberschwemmungen in Irland. :(

Wolfgang
02.07.2009, 20:19
Was?!? So schnell ist das Wasser von Danzig aus zu Euch nach Irland rübergeschwappt???:)

RenéDublin
03.07.2009, 00:35
Muss wohl durch den Kanal in die Nordsee und dann um England herum zu uns gekommen sein. :D

Aussie
03.07.2009, 01:58
Ganz schoen schlimm, lieber Wolfgang. Im australischen Queensland war es vor ein paar Monaten auch der Fall. Es muss ja total verheerend in den Geschaeften an der langen Bruecke sein. Halte uns bitte auf dem Laufenden!
Liebe Gruesse,
Christa.

Wolfgang
03.07.2009, 09:38
Schönen guten Morgen,

momentan bin ich ja wieder in Deutschland, habe das Unwetter in Danzig also gar nicht direkt mitbekommen. Aber auch vor einer Woche, als ich noch in Danzig war, wurde bei einem Starkregen die neue Untertunnelung der Seestraße (Monte Cassino)vor dem Kurhaus überflutet.

Bei den vorgestrigen Regenfällen waren auch wieder Tunnels und Unterführungen besonders stark betroffen. Auch der Eisenbahnverkehr von und nach Richtung Dirschau kam zum Erliegen.

waldkind
03.07.2009, 09:58
Wie mag es jetzt wohl den dort lebenden Polen mit der Situation ergehen, frage ich mich. Gab es solche Situationen dort schon öfter? Weiß jemand etwas darüber?

Wie muss ich mir das jetzt vorstellen, man findet ja leider viel zu wenig in der deutschen Presse über diese Situation. Schwimmen die Kinder jetzt zur Schule? Benutzt man Schlauchboote zum Einkaufen?
Dürfen die Menschen, die im Erggeschoss wohnen ihren Hausrat und ihre Möbel wegwerfen und die ganze Elektronik?

Und die Autos, die dort fahren, sind sie alle wasserdicht??? Machen die beim Starten womöglich nur noch blubblubblub???

Und unsere polnischen Mitglieder. Können die jetzt noch mitlesen oder sind die PCs untergegangen. Alles wichtige Fragen, auf die ich so schnell keine Antwort finde.
Von einer venedigschen Romantik ist wohl kaum auszugehen, oder?

waldkind, p.s. wo viel Wald ist, da gibt es weniger Überschwemmung. Also pflanzt Bäume!

Wolfgang
03.07.2009, 10:39
Schönen guten Morgen,

bei starken Regenfällen kommt das Wasser schnell und wenn der Regen aufhört, geht das Wasser auch meist wieder recht schnell. Was bleibt, sind häufig große Schäden, manchmal sind auch Todesopfer zu beklagen.

Danzig und sein Umland liegen am Wasser, teils unter der Meeresoberfläche. Gefahren drohen von mehreren Seiten: Von der See, wenn Stürme das Wasser an Land oder die Mottlau herauf drücken. Vom Himmel, wenn es stark regnet - dann kann das Wasser auch über die Bäche und kleinen Flüsse (wie z.B. die Radaune) in Stadt und Umgebung schießen. Von der Weichsel, sollten eines Tages die Dämme nicht mehr halten.

Die Gefahren werden durch mehrere Faktoren verschärft:


klimabedingte Veränderungen
großflächige Versiegelungen der Landschaft
sorgloser Umgang mit Deichen und Dämmen
fehlende/mangelhafte Pflege der Wasserläufe (obwohl es gerade in der Niederung und im Werder in den letzten Jahren umfangreiche Sanierungsarbeiten an Entwässerungskanälen gegeben hat)
unzureichende bzw. zu geringe Dimensionierung der Kanalisation
fehlendes Bewusstsein in der Bevölkerung über die Gefahren die vom Wasser drohen
Vor genau acht Jahren, Anfang Juli 2001, braute sich über Danzig ein Unwetter fast apokalyptischen Ausmaßes zusammen. Sintflutartige Regenfälle führten an drei Stellen zu Radaunedammbrüchen in deren Folge ganze Häuserreihen in Ohra weggerissen wurden. Das Wasser schoss nicht nur über die Radaune in die Stadt hinunter, auch der Strießbach schwoll zu einem reißenden Strom an der große Schäden in Langfuhr anrichtete. Auch über die Bahngleise kam das Wasser in die Stadt und setzte die Unterführungen unter Wasser. Dieses Wasser drückte auch eine Wand im Standesamtsarchiv ein und zerstörte die dort lagernden Standesamtsurkunden aus deutscher Zeit. Das Unwetter verursachte Schäden in Höhe mehrerer hundert Millionen Zloty und forderte mehrere Todesopfer.

Können solche Unglücksfälle wieder drohen? Ich bin davon überzeugt! Aber die größten Gefahren gehen nach wie vor von der See und der Weichsel aus...

waldkind
04.07.2009, 19:48
Hallo Wolfgang,
danke für deine Erläuterungen zu den Wassermassen in Danzig. Das Wasser soll ja nicht nur duch den Kanal über die Nordsee nach England und von da aus nach Irland. Es ist auch irgendwie von da nach Bayern gekommen. Ich habe in Berlin nur nasse Füße bekommen, aber ein Kanu brauche ich hier -Gott sei Dank - nicht. Erzähle wie es in Danzig weitergeht. Wohin läuft das Wasser? Und wie sehen die Mauern der Häuser aus, wenn das Wasser abgelaufen ist. Sag bitte Bescheid, wann die Menschen in Danzig wieder trockene Füße haben, o.k.?
waldkind grüßt heute mal ganz herzlich;)

Wolfgang
04.07.2009, 21:42
Wohin läuft das Wasser? Und wie sehen die Mauern der Häuser aus, wenn das Wasser abgelaufen ist. Sag bitte Bescheid, wann die Menschen in Danzig wieder trockene Füße haben, o.k.?
Hallo Waldkind,

das Wasser läuft in der Regel der Schwerkraft folgend in tiefer gelegene Gegenden. Also z.B. in Senken, Unterführungen, Keller und von dort herausgepumpt letztendlich über Kanäle natürlich ins Meer. Nach Überflutungen sehen die Mauern in Danzig nicht sonderlich anders aus als auch in Deutschland: Erst nass, dann feucht, teils mit Verschmutzungen.

In Danzig watet man nicht Tage nach den Regengüssen noch in den letzten Pfützen herum. Sollten die Füße nass geworden sein, sind sie mittlerweile schön längst wieder trocken (die Fußlappen sind gewechselt und die Haxen mittels Handtüchern getrocknet:))

waldkind
04.07.2009, 23:20
"Allerdings hat die Anzahl und Intensität wohl doch zugenommen….u.a. wegen der allgemeinen Erwärmung."(sagte Hans-Joerg)

Und so glauben es viele Menschen, weil es immer Vorbeter gibt, die eine Unwahrheit so lange vorbeten bis alle sie glauben. Die globale Klimakatastrophe beruht auf den weltweiten Abholzungen der Wälder und der zerstörerischen ausbeuterischen Intensivierung der Landwirtschaft. Die Böden sind zerstört, nirgends mehr Pufferraum für die Launen der Natur. Wieder können wir etwas, das der Mensch über Jahrzehnte selber verschuldet hat und den Nachgenerationen anleidet auf fast unbeeinflussbare Kräfte schieben. Menschen auf dem Holzweg. Es ist nicht das CO2, es ist der gerodete Wald. Pflanzt Bäume und liebt sie, dann werfen wir das Steuer rum.
Grüße vom waldkind. Bäume sind wichtig, auch zum Schutz vor Überflutungen in Danzig, Stuttgard und Irland.:)

waldkind
04.07.2009, 23:27
Hallo Wölfchen,
deine Beschreibung vom derzeitigen Überflutungszustand lässt darauf schließen, dass Danzig nicht in der Senke liegt, sondern zum Meer und zur Weichsel abfallend. Es kann bedeuten, dass Danzig eine gutfunktionierende Kanalisation hat, wonach es sich beinahe nach Getrennt-Kanalisation anhört und nicht nach Mischkanalisation. Klug. Über die Versiegelung des Bodens sagt es nichts aus. Sind die Straßen geteert oder mit Kopfsteinpflaster ausgelegt? In Deutschland habe ich solche Regengüsse noch nicht erlebt, kenne sie auch nur vom Fernsehen und live aus Frankreich. Da war dann richtig nass und Haus kaputt. Das hat dann Monate gedauert die Schäden zu reparieren. In Berlin haben wir Sand, da ist das Regenwasser schnell weg und die vielen Bäume trinken es gleich weg.

Nagut, dann scheint es den Menschen in Danzig gut zu gehen nach den Regengüssen. Schön zu wissen.:)waldkindchen

Regina
05.07.2009, 00:25
Hallo in die Runde
Die groesste Ursache der Ueberschwemmungen ist die Bebauung der hoeher liegenden neuen Wohnsiedlungen wie Stolzenberg und Mueggau. Zu viel Beton. Das Wasser fliesst immer von oben durch die Karthauser Strasse. Auch diesesmal war es so. Das Wasser ist dann hauptsaechlich in den Archiven des Gerichtes, Polizei und vielleicht zur Strafe, der Stadtverwaltung gelandet. Da stand das Wasser im Keller wo das Archiv ist, 70 Zentimeter hoch. Auf dem Hof schwammen die Autos. Ein Teil des Wasser ist weitergeflossen und unten bei der Eisenbahnunterfuehrung gelandet, deshalb konnten die Zuege 3 stunden lang nicht nach Dirschau fahren. Der furchtbare Regen hat eine halbe Stunde gedauert. Den Geschaeften an der Langen Bruecke ist nichts passiert. In Langfuhr ist aus den Anhoehen durch den Jaeschkentaler Weg nach unten fast alles ueberschwemmt geworden. Es fuhren keine Busse, keine Strassenbahn.
Das Wasser wurde aus den Archiven gleich ausgepumpt, am naechsten Tag war ueberall Blott. In Bau ist ein untererdischer Syphon und andere
Einrichtungen fuer viele Millionen, alles soll im naechsten Jahr fertig sein.
herzliche Gruesse
Regina

Wolfgang
05.07.2009, 02:06
Hallo Regina,
hallo Waldkind,

Regina, Du sagtest es: Einer der Hauptgründe ist die Bebauung auf der Höhe. Denn unter Landschaftsversiegelung meint man nicht nur neue Straßen sondern den Landschaftsverbrauch insgesamt.

Weitere Gründe für Überschwemmungsgefahren nannte ich bereits. Erwin Völz wies schon früher einmal auf die Konsequenzen hin, die die Überbauung früherer natürlicher Überschwemmungsflächen mit sich bringt. Er schnitt auch die Probleme einer Radaune-Verengung an.

Danzig -und sein Umland- werden auch weiterhin zunehmende Wasserprobleme haben. Dieses Bewusstsein ist nach wie vor kaum erkennbar. Dabei verhülfe alleine schon der alte Spruch "Wer nicht deichen will muss weichen" zu einer Erkenntnis die zu unverzüglichen Vorsorgemaßnahmen führen würde.

Das Stadtgebiet Danzigs und seiner unmittelbaren Umgebung liegt an seinen tiefsten Stellen ca. 0,5 Meter über dem Meeresspiegel. Aber bereits ein klein wenig südöstlich von Danzig, beginnend schon bei Groß Walddorf liegt das Gelände teilweise schon mehr als einen halben Meter unter dem Meer. Und im Werder wird's noch einmal wesentlich tiefer...

Man muss die Landschaft einfach sehen, man sollte die Gegenden mit dem Fahrrad erkunden in denen die Kanäle ÜBER den sich links und rechrs erstreckenden Feldern liegen. Wenn dann der Damm eines solchen Kanals bricht, erfordert es nicht viel Phantasie sich die Folgen vorzustellen.

Es gab dort seit Kriegsende keine großen Katastrophen mehr, weder durch Menschenhand noch durch Witterungseinflüsse. Aber sie sind vorstellbar, und selbst bei allergrößten Anstrengungen (die es nicht gibt) weiß ich nicht, wie man dem vorbeugen sollte...

Aussie
05.07.2009, 03:01
Vielen Dank fuer die Auskuenfte von Wolfgang und Regina.
So haben Ihr, Du und Kinga Eure Wohnung hoch, sicher und weise gewaehlt. Auch Tomek sitzt in seinem 10ten Stockwerk am Abhang wovon er ganz Langfuhr bis Hela ueberblicken kann ziemlich sicher.
Aber Hans Joerg weiss was er sagt. 'Global Warming' geht mit Riesenschritten voran. Besonders sieht man es an den verschlimmernden Verhaeltnissen im Polarkreis. -Hans Joachim Kuerz koennte sicher allerhand darueber sagen. - Es ist sein zweites zu Hause. -Unsere Kueste ist ebenfalls mit all ihren Luxusbauten bedroht, denn der Meeresspiegel steigt jedes Ja. Streckenweise werden Grundmauern unterspuelt und hin und wieder bricht eines der teuren Bauten zusammen.
Bei uns werden in jedem Jahr Millionen von neuen Baeumchen angepflanzt. Diese werden zu hunderten bei privaten Leuten grossgezogen und dann an Farmen verteilt. (Viele meiner Freunde sind daran beteiligt.) Doch dann kommt mal wieder ein verheerender Brand wie im letzten Jahr im Staat Victoria, der vieles wieder zu Nichte macht. Diese Braende tuen dem 'Ozon-layer' bestimmt nicht gut. Und die Saga setzt sich fort.
Nochmals vielen Dank ueber die Verhaeltnisse in Danzig. Wie erging es dem Manhatten Zentrum am Ende des Jaeschkentaler Weg's?
Liebe Gruesse,
Christa.

waldkind
05.07.2009, 16:10
Liebe Aussie,
ich überlege: war es nicht so, dass gerade in Australien Brandrodungen die Regel waren, wodurch das Land in eine Wüste verwandelt wurde, in dem nun das heißeste Klima der Erde herrscht? Wenn nun die Natur mit dem Menschen das macht, was der Mensch mit der Natur gemacht hat, ist das dann nicht gerecht?

Können wir erwarten, dass die Erde uns immer wieder sanftmütig vergebend beglückt, wenn wir sie treten so hart und so lange wir wollen? Jahrhunderte lang wurde sie von den Menschen geschlagen, getreten, ausgebeutet, weil er immer nur an seinen Profit denkt. Warum soll denn die Erde mit dem Menschen anders umgehen als der Mensch es mit ihr getan hat und immer noch tut?

waldkindchen grüßt