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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Grabplatten in der Marienkirche



mottlau1
07.07.2009, 13:40
Hallo an alle,

wer schon mal in der Marienkirche war hat bestimmt auch die vielen Grabplatten gesehen. Dort sind Persönlichkeiten aus alter Zeit beigesetzt
worden. Unter anderem auch die der Familie "von Schmeling".
Diese Platte liegt links vorne wo der Altar ist. Dort ist nur leider abgesperrt.
Vor vielen Jahren habe ich im Auftrag eines Herrn von Schmeling diese Platte
fotografiert. Er war schon recht betagt u. wollte nicht mehr nach Danzig reisen und so kam es zu seiner Bitte an mich.
Sind jemandem evtl. besondere Grabplatten aufgefallen ?
Und gibt es evtl. ein Buch wer dort alles begraben wurde?

LG Mottlau1

Anna Nyma
07.07.2009, 15:31
Hallo Mottlau

In einer Publikation von Polskie Radio über den Wiederaufbau nach 1945, berichtet Prof. Bronislaw Bukowski (Gdansk-Wrzeszcz) in einigen Passagen über die Rettung der stark bombengeschädigten Marienkirche von Danzig unter seiner Leitung:



Die Grabsteinplatten wurden im Mittelschiff zusammengetragen. Dort liegt eine neben der anderen, alle mit ihren deutschen Aufschriften, denn selbstverständlich ist es niemandem eingefallen, die deutschen Aufschriften aus unseren Kirchen oder sonstigen Baudenkmäler jemals zu entfernen.


Ist dies der Ort, den Du meintest ?

Daraus könnte sich demnach der Schluß ergeben, daß unter diesen Platten NIEMAND begraben liegt. Oder aber vielleicht doch - dann aber wohl nicht alle miteinander.

Peter von Groddeck
07.07.2009, 22:15
Hallo,
es gibt zwei Grabplatten von meinen Ur...Urgroßvätern Albrecht II. Groddeck, 1638-1714 (Stein 115) und Albrecht III. Groddeck, 1670-1751 uns seiner Frau Adeklgunde geb. Fermont, 1678-1750. Die letztere Grabplatte befindet sich vom Eingang gesehen im rechten Querschiff. Manchmal stehen dort Bänke, manchmal auch nicht. Die Inschrift ist noch teilweise lesbar:

Belcanto
08.07.2009, 18:01
Lieber Peter von Groddeck
Ich habe mich auch für die Grabplatten interessiert, aber es dann doch aufgegeben, weil ich sie nicht hätte entziffern können. Die meisten waren leider nicht mehr lesbar. Schade.( Ist Heinrich von Groddeck, Ruderer mit Ihnen verwandt?)
Viele Grüße nach Goch
Belcanto

mottlau1
08.07.2009, 20:31
Hallo Mottlau

In einer Publikation von Polskie Radio über den Wiederaufbau nach 1945, berichtet Prof. Bronislaw Bukowski (Gdansk-Wrzeszcz) in einigen Passagen über die Rettung der stark bombengeschädigten Marienkirche von Danzig unter seiner Leitung:
Ist dies der Ort, den Du meintest ?
.


Hallo Anna Nyma,

genau dieser hat meinem Onkel erlaubt, daß wir die Absperrung links neben dem Altar entfernen durften um von der Grabplatte derer "von Schmeling"
Fotos machen durften.
Es hieß, daß diese Platten zum Teil von Russen aufgeborchen worden seien weil man -was auch immer- da vermutete.
Mich würde ein Buch über die dort beigesetzten Persönlichkeiten von Danzig interessieren. Denn es sind ja wie auch erwähnt "von Groddeck" dort zu finden. Also Menschen die sich Verdienste erworben haben.

Gruß Mottlau1

Peter von Groddeck
08.07.2009, 21:45
Lieber Belcanto,
der Ruderer Karl- Heinrich (Moritz) von Groddeck ist ein Cousin von mir.
Liebe Mottlau 1,
es wurde berichtet, dass die Russen mit Panzern durch die Marienkirche gefahren seien und dadurch viele Grabplatten zerstört wurden. Ob dies stimmt kann ich nicht belegen.
Gruß Peter

Aussie
09.07.2009, 03:17
Liebe Freunde. Ich hatte mich intensiv damit beschaeftigt. Augenzeugen berichteten in Peter Poralla's Buch und andererweise, dass die Graeber alle mit Gewalt aufgebrochen wurden, weil die Russen Schaetze vermuteten. Genau wie sie alle anderen Graeber ebenso ramponierten, vermuteten sie sogar mehr Juwelen und andere Reichtuemer von den ehemaligen begueterten. Skelette und zerfetze Kleidungsreste lagen alle durcheinander. Ein riesiges Lob denen die dieses Mosaik der zerstueckelten Grabplatten so muehselig zusammen suchten. Ein gewiss sehr schwieriges Unternehmen. Doch wem die verstreuten Knochen gehoerten wird wohl jedem ein Raetsel gewesen sein.
Nachdem ich all das erfuhr habe ich diese Grabplatten in der Marienkirche mit besonderer Ehrfurcht angeschaut.
Liebe Gruesse,
Christa

Belcanto
09.07.2009, 10:06
Hallo Aussie, Hallo Mottlau 1
Mich interessieren die Grabplatten auch sehr und vielleicht kann ich ein wenig weiterhelfen. Zunächst einmal, klingt Aussies Schilderung sehr glaubwürdig und wird dadurch unterstrichen, dass viele Platten gebrochen sind, was auf eine gewaltsame Öffnung schließen lässt.
Über die Platte von Schmeling findet man etwas unter www.jvsd.de/schmeling/wap-003.htm (http://www.jvsd.de/schmeling/wap-003.htm)
Es sind weiter folgende Platten, da an die ich mich erinnere:Karl Friedrich von Conradi-Schulstifter;Ratsherr Arnold Schuhmann;Marguis von Oria, in der Kirche.
Viele Grüße
Belcanto

Aussie
09.07.2009, 15:50
Mich wundert dass nicht mehr, oder kaum einige von Euch Peter Porallas Buch:" Unvergaenglicher Schmerz" gelesen haben. Finde dieses ein unbedingt dringendes '"MUSS" fuer jeden treuen Danziger!!!
Liebe Gruesse,
Christa U.

Helga +, Ehrenmitglied
09.07.2009, 16:08
Finde dieses ein unbedingt dringendes '"MUSS" fuer jeden treuen Danziger!!!

Nicht nur für Danziger Christa, eigentlich für jeden, der so ein kleines bißchen verstehen, nachempfinden will, was in diesen Zeiten mit den Menschen passiert ist. Ich kann es auch nur jedem empfehlen, aber es ist schwer zu lesen, ich jedenfalls konnte es nur mit Pausen lesen, weil es traurig macht, aber auch zornig, weil es unter die Haut geht und weh tut. Aber trotzalledem, es ist gut, es zu lesen.

Belcanto
09.07.2009, 17:40
Hallo Assie
Also ich gebe es unumwunden zu, ich kenne Peter Poralla nicht. Er mich wohl auch nicht. Allein bei Amazon http://www.amazon.de/danzig-neuere-geschichte gibt es allein 26 Bücher, die sich mit der neueren Geschichte von Danzig befassen. Mehrere kenne ich davon, z.B. von Horst Emke und in soweit bin ich ein untreuer Danziger und bitte um Verzeihung.
Viele Grüße
Belcanto

Wolfgang
09.07.2009, 18:12
es wurde berichtet, dass die Russen mit Panzern durch die Marienkirche gefahren seien und dadurch viele Grabplatten zerstört wurden.
Es war nicht St.Marien sondern St.Johann wo Spielfilmszenen gedreht wurden.

Anna Nyma
09.07.2009, 22:44
Vielleicht wären in diesem Zusammenhang auch noch diese Aspekte interessant:

Wir wissen nicht, wann genau und bei welchem unlauteren Gemauschel der Siegermächte entschieden worden war, die eingenommenen deutschen Ostgebiete an Polen fallen zu lassen, satt auch die noch in Sowjetrepubliken zu verwandeln. Eine Absicht, sie evtl. weiterhin deutsch bleiben zu lassen, wird es wohl nicht gegeben haben. Es ist daher auch nicht feststellbar, WEN die Russen da nun von seinem künftig ihm zufallenden Besitz "befreien" wollten - die Polen oder sich selbst etwa ... Die Deutschen hätte es jedenfalls nicht mehr treffen können.

Denn alle können wir doch wohl einsehen, daß Grabräuberei KEINE kriegsnotwendige Handlung darstellt. Diese verbrecherischen Beute-Kommandos hat es unter allen Flaggen immer gegeben, und sie sind hier nur einmal mehr Beweis dafür, daß sich im Krieg jede Art von Verbrechen legitimieren läßt. Die einen schickt man vorne ins Feuer, während die Bonzen sich hinten die Pfründe sichern.

Ich finde beachtlich, welchen Mut dieser polnische Prof. Bukowski bewiesen hat, indem er dem dazumal unter kommunistischer Regie stehenden Sender gegenüber diese Schändlichkeit explizit erwähnt hatte - die es nachher auch noch so gesendet hatten. Denn, wenn diese Grabplatten, aus welcher Ecke auch immer, erst dorthin oder dort wieder hin geräumt werden mußten, weist er damit ja genau darauf hin, daß sie zuvor von Plünderern herausgebrochen worden sein mußten. Die werden ja wohl nicht vom Bombendruck etwa herausgeschleudert worden sein.

Aussie
10.07.2009, 02:38
Nein, Anna,
Nicht von Bomben, obwohl nicht viel von unserer geliebten Stadt uebrigblieb. Nach und nach werde ich Ausschnitte von Erlebnisberichten die mir zur Veroeffentlichung gegeben wurden hier einstellen. Es lag den Berichtern sehr zu Herzen so viele Leser wie moeglich zu erfassen, was durch meine Uebersetzung ins Englische und in Buchform bereits stattfinded.
Darunter befinden sich erschuetternde Erlebnisberichte von unserer lieben Feli, Henry Peter Weide, Arno Markowski-Bennett und meinen polnischen Freunden in Puck.
Hoffe dass niemand Anstand daran nimmt das zwei der Familien mit polnischem Hintergrund im Stutthof KZ, bei HPW's Vater einer Reihe anderer KZ's unglaublich leiden mussten.
(The truth will set you free!)
Aber was in der Ukraine und Belarus geschah sollte auch nicht unter den Teppich gefegt werden. (Hier handelt es sich um 7 verschiedene Kinder-Erlebnisse was diese im Alter von 4-9 Jahren in KZ verschleppt und noch nach dem Krieg erleiden mussten.
Es gab nicht nur Deutsche in diesem verheerenden Krieg der Massenmorde. Die meist arme Russische Bevoelkerung musste ebenfalls leiden. Diese peasants waren nicht verantwortlich fuer die Grausamkeiten der Armee, die meist aus Strafkolonnen bestand und denen Frauen und grosse Schaetze versprochen wurden um sie anzuspornen. Diese primitiven, meist mongolischen Horden kann man nicht mit gewoehnlichen Soldaten vergleichen.
Hier eine Uebersetzung:
BBC news 20. October 2004, 15:31
Russische Soziologen sagen dass die Brutalitaet der Armee gewisse historische und kulturische Faktoren hat, ganz besonders die weitverbreitete Ansicht dass Ordnung in Russland nur durch Brutalitaet erzielt werden kann. Da befinden sich Millionen Russische Maenner die diese Brutalitaet in der Armee selbst erlebt haben. In Privaten Unterhaltungen wurde gestanden dass sie oft physisch und oft auch sexuell missbraucht wurden, was als gewoehnliche Disciplin angesehen wird.
Dieses Thema fordert leidenschaftliche Debatten hervor, aber kann zu verstehen geben dass Familien zu aussergewoehnlichen Laengen gehen ihren Soehnen zu helfen dem militaerischen Dienst fernzubleiben.
Als Konsequenz ist die Russische Armee voll von was eine Russische Publikation kuerzlich beschrieb als:
"The Stupid, The Sick and the Criminal."
(Bloede, Krankhafte und Kriminelle)
Weil dieses eine lange Litanei wird werde ich Wolfgang bitten mir eine laengere Rubrik zu erstellen, die nur diese Berichte aber keine Antworten enthaelt. Wer lesen will kann oder auch nicht.
Liebe Gruesse,
Christa

Aussie
10.07.2009, 03:15
Ja Helga,
Mir drehte sich auch das Herz herum und wenn ich es nicht schon von meiner Tante vernommen haette, waere es mir unglaublich vorgekommen. Ich uebersetzte nur die drei ausfuehrlichsten und grausamsten Geschichten zu denen mir unser Erwin Voelz von der jetzt verstorbenen Witwe Peter Poralla's Erlaubnis einholte.
Das Buch gab ich an viele Schulen. Mir wurde urspruenglich gesagt dass diese und andere Erlebnisgeschichten evtl zu grausam fuer Kinder waeren. Ich antwortete dass die Kinder sich viel grausige Film und Fernsehprogramme ansehen. Der Erfolg: Die Kinder waren nur zu begierig zu erfahren was eigentlich im Krieg wirklich passiert war.
Meine Tante fand ich sogar auf einem der Bilder bei Aufraeumungsarbeiten in Danzig. Sie, meine Oma und mehrere Tanten kamen auch per Viehwagen nach Ostdeutschland. Oma und Tante kamen dann zu uns. Die Tante musste danach mit Typhus ins Krankenhaus. Mehr auf den Bildern sobald ich freigestellt werde.
Liebe Gruesse,
Christa.

Anna Nyma
10.07.2009, 12:53
Liebe Aussie

Du machst eine gute Aufklärungsarbeit und erreichst damit auch die 'übrige' Welt, die das genauso erfahren muß.

Ich freue mich schon auf Deine Veröffentlichungen.

Mir liegt es fern, auf bestimmte Völker mit dem Finger zu zeigen. Ich meine aber, Deine angekündigten Leidensberichte werden uns auf dem Weg der Aussöhnung ein Stückweit voranbringen, da sie belegen sollten, daß am allerwenigsten die POLEN der Deutschen Feinde gewesen sind - mindestens alle die nicht, die NICHT mit dem bolschewistischen Virus infiziert waren, sondern nachher selber darunter zu leiden hatten.

Denn die hatten schließlich - spätestens seit 1939 - sehr deutlich am eigenen Leibe erfahren müssen, wozu ein eingeredeter blinder fanatischer Hass führt und wie er die Menschen entzweien kann, die bis dahin friedlich miteinander ausgekommen waren.