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Wolfgang
20.11.2009, 18:56
Aus „Unser Danzig“ Nr. 16 vom 20.08.1970, Seite 8

Petershagen
Dorf an der Tiege
Von Otto Lemke

Nicht weit von Tiegenhof lag das Dorf Petershagen. Man konnte es eigentlich damals nur mit dem Pferdewagen oder zu Fuß erreichen. Die Dorfstraße war nur ein Sommerweg; zur Herbstzeit, wenn es viel regnete, war es ein einziger Schlammweg. Petershagen war schon einen Spaziergang wert. Wir Tiegenhöfer erreichten Petershagen durch die Neue Reihe, entlang dem Tiegedamm, vorbei an der „Dampferspedition Brunhilde“ bis zur Pietzendorfer Trift. Dort war die Grenze von Tiegenhof.

Der Zimmermannsche Bauernhof war das erste Grundstück, das man von Tiegenhof aus in Petershagen erreichte. Zwischen der Tiege und der Dorfstraße standen in schönen Gärten die Häuser der Dorfbewohner, darunter auch das einzige Gasthaus des Dorfes. Inhaber waren damals Ruschaus. Zur Gaststätte gehörte sogar eine Badeanstalt in der Tiege. Petershagen war ein lang gestrecktes Dorf. Hinter dem Bahnübergang der Kleinbahn, die von Tiegenhof aus durch Petershagen über die Kleinbahnbrücke nach Steegen führte, erstreckten sich die gut angelegten Bauernhöfe des Ortes, deren Vorgärten Parkanlagen glichen. Der Stolz der Hausfrau war eben der Garten, der immer sauber und gepflegt aussehen musste. Die meisten Vorfahren dieser Bauern waren angesiedelte Mennoniten. Ihre Namen waren Regier, Wiehler, Thießen, Zimmermann, Schulz usw.

Petershagen war kein Kirchdorf; schul-und kirchspielmäßig war das Dorf geteilt. Bis zum Bahnübergang gehörte es zu Tiegenhof, dahinter zu Petershagen bzw. zur Mennoniten-Kirche Tiegenhagen. Die Kirche lag hinter dem Tiegedamm, Petershagen gegenüber. Für die Kirchgänger wurde am Sonntag eine Schwimmbrücke, der sogenannte Kirchensteg, der sonst am Ufer lag, ausgefahren, damit die Petershagener Kirchgänger nicht auf einem großen Umweg zur Kirche mussten.

Weit über die Grenzen unserer Heimat war Landwirt Albert Schulz bekannt. Er hatte sein Leben der Pferdezucht gewidmet und sehr gute Erfolge auf diesem Gebiet erzielt. Auf den Weiden und in den Ställen der Petershagener Landwirte traf man nur gut gepflegtes Vieh an. Am Sonntagnachmittag wurden vor den Landauer die temperamentvollen Kutschpferde gespannt, und stolz fuhr die ganze bäuerliche Familie durch die Felder oder auf Besuch in die Nachbarschaft.

Die schönste Zeit in Petershagen war wie überall der Sommer, wenn alles in Blüte stand und langsam das Getreide reifte. So weit das Auge reichte, sah man wogende Getreidefelder und saftige Wiesen, auf denen das Vieh weidete. Wenn man heute nach den langen Jahren des Vertriebenseins einen Blick zurückwirft und die Gedanken in der Heimat weilen, kann man erst ermessen, was man verloren hat.

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Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang