PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Weinachten bei Sternfeld



Gerhard Jeske
23.12.2009, 12:11
Hamburg,den 23.12.2009 gerhard Jeske
An die Danziger nah und fern.

Koennen Sie sich erinnern, wie im Schnee auf dem Kohlenmarkt
der Weihnachtsmarkt mit den vielen Buden war. Und ein Karusell ffür die kleinen Luntrusse und Marchelchen. Die kandierten Aäpfel blickten uns so verführerisch an, dass der Appetit größer wurde, als die Dittchen in der Fuppe.
und erst, bei Sternfeld, da gab es viel zu sehen, zum Beispiel die elektische
Eisenbahn, auf mehreren Tischen aufgebaut. Der Türsteher ließ nur Kinder in Begleitung von Erwachsenen rein. Also was ist zu machen? Es gab ja genug Frauchen mit goldenem Herz, Ich ging auf eine zu und fragte" Tantchen kannst mir nicht mitnehmen, ich mecht die Lor sehen?" Sie grabschte meine Hand und schon gings hinein ins volle Vergnügen. Meingommas, war das bei Sternfeld gerammelt voll und so heiß, dass es unter der Mütze dampfte. Die bunten Lutscher lagen offen ausgebreitet, verführerische auf den Tischen herum, dass es kein Kunststück gewesen war, sich einen zwischen die Kiemen zu stecken.Wenn draussen dann der Schnee rieselte, dann war das Weinnachtsmärchen wahr geworden. Klein, aber fein.

Aussie
25.12.2009, 08:14
Ich bin weit in der Welt herum gekommen aber es gab kein schoeneres Geschaeft in der ganzen, grossen Welt von eh und jeh, als Sternfeld. Auf dem Wege zu meiner Oma konnte ich nie warten dort vorbei zu kommen. Meine Augen fielen mir beinahe aus dem Kopf von den maerchenhaften Ausstellungen in den Fenstern. Ich erinnere mich an das grau-blaue 'Bleile' Kostuem dass meine Mutter mir dort kaufte als ich 4 Jahre alt war. Weil es aus reiner Wolle war, kratzte es ein bisschen, genau wie die langen, wollenen Struempfe. Im Alter von 5 Jahren wurde ich nochmals hineingepfropft, obwohl es dann bereits etwas eng war, aber dann erhielt ich von dort einen huebschen hellblauen Wollmantel komplett mit Teufelsmuetze, einem tollen Muff, alles mit grauem Pelzbesatz und mit kleinen gestickten Bluemchen verziert. Meine grosse Schwester wollte und erhielt einen roten Filzmantel mit, (wie meine Mutter es nannte) 'Annchen Kullerdraht Hut'. Dieser hatte eine weite 'Filmstar' Krempe. (Meine Schwester war sehr dramatisch und stolzierte stolz damit herum.)
Eines Tages nahm meine Mutter mich wieder an Sternfeld vorbei. Ich konnte es nicht erwarten dort alles zu bewundern. Mit grossem Entsetzen sah ich nichts als zerbrochene, verschmutzte, leere Fenster mit dem Judenkreuz versehen. Ich konnte es nicht verstehen, erinnere mich wie schockiert ich war. Ich sah fragend zu meiner Mutter auf, sah ihr versteinertes Gesicht und fuehlte ihren eisernen Griff der mich dort mit Gewalt vorbei zog. -Das war als wir unsere geliebte Stadt durch Hitler verloren.

Ulrich
28.12.2009, 01:20
Meine liebe Aussie,

Das Kaufhaus Sternfeld stand nicht erst seit seiner Demolierung, wie Du sie erlebt hast, vermutlich in den späten dreißiger Jahren, sondern bereits seit 1933 unter starkem antijüdischen Druck. Erwin Lichtenstein zitiert ein Dokument vom 11. Oktober 1933:"Das Kaufhaus Sternfeld (früher: Nathan Stenfeld) hat zwei Angestellten jüdischer Abstammung, von denen die eine Kriegerwitwe, die andere Vollwaise ist, die Stellung gekündigt. Die Vereinigung jüdischer Arbeitnehmer, welcher die beiden Angestellten angehören, hat sich in dieser Angelegenheit sowohl an die Geschäfsleitung wie an den Angestelltenausschuß gewandt. Die Geschäftsleitung hat...(3 Pünktchen im Original, U.) nicht bestritten, daß lediglich die jüdische Abstammung der Grund für die Kündigung gewesen ist. Sie hat ihr Vorgehen außer mit angeblichen Rücksichten auf das Publikum und die nichtjüdischen Angestellten damit begründet, daß ihr von kompetenter Stelle in Aussicht gestellt worden sei, die Firma Sternfeld würde als jüdische Firma behandelt werden, wenn sie ihre jüdischen Angestellten nicht entließe. (im Original in Kursivdruck, U.). Wir nehmen an, daß es etwaigen, vom Senat angeordneten Ermittlungen leicht gelingen wird, die kompetente Stelle festzustellen, auf die sich das Kaufhaus beruft. Auf jeden Fall wäre dann auch die Frage zu klären, welche Behandlung denn eigentlich jüdische Firmen erfahren sollen, da dem Kaufhaus Sternfeld angedroht worden ist, es würde als jüdische Firma behandelt werden. (Im Original in Kursivdruck, U.) zirtiert nach: Erwin Lichtenstein, "Die Juden der Freinen Stadt Danzig unter der Herrscxhaft des Nationalsozialismus", Jerusalem/Tübingen 1973, S. 163, Nr. 4).
Hier wird zudem deutlich, dass seit 1933 auch in Danzig jüdische Abstammung - also nicht erst jüdisches Religionsbekenntnis - schon seit 1933 ausreichte, um als Jude rassisch diskrimniert zu werden.
Darüberhinaus zeigt dieses Zitat, in welcher prekären Situation jüdische Firmeninhaber, oder Firmeninhabe jüdischer Abstammung standen: Sie hegten vielleicht die Hoffnung, dass die Firma vom antisemitischen Druck verschont blieb, wenn sie nur ihre Angestellten jüdischer Herkunft entließen. Dass dies nicht der Fall war, ja, dass man den Irmeninhabern ihre Firmen abnehmen wollte, wenn man ihnen nicht sogar nach dem Leben trachtete, unabhängig davon, was sie taten - das wurde ihnen erst später klar.
Und das Aussie, hast Du erlebt, wenn ich das richtig sehe.
Liebe Grüße
Ulrich

Aussie
28.12.2009, 09:34
Ja, liebster Ulrich, so wars.
Mein Herz dreht sich noch immer herum und ich hoffe so bei anderen.
Liebste Gruesse,
Christa.

Ulrich
30.12.2009, 02:37
Hi Aussie,

ich wüsste gern, was dann geworden ist. Was ist aus den beiden, wohl entlassenen, Mitarbeiterinnen jüdischer Herkunft bei Sternfelds geworden? Was aus den - wohl jüdischen - Inhabern des Geschäfts?
Haben sie alle die antijüdische Hatz überlebt?
Was ist aus dem Geschäft geworden? Ist es, wie ich vermute, "arisiert" worden, d. h. von "Ariern", vermutlich Danzigern, die sich um die NSDAP verdient gemacht haben, billig übernommen worden?
Hat es nach 1945 eine finanzielle Wiedergutmachung nach dem BEG für die beiden entlassenen Damen und im Falle einer "Arisierung" der Firma für die jüdischen, oder als jüdisch angesehenen, Geschäftsinhaber gegeben?
Die Szene, liebe Aussie, die Dich damals so erschreckt hat, wird nicht nur ihre Vor-, sondern auch ihre Nachgeschichte gehabt haben.
Ich kenne sie nicht.
Liebe Grüße
Ulrich

Ulrich
30.12.2009, 04:38
Liebe Aussie,

Ich sehe gerade, Wolfgang, der Heibuder gibt in einem früheren Beitrag zum Thema "Kaufhaus Sternfeld" einen Link an, wonach es mir scheint, als ob das Kaufhaus Sternfeld tatsächlich "arisiert" wurde.

---www.katins.com/Praust/erinnerungen/norbert_trojahn_6.asp---

erinnerungen:: Norbert Trojahn


Die Verfolgung der "Staatsfeinde"
Hier erzählt Magda Bils-Trojahn was sie erlebte und fühlte als der 2. Weltkrieg begann. Auszug aus ihrem Buch “Bei uns zu Hause“ .

Wir wussten, dass die Juden verfolgt wurden, dafür gab es genügend Anzeichen und Beweise. Diese bedauernswerten Menschen mussten einen gelben Stern an ihrer Kleidung tragen, damit jeder sah: das ist ein Jude! Ebenso waren ihre Geschäfte gekennzeichnet. Dort sollten oder durften wir nicht einkaufen.
Unser Vater bevorzugte ein Kaufhaus, das extra für Beamte eingerichtet war. Er feilschte gern, und war zufrieden, wenn er einige Sachen günstiger bekam. Ehrlich: Uns war es peinlich.
Auch 'Sternfeld', das größte Kaufhaus in der Stadt - unser Bruder Walter hatte da seine kaufmän-nische Lehre absolviert – wurde von uns in der Regel immer besucht. Daß die Firma unter jüdischen Leitung stand, war uns nicht bekannt, wäre uns auch egal gewesen. Irgendwann hieß es nicht mehr 'Sternfeld' sondern Grundmann'.

In Praust kauften wir nötige Waren in zwei Weißwarengeschäften. Es waren freundliche Geschäftsleute. Ebenso der Schrotthändler. Dass es Juden waren, erkannten wir später an ihrem Stern. Eines Tages existierten die Läden nicht mehr.

Die deutsche Bevölkerung wurde aufgefordert, Ahnenforschung zu betreiben. Insgeheim hieß es, den Nachweis zu erbringen, dass man arischer Abstammung war. Die Eheschließung meiner Freundin Eva, die mit einem Oberleutnant verlobt war, scheiterte fast daran, dass eine Urgroß-mutter halb-jüdischer Herkunft war.

Unsere Klassenlehrerin, Fräulein Ptach, war eine überzeugte Anhängerin des 'Führers'. Wir tuschelten: Wie die Nonnen mit Jesus, war sie mit Hitler verlobt. Sie war exkommuniziert; aus der Kirche ausgeschlossen. Und das in einer Klosterschule.
Sie lehrte uns, die Juden zu erkennen. Mein Gott, was war die verbohrt. Wenn wir auf die Füße der Juden schauten würden die zurückweichen, weil sie sich ihrer Plattfüße schämten. Der Judenkranz soll ein weiteres Merkmal gewesen sein. Auch die Namen wurden von der Ptach bemängelt. Sie hätten blumige Namen, die auf Besitz schließen ließen. Diese Lehrerin verlangte von uns, dass jede Schülerin das Buch „Soll und Haben“ lesen sollten. Gott sei Dank fiel das ins Wasser, da der Lehrplan keinen Platz mehr aufwies.

Bei Nacht und Nebel verschwanden immer mehr Juden aus unserem Gesichtsfeld. Es hieß, sie seien ausgewandert bzw. in ein Arbeitslager gekommen. Was sich letztendlich hinter den Buchstaben 'KZ' verbarg, drang nicht in die Ohren der 'normalen' Bevölkerung. Die Nazis hatten dafür gesorgt, dass wir nichts sahen und hörten. Im Februar 1945 konnten auch die Braunen nicht verhindern, dass ich Juden sah.



Magda Bils Trojahn



Quelle: Norbert Trojahn, Horst - ehemals Werderstr. 12a

Die Fragen nach der finaziellen Wiedergutmachung nach BEG der beiden Damen und der jüdischen Inhaber sind für mich allerdings weiter offen.

Ulrich

Aussie
30.12.2009, 04:57
Lieber Ulrich und Gerhard,
Als ich mein letztes Buch ueber genauere Einzelheiten der Judenverfolgung erforschte, suchte ich nach Nachfolgern von der Familie Sternfeld. Ich glaube Erika Boike von dem Danziger Museum in Luebeck sagte dass einige von Ihnen in Luebeck leben. Damals war ich nicht weiter darauf eingegangen, weil sich so viel fast unglaublich anderes entwickelte, jedoch werde ich mich mal mit dem Einwohner Meldeamt in Luebeck in Verbindung setzen, denn mein Interesse wurde durch Euch beide wieder aufgelebt.
Liebe Gruesse,
Christa.

Aussie
30.12.2009, 07:10
Hi,
Bin einfach von Australien zu den Luebecker Nachrichten gereist und habe dort eine Anfrage nach Adressen von Sternfeld und der L Synagoge hinterlassen. Sie werden mich sobald es geht per E-Mail benachrichtigen. So schnell geht es per Internet.
Viele Gruesse,
Christa

Ulrich
30.12.2009, 09:17
Prima, liebe Aussie, vielleicht erfährst Du so Neues zum Kaufhaus Sternfeld.
Ich möchte zu meinem letzten Beitrag noch etwas Wichtiges nachtragen: Der neue, oder die neuen Firmeninhaber nach dem Ende der Firma Sternfeld müssen nicht ihre Ariseure gewesen sein. Eine Änderung des Firmrnnamens allein besagt noch gar nichts.
Allgemein muss man mit der Behauptung der "Arisierung" eines Betriebs, das heißt der Behautung der vollzogenen Beraubung jüdischer Firmeninhaber aus angeblich rassischen Gründen, sehr vorsichtig sein, wenn man keine weiteren Quellen oder Zeugenaussagen hat, die den Hintergrund des Namenswechsels beleuchten. Das auch deshalb, um vermeintliche Täter der nationalsozialistischen Raubpolitik, in Wirklichkeit aber ihre Opfer, nicht in späten Misskredit zu bringen.
So wurde, etwa in jüdisch-nichtjüdischen Mischehen, nicht selten - mitunter mit Billigung der für Betriebe zuständigen Parteistellen - Firmenvermögen vom jüdischen, oder als jüdisch angesehenen Firmeninhaber auf rassisch weniger belastete Familienmitglieder umgeschrieben, etwa auf angeheiratete "Arier" in der Familie, die dann -z.B. Schwager oder Schwiegersohn - oft einen anderen Namen hatten. Gewissermaßen eine innerfamililiäre Selbstarisierung, um die Firma auf diese Weise zumindest in Familienbesitz zu halten.
Der geänderte Name des Firmeninhabers bezeichnet in solch einem - gar nicht seltenen - Fall dann also keinen Räuber, sondern einen Firmenretter, der im allgemeinen mit der Firmenübeschreibung erstmals selbst in Gefahr geriet, wegen "Tarnung von jüdischem Kapital" mit Arisierung (!) und Haft bestraft zu werden.
Weitere Erklärungen für den Namenswechsel der Firmeninhaber sind denkbar: Natürliche Geschäftsaufgabe, natürlicher Tod des Geschäftsinhabers.
Deshalb muss man mit der Behauptung einer Arisierung vorsichtig sein, solange man keine weiteren Quellen, etwa über Wiedergutmachungsansprüche und Prozessunterlagen, hat.
Herzliche Grüße aus dem alten Jahr ins neue
Ulrich

joachimalfred
04.01.2010, 19:09
Lieb Aussi,
nicht nur von Danzig ist mir das Geschäft "Sternfeld" noch in guter Erinnerung sondern ich kenne die Familie Sternfeldt auch noch aus Lübeck. Der Sohn war viele Jahre in Lübeck Sportsenator und war auch sehr beliebt. Später verloren wir uns aus den Augen.
Ich kenne aber auch noch das Geschäft in der Langasse dass später "Grundmann & Co" hieß.
Eine weitläufige Verwandte von mir hat bei Sternfeld / Grundmann in Danzig gelernt, und war bist zum Zusammenbruch dort auch Angestellt.
Wenn ich bei meinen Großeltern auf dem Markt war, bin ich fast immer auch zu Grundmann in die Spielwarenabteilung gegangen.

Aussie
07.01.2010, 07:45
Lieber Joachim-Alfred,
Was fuer ein Glueck. Wohnst Du noch in Luebeck? Fuer irgendwelche Sternfeld Adresse waere ich sehr dankbar. Wie ich aus Erfahrung gelernt habe, wenn aus weiter Ferne eine Anfrage an wichtige Leute kommt wird jedesmal positiv reagiert. Sieh mal im Telefonbuch nach ob dort die eine oder andere Adresse auftaucht. Ich wuerde mich schriftlich an jede wenden. Irgendwo wird wohl eine positive Reaktion zu erwarten sein. Schliesslich sind sie doch historisch und gemeinsam mit uns und Danzig verbunden.
Herzliche Gruesse,
Christa aus Australien.

Margarethe
08.01.2010, 15:43
Einen schönen guten Tag!
Zunächst möchte ich mich vorstellen: ich (Jahrgang 47) bin die Tochter von Gerda Reschke, geb. Herrmann, geb. 11.1.1918. Ihr Vater war Benno Herrmann (2.4.1886 -19.12.45) zuletzt wohnhaft Dominikswall 10. Meine Mutter hat aus der Zeit um 1945 noch zahlreiche Briefe und Aufzeichnungen, die ich gerade mit ihr durchsehe und mit großem Interesse verfolge. Unter anderen befindet sich auch eine lange Aufzeichnung des Werdeganges von Benno Herrmann darunter, aus der zum Thema "Kaufhaus Nathan Sternfeld" interessantes hervorgeht:
Mein Großvater hatte dort am 19.7.1934 sein 25 jähriges Dienstjubiläum. Er war Abteilungsleiter und Geschäftsführer der Abteilung Glas-Porzellan-Hausrat. Der Chef war anfangs Emil Grundmann (Gründer der Danziger Firma Nathan Sternfeld) . Ca. 1930 wurden die neuen Chefs der Sohn Dr. Heinrich Grundmann und Erich Valentin. Besonders mit Herrn Valentin hatte mein Großvater fachliche Probleme. Das führte 1934 zum Ausscheiden meines Großvaters. Er erhielt eine Abfindung, die er unter anderem dazu nutzte, am 29.11.1934 in den Räumen Langgasse 75/83 ein eigenes Geschäft zu eröffnen: Benno Herrmann, Glas-Porzellan-Geschenkartikel-Hausrat. Dieses Geschäft führte er bis zum 28.3.1945. An diesem Tag musste er, kriegsbedingt eingesetzt bei der Polizei als Wachtmann, Danzig verlassen. Meine Mutter Gerda Herrmann hat in der Firma von Beginn an mitgearbeitet und war in den letzten Jahren Mitinhaberin und immer Benno Herrmanns rechte Hand. Sie hat das Geschäft in den letzten Märztagen allein führen müssen und hat Danzig am 24.3.1945 verlassen. An diesem Tag wurde sowohl das Geschäft Langasse 75/83, als auch die Wohnung Dominikswall 10 durch Bombenangriffe vollständig vernichtet.
Meine Mutter ist sich in Ihrer Erinnerung (sie ist sehr fit!) sehr sicher, dass die Firma Sternfeld bis zum Ende nicht umbenannt wurde.
Vielleicht sind diese Daten von Interesse

Mit freundlichen Grüßen vom neuen Mitglied

Margarethe

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
08.01.2010, 15:57
Hallo Margarethe
Herzlich Willkommen im Forum
Über Benno Herrmann habe ich im Danziger Einwohnerbuch 1942 eine
schöne Anzeige gefunden.....
Benno Herrmann
Das Spezialgeschäft für Porzellan , Glas Geschenke ; Küchengeräte usw.
Langgasse 43/45 unter den Lauben

Könnte das Original für Dich im Forum an entspr. Stelle reinstellen.

Viele Grüße
Hans-Jörg

Margarethe
08.01.2010, 16:11
Hallo Hans-Jörg,

darüber würden meine Mutter und ich mich sehr freuen. Das wäre fast passend zu ihrem 92 ten Geburtstag!

Herzlich

Margarethe

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
08.01.2010, 17:31
Hallo Margarethe
Hab erst mal einiges rausgesucht….und im Forum werde es an entspr. Stelle reingestellen…
Gibt natürlich sehr viele „ Herrmann „ !
Dort im Forum anwählen.
Viele Grüße
Hans-Jörg

Aussie
09.01.2010, 04:26
Liebe Margarethe,
Vielen Dank fuer Deinen Beitrag der mich ueberaus interessierte und vielen Dank und Gruesse an Deine Mutter. Habe gestern einen Brief an den Enkel Sternfeld abgesandt und bin sehr sicher von ihm Antwort zu erhalten. Mir wurde ebenfalls die Adresse einer 80 jaehrigen Sternfeld Tante in Travemuende gegeben und ich bin im Prozess ihr einen langen Brief zu schreiben. Dazu werde ich die Kommentare dieses Artikels beilegen die ich soebend ausgedruckt habe, was ich glaube im Einverstaendnis aller geschah. Feli sandte mir liebevolle Kommentare ueber Sternfeld und unser Tomek ist ebenfalls hoechst interessiert. Das erstellt nun das Gdansk - Polnische Interesse her.
Mir liegt sehr an dem Ursprung der Sternfeld Familie um das gesamte Bild zu erhalten.
Viele liebe Gruesse an alle und den sprungbereiten Wetterfrosch Hans Joerg,
Christa.

Margarethe
10.01.2010, 00:11
Hallo Aussie,

das klingt ja alles sehr spannend. Um korrekt zu sein, muss ich eine kleine Richtigstellung anbringen: das Geschäft meines Großvaters Benno Herrmann befand sich in der Langgasse 43/45. Die Adresse Langgasse 75/83 gehörte zum Kaufhaus Sternfeld.

Das Adressbuch von Danzig 1942 habe ich inzwischen eigesehen und dabei noch mehrere Adressen von Verwandten wiedergefunden. Allerdings waren sie auch gut in der Familiengeschichte aufbewahrt, da die Nachkommen von Benno Herrmann alle überlebt haben und sich nach einiger Zeit nach der Flucht in Lübeck, bzw. Travemünde wieder fanden.

Alles Gute in die Wärme aus einem verschneiten Schleswig-Holstein

Margarethe

Aussie
10.01.2010, 10:55
Liebe Margarethe,
Man kommt sich durch all dieses naeher und fuehlt sich wie ein Familienmitglied. Meine Oma hatte ein Geschaeft am Vorstaedtischen Graben. Mein Opa war Invalide. Er hatte bei Schichau einen Metallsplitter ins Auge bekommen und war auf einem Auge blind. Meine Grossmutter und viele Tanten mit ihren Kindern blieben bis sie rauss musten in Danzig. Es war ja auch nicht mehr viel uebrig. Die Innenstadt war doch total zerstoert. Als meine Grossmutter dann zu uns Fluechtlingen nach Schleswig Holstein kam sass sie oft am Fenster und starrte hinaus murmelnd:"Ich kann die Langgasse sehen." Zerstoert mochte wohl alles sein aber niemals die kostbare Erinnerung.
Liebe Gruesse,
Christa

Ulrich
12.01.2010, 01:00
Liebe Margarethe,

wenn ich Dich richtig verstehe, liebe Margarethe, ist Dein Großvater, Benno Herrman, 1934 als Abteilungsleiter und Geschäftsführer aus dem Kaufhaus Nathan Sternfeld ausgeschieden.
Mit einem Teil der Abfindung hat er dann am 29.11.1934 in den Räumen Langgasse 43/45 ein eigenes Geschäft eröffnet: „Benno Herrmann, Glas-Porzellan-Geschenkartikel-Hausrat“. Dieses Geschäft führte er bis zum 28.3.1945.
Du schreibst dann, dass seine Tochter , Deine Mutter, Gerda Herrmann, in der Firma „von Beginn an“ mitgearbeitet hat und „in den letzten Jahren Mitinhaberin und immer Benno Herrmanns rechte Hand war“.
Hierzu habe ich eine Verständnisfrage: Ich hoffe, ich verstehe das richtig, dass Deine Mutter im Geschäft Benno Hermman, Langgasse 43/45 „von Beginn an“ mitgearbeitet hat? Wenn das richtig ist, würde das bedeuten, dass weder der Großvater, noch auch die Mutter seit 29.11.1934 die Geschichte und Geschicke des Kaufhauses Nathan Sternfeld, Langgasse 75/83 als Mitarbeiter mitgestaltet haben, sondern dass sie das Kaufhaus Sternfeld seitdem nur noch als Außenstehende - vielleicht partiell als Konkurrenten? - wahrgenommen haben.

Mich würde interessieren, ob der Großvater, oder ob die Mutter von der antijüdischen Demolierung des Kaufhauses Sternfeld, von der Aussi im Thread berichtet, etwas wahrgenommen haben.

Auch würde mich interessieren, ob aus der Zeit, in der der Großvater Benno Hermann noch bei Sternfeld tätig war, in der Familie noch Erinnerungen an die antijüdische Hetze gegen das Kaufhaus Sternfeld gab, z.B. gegen die zwei Mitarbeiterinnen jüdischer Herkunft.

Samuel Echt scheint davon überzeugt zu sein, dass das Kaufhaus Sternfeld unter die große Arisierungsakampagne von 1937 gefallen ist:

„In den Schaufenstern der großen Kaufhäuser Nathan Sternfeld, Walter und Fleck, Eduard Löwens und Otto Kraftmeyer verwehrten Plakate mit der Aufschrift „Deutsches Geschäft“ noch vor Ostern 1938 jüdischen Käufern den Zutritt.
Juden, die einmal ihre Existenz um ihres Deutschtums verloren hatten, als sie aus dem Korridor nach Danzig gezogen waren, verloren zum zweiten Mal ihre Existenz, diesmal wegen ihres Judentums, da sie nicht mehr als Deutsche anerkannt wurden.
Dutzende weiterer Beschlagnahmen wegen Steuerhinterziehung folgten. Die letzten 100 Seiten des Danziger Stadtanzeigers für 1937, die diese Fälle für November und Dezember 1937 aufzählten, zeigen mit grausamer Deutlichkeit, wie man die jüdischen Inhaber großer Handels- und Industriefirmen durch Druck und Erpressung loszuwerden, aber ihr Vermögen festzuhalten bemüht war“ (S. Echt, Die Geschichte der Juden in Danzig, S. 173).

Es mag also tatsächlich so sein, liebe Margarethe, dass, wie Deine Mutter sich erinnert, das Kaufhaus Sternfeld „bis zum Ende nicht umbenannt“ wurde, gleichwohl steht es nach Samuel Echt fest, dass der oder die jüdischen Inhaber dieses Kaufhauses aus antisemitischen Gründen um seinen, bzw. um ihren Besitz gebracht worden sind.
Dann wäre dies das Ende einer antijüdischen Hetzkampagne gegen das Kaufhaus Sternfeld gewesen, deren Vorläufer nach Erwin Lichtenstein mindestens bis ins Jahr 1933 zurück reichen.

Es grüßt Dich freundlich

Ulrich