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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wo die Weichselmündung sich um Danzig schmiegt



waldkind
03.01.2010, 00:56
Folgendes hatte mein Großvater bei sich in Altdeutscher Schrift aufgehoben, nur schade, dass er seine Heimat nie mehr wieder sah:


1. Wo die Weichselmündung sich um Danzig schmiegt
wo der große Schutt- und Trümmerhaufen liegt
wo Ruinen stehen, liegen Stein auf Stein
da ist meine Heimat, da war ich daheim

2. Wo die Flieger streiften hoch am Firmament
wo die Bomber fielen und die Stadt schon brennt,
wo die Scheiben klirrten und das Licht ging aus
da ist meine Heimat, da stand einst mein Haus

3. Wo so viele Blicke auf zum Himmel schauen
wo in Trümmer ging so manches Bürgerhaus
wo so viele Augen voller Tränen schwer
Danzig, liebe Heimat, dich lieb ich so sehr.

4. Wo geschändet wurde schmählich Weib und Kind
wo so viele Opfer zu beklagen sind
wo man ließ das liebste Hab und Gut
Danzig, liebe Heimat, bin dir trotzdem gut

5. Wo sie uns noch nahmen unsern letzten Mann
ihn ins Lager sperrten und nicht wiederkam
wo wir heut noch warten auf ihn gar so sehr
Danzig, dich verlassen fällt mir gar so schwer

6. Wo gibt's auf der Welt noch eine solche Stadt
die so viel an Reichtum einst bewiesen hat
und wo immer ich auch im fremden Land
sehn ich mich nach Danzig, meinem Heimatland.

7. Wo die Leichen schwimmen auf dem großen Meer
wo die Menschen zogen alle hin und her
wo sie kämpften, klagten, fanden keine Ruh
Danzig, meine Heimat, Danzig das bist du.

8. Wo die Menschen warten auf den Tag
daß die Freiheitsstunde wieder schlagen mag
wo sie alle beten und zum Himmel flehn
Danzig, meine Heimat, wie warst du so schön.

9. Wo die Menschen zogen alle aus
wo sie alle lassen mussten Hof und Haus
wo sie in die Ferne zogen still, allein.
Danzig, meine Heimat, möcht gern bei dir sein.

10. Wenn die Sonne über Danzig scheint
und so mancher flüchtiger Wanderer kehrt heim
dann mein liebes Danzig, ja die Welt soll sehn
noch viel schöner wirst du auferstehn.

joachimalfred
03.01.2010, 13:28
Guten Tag Waldkind,
ebend habe ich den Text von einem Danzig-Lied bei Dir gefunden, den ich schon lange suche, danke dafür.
Mit meinen Eltern und Freunden haben wir damals das Lied gerne und oft gesungen.
Inzwischen hatte ich schon einige Texte vergessen, aber ganz vergessen habe ich das Lied bis heute nicht.
Mir ist aber noch eine Stophe bekannt:

Danzig einmal wirst du wieder aufersteh
und durch deine Gassen werden Deutsche gehn.
Danzig du mein Danzig wie warst du doch schön.
Danzig du mein Danzig möcht dich gerne wiedersehn.

Melodie: Wo die Nordseewellen rauschen....

Ich wünsche Dir noch ein Frohes Neues Jahr 2010 und alles Gute.

PS. mir ist eben ein Text verloren gegengen, hoffentlich taucht er nicht noch im Forum auf.

waldkind
04.01.2010, 14:02
Hallo Joachim-Alfred,
ich bin glücklich, dass du dich zu diesem Lied meldest. Denn ich selber wusste nicht viel damit anzufangen, außer der Tatsache, dass es viele Jahre in irgendeinem Schubkästchen meiner Verwandten gelegen haben muss. Das Papierchen, auf dem es geschrieben war mit dünnem Bleistift, wagte ich kaum anzufassen so mürbe schien es zu sein und daher habe ich das vergilbte Papier nicht kopiert, sondern ins Neu-Deutsche übertragen, wobei ich allerdings nicht garantieren kann, dass es komplett fehlerfrei ist.

Ich selber kannte das Lied nicht. Die Strophe, die du aufgeschrieben hast, stand bei meinem Opa vielleicht auf einem zweiten Papier, welches verloren ging. Vielen Dank dafür!
Ich muss jetzt etwas lachen, denn die letzte Zeile konnte und konnte ich nicht entschlüsseln. Das hast du nun für mich getan. Da stand nämlich: "Melodie: Wo die Nordseewellen". Und ich habe mich gefragt, was Danzig mit Nordsee zu tun haben soll. Meine Verwirrtheit kommt wohl daher, dass ich das Nordseewellenlied nicht kenne, da brauche ich nur noch jemanden, der es mir vorsingt.:).

Ganz lieben Dank, ich freue mich, und dir auch ein fröhliches Jahr 2010.
waldkind

danli, + 23.01.2015
04.01.2010, 19:10
das waren nicht nur die Nordsewellen:

wo det haffes welletrecke an nem Strand

Wo de elk un kranche jedet kin bekannt

wo de mewe schrije ,jrell in sturmgebrus

da it meene heemat

do bin eck tohus!!

[weiter weis ich nicht mehr.]

Danli

waldkind
05.01.2010, 13:40
Klasse Dan,
das hört sich toll an. Wird mir ganz schunkelig zumute.

Naja, da ich kein Heimatliederfan bisher war, (ich hatte ja keine Heimat), muss ich mich an das Gefühl von Seemanns- und Heimatliedern erst gewöhnen. Aber Text ohne Melodie?
Für die, die ebenso ahnungslos in Sache Heimatlied sind:

http://ingeb.org/Volksowo.html

Das 21.ste von oben. Ich hoffe, dass ist es, man weiß ja nie so genau!
Schade, dass wir hier im Forum nicht gemeinsam proben und schunkeln können;).
Liebe Grüße vom waldkind auf Seegang. (Nee, ich bin echt im Stress.:()

Helga +, Ehrenmitglied
05.01.2010, 18:27
Das ist es. Also direkter Heimatliederfan bin ich auch nicht. Aber Shantys und Seemannslieder, höre ich immer gerne. Ich gestehe auch, wann immer auf Sylt der Shanty Chor auftritt, bin ich dabei... NAtürlich nur, wenn ich auf der Insel bin;)

RRose
04.03.2012, 18:58
Hallo Waldkind,

Hier also "meine Version"


Wo die Weichsel mündet, dran sich Danzig schmiegt,
Wo der große Schutt- und Trümmerhaufen liegt,
Wo Ruinen stehen, liegen Stein auf Stein,
Da war meine Heimat, da stand einst mein Heim.

Wo die Flieger kreisten, hoch am Firmament,
Wo die Bomben fielen und die Stadt schon brennt,
Wo die Scheiben klirrten und das Licht ging aus,
Da war meine Heimat, da war ich zu Haus.

Wo geschändet wurden Weib und Kind,
Wo so viele Opfer zu beklagen sind,
Wo so viele Augen voller Tränen schwer,
Da war meine Heimat, die lieb ich so sehr.

Wo so viele Nöte auf gen Himmel schreien,
Wo in Trümmern liegt fast jedes Bürgerheim,
Wo so viele opfern mussten Hab und Gut,
Danzig, meine Heimat, bin Dir trotzdem gut.

Auf der Langenbrücke, wo das Krantor stand,
Wo der Grenadier sein stolzes Mädchen fand,
Alles ist verloren, alles ist dahin,
Trotzdem will ich sagen, dass ich Danziger bin.

Wo so viele Helden mussten glauben dran,
Und der Russe doch die schöne Stadt gewann,
Alles ist so Trübe, alles öd und leer,
Denn mein liebes Danzig, Deutsch bist Du nicht mehr.

Wo die Ostseewellen fließen an den Strand,
Lag das schöne Danzig, einst mein Heimatland,
Die Augen voller Tränen und das Herz so schwer,
Denn mein altes Danzig seh ich nimmermehr.

Und muss ich in weiter Ferne sein,
Ewig, ewig Danzig Denk ich Dein,
Sollte man mich fragen, sag wo kommst Du her,
Stolz werd ich dann sagen, aus Danzig an dem Meer.

waldkind
04.03.2012, 20:14
Gut, dass ich damals dazu geschrieben hatte, dass es sich bei meinem Leihpfund um altdeutsche Schrift handelte. Ich erinnere mich vage. Es war alte Schrift mit dünnem Bleistift auf einem alten vergilbten Papier. Manche Stellen waren sehr schlecht zu entziffern und es war nicht viel Zeit für mich, mir das Nötige zusammen zu reimen. Denn es war nicht alles ganz genau lesbar. Es ist also möglich, dass sich in meiner Abschrift Fehler eingeschlichen hatten, so auf die Schnelle.
Dazu kommt: Vielleicht haben manche das Lied aus Erinnerung aufgeschrieben, wobei Fehler entstanden. Oder der eine oder andere mag seine eigene Strophe hinzu gedichtet haben. Ich selber weiß es nicht. Habe das Lied auch nirgends sonst gefunden. Offensichtlich war es aber unter Danzigern bekannt. Ich müsste bei Gelegenheit mal beide Versionen ausdrucken und sie vergleichen. Da würden sich vermutlich einige Fehler freiwillig stellen. ;-)
Um eine Eigenkreation deines Onkels wird es sich vermutlich nicht handeln.

Wenn ich dann wieder mal so die Seemannslieder höre, wird es mir doch wehmütig ums Herz, obwohl ich überhaupt kein "Heimatfreak" bin.
Ich wünsche allen eine schöne Woche. waldkind.

RRose
04.03.2012, 21:07
Meine Mutter meinte, dass es wohl von meinem Onkel kommen würde, weil der ja Sänger war. Aber das glaube ich nun nicht mehr. Und wie Du schon sagst, vielleicht hat der eine oder andere beim Aufschreiben etwas "hinzugedichtet" weil der ursprüngliche Text im Gedächtnis verlorengegangen war.

zum Thema Seemanslieder und Wehmütig: Lale Andersen höre ich von Zeit zu Zeit gerne...

Auch von mir eine schöne Woche

TT72SN
04.03.2012, 21:31
Guten Abend ihr zwei,

auch in den Unterlagen meiner Oma gibt es dieses Lied auf einem vergilbten maschinengeschriebenen A4 Blatt. Leider weiß ich nur momentan nicht, in welchem Ordner ich es abgeheftet habe. Wenn ich es finde, und Wolfgang mir auch genehmigt Bilder hochzuladen, stelle ich es hier ein.

Schönes Rest WE aus Mecklenburg.

Thomas

@ Waldkind: Schade daß Du nie auf meinen Rekonstruktionsversuch der Lindenstraße in Ohra reagiert hast. ;-)

RRose
04.03.2012, 21:55
Hallo Thomas,

Da bin ich ja mal gespannt, wie Deine Variante ist :-)

Ich habe das lied abgetippt und ins Forum kopiert. Vielleicht geht es aber auch mit scannen und dann rein kopieren?

krista
05.03.2012, 00:24
Guten Abend -

Und hier das Lied bei youtube:

http://www.youtube.com/watch?v=7EqkQsHSV6I

Wünsche eine gute Zeit
-Krista-

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
05.03.2012, 13:49
Guten Tag,

und hier das ORIGINAL:

http://www.youtube.com/watch?v=OLZE8latIbA&feature=related

Kommentar inclusive.

Grüße von der Ostsee

Rainer

waldkind
05.03.2012, 22:50
Das sieht hier schon nach einem Ostsee-Nordsee-Rennen aus ;-)

Vielleicht, wenn's einer musikalischer Natur ist, mit Instrumente und so...

http://ingeb.org/images/wodienor.GIF

Dann könnt er schon ma üben und wenn's nächste Treffen ist, singens mir des uff Nordsee-Variante, uff Ostsee-Variante und uff Danzig-Variante (abzüglich einiger Strophen bzw. wir müssten ein bisschen was umdichten so auf die heutige Zeit ausgerichtet.)

Zufälliger Weise habe ich heute das Sonett von Albrecht Haushofer gelesen "Heimat". Den Haushofer hatten die Nazis wegen seines Widerstandes niedergestreckt. Ich habe darin ein Gefühl gefunden, das ich auch in der Niederschrift meines Großvaters herauslas. Ein Gefühl, dass auch ich in der Tiefe der Seele kenne.

Wenn die Heimat einen nicht mehr zu bergen vermag, wenn sie keinen Schutz mehr bietet, was bleibt dann noch der armen Seele, die nackt und ausgeliefert erscheint vor sich selber und der Welt?
grüzzeli wk.