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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mitglieder des Danziger Volkstages



MueGlo
12.03.2010, 07:30
Moin,

der Danziger Volkstag: Über ihn lässt sich einiges leicht finden ... die Parteien, die Wahlergebnisse vom 1. Volkstag 1920 bis zum 6. Volkstag 1935 ...

http://www.gonschior.de/weimar/Danzi...sicht_LTW.html

Und dann wird's kompliziert. Denn ich suche die einzelnen Mitglieder des Volkstages.
Eine halbe Nacht später lande ich in einem Studentenportal (Überraschung, absurd) endlich bei einer entsprechenden Liste.

http://www.studentenpilot.de/studien...n/vo/Volkstag/

Ich suche die DVG - Deutsche Volksgemeinschaft. Diese Partei hat nur ein einziges Mal an Wahlen zum Volkstag teilgenommen, im Jahr 1930. Mit zwei Listen, Danzig Stadt, 0 Abgeordnete, Danzig Land, 3 Abgeordnete.

DVG - Deutsche Volksgemeinschaft: Das klingt natürlich ominös. Die NSDAP hat den Begriff usurpiert, ebenso die heutige Rechte... Über die DVG finde ich ansonsten nichts. Frage: Wer weiß etwas über diese Partei?

Die o.a. Website durchgesucht bzgl. der DVG und ich lande bei zwei(!!) Abgeordneten:

*Sukatus, Gustav: 1930-1933 (DVG), 1935-1939 (NSDAP)

* Müller, Bruno: 1930-1933 (DVG)

Der dritte Abgeordnete fehlt. Sprich: Die Liste ist fehlerhaft / unzuverlässig.

Schitt.

Aber immerhin: Bruno Müller, Hofbesitzer in Klein Zünder --- mein Grossonkel, der jüngste Sohn von Martin Ferdinand Müller (bekanntlich galt in Danzig das Jüngstenrecht).

Über diesen Bruno Müller würde ich gerne mehr wissen. Er muss eine Persönlichkeit gewesen sein. Die Lebenserinnerungen meines Vaters deuten darauf hin, dass Bruno Müller eventuell auch später als 1933 Mitglied des Volksrats war .... siehe die Unvollständigkeit obiger Liste.

Nach dem Krieg hat mein Vater Bruno Müller ihn der Rauen Alb südlich von Stuttgart getroffen , "wohin es ihn mit seiner verwitweten Tochter verschlagen hatte. Seine Augen blitzten immer noch. Er schuf sich ein Zubrot zu der kärglichen Unterstützung – der Lastenausgleich für die Flüchtlinge lief noch nicht – durch Flickschusterei. Und er wirkte immer noch vergnügt. Nur ich hätte weinen können."

Wo findet man mehr über die einzelnen Mitglieder des Volkstages?

Mit besten Grüßen aus Dakar, Senegal, 30 Grad, ohne Regen, Schnee, Eis und Sturm,

Rainer MueGlo

sinus
12.03.2010, 10:57
Hallo MueGlo,

kann Dir nicht weiterhelfen. Aber eines hat mich in Deinem Beitrag stutzig gemacht: "bekanntlich galt in Danzig das Jüngstenrecht". Das ist mir neu. Gibt es dazu irgendwelche besonderen Quellen?
Bei meinen Vorfahren aus Mönchengrebin (gar nicht weit von Klein Zünder) hat immer der älteste Sohn den Hof geerbt. Die folgenden Söhne mussten irgendwo einheiraten oder gingen nach Danzig in die Kaufmannslehre.

Gruß aus Mecklenburg
sinus

MueGlo
12.03.2010, 16:48
Moin, sinus,

mein Vater hat vor der NS-Zeit in den Kirchen des Werders die Spuren der Familie zurückverfolgt bis zum 30-jährigen Krieg. Seine Aussage war, und so hat er es auch in einem Bericht verfasst, dass im Werder bei den Bauern das Jüngstenrecht / Minorat galt. Meine Tante schrieb in Bezug auf den erwähnten Bruno Müller vor kurzem das Gleiche.

Die Karriere der ältesten Söhne war dann vielfach, dass sie zum Militär als Zwölfender gingen (12 Jahre Dienst), um dann in den öffentlichen Dienst augenommen zu werden. So wurde mein Grossvater z.B. Zöllner in Danzig.

Einheiraten kann ich in dem mir vorliegenden Ahnenpass nur eine einzige festellen (das Kind wird am Geburtsort der Mutter geboren), ansonsten zog die Frau immer zum Mann (Kind wird im Wohnort des Vaters geboren). Das ist auch logisch: bei der seit 1800 stark steigenden überlebenden Kinderzahl war die Wahrscheinlichkeit gering, keinen männlichen Erben zu haben.

Nun habe ich ein paar Stunden im Web gewühlt, ob es etwas über das Erbrecht im Werder gibt - bislang Fehlanzeige.

Ein anderes Erbrecht in Mönchengrebin als in Klein Zünder? Halte ich nicht für wahrscheinlich. Konnten die Familien selber entscheiden, ob sie das Ältesten- oder das Jüngstenrecht anwenden wollten? Gab es unterschiedliche Erbregelungen für die diversen Bevölkerungsklassen? Ich habe keine Ahnung, ob so etwas möglich war ... bin kein Jurist.

Folglich bleibt die Frage offen: Wie war das Erbrecht im Werder?

Beste Grüsse,

Rainer MueGlo

magdzia
12.03.2010, 17:36
Hallo ihr beiden, :)

hier (http://dlib-pr.mpier.mpg.de/m/kleioc/0010/exec/bigpage/%22169448_00000056.gif%22) habe ich etwas zum Thema Erbrecht (2. Abschnitt) gefunden.

Das ist die Hauptseite (http://dlib-pr.mpier.mpg.de/m/kleioc/0010/exec/books/%22169448%22), falls ihr noch mehr Informationen braucht.

Viele Grüße
Magdalena

MueGlo
13.03.2010, 01:54
Liebe Magdalena,

besten Dank In der Bibliothek des Max Planck Instituts war ich auch schon gelandet ... aber offensichtlich mit den falschen Stichwörtern Minorat / Majorat / Jüngsten- bzw. Ältestenrecht ...

An anderer Stelle habe ich gefunden, dass es bzgl. der Vor- und Nachteile von Minorat und Majorat bei den Juristen Anfang des 20. Jahrhunderts erhebliche Auseinandersetzungen gab.

Nun wissen wir, dass beides im Werder zur Anwendung kam, mein Vater mit seiner apodiktischen Aussage bzgl. des Jüngstenrecht folglich daneben lag.

Sering stellt zwar einige Statistiken vor, leider geht er aber nicht darauf ein, was in der Praxis quantitativ wie häufig vorkam: Majorat, Minorat, Vererbung an die Tochter / den Schwiegersohn. Eventuell kann man das mittels Stammbäumen rausbekommen: Wenn der den hof übernehmende Sohn 5 bis 10 Jahre nach der Heirat der Eltern geboren wird, kann man vermuten, dass er nicht der Erstgeborene ist. Muss mal meinen danach durchforschen ...

Und jetzt sehne ich noch nach Antworten nach dem Volksrat ...

Beste Grüße aus Dakar, zur Zeit ohne Wasser aber mit Strom. Meistens ist es umgekehrt.

Rainer MueGlo