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Rudi Bellon, + 24.08.2010
16.03.2008, 15:05
Am 9. September 1881 trafen sich Kaiser Wilhelm I. und Zar
Alexander III. von Rußland mit den führenden Staatsmännern
beider Länder in Danzig zu einem Gespräch von europäischer
Bedeutung.Der nachstehende Artikel,der die Zusammenhänge
dieses Treffens schildert,soll als kleiner Beitrag zur Geschichte
Danzigs den Sinn für die frühere politische Stellung unserer
Heimatstadt lebendig erhalten.

Befriedigt konnte Fürst Bismarck im Juli 1881 die ungewöhnliche
Ruhe des Kontinents feststellen;die Erneuerung des Dreikaiservertrages
mit Österreich und Rußland war glücklich gelungen,und es herrschte
eine noch größere Stille,als sie die Sommerzeit in der Regel mit sich
bringt.Bismarcks politischer Instinkt aber blieb wachsam,denn Englands
und Frankreichs Haltung schien unsicher und so mußte man über
das Erreichte hinaus zu festeren Friedensgarantien gelangen.Die Verbindung zu Rußland sollte weiter gepflegt und durch persönliche
Fühlungnahme noch vertieft werden.In Petersburg hatte der
deutschfreundliche Kanzler Giers einen in dieser Richtung gehenden
Vorschlag gemacht.Bismarck nahm ihn freudig an,und auf sein Drängen
hin richtete Kaiser Wilhelm am 20. August einen überaus freundlichen
Brief an Zar Alexander III.,in dem er Danzig oder Stettin als Treffpunkt
vorschlug.Der russische Monarch antwortete ebenso herzlich und
ließ in Berlin anfragen ,ob sein Besuch in Danzig zwischen dem 8.und
11.September passend sei.Es komme ihm darauf an,schrieb er,"durch ein solches Treffen ein unwiderlegliches Zeugnis meiner freunschtlichen
Gesinnungen gegen Deutschland und sein Herrscherhaus zu liefern."

Bismarck regte nun auch seine eigene Teilnahme an:"Sollte der Kaiser
Alexander",so kombinierte er,"ohne politische Begleitung nach Danzig
kommen,so würde das möglicherweise bedeuten,daß seine Majestät
der Begegnung einen persönlichen und nicht politischen Charakter
beilegen will."Aber sowohl Giers als auch der russische Botschafter in
Berlin wurden hinzugezogen,und damit stand auch Bismarcks Teilnahme
fest.

Bis dahin hatte man auf beiden Seiten strengstes Stillschweigen gewahrt,
um einer eventuellen Gegenaktion der deutschfeindlichen Kreise in
Rußland vorzubeugen.Die Danziger Presse aber verfügte schon damals
über einen ausgezeichneten Korrespondentendienst,man bekam Wind
von der ganzen Sache,und eines Tages berichtete eine Danziger
Zeitung von dem bevorstehenden großen Ereignis.In Berlin und Petersburg
schien man bestürtzt,Bismarck ließ sofort in der amtlichen
"Norddeutschen Allgemeinen"dementieren-was aber von der fortschrittlichen Danziger Presse nur heiter quittiert wurde.In Regierungskreisen erwog man daraufhin, ob nicht im letzten Augenblick
besser ein anderer Ort zu wählen sei,doch in Danzig waren schon
umfangreiche Vorbereitungen getroffen,und so blieb es bei dem
Vereinbarten.

Am 9. September 1881 begrüßten sich unter der jubelnden Anteilnahme
der Bevölkerung die Herrscher und Staatsmänner Deutschlands und
Rußlands in Danzig,und die sich anschließenden politischen Besprechungen
verliefen in besten Einvernehmen.Der Zar ließ sich auch die Zeit zu einer
kurzen Besichtigung der Stadt nicht nehmen,über deren Architektur
er sich mehrere Male lobend aussprach.Noch von Danzig aus ließ Zar Alexander dann an alle diplomatischen Vertretungen Rußlands ein
Rundschreiben ergehen und berichtete,daß die Beziehungen zu den
Mittelmächten nun erfreulich gestärkt seien.
.Auch Bismarck habe,schrieb Unterstaatssekretär Busch am 12.September
an Prinz Reuß,"einen durchaus befriedigenden Eindruck von dem
Danzigtreffen gewonnen".Am 14.September traf aus Petersburg ein ungewöhnlich warmes Schreiben ein."Dieses Schreiben",war Kaiser Wilhelms Urteil,"und die Bekanntschaft der beiden Minister ist eines der
besten Resultate der Danziger Begegnung."Für Jahre hinaus blieb das
gefestigte Dreikaiserverhältnis die Richtschnur der mitteleuropäischen
Politik;das oft wenig beachtete Kaisertreffen in Danzig hatte einen
nicht unwesentlichen Beitrag dafür geleistet.

Von Eberhard Bitzer
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Gruß Rudi