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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Veranstaltungsbericht "Danzig in der Literatur"



Wolfgang
23.05.2010, 12:43
Gestern Nachmittag um 16:00 Uhr gab es im Altstädtischen Rathaus die Veranstaltung "Danzig in der Literatur - eine inspirierende Stadt". Die Teilnehmer/innen sprachen überwiegend polnisch, für deutsche Besucher war das jedoch kein Problem, da simultan gedolmetscht wurde.

Basil Kerski, Chefredakteur des deutsch-polnischen Magazins "Dialog" war Moderator, geladen waren u.a. der Autor des "Literarischen Reiseführers Danzig Dr. Peter Oliver Loew, die frühere Stadtschreiberin Sabrina Janesch, die Literaturübersetzerin Renate Schmidgall und der Danziger Autor Pawel Huelle.

Es war eine Debatte angekündigt, aber von den Teilnehmern wurde weniger debattiert, sondern in langen Monologen wurden viele Nettigkeiten ausgetauscht.

Trotzdem war es eine hochinteressante Veranstaltung, in der Pawel Huelle mit einem temperamentvollen Vortrag die Besucher fesselte. Sabrina Janesch, die deutsch sprach und auch nur von deutschsprechenden Zuhörern verstanden wurde -praktisch keiner der polnischen Teilnehmer hatte sich einen Kopfhörerset besorgt- ging recht hart mit der Stadt ins Gericht. Sie sprach von einer "vordergründigen Schönheit" der Stadt die auf Fassaden für Touristen beruhe, die jedoch bereits nach drei Tagen durchschaut würde. Dr. Loew drückte aus, Danzig sei heute keine "Stadt", sondern bestehe aus vielen einzelnen Gruppen und Orten die noch nicht zusammengefunden hätten. Er räumte auch mit Mythen auf, so auch mit dem Mythos einer stets multikulturellen Stadt.

Pawel Huelle sprach ebenfalls von Mythen und Träumen, und zwar von solchen, die er im Zusammenhang mit der ägyptischen Stadt Alexandria hatte. Als er dann Alexandria in einer Gruppe besuchte, wurden von der Stadtführerin wesentliche griechische Teile der Geschichte ausgeblendet. Er schlug dann einen Bogen zu Danzig und erklärte, in Danzig sei es ebenso gewesen.

Wie bereits gesagt war das eine sehr interessante Veranstaltung, der sich ein kleiner Imbiss anschloss bei dem dann die Besucher über das Gehörte diskutierten.

Bei diesem Treffen waren auch der Danziger Stadtpräsident sowie der deutsche Generalkonsul Joachim Bleicker anwesend. Peter (perepere) regte in einem persönlichen Gespräch mit dem Stadtpräsidenten an, auf Straßenschildern auch die historischen deutschen Namensbezeichnungen anzubringen.

Viele Grüße aus Danzig
Wolfgang

waldkind
23.05.2010, 14:23
Lieber Wolfgang,
vielen Dank für deinen Bericht über die Veranstaltung "Danzig in der Literatur - eine inspirierende Stadt".
Es gibt mir zu denken. Hört es sich für mich so an, als befände sich Danzig in einem Identitätskonflikt und habe es als Stadt seit dem Kriege nicht wirklich zusammen gefunden. Mehr und mehr scheint Danzig eine Stadt zu sein, die sich für den Torismus verkaufen lässt, aber die nicht ihre historische Substanz als Stolz und Identität zum Ausdruck zu bringen vermag, im Sinne einer eigenen Stadtpersönlichkeit. Dies kann und sollte eine Chance sein, dass Polen und Deutsche an einer gemeinsamen Identität arbeiten,(nicht mehr gegeneinander sondern miteinander). Denn nur diese verleiht der Stadt Substanz, weil sie die einzig wahrhaftige ist. Auf Dauer sehe ich darin auch eine Chance, dass die Fassaden dieser Stadt nicht weiter abbrökeln, sondern ihnen zu neuem Glanze verholfen wird. Denn es sollte nicht nur im Interesse Polens liegen, dass die Stadt als Zeugnis von Historie (und nicht nur deswegen) erhalten bleibt. Schließlich ist sie auch Zeugnis deutscher Geschichte und deutsch-polnischer Geschichte.

Viele Grüße nach Danzig
Miriam