sinus
02.06.2010, 23:03
Erlebnis auf dem alten Friedhof in Herrengrebin
In Herrengrebin befand sich östlich von der Burg der Friedhof. Dieser Begräbnisplatz wurde bis 1945 von den Einwohnern von Herrengrebin, Mönchengrebin und Grebinerfeld genutzt und gehörte zur Kapelle Herrengrebin, der Filialkirche der Kirche Wossitz. Die Begräbnisregister wurden im Kirchenbuch Wossitz geführt.
Heute ist der alte Friedhof Bestandteil eines Privatgrundstücks. Hinter einer hohen Hecke sieht man unter großen Linden eine ca. 50 x 20 m große ebene Fläche, die überwuchert ist von Wildkräutern. (Bild 1)
Nur wer es weiß, erkennt hier noch den ehemaligen Friedhof. Der Eigentümer pflegt die Fläche so weit, dass unter den Linden keine Bäume und Sträucher wachsen. Drei alte Brunnenschächte sind notdürftig abgedeckt. Einige wenige Grabeinfassungen lugen aus dem Gras hervor. Reste eines schmiedeeisernen Gitters, wie es früher bei angesehenen Leuten als Grabeinfassung diente, lehnen sich an den Stamm einer Linde.
Natürlich hatten die Hofbesitzer früher ihre eigenen Grabstellen, die selbstverständlich mit der Hofmarke gekennzeichnet waren. Sie waren keine Familiengrabstätten sondern an den Hof gebunden, weshalb bei Eigentümerwechseln auch die nächsten Eigentümer hier bestattet wurden. Grabsteine kann man auf den ersten Blick nicht erkennen.
Diesen Platz wollten wir (mein Sohn und ich) unsunbedingt näher ansehen. Schließlich ruhen hier unsere Ahnen seit fast 200 Jahren. Vom Hoftor aus riefen wir einen Mann heran, den Eigentümer, wie sich herausstellte. Mit Regina`s Hilfe konnten wir uns gut verständigen. Der Friedhof hätte noch bis in die 70er Jahre bestanden, sagte er uns. Manchmal kamen Angehörige aus Deutschland und hätten ihre Grabstellen gepflegt. Von den polnischen Bewohnern wurde der Friedhof nicht mehr für Bestattungen genutzt. Allerdings sollen Schulklassen den Platz hin und wieder gepflegt haben. „Später hatten die Kommunisten die Grabsteine umgestoßen und den Friedhof zerstört“, sagte der Mann. Das Friedhofsgrundstück wurde seinem Grundstück zugeschlagen. Er hätte immer noch Respekt vor diesem Platz, weshalb er die Fläche nicht bebaut oder anderweitig nutzt.
Zunächst zog uns die Grabstelle mit dem Eisengitter an. Zwischen altem Efeu verbargen sich Reste einer Grabeinfassung. Daneben lag, von Efeu umrankt, ein großer etwa 1,50 m langer und schon leicht verwitterter Grabstein. Der Name Wedekind war darauf mehrfach zu lesen. August Wedekind war 1888 Gutsbesitzer in Mönchengrebin. (Bild 2)
An einer anderen Stelle lagen noch zwei Grabeinfassungen mit Sandsteinsockeln, die einem Baumstamm nachempfundenen waren, die Grabsteine fehlten allerdings. (Bild 3)
Wir schlenderten weiter und plötzlich fühlte mein Sohn mitten in der Grasfläche etwas Hartes. Neugierig schoben wir mit den Schuhen das Gras etwas beiseite, aber das reichte nicht aus. Ich bat den polnischen Eigentümer, dessen Nachbar inzwischen auch hinzugekommen war, einen Spaten zu holen und dann legte ich den Stein frei. Ungeduldig wurde die Oberfläche mit den Händen gereinigt.
Und was soll ich sagen? In wunderbar erhaltener Schrift stand da – mein Familienname. (Bild 4)
Es war der Grabstein der 2. Frau meines Ururgroßvaters. Was für ein Zufall !!! Da liegen unter der Grasnarbe bestimmt an die 100 Steine und auf Anhieb graben wir einen aus meiner Familie aus. So etwas gibt es doch gar nicht. Ich war total fertig.
Die beiden Polen schauten etwas ungläubig. Ich zeigte auf mich, dann auf meinen Sohn, dann auf den Stein: „Ich Kresin, er Kresin, und da auch Kresin“. Jetzt hatten sie verstanden.
Aber wie kam ihr Name auf den Stein des Hofbesitzers Johann Jacob Gnoyke?
Die Polen grinsten, als ich den Namen Gnoyke vorlas. Regina meinte, das wäre in der polnischen Sprache kein schöner Name. Später sah ich nach und wusste Bescheid.
Gnoj heißt soviel wie Mist oder Dung.
Die Polen meinten lächelnd, ich sollte den Stein doch gleich mitnehmen. Da hätten die Polizisten am Flughafen bei der Gepäck-Kontrolle aber Augen gemacht.
Wir haben dann beschlossen, alles wieder abzudecken und so zu lassen wie es war. Der Stein gehört hier hin. Der polnische Nachbar murmelte etwas dabei. Regina übersetzte mir, das wäre wie eine zweite Beerdigung. Und sein Nachbar ergänzte, dass es danach dann immer etwas zu trinken gäbe.
Das war doch mal eine klare Ansage. Ich kontrollierte unauffällig meine Geldbörse. 100 Zloty schien mir zu viel und 10 Zloty zu wenig. Andere Scheine hatte ich nicht dabei. Regina half mir dann mit einem Fünfziger aus der Verlegenheit.
Unsere Aktion blieb in dem kleinen Dorf nicht unbeobachtet. Neben einem alten Mann, der uns freundlich auf Deutsch begrüßte, kam dann auch noch der Bürgermeister Jan Kruczek dazu, der nur drei Häuser weiter wohnte.
Er zeigte uns dann noch unmittelbar an der nördlichen Hecke zwei zerbrochene und schon etwas verwitterte Steine, auf denen die Schrift kaum noch zu erkennen war. Ich ließ einen Besen holen und konnte dann den Namen Bartholomäus Wessel lesen. (Bild 5)
Dem Bürgermeister erklärte ich, dass dieser Mann einer bedeutenden
Familie im Werder entstammte und vor 1800 Schulze von Mönchengrebin war,
der Stein also praktisch einem seiner Amtsvorgänger gewidmet war.
Daneben lag noch ein Stein für Regina Renata Wessel, geb. Schiedmann.
Ich konnte dem Bürgermeister anschließend eine Dokumentation mit dem bisherigen Stand meiner Forschung zu den Höfen von Mönchengrebin übergeben. Er bedankte sich mit dem Angebot, uns noch die Kapelle der Burg Grebin zu zeigen. Hierüber hatte ich schon an anderer Stelle berichtet.
An diesen Tag werde ich noch lange zurück denken.
sinus
In Herrengrebin befand sich östlich von der Burg der Friedhof. Dieser Begräbnisplatz wurde bis 1945 von den Einwohnern von Herrengrebin, Mönchengrebin und Grebinerfeld genutzt und gehörte zur Kapelle Herrengrebin, der Filialkirche der Kirche Wossitz. Die Begräbnisregister wurden im Kirchenbuch Wossitz geführt.
Heute ist der alte Friedhof Bestandteil eines Privatgrundstücks. Hinter einer hohen Hecke sieht man unter großen Linden eine ca. 50 x 20 m große ebene Fläche, die überwuchert ist von Wildkräutern. (Bild 1)
Nur wer es weiß, erkennt hier noch den ehemaligen Friedhof. Der Eigentümer pflegt die Fläche so weit, dass unter den Linden keine Bäume und Sträucher wachsen. Drei alte Brunnenschächte sind notdürftig abgedeckt. Einige wenige Grabeinfassungen lugen aus dem Gras hervor. Reste eines schmiedeeisernen Gitters, wie es früher bei angesehenen Leuten als Grabeinfassung diente, lehnen sich an den Stamm einer Linde.
Natürlich hatten die Hofbesitzer früher ihre eigenen Grabstellen, die selbstverständlich mit der Hofmarke gekennzeichnet waren. Sie waren keine Familiengrabstätten sondern an den Hof gebunden, weshalb bei Eigentümerwechseln auch die nächsten Eigentümer hier bestattet wurden. Grabsteine kann man auf den ersten Blick nicht erkennen.
Diesen Platz wollten wir (mein Sohn und ich) unsunbedingt näher ansehen. Schließlich ruhen hier unsere Ahnen seit fast 200 Jahren. Vom Hoftor aus riefen wir einen Mann heran, den Eigentümer, wie sich herausstellte. Mit Regina`s Hilfe konnten wir uns gut verständigen. Der Friedhof hätte noch bis in die 70er Jahre bestanden, sagte er uns. Manchmal kamen Angehörige aus Deutschland und hätten ihre Grabstellen gepflegt. Von den polnischen Bewohnern wurde der Friedhof nicht mehr für Bestattungen genutzt. Allerdings sollen Schulklassen den Platz hin und wieder gepflegt haben. „Später hatten die Kommunisten die Grabsteine umgestoßen und den Friedhof zerstört“, sagte der Mann. Das Friedhofsgrundstück wurde seinem Grundstück zugeschlagen. Er hätte immer noch Respekt vor diesem Platz, weshalb er die Fläche nicht bebaut oder anderweitig nutzt.
Zunächst zog uns die Grabstelle mit dem Eisengitter an. Zwischen altem Efeu verbargen sich Reste einer Grabeinfassung. Daneben lag, von Efeu umrankt, ein großer etwa 1,50 m langer und schon leicht verwitterter Grabstein. Der Name Wedekind war darauf mehrfach zu lesen. August Wedekind war 1888 Gutsbesitzer in Mönchengrebin. (Bild 2)
An einer anderen Stelle lagen noch zwei Grabeinfassungen mit Sandsteinsockeln, die einem Baumstamm nachempfundenen waren, die Grabsteine fehlten allerdings. (Bild 3)
Wir schlenderten weiter und plötzlich fühlte mein Sohn mitten in der Grasfläche etwas Hartes. Neugierig schoben wir mit den Schuhen das Gras etwas beiseite, aber das reichte nicht aus. Ich bat den polnischen Eigentümer, dessen Nachbar inzwischen auch hinzugekommen war, einen Spaten zu holen und dann legte ich den Stein frei. Ungeduldig wurde die Oberfläche mit den Händen gereinigt.
Und was soll ich sagen? In wunderbar erhaltener Schrift stand da – mein Familienname. (Bild 4)
Es war der Grabstein der 2. Frau meines Ururgroßvaters. Was für ein Zufall !!! Da liegen unter der Grasnarbe bestimmt an die 100 Steine und auf Anhieb graben wir einen aus meiner Familie aus. So etwas gibt es doch gar nicht. Ich war total fertig.
Die beiden Polen schauten etwas ungläubig. Ich zeigte auf mich, dann auf meinen Sohn, dann auf den Stein: „Ich Kresin, er Kresin, und da auch Kresin“. Jetzt hatten sie verstanden.
Aber wie kam ihr Name auf den Stein des Hofbesitzers Johann Jacob Gnoyke?
Die Polen grinsten, als ich den Namen Gnoyke vorlas. Regina meinte, das wäre in der polnischen Sprache kein schöner Name. Später sah ich nach und wusste Bescheid.
Gnoj heißt soviel wie Mist oder Dung.
Die Polen meinten lächelnd, ich sollte den Stein doch gleich mitnehmen. Da hätten die Polizisten am Flughafen bei der Gepäck-Kontrolle aber Augen gemacht.
Wir haben dann beschlossen, alles wieder abzudecken und so zu lassen wie es war. Der Stein gehört hier hin. Der polnische Nachbar murmelte etwas dabei. Regina übersetzte mir, das wäre wie eine zweite Beerdigung. Und sein Nachbar ergänzte, dass es danach dann immer etwas zu trinken gäbe.
Das war doch mal eine klare Ansage. Ich kontrollierte unauffällig meine Geldbörse. 100 Zloty schien mir zu viel und 10 Zloty zu wenig. Andere Scheine hatte ich nicht dabei. Regina half mir dann mit einem Fünfziger aus der Verlegenheit.
Unsere Aktion blieb in dem kleinen Dorf nicht unbeobachtet. Neben einem alten Mann, der uns freundlich auf Deutsch begrüßte, kam dann auch noch der Bürgermeister Jan Kruczek dazu, der nur drei Häuser weiter wohnte.
Er zeigte uns dann noch unmittelbar an der nördlichen Hecke zwei zerbrochene und schon etwas verwitterte Steine, auf denen die Schrift kaum noch zu erkennen war. Ich ließ einen Besen holen und konnte dann den Namen Bartholomäus Wessel lesen. (Bild 5)
Dem Bürgermeister erklärte ich, dass dieser Mann einer bedeutenden
Familie im Werder entstammte und vor 1800 Schulze von Mönchengrebin war,
der Stein also praktisch einem seiner Amtsvorgänger gewidmet war.
Daneben lag noch ein Stein für Regina Renata Wessel, geb. Schiedmann.
Ich konnte dem Bürgermeister anschließend eine Dokumentation mit dem bisherigen Stand meiner Forschung zu den Höfen von Mönchengrebin übergeben. Er bedankte sich mit dem Angebot, uns noch die Kapelle der Burg Grebin zu zeigen. Hierüber hatte ich schon an anderer Stelle berichtet.
An diesen Tag werde ich noch lange zurück denken.
sinus