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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Danziger Juden die auf Mauritius starben



Wolfgang
07.07.2010, 12:29
Schönen guten Morgen,

Ziel vieler von den Nazis verfolgter Juden war nach Palästina auszuwandern. Wenn überhaupt, dann konnte die Einreise meist nur illegal erfolgen - was zur Folge hatte, dass sie von der britischen Mandatsmacht gefangen genommen und deportiert wurden.

Eines der Deportationsziele war von 1940-1945 die im Indischen Ozean gelegene Insel Mauritius, wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen in Gefängnissen inhaftiert wurden. Viele von ihnen starben, darunter auch Danziger.

Insgesamt waren es 151 nach Mauritius deportierte Danziger, darunter 69 Männer, 73 Frauen, 4 Jungen, 5 Mädchen.

Nachfolgend eine Aufstellung der Danziger Juden, die auf Mauritius starben und dort ihre letzte Ruhe fanden:

Yizhac Yacaub Repinsky, 5 Jahre, beerdigt am 18.01.1941
Ella Michelsen, 43 Jahre, beerdigt am 26.01.1941
Heriette Lindenbaum, 60 Jahre, beerdigt am 09.02.1941 (Melzergasse 16)
Max Kurnik, 51 Jahre, beerdigt am 06.05.1941 (Breitgasse 10)
Hermann Flatow, 59 Jahre, beerdigt am 29.06.1941 (Frauengasse 15)
Theodor Wildorf, 52 Jahre, beerdigt am 28.06.1942
Bernhard Friedmann, 49 Jahre, beerdigt am 15.03.1943 (Rothahnchengang 8)
Sophie Flatow, 60 Jahre, beerdigt am 30.03.1943 (möglicherweise Ehefrau von Hermann Flatow)
Berthold Wartski, 65 Jahre, beerdigt am 15.02.1944 (Holzmarkt 4 / Adebargasse 1)
Wilhelm Fried, 68 Jahre, beerdigt am 12.05.1944
Heinz Kohn, 30 Jahre, beerdigt am 11.04.1944
Hans Ludwig Heymann, 41 Jahre, beerdigt am 02.07.1944
Markus Feld, 64 Jahre, beerdigt am 19.07.1944

In einer Zeit als der größte Teil der Bevölkerung des Freistaates bzw. des ab Kriegsanfang in das Reich eingegliederten Danzigs noch nicht im Entferntesten an Flucht und Vertreibung dachten, waren bereits abertausende Danziger jüdischen Glaubens davon betroffen. Sie wurden über alle Welt verstreut, manche wurden in Palästina/Israel sesshaft, aber viele starben auch einsam und entrechtet in der Fremde.

Belcanto
07.07.2010, 15:56
Hallo Wolfgang
Das ist sehr interessant. Bisher kannte ich nur den Madagaskarplan.Das NS-Regime wollte Juden, aus dem Generalgouvernement nach Madagaskar importieren.Dieser Plan scheiterte, weil Deutschland keine Seehoheit hatte.
Belcanto

MueGlo
08.07.2010, 00:29
Moin, Wolfgang,

kannst Du Quellen angeben?

Beste Grüße,

Rainer MueGlo

Wolfgang
08.07.2010, 00:42
Schönen guten Abend,
hallo Rainer,

Quellen sind:

a) Das Buch "The Mauritian shekel: the story of the Jewish detainees in Mauritius, 1940-1945", ISBN 0742508552 (das ich kürzlich antiquarisch erstand)
b) die Danziger Einwohnerbücher
c) das jüdische Beerdigungsregister des St.Martin-Friedhofs auf Mauritius

danli, + 23.01.2015
11.07.2010, 15:56
guten Tag und Shalom
Mein Vater war mit auf diesem Transport und er hat mir vieles erzaehlt.
Es waren drei Schiffe mit Juden aus Danzig,der Tschechei,Oesterreich insgesamt ungefaehr
2000 Leute. Route Donau ,schwarzes Meer,Bosporus',Mittelmeer nach Palestina.Abfahrt Ende August.
Drei Monate auf den Schiffen.In Palestina von den Englaendern als Deutsche interniert und nach Mauritius
ausgewiesen. Es gab Thyphus auf den ueberladenen Schiffen und auch im Hafen von Haifa wurde
das Schiff das sie nach Mauritus bringen sollte gesprengt und ging unter.dabei kamen beinahe 200 Leute
ums Leben. Danach forderte der Thyphus noch viele Opfer .Waren bis 1945 in Mauritis interniert.
Ankunft in Mauritius Weihnachten 1940.
das war es im Telegramstiel.

Dan Lindemann [danli]

Belcanto
12.07.2010, 10:24
Ein wesentlicher Unterschied zur Verfolgung der Juden durch die Nazis besteht hier, dass die Verschleppung der Juden durch die Mandatsmacht erfolgte, weil eben die Deutschen keine Seehoheit hatten. Das finde ich besonders verwerflich.
Belcanto