PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Der Dichter Joseph von Eichendorff lebte einige Jahre in Danzig



langhecken, +26.09.2011
11.07.2010, 16:09
Im Kirchenburch der Garnisonsgemeinde Bromberg fand ich folgenden Eintrag:

Heirat am 18.6.1847 von Joseph von Eichendorff, Leutnant im 5. Infanterie-
Regiment Danzig, 28 Jahre alt, Sohn von Geheimem Regierungsrat Baron
Joseph von Eichendorff , Danzig, mit Friederika Bertram, 22 Jahre, Tochter
von Oberamtsmann Georg Bertram, hier.

asche
22.08.2010, 14:55
Bevor hier Mythen verbreitet werden: Die Familie v. Eichendorff war sehr fruchtbar, und Joseph ein häufiger Name für katholische Adelige. Auch der Titel "Geheimer Regierungsrat" war sehr verbreitet.

Der berühmte Dichter jedenfalls hatte keinen Sohn gleichen Namens, vielmehr wurde ihm 1819 eine Tochter Therese geboren, wie in Wikipedia und noch seriöseren Quellen nachzulesen. Somit ist er nicht identisch mit dem genannten Danziger.

Nicht völlig ausgeschlossen ist ein Besuch des Dichters bei den Verwandten. Große Geister freilich "gehören" nicht ihren zufälligen Mitbürgern oder Nachwohnern, sondern ihren Geistesnachfahren.

Zusammenfassung: Leider nein.

asche

langhecken, +26.09.2011
22.08.2010, 22:35
Laut Wikipedia war ein Joseph von Eichendorff um 1821 Beamter in Danzig und Kirchen-und Schulrat.
Wie lange er in Danzig wirkte ist nicht bekannt. Sicher ist es möglich, dass bei dem Vornamen Joseph
Verwechslungen möglich sind.
Würde mich interessieren ob es sich um einen Mythos oder Realistät handelt.

langhecken

langhecken, +26.09.2011
23.08.2010, 12:09
Ergänzend möchte ich noch mitteilen, dass ich in einem Danziger
Kirchenbuch zufällig 1820 den Sterbeeintrag einer einjährigen Tochter
von Joseph von Eichendorff fand, der damals in der Laggasse wohnte.

asche
23.08.2010, 18:44
Ich habe nachrecherchiert und muss ich mich korrigieren. Leider enthalten nämlich nicht nur die Wikipedia, sondern all meine seriös geglaubten Quellen katastrophale Fehler und falsche Jahresangaben. Jetzt habe ich im Internet mehrere Zeittafeln gefunden, die mit deinen Angaben konform gehen, wodurch sich die Aussagen gegenseitig bestätigen, z.B. http://www.zeno.org/Literatur/M/Eichendorff,+Joseph+von/Biographie.

Der zweite Sohn des Dichters nämlich, herkömmlich als Rudolf *1817 erwähnt, hieß mit vollem Namen Rudolf Joseph Julius und war in Wirklichkeit (festhalten!) Jahrgang 1819, zweifellos also der Bräutigam. Therese wurde umgekehrt 1817 geboren. Offenbar haben frühere Biografen schlampig gearbeitet und - schlimmer noch - voneinander abgeschrieben. Das soll mir eine Lehre sein: Druckerschwärze und Professur schützen nicht vor Irrtum.

E. lebte 1821-23 in Danzig. 1847 besuchte er (mit Gattin) dort Therese (mit Gatten), offenbar also u.a. anlässlich der Hochzeit des (kasernierten) Rudolf Joseph. Bei den Formalien bezeichnete sich der Vater der Einfachheit halber ebenfalls als Danziger, dampfte aber kurz danach wieder gen Berlin ab.

Fazit: k.o.-Sieg für langhecken!

Der Dichter hat wohl Danzig nicht aus freien Stücken gewählt, zweien seiner Kinder immerhin schien es zu gefallen.

Bleibt Agnes Clara, nach allen Quellen im Jan. 1821 geboren und am 5. April 1822 gestorben. Ist das der Name in dem von dir gefundenen Sterbeeintrag? 1820 war E. noch gar nicht in Danzig, wie du selbst schreibst! Wahrscheinlich hast du dich bei der Jahreszahl absichtlich vertippt, um mir wenigstens ein Pünktchen zu gönnen ;)

Alexander

PS: Bei Namensgleichheiten ist regelmäßig Skepsis angebracht: Meine Urgroßmutter wurde zur Base eines weltberühmten Weltkriegs-Generals erklärt, da beider Großväter (d.h. je einer) gleich hießen. War aber nix, muss auch nich sein.

PS2: Nicht alle Forscher empfinden es als ihre Aufgabe, die Wikipedia zu korrigieren, eine wahre Sisyphusarbeit.
Im Leben großer Künstler ist noch vieles ungeklärt,
Vieles, was der kleine Mann der Straße nie erfährt!
(Das ist ein Tipp zum Googeln speziell für Fans der Romantik-Ära ...)

Christkind
23.08.2010, 21:03
Aber bevor er abdampfte, hat er noch ein wunderschönes Gedicht verfasst, das wohl jedes Kind kennt, oder?

"Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus.
Sinnend geh ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus......


Oder dies:

In Danzig

Dunkle Giebel, hohe Fenster,
Türme tief aus Nebeln sehn,
Bleiche Statuen wie Gespenster
Lautlos an den Türen stehn.....
_____

Schöne Grüße von Christa

Heinzhst
23.08.2010, 22:02
Aber bevor er abdampfte, hat er noch ein wunderschönes Gedicht verfasst, das wohl jedes Kind kennt, oder?

Och Christa, wo lernen die heutigen Kinder so etwas?
Meine Kinder und Enkel kennen das nicht. Man müßte die Gedichte ins englische übersetzen, klingt dann cool und IN.

Liebe Grüße, Heinz

Regina
23.08.2010, 22:45
Der Dichter wohnte auf Einladung seines Freundes am Silberhammer. Das kleine Haeuschen
steht da bis heute noch, rechts vor dem Eingang zum Friedhof.
Herzliche Gruesse
Regina

Christkind
23.08.2010, 23:30
Ja, Heinz, anscheinend hast du Recht!
Aber man kann ja mal was anderes machen.Ich bestehe Weihnachten auf ein Gedicht oder ein Lied.Ach ja, ich sag's: ein deutsches Weihnachtslied!Nein, mehrere !Und alle singen mit!
:surprised::D:D
Übrigens ist in Lubowitz eine sehr schönes Eichendorff-Kultur- und Begegnungszentrum.
Die Gemeinde von Lubowitz hat ihm eine schöne Gedenktafel gewidmet.In Deutsch und Polnisch.
Ja, die Schlesier, die können es....
______
Mit Grüßen von Christa

langhecken, +26.09.2011
24.08.2010, 17:45
Hallo asche,
Ja, dás Todesjahr der Tochter und deren Namen habe ich wohl nicht
richtig angegeben. Finde leider meine vor Jahren
gemachten handschriftlichen Notizen nicht mehr.
Eichendorff wohnte in der Langgasse.

Karin K
22.06.2013, 14:09
In dieser Ausgabe

http://pbc.gda.pl/dlibra/docmetadata?id=25176&from=publication

der Danziger Zeitung gibt es auf Seite 2 einen Artikel von Dr. Arno Schmidt zu den Aufenthalten Eichendorffs in Danzig und dessen verschiedene Wohnorte.

erster Aufenthalt

30.04.21 Ankunft der Familie, wohnhaft Langgasse 538 (1929 Nr 78)
22.04.22 Umzug nach Silberhammer
22.03.23 Umzug Langer Markt 11
20.04.24 Umzug nach Silberhammer
danach Königsberg

zweiter Aufenthalt

Ankunft Anfang Mai 1843
10. August wohnhaft Sandgrube 399
1844 wohnhaft Brotbänkengasse 710 (1929 Nr 43)
1846 Sandgrube 466
1847 Breitgasse, Haus des Tischlermeisters Ahlhelm

Grundlage dieses Artikels war ein älterer Artikel von Robert Schück in der "Altpreußischen Monatsschrift" von 1873