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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ohra 1944/1945



Erwin-Danzig, + 17.06.2017
05.01.2010, 10:36
Liebe Erinnerungsgeneration,

in meinem 12. und 13. Lebensjahr war für den
Danziger Raum 1944/45 die größte Zerstörung der
alten historisch gewachsenen Stadt angebrochen.
Dabei ist die totale Zerstörung im Zentrum passiert.
Wer sich mit den georaphishen und historischen
Bedingungen jener Zeit beschäftigt, kann erkennen,
daß die vorrückende Front der sowjetischen Armee,
durch Pommern an die Ostsee und dann von Norden
kommend auf Danzig vorgerückt ist.
Dadurch sind die südlichen Ortschaften Praust bis
Ohra verhältnismäßig wenig zertstört worden.
Der mit Panzern geführte sowjetische Frontvorstoß,
dem die Deutsche Wehrmacht keine gepanzerte Kraft
mehr entgegen zu setzen hatte, wurde militärisch
über trockenes Land Pommerns, zur Abrieglung an
die Ostsee geführt.- Mein Vater als Lokführer, der kein
Wehrmachtsangehörigrt war, aber sogenante Dienstverpflichtung
hatte, mußßte in den letzten Monaten den sogenannten
Befehlszug fahren, der täglich den Standort wechdelte.
Davon hat er mir berichtet, daß die Reichbahn eingesetzt
wurde, um die restlichen gepanzerten deutschen Fahrzeuge,
im Januar/Februar 1945 per Güterzug, aufgetankt und mit
Munition bestückt, gen Süden in Richtung Thorn fahren mußte,
um Sprit zu sparen und die dann dort in den letzten Kampf
geschickt wurden. Das war für die Deutschen Soldaten ein
Todeseinsatz. Also ein Opfer für den zerstörerischen, sinnlosen
Widerstand bei Danzig. Es sei denn man rühmt ihren Einsatz
für die 2 Millionen Flüchtlinge über die Ostsee, die den
Grausamkeiten der Sieger entkommen konnten.
Die Zerstörung Danzigs ist eine Folge der eingesetzten
amerikanisch-britischen Luftangriffe in der zweiten
Märzhälfte 1945 und der von Norden einrückenden sowjetischen
Armee. Die alte Stadt wurde im Bodenkampf mit feuerentfachenden
Waffen der Stahlinorgeln, sog. Werferwaffen, die auch Brände
entfachen konnten, bekämpft. Aus späteren im Fernsehen
gezeigten sowjetischem Filmmaterial, beim Kampf im Stadtbereich
Berlins, wurden Kamfhandlungen gezeigt, deren brandauslösende
Beschießung von Phosphorgranaten herrürte. Das ist erkennbar
an "tropfendem" Feuer an massiven Hausfassaden.
Und im letzten Vorrücken in Danzig, durch die schon daniederl
iegenden Haus-Trümmer, der mit vielen brennbaren Bestand-
teilen vermengt war, wurden immer wieder weitere Brände
entfacht. - In meinem Beitrag INFERNO DANZIG 28.3.1945,
den ich schon vor über 15 Jahren geschrieben habe, bezeuge
ich wie die sowjetischen Truppen im Trümmerfeld mit
Flammenwerfer, die letzten Wiederstände erstickt haben.
Wir als Zivilisten waren ja aus den Bunker sofort herausgetrieben
worden und dadurch im Kampfgetümmel schutzlos involviert.
Sowjetische Panzer konnten in jenen Trümmerbergen nicht fahren.
Weiter ist mir aus Berichten jener Zeit bekannt geworden,
daß man auch Keller, in denen zahlenmäßig viele Tote
zurückgeblieben waren, mit Flammenwerfern ausgebrannt hat,
um die Entstehung von Seuchen zu verhindern. Im o.g. Bericht
INFERNO, habe ich geschrieben, daß neben dem Ausgangsloch des
Bunkers unter dem Heveliushaus, in der Baumgartschen Gasse
viele verbrannte Leichen lagen.
Von Dresden 1945, ist diese Vorgehensweise beschrieben
worden, daß man auf Schienenrosten in der Stadt, große
Einäscherungen vornahm, um die Seuchengefahr zu verhindern.
Die Beerdigung von Kriegsopfern in Oliva 1945, zu der uns
die sowjetische Armee zwangsweise einsetzte, habe ich
ebenfalls vor Jahren beschrieben.
Das schreibe ich hier nochmals nieder, um meine Erinnerungen
einzufügen. Das geschieht nicht aus "Lust" am Kriegsgeschehen,
sondern um wahrheitsgemäß jene schreckliche Zeit zu beschreiben.
Sie ist eingebunden in meine eigenen Erinnerungen und war
ab 1945 in der heranwachsende Jugend in Deutschland-Ost
und -West die Forderung "NIE WIEDER kRIEG".
Vielmals habe ich erfahren müssen, daß Niederschriften unserer
Generation aus dieser finsterten Zeit ünerwünscht, wenn
nicht sogar "feindlich" eingeschätzt wurden.
Den neuen Staatsformen in Ost und West fiel es auch sehr
schwer, eine neue Wehrmacht aufzubauen, in der sich dann
auch Deutsche gegenüberstanden.
Sind wir dankbar darüber, daß in Europa ein Krieg zwischen
Ost und West verhindert werden konnte.

Allen eine friedliche Zukunft wünschend verbleibe ich
Erwin Völz.

magdzia
06.01.2010, 20:13
Hallo Erwin,

ich habe zwar das Inferno selber nicht erlebt aber oft davon erzählt bekommen. Mein Vater war damals genauso alt wie du, meine Mutter 5 Jahre jünger. Gerade für Kinder sind solche Erlebnisse grausam.....und was noch grausam ist, ihr seid die Generation, die am meisten verloren hat; ihre Kindheit und Jugend. Etwas, das im Menschenleben so kurz und unwiederbringlich ist. :(

NIE WIEDER KRIEG (steht übrigens auch auf Westerplatte in Großen Lettern) - ich hoffe, dass dieser Spruch wahr bleibt, für mich und alle meine Nachfahren.

Vielleicht sollte man solch ein Zentrum eröffnen - ein Zentrum gegen Krieg!

Denn der Krieg hat viele häßliche Gesichter und der letzter Weltkrieg hat all' diese Gesichter gezeigt.

Viele Grüße
Magdalena