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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : [Trutenau / Trutnowy] Das Vorlaubenhaus Rexin



Wolfgang
11.10.2010, 23:35
Schönen guten Abend,

eines der schönsten Vorlaubenhäuser befindet sich in Trutenau/Trutnowy: Das Haus Rexin. Es wurde 1720 gebaut, ist also fast 300 Jahre alt, und besticht durch seine riesige Vorlaube.

Am vergangenen Samstag war ich wieder einmal dort und stellte fest, dass gerade umfangreiche Sanierungsarbeiten stattfinden. Die acht Säulen auf denen die große Vorlaube ruht, scheinen immer tiefer ins Erdreich gesunken sein. Mit einer massiven hölzernen und stählernen Unterkonstruktion wurde nun die Vorlaube abgestützt. Die originalen Vorlaubensäulen sind freigelegt, unter ihnen ist ein tiefer langer Graben gezogen in dem nun ein Stahlbetonfundament gegossen wird.

Das Haus ist unbedingt sehenswert. Es befindet sich am Ortsanfang von Trutenau in einer kleinen Nebenstraße die von der nach Letzkau führenden Landstraße abzweigt.

Peter (perepere) erwähnte dieses Haus in seinem Beitrag Route der Vorlaubenhäuser im Danziger Werder (http://forum.danzig.de/showthread.php?5881-Route-der-Vorlaubenhuser-im-Danziger-Werder)

sinus
12.10.2010, 10:17
Hallo, Wolfgang,

ich war Anfang Mai in diesem Haus bei dem Maler Kufel. Leider konnte er weder Deutsch noch Englisch, so dass die Verständigung schwer war. Er hatte uns das ganze Haus von innen und aussen gezeigt. Dabei hatte ich gleich den Eindruck, dass das Haus dringend sanierungsbedürftig ist und mich gefragt, wie der Eigentümer das wohl leisten will. Mit einfachen laienhaften Reparaturen, erst recht mit dem allseits beliebten Bauschaum richtet man nur noch mehr Schaden an, wie bei mehreren Kopfbändern an den Vorlaubenständern. Bedenklich schienen mir vor allem die Fußpunkte der Vorlaubenständer. Einige Balkenfüße wurden schon mal ausgewechselt und auf erhöhte Fundamente gesetzt. Dabei hat man offenbar vergessen, dass auch die horizontalen Kräfte in das Fundament übertragen werden müssen. Man sieht auf dem Foto deutlich, wie der vorderste Ständer schon von dem Fundamentsockel rutscht.
Umso mehr freut es mich, dass jetzt mit den Sanierungsarbeiten begonnen wurde. Viel zu viel von diesen wertvollen Baudenkmälern verfallen (nicht nur in Polen!). Wenn ich noch mal nach Danzig fahre, werde ich mir das Ergebnis ansehen.
Herzliche Grüße aus Mecklenburg
sinus

Wolfgang
12.10.2010, 11:23
Schönen guten Morgen,

erst jetzt sehe ich auf Deinen Fotos wie kritisch der Zustand vor den begonnenen Sanierungsarbeiten war. Das ist mir bei meinen früheren Besuchen gar nicht aufgefallen. Die Säulen bilden häufig die große Schwachstelle an den Häusern. Es ist oft zu sehen, dass sie auf keinem ausreichend hohen und stabilen Fundament stehen. Manchmal ruhen sie lediglich auf wegbröselnden gemauerten Ziegelplattformen. Wenn sie dann auch noch Feuchtigkeit/Nässe ausgesetzt sind, faulen sie langsam weg, was deutliche Absenkungen der Vorlaube zur Folge hat. Es gibt leider viele Vorlaubenhäuser, die aufgrund dessen akut gefährdet sind.

Wolfgang
16.11.2010, 14:46
Schönen guten Nachmittag,

auf einer beigefügten Vorkriegsaufnahme (aus "Unser Danzig", Juli 1954, Seite 3) seht Ihr das Vorlaubenhaus (vergleicht es mit dem ersten Foto in meinem Beitrag vom 11.10.)

Damals schien es entweder weiß verputzt oder aber weiß gestrichen/gekalkt zu sein. Heute sieht man die alten roten Backsteinziegel.

Wolfgang
09.03.2011, 10:21
Schönen guten Morgen,

gestern schaute ich auch in Trutenau vorbei um zu sehen wie weit die Sanierungsarbeiten fortgeschritten sind. Dabei bemerkte ich am Ende des Weges der zum Haus Rexin führt noch ein weiteres altes Hofgebäude von dem ich ein Foto beifüge.

Die Arbeiten am Vorlaubenhaus Rexin sind abgeschlossen. Mit hohem Aufwand wurden im letzten Jahr (ich berichtete darüber im ersten Beitrag dieses Themas) Fundamente geschaffen auf denen die Vorlaubensäulen ruhen. Alles sieht sauber und schön aus, aber trotzdem habe ich meine Zweifel an einem dauerhaften Erfolg. Verrottete Säulen wurden nicht komplett ausgetauscht, sondern es wurde einfach ein Stück herausgeschnitten und ein neues eingepasst. Ob diese einfach nur übereinander gestellt wurden oder ob und wie sie überhaupt miteinander verbunden sind, ließ sich nicht erkennen. Die Säulen ruhen nun auf Granitquadern. Das sieht nicht schlecht aus, aber das Kernproblem war Holzfäule die sich bilden konnte, weil die Säulen in der Nässe standen. Das wird jetzt zwar besser sein, aber dadurch, dass die Granitquader nicht hoch genug stehen und das Holz in direktem Kontakt zum Granitstein steht, werden die Säulen weiterhin Feuchtigkeit ziehen und vor sich hinrotten.

Alle anderen Holzarbeiten sind zwar gemacht, aber auch hier würde ich sie eher als notdürftige und laienhaft ausgeführte Noterhaltungsaufwändungen bezeichnen. Im wahrsten Sinne des Wortes gab es überall dort Stückwerk wo ein kompletter Austausch nicht viel aufwändiger gewesen wäre.

Nun ja, es sieht jetzt wieder gut aus und es ist der eindeutige Wille erkennbar, das Bauwerk zu erhalten. Wenn man dann noch die wahrscheinlich nur bescheiden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel berücksichtigt, ist diese Sanierung ein großer Erfolg.

sinus
19.03.2011, 01:15
Hallo Wolfgang,

schön, dass Du das Haus Rexin in Trutenau im Auge behältst. Ich finde, es ist sehr schön geworden und der Giebel der Vorlaube (mehr ist leider nicht zu sehen) wird jetzt noch lange Zeit von der Baukunst der Altvorderen zeugen.
Deine Sorgen teile ich allerdings nicht. Ich habe selber ein altes Fachwerkhaus erworben und saniert, das schon fast dem Abriss geweiht war. Das war natürlich nur mit Unterstützung aus der Städtebauförderung wirtschaftlich möglich. Bei meinem Haus waren u.a. die Schwellen total verfault und die Fußbereiche der Ständer ebenfalls. Die Denkmalschutzbehörde forderte dabei, soviel wie möglich von der historischen Bausubstanz zu erhalten. Nachbau war nicht förderfähig. Deshalb haben wir von den Balken nur das abgeschnitten und ausgewechselt, was wirklich nicht mehr zu retten waren.
Ich schätze mal, die polnischen Denkmalpfleger werden das ähnlich gesehen haben. Aber wenn das fachmännisch richtig gemacht wird, dann hält das jetzt wieder die nächsten hundert Jahre.
Und die Granitsockel haben den gleichen Querschnitt wie die Ständer, was für den Wasserablauf positiv ist. Ja gut, die Sockel hätten vielleicht noch 10 cm höher sein können.
Gefallen hat mir auch, dass das Giebelmauerwerk ordentlich verfugt wurde, und wie es aussieht, auch mit dem richtigen Fugenmaterial auf Muschelkalkbasis. Hoffentlich wurden alle Fachwerkteile vorher auch ordentlich mit Holzschutzmitteln behandelt.
Also alles in allem, eine schöne Initiative.
Wenn ich noch mal nach Danzig fahre, werde ich mich davon überzeugen.
Hast Du auch mit dem Eigentümer Daniel Kufel über die Sanierung gesprochen?
Ich hatte es im vorigen Jahr versucht, aber es war schwer. Ich kann kein Polnisch und er kann kein Deutsch und auch kein Englisch. „Mit Händen und Füßen“ war nicht viel mehr als ein paar Freundlichkeiten auszutauschen. Aber er war offensichtlich froh, dass mein Sohn und ich uns für das Haus interessierten. Zumindest hat er die richtige Einstellung zu so einem Haus.

Guten Morgen aus Mecklenburg
sinus

dardol
20.06.2011, 10:15
Ich habe eine Frage - das ist Haus Rexin ob Haus Ringe?

sinus
14.10.2011, 23:50
Hallo,

kürzlich habe ich meine Fotos von diesem Haus meiner Tante bei einem Besuch gezeigt.
Sie konnte jedoch den Namen Rexin in keine Beziehung zu diesem Haus bringen und sagte, dass dieser Hof zuletzt (also bis 1945) dem Bauern Ringe gehörte. Und sie ließ sich nicht davon abbringen. Also, ich glaube meiner Tante.

Herzliche Grüße aus Mecklenburg
sinus

Wolfgang
06.02.2013, 18:07
Schönen guten Nachmittag,

in älteren Schriften ist das Vorlaubenhaus als "Haus Rexin" bezeichnet, so z.B. in "Das Weichsel-Nogat-Delta" von Bertram, La Baume, Klöppel.

Ein interessanter Artikel über umfassende Renovierungsarbeiten erschien in den "Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins, 1934, Seiten 18 ff.

Dort wird dann auch von dem Haus RINGE gesprochen.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

sinus
06.02.2013, 19:10
Hallo, Wolfgang,

Na bitte, auf das Gedächtnis meiner Tante konnte ich mich bisher immer verlassen.

Herzliche Grüße aus Mecklenburg
sinus

Wolfgang
06.02.2013, 19:35
Schönen guten Abend,
hallo Gerhard,

Eigentümer gehen, neue Eigentümer kommen, und Deine Tante hatte Recht. Zumindest ab den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts war es das Haus RINGE.

Es ist schön, jemanden fragen zu können der sich noch erinnern kann. Und, als ich heute beim Durcharbeiten der Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins war, stieß ich auf diesen Artikel. Und dabei erinnerte ich mich an die Frage, ob das nun das Haus "Rexin" oder nicht das Haus "Ringe" gewesen sei.

So wie es aussieht ist beides richtig. Zuerst "Rexin", dann "Ringe". Nicht zu vergessen: Heute "Kufel".

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Wolfgang
08.12.2014, 19:49
Schönen guten Abend,

ein sehr interessanter 1/2-stündiger Film über das Vorlaubenhaus Rexin/Ringe bzw. Kufel ist zu finden unter http://eswiatowid.pl/Aktualności/tabid/158/ItemId/38086/btab/106/Default.aspx.

Obwohl der Film polnischsprachig ist, ist er selbst für Unkundige des Polnischen alleine schon wegen der interessanten Aufnahmen sehenswert. Was ich bisher nicht wusste: Das Haus hat eine Wohn-/Nutzfläche von sage und schreibe 1.200 qm. Herr Kufel, der jetzige Eigentümer, erzählt dazu im Film eine kleine Geschichte: Als er auf seiner Bank wegen eines Kredites vorsprach, fragte ihn die Kreditberaterin wie groß sein Haus sei. Als er 1.200 qm sagte, meinte diese zu ihm "Aber Herr Kufel, ich wollte nicht die Grundstücksgröße wissen, sondern wie groß Ihr Haus ist."

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Wolfgang
23.11.2017, 02:27
Hier das Titelbild einer Ausgabe von "Unser Danzig" vom September 1964 mit dem Trutenauer Vorlaubenhaus.

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Die Veröffentlichung des Bildes erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck. Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Bund der Danziger, Lübeck