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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kinder spielen auf der Straße



Wolfgang
16.11.2010, 17:54
Nachfolgender Beitrag (aus „Unser Danzig“ Nr. 10 vom 20.05.1965, Seite 7) handelt von Kinderspielen auf der Straße wie sie Anfang des letzten Jahrhunderts stattfanden.


Kinder spielen auf der Straße
Vor 80 Jahren im alten Danzig
von Erich Freiwald

Wenn man heute das Leben der Kleinen betrachtet, so kann man sie in mancher Hinsicht bedauern. Zum Leben des Kindes gehört nun einmal das Spiel, ja es ist lebensnotwendig. Wo aber sollen heutzutage kleine und auch größere Stadtkinder oft spielen? Wie war es doch vor 60 Jahren, damals in Danzig, so ganz anders! Ungefährdet konnten wir Kinder uns auf der Straße tollen. Kein Auto brauste herbei, vor dem man hätte Acht geben müssen. Die wenigen Pferdefuhrwerke hatten Zeit und warteten, bis wir zur Seite getreten waren, nachdem der Kutscher uns durch einen Peitschenknall gewarnt hatte. Dann war da noch der Leierkastenmann. Unermüdlich konnten wir in kindlicher Begeisterung vor seinem Leierkasten stehen. Wie herrlich war der doch bemalt! Wir sangen seine Melodien mit, und niemand störte unser Singen. Kein "Schien" - wie man den Danziger Polizisten nannte - durfte in der Nähe sein, der hätte unseren Leierkastenmann gleich aufgeschrieben und den "Dreher" weggenommen. Nein, da passten wir gerne auf und warnten und pfiffen, wenn der Schien in Sicht war.

Mitten auf der Straße spielten wir mit den Mädchen im Kreise die alten Spiele: "Mariechen saß auf einem Stein" oder "Ziehe durch, durch die goldne Brücke", "Wir treten auf die Kette" oder wie sonst die Spiele alle hießen. Auch "Räuber und Gendarm" oder "verstecken" spielten wir, und die alten Häuser mit ihren dunklen Winkeln boten die schönsten Ecken, sich darin zu verbergen. Kam der Frühling, dann wurde der Kullerreifen hervorgeholt - wer sieht schon heute noch ein Kind mit einem Kullerreifen auf der Straße? -, und unermüdlich rollte man ihn auf dem Trottoir entlang. Auch die schönen bunten Murmeln kamen zum Vorschein. Eine kleine Kaule wurde in den Boden gekratzt, und schon rollten die Kugeln und wechselten still ihre Besitzer. Die schönen Glaskugeln hatten ihren besonderen Wert. Man spielte "Ziesebohnen", das waren Buschbohnen mit guter Musterung, ein Ratespiel. Den Vogel aber schoss das "Klippchenspielen" ab, das spielten wir am liebsten. Dazu mussten wir aus Holz eine an den enden spitze "Klippe" machen, dazu ein Schlagholz. Auf der Klippe waren Werte markiert, also Zahlen. Die Zahl, die nach dem Schlag oben stand, galt. In der Hitze des Spiels ging dann auch manche Scheibe entzwei, manche "Klippe" verloren. Beliebt war auch das "Pentschen". Es wurde mit Geld, mit einem Stück Blech "gepentscht".

An die Wand oder Tür geworfen, wurden dann die Entfernungen zu den einzelnen "Pentschenstückchen" gemessen und dann bewertet. Mädchen spielten natürlich gerne Ball. Aus den Schuhknöpfen machten sie fünf Bündel und warfen sie nach gewissen Sprüchen und Regeln in die Luft. Von den Spielen ganz abgesehen, bei denen man einen Hopskasten auf den Bürgersteig oder in den Sand zeichnete und allerlei Figuren sprang. Das nannte man dann "Hopschen".

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Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

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Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Gisela Schwetje
16.11.2010, 18:53
Hallo, Wolfgang, "Hopschen" kannte ich auch noch.

Lb, Grüße
Gisela