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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : rechter, freier, deutscher Art und Zunge



alterschotte
17.11.2010, 03:11
In Erich Keysers " Die Baugeschichte der Stadt Danzig" ist auf den Seiten 357 – 358 (Ausgabe Köln 1972) folgendes zu finden:

"Die Erwerbung des Bürgerrechtes war, wie in anderen Hansestädten, an bestimmte Bedingungen gebunden. In dem Danziger Gesetzbuch, der sogenannten „Willkür", heißt es: „Keiner soll Bürger werden, er bringe denn gute Briefe, dass er frei und ehelich geboren sei". Die freie und eheliche Geburt musste durch Geburtsurkunden nachgewiesen werden, die im Heimatort behördlich ausgestellt waren, oder es mussten zwei angesehene Bürger eidlich dafür einstehen, dass der Neubürger „rechter, freier, deutscher Art und Zunge" sei".

Nun habe ich mir viele Willkürtexte angesehen. In allen älteren findet man den ersten Abschnitt wieder. Ich meine das mit der freien und ehelichen Geburt, belegt durch "gute Briefe" oder Zeugnis zweier angesehener Bürger. In keiner Willkür aber habe ich bis jetzt etwas über die "deutsche Art und Zunge" angetroffen. Weder in denen, die bei Paul Simson in der "Geschichte der Danziger Willkür" veröffentlicht wurden, noch in den danach verstreut publizierten Willküren findet man diese Worte wieder.
Dafür aber, beginnend mit den zwanziger Jahren, um so häufiger in populären Werken und Artikeln. Die Verfasser selbiger – auch Erich Keyser nicht - nennen keinen konkreten Willkürtext als Quelle.

Habe ich da etwas übersehen? Kann mir da jemand weiterhelfen?

Wolfgang
17.11.2010, 11:15
Schönen guten Morgen,

Professor Keyser arbeitete, forschte und schrieb in einer Zeit in der die Geschichtsschreibung auf allen Seiten streng nationalen Gesichtspunkten unterworfen war. Bei all seinen Verdiensten neigte auch er dazu, seine seinerzeit populärwissenschaftlich ausgerichteten Schriften nicht immer mit durch Quellenangaben beweisbare Fakten zu belegen. So Manches scheint freie Interpretation ihm bekannter, aber leider nicht genannter Dokumente und Quellen zu sein. Wichtig wäre auch zu wissen, für welchen Zeitraum die Verleihung des Bürgerrechtes an die "deutsche Art und Zunge" gekoppelt gewesen sein soll.

Ich glaube mich erinnern zu können gelesen oder gehört zu haben, dass unter Danzigs Bürgern auch Schotten, Engländer und Holländer waren. Stimmte das, wäre die Aussage falsch, Voraussetzung für die Bürgerschaft sei deutsche Art und Zunge gewesen.

Ein hochinteressantes Thema! Ich muss dazu noch in einigen alten Publikationen recherchieren und hoffe, dass wir darauf eine Antwort finden. Denn noch immer basiert die überlieferte Geschichte häufig nicht auf Fakten sondern auf bezweifelbaren Interpretationen und liebgewonnenen Mythen.

Peter von Groddeck
17.11.2010, 11:19
Hallo Alterschotte,
in unserer Familienchronik steht bei Albrecht Groddeck (1638 - 1714): In einer Echtschaftsbezeugung vom 6. April 1661 beschwören zwei „ehrsame“ Männer die Echtschaft und Geburt des Albrecht Groddeck, „rechter freyer deutscher Art und Zunge, und niemand mit Leibeigenschaft unterworfen.“ Er erwirbt "Das Danziger Bürgerrecht auf einen Kaufmann" im Jahre 1662.
Gruß Peter