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Wolfgang
17.11.2010, 14:47
Tja, meine Damens, meine Härren,

de foljende Jeschichte ieber de Mondfinsternis is erschienen inne Danzijer Neieste Nachrichten. Ich hab se nu fier Eich abjeschrieben. Wie ich so beim Schreiben und Väbässern war hab ich mich doch warraftich jedacht ich kennt jen Jeschichte heute nich mehr färtich machen. Es is frieher noch nie nich vorjekommen dass mir beim Lesen vonne Poguttke-Jeschichte ein so großes Jelächter iebermannt hat. Ich hab mir vor Lachen nich mehr jekriecht, de Treenen sind jekommen und die Backen runterjekullert und fast sind mich auch noch de Knöppe von meim Hämde abjesprungen.

Es grießt Eich härzlich und winscht Eich viel Spaß beim Lesen von jen Mochumsche Mondfinsternis.

Wolfgang


Mochumsche Mondfinsternis
von Fritz Jaenicke

Tja, meine Härren, da hahm Se rächt: wänn wä mechten Mittwoch man son scheenes Friehlings-Stärnhimmelchen jehabt hahm wie miteins jästern ahmd, dänn hätt wä alle Mann hoch vägniecht kennt de Mondfinsternis jenossen hahm, und ich hätt nich neetich jehabt, mich nachts mit de heiße Wärmkruck aufen Bauch zu amesieren, weil mir de Gallenstein' piesacken von wejen mein kreetsches Mondfinsternisabenteier. - Grochchen, Härr Oberchen!

Also, sehn Se, wie meine Ollsche Mittwoch das Kaffeejeschirr abreimt, meint se: "Weißt, Franzchen, ich hab noch de Wäsch aufzuhängen und de Hering auszunehmen und einzulejen, was woll wä doppelt Licht väbrennen, sätz dich de Mitz auf und jeh bißchen aufe Luft, dänn kannst dabei vleicht gleich de Mondfinsternis bekicken. Sowas älebt ma doch schließlich nich alle Tage!" Damit sollt se ja nu rächt hahm, und wie!

Ich kick nu nachen Mond. Is kein Mond nich! Bloß jen kaschubscher Nebel. Dänk ich: wirst mal bei Schaweiters raufer jehn, vleicht, dass da oben de Luft klarer is, und dass man da vom Balkong oder Dach vleicht was kann sehn.

Wie ich da nu raufer komm, äzeehlt mich das Meedchen, dass de Schaweitersche mit Häxenschuss im Bätt liecht, aber der Härr weer zu Haus mit noch mehre andre Härren.

Hätt Adolf doch da son Olympia-Treeningslager fier jen großes Danzjer Skatturnier einjericht. Ich heer all, wie ich mich draußen dem Dschekätt abzieh, wie se ihm drinnen jeben von wejen: "So spielten de alten Reemer in Rom!" und "Komm auf mir zu, du duftende Resede!", und drin vleicht en Hächt zum Durchschneiden! Und wälche in Hemdsärmels und de Dschekätts iebre Stuhllehn jehängt, und Schaweiter braascht da so aufpustrich rum wie son wirklicher jeheimer Fillosofieprofässer, hurrjeees, hurrjees, und de Likeergleeser klunkern, wie die Brieder aufem Tisch kloppen, dass ma dänkt, der Kronleichter kemmt runter. Und nach mir, wo ich doch man bloß en mochumscher Eelkopp-Spezialist bin, kicken se erst gar nich groß hin, Adolf reicht mich bloß zwei Finger ieberm Tisch und saacht, ich sollt man äntschuldjen, er weer grad mitten mang's Treening, aber da ständ das Särwieß, ich sollt mich einjießen und mich von nebenan noch en Stuhl holen, dänn kennt ich was lernen, Prost!

Wie ich nu aber sag von wejen totale Mondfinsternis, da klappt er de Karten aufem Tisch und meint : "Tjawoll, richtich, Franzchen", jeh hier durche Portjeeren im Damensalong, links kannst Licht anknipsen, auf meine Ollsche ihre Schreibtischklapp steht ihr Opernkicker, und dänn lass dir vons Meedchen aufs Dach zeijen, aufen Balkong hat kein Zwäck nich, da siehst' dem Mond nich. Nu man los, und wänn soweit is, kemmst uns rufen, dalli! Picus der Spächt!". Damit is er wieder mang sein Skat.

Nu, wissen Se, nach jen Mief da unten war auf jen Dach der reine Dolomitenfriehling. Tat ein orntlich wohl so die scheene Länzluft anne kahle Schusterkugel. Ich stand nu wie Wallenstein sein Hofastronom auf des Daches Zinnen und schaute mit vägniechten Sinnen auf das in mehrfacher Beziehung behärrschte Danzich hin. Tjawoll. - Was meinen Se, Gustav? Ob mir nich schwindlich wurd? Mänsch, en ollen Maurerpolier schwindlich aufen Dach? Das weer ja jelacht! Das kenn' Se ein äzeehlen, der sich de Bixen mit de Kneifzang anzieht! -

Na, ich nu erst mal de Lag jepeilt und mich jen Opernkicker zurächtjeschroben. Kann Ihn' sagen: was Se da so kenn' zu sehn kriejen, das is direktemang en Spezialfilm "von de Wieje bis zur Bahre"! Miteins hätt ich mit jen Glaschen vore Pupillen en Stubchen, da hätt sich vleicht en junges Peerchen umärmelt und väpasst sich vleicht en Fimfminutenbrenner von Kuss, dass es einen orntlich en Ruck im Härz gab und ma sich fraacht: "Is das de Mänschenmeechlichkeit, dass ma sich auch mal so mit seine Ollsche anjeställt hat?"

Und dänn war miteins da en Stubchen, da leecht en Frauchen en Babychen trocken, und das hampelt und strampelt fidel, wie es da bepudert wird. Und dänn miteins en andres Fänsterchen, dahinter war Kriech. Da hätten sich zwei vor, ajierten mit de Händ, dass ma dacht, im nechsten Mommang teppert se ihm de Teekann aufen Breejen, aber da haut er ab. Heeren kennt ma nuscht nich, ma heert bloß von irjend en Hof en Meedchen beis Fänsterputzen singen: "Du kannst all trei sein, da Aaas, du willst bloß nich!"

Kennt Ihn' noch stundenlang äzeehlen, was ma da alles so auf einmal sehn kann von Mänschlichkeiten, wänn ma da so oben in die einsame Dusterkeit an son warmes Schornsteinchen anjeleehnt dasteht und mit son Opernkickerchen inne Rund kickt von wejen Mondfinsternis.

Tja, aber damit war nu mieß! Ich nu egal dem Himmel abjesucht wie son Flackzuchbeobachter: Finsternis ja, aber man bloß kein Mond nich! Nanu jedacht: vleicht, dass doch en Windchen kemmt und jen damlichen Nebel wächpuhsten tut, und derweil wieder so rum und wieder nach oben jekickt und dies und das mich jedacht.

Aber wie 's nu miteins fängt an nass zu fallen und immer noch nuscht nicht von wejen Mondfinsternis, da sag ich mich: "Belach, was nich is, das is nich!", schraub mein Opernkickerehen zusammen und krauf wieder runter.

Na, unten die Skatbrieder hahm grad ne Paus' jemacht, stehn, rauchen und väfeifen grad ein, und en großer Hibscher spielt Klavier, und wie ich aufe Noten les' : "Mondscheinsonate" und sag' : "Machen Se man hier ruh'ch bisschen Mondscheinmusik, dänn oben aufen Dach die Nummer Mondfinsternis fällt aus wejen Nebel ...", da kricht de Jesällschaft hinter mich miteins das Lachen, also, wissen Se, das war all kein Jelächter nich mehr, das war als wänn Se wo innen Jestiet kommen und heeren de Zuchthängste wiehern! Äbarmung!

Ich fahr 'rum wie jestochen und märk doch gleich, dass die Kreeten ieber mir lachen! Wollen sich bekullern, lachen wie de Eimer, dem Dicken kullern all de Treenen untre Brill vor, und wie ich kick und kick und dänk "Was Deiwel is los?", da hat mir Adolf zu packen jekricht, dreht mir wieder rum, dass die mir von hinten sehn, und die Leidackkreeten nu wieder losjereehrt und sich ausjeschitt'.

Na, wissen Se, ich bin doch warraftich en friedlicher Mann und tu keine Flieje nusch Beeses nich. In die Beziehung bin ich so jemietlich wie mein Hund, wänn dem einer nich zuerst beißt, beißt er ihm auch nich, Aber wänn da wälche um mir rumstehn und ieber mir lachen - und wie lachen! - und ich bin nichtern wie ne Flunder und bin mir nuscht Lächerbares bewusst, da jeht mich so sachtemang der Roogen hoch! Tjawoll! Da werd ich eierbooßich!

Aber, wo mit die verjacherte Kreeten ja nuscht nich zu reden is, und der eine, wissen Se, der vom Zoll, hat sich auf jene Kautsch jeschmissen und lacht, dass de Bilder anne Wand wackeln, da jeh ich nu an jen Triemohspiejel hinter jen Fliejel und bekick mir, kann aber nuscht nich an mich finden, seh bloß die Kadätten hinter mich lachen, dass se sich aufenander stitzen missen, und hinten durche Fliejeltier luxt jene damlije Marjäll von Dienstmeedchen ja auch rein, hält sich de Schirz vors Jesicht und väbiecht sich dem Bauch vor lauter Jucheln.

Na, wissen Se, ich behärrsch mir, fahr mir fix nachen Kragen, vleicht, dass mich da der Schlips oder das Schmisättchen - is nich, nei, auch keine Sock is mich runterjerutscht, ich fahr mir heimlich längs de Siedpolarjejend, dänk: am Änd, dass dich bei die Krauferei auf jen Dach vleicht de Bixen jeplatzt sind, kann ja alles passieren, aber däshalb dirfen die sich doch nich gleich so schucher hahm - nei, is auch nich.

Da steeßt mich nu doch aasich de Booß zu, und ich kriej' Adolf, wo mir wieder umdrehn will, am Schlunk und sag: "Nu is aber jenuch, västehst! Ich bin nich dein Hannefatzke! Was is los: Hä?"

Da schreit er: "Franzchen, Du bist großartich! Hab ich's nich jesaacht: bei Nebel findet de Mondfinsternis im Saale statt! Sone totale Mondfinsternis, wie du se uns hier vorfiehrst, hätt wä aufen Dach ja nie nich jenießen kennen!" -

Tja, meine Härren, Se kicken mir so mochumsch an. Se soll'n gleich heeren. Also kurz und gut: jen Schornsteinchen oben aufen Dach, wo ich mir in de Dusterkeit ahnungslos anjelehnt hätt, hätt mir doch bei meine Himmelskikerei da ganz jemietlich und klammheimlich meine hintre kahle Schusterkugel so bereichert, dass da nu warraftich ne "Mondfinsternis" äntstanden war wie schwarzer Pliesch!

Kennt ich natierlich nich wissen, dänn von hinten steht mich kein Auge nich offen, wie jen Dichter saacht. Aber auf die Art gab's doch nu tatsächlich in Danzich ne totale Mondfinsternis zu sehn. Ob das fier die Brieder vleicht en Sport war! Und indem die mich nu auf dem Schräck erst mal paar einfiltrieren, hat doch all Adolf Schaweiter sein Apparat jeholt und meine Mondfinsternis von hinten wahr und warraftich mit Blitzlicht abfottografiert, der Luntrus!

Und derweil hätt doch die Kret von Dienstmarjäll jene Fliejeltier aufjerissen und jejenieber de Schaweitersche ihre Schlafstubentier und jen Lachodder, de Schaweitersche, bekickt sich nu aus ihr Bätt mit'n Opernkicker de Mondfinsternis auf meine Schusterkugel und muss sich so begneddern, dass miteins ihr Häxenschuss wäch is. Wenichstens ein Gutes. Prost! -

Im Auto sind se dänn mit mich abjehaut so wie ich war. In ihr Skatklub-Rästörang mißd ich noch mit rein. Da muß ja jen fiff'jer Schaufensterdekorateer grad drin sitzen und wird ja eins achtzehn, weehrend ich mich en Klopschen lass jeben, en Plakatchen malen: "Noch nie dajewesen! Totale Mondfinsternis im Saale! Eintritt frei! Alles anrollen!" und jen Krugwirt das leifich im Schaufenster jeställt war eins!

Und schon kemmt da en Schwung Publikum rein, dass der anne Thek nich mits Bockbier jeraten kann. Sogar Damens! Äbarmt eich! Und ich muss mir nu da bekieken lassen wie in sone Domniksbud, wobei Schaweiter dem Ausschreier macht. Und wie ich dem Lorbass ändlich soweit hätt, daß er mir ändlich nach Haus fuhr, da sang die janze Jesällschaft hinter ihre Bockbierteppe jefiehlvoll: "Guter Mond, du jehst so stille! ..."

Was? Meine Ollsche? Die hat nich viel jesaacht. Die hätt sich all frieh hinjehaut, so dass ich mich inne Kich kennt mit warm Wasser am Ausguss abseifen. Bloß annern Morjen meint se beim Bättmachen, woher bloß die schwarze Striche auf mein Koppkissen keemen. Ich wollt all sagen vonne totale Mondfinsternis, aber ich schluckt es runter und saacht, ich wißd nich.

Aber "was den einen sien Uhl, is dem andern sien Nachtigall": Eben traf mir jen nätter Källner aus jen Skatklublokal und bedankt sich, als weer ich der Weihnachtsmann. Weer se mießer Betrieb jätzt immer, kaum was zu vädienen, und seine Frau weer krank, aber Mittwochahmd hätt ich ihm en scheenes Jeschäft besorcht, das wird' er mich nie nich väjessen!

"Na", saacht ich, "dänn hat ja die totale Mendfinsternis wenichstens ein' guten Zweck äfillt! Und das freit ein' dänn ja auch!"