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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zauberei und Hexenaberglauben im Danziger Land v. John Muhl



Rahmenbauer14, + 1.11.2021
09.12.2010, 10:42
Schreibe die, von Wolfgang, gescannten Fotos ab, und versuche sie seitenweise reinzustellen. Hoffe, daß alles richtig abläuft.

Zauberei und Hexenaberglauben im Danziger Land

Von John M u h l, Danzig


Wie in anderen deutschen Gauen hat auch im Danziger Gebiet in früheren

Jahrhunderten der Glauben an Zauberei und Hexen entsetzliches Unheil an-
Gerichtet.
Uns erhaltene Gerichtstafeln aus der deutschen Ordenszeit der Jahre

1395 – 1420 berichten noch nichts von der Bestrafung solcher Unglücklicher,
die als schwerste Verbrecher betrachtet und behandelt wurden. Auch die älteste, an uns überkommene „Willkür“ – Gesetzessammlung – der Stadt Danzig spricht noch nicht davon. Erst eine Ergänzung dieses Gesetzes von
1550 stellte erstmalig den Begriff der Zauberei auf und setzte ihre Bestrafung
fest. Wer einen anderen durch Zauberei schadete, sollte dem Feuertode ver-
fallen sein. Die verschiedenen neuen Redaktionen der Willkür haben stets die
Zauberei, ja sogar ein Bündnis mit dem Teufel gekannt und mit Todesstrafe
bedroht, so die von 1575, von 1597 und von 1678. Erst aus der letzten Willkür
von 1761 ist der Aberglauben der Zauberei endgültig verschwunden.
Um 1550 war auch die medizinische Wissenschaft nicht nur stark von
Mystizismus, Alchemie und Astrologie beeinflusst, sondern sie bediente sich
auch oftmals bei der Bekämpfung von Seuchen der Mitwirkung von Zau-
berern und Hexen. Die Danziger Stadtärzte Schade und Fiedler gingen 1579
zwar gegen einen fremden Arzt vor, der auf ihre Veranlassung des Landes
verwiesen wurde, weil er mit dem Teufel umgehe und ein Teufelskünstler sei.
Aber auch diese doch als gelehrt und gebildet geltenden Männer glaubten an
Zauberei und Teufelskünste und ihr Einschreiten galt wohl vor allem dem
lästigen Konkurrenten.
Hexen und Zauberern, die als solche „erkannt“ und beschuldigt waren,
wurde ein peinlicher Prozeß gemacht. Die Strafen setzte das Gericht nach
freiem Ermessen fest. Oft zog man „Hexenkenner“ als Sachverständige hinzu,
so im Jahre 1661 einen solchen aus Weihersfrei-Neustadt. Im Jahre 1652
unterstützte der Danziger Rat das Schöffengericht in Valdenburg in einem
Prozeß gegen mehrere Hexen durch Sendung eines „Hexenkenners“.
Die Hexen wurden nur in milden Fällen mit dem Schwert gerichtet und

und erst dann verbrannt, „damit das Gedächtnis einer so schandbaren Tat
gänzlich getilgt werde“. Die Enthauptung stellte noch die mildeste Form der
Todesstrafe dar. Der Feuertod, nämlich das Verbrennen, das “ Schmökern“
bei lebendigem Leibe des an einen Pfahl gebundenen Menschen war die bei
Hexen und Zauberern übliche Form der Hinrichtung, weil er auch als die
schimpfliche Todesart angesehen wurde
Die Verbrennung erfolgte auf dem Kohlenmarkt oder dem Holzmarkt.
oder vor der Stadt auf dem Galgenberge beim Heiligenbrunn. Unterhalb der
Höhe, die heute links hinter dem ehemaligen Olivaer Tor das Bürgerschützen-
Haus trägt, stand bis 1805 ein Häuschen, „Jerusalem“ genannt, in welchem
den zur Richtstätte geführten Missetätern ein letzter Labetrunk gereicht
worden ist.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
10.12.2010, 09:55
Es folgt das Blatt - 2- von "Zauberei..."

Der Scharfrichter erhielt –1650- neun Mark gezahlt: „einen Zaube-

rer und Gotteslästerer mit glühenden Pfriemen durch die Zunge zu stechen.“
Zur selben Zeit etwa –1660- kostete eine zu Verbrennungen erforderliche
halbe Rute Birkenholz 16 Mark. Für die Hinrichtung selbst erhielt der
Scharfrichter damals 4 – 9 Mark.
„Zauberer“ scheinen sehr viel seltener vorgekommen zu sein als Hexen
und sind wohl auch meist viel milder behandelt worden als ihre weiblichen
Schiksalsgenossen. Außer dem genannten Fall von 1650 ist nur noch erwähnt
daß 1575 „ein Kerl wegen verübter Teufelsbannung und Gotteslästerung“
mit dem Schwerte gerichtet worden ist.
Noch vor Festlegung des Begriffs der Zauberei in der Danziger Willkür

taucht erstmalig im Jahre 1501 eine solche Straftat in den zeitgenössischen
Berichten auf. Da wurden zwei Frauen beschuldigt, in St. Marien Kirchen-
raub begangen zu haben, um mit den gestohlenen Gegenständen zu zaubern.
Das rechtstädtische Schöppengericht hat nachweislich Hexen und Zaube-
rinnen in den Jahren 1573,1586,1615,1639,1647 und 1659 verbrennen lassen.
Mit diesem Jahre scheinen die Hexenprozeße in der Stadt aufgehört zu haben.
Ein spätererVermerk besagt, dass von 1659 bis 1707 „keine Hexe oder Zau-
berin eingebracht“ worden sei.
Eine 1573 hingerichtete Zauberin wurde „an vier Orten mit Zangen ge-

rissen und endlich mit Feuer verbrannt“. Dem Teufelsbanner von 1575
wurden vor der Hinrichtung mit dem Schwert „die Spiegel und Zauber –
bücher auf den Rücken gebunden und sie und ein Beutel Zucker in seinem
Angesicht mit Feuer verbrannt“. Als 1570 unter der Folter sich eine Frau
der Zauberei schuldig bekennt, danach aber durch Erhängen Selbstmord ver-
übt, „hätte - so heißt es - ein Edles Gericht erkennen müssen, dass sie als
eine Zauberin und Gotteslästerin sollte an Leib und Leben gestrafet werden.
Indem sie aber aus Eingebung des bösen Feindes sich selbst ihr Leben
genommen und sich also durch solche eigene Entleibung viel desto mehr
schuldig gemacht hat, so erkennt ein Edles Gericht, dass mit gleicher Strafe
ihr toter Körper soll achterfolget und gestrafet werden, da sie ihre Seele dem
Satan geopfert“. Ebenso heißt es noch 1698, als eine Diebin zum Tode
verurteilt, den Versuch machte, sich aufzuhängen, „sie habe ohne Bußfertig-
keit von dieser Welt scheiden wollen und ihre arme Seele dem Teufel geopfert.
Man kannte eben auch „die Exekution am toten Körper“, insbesondere bei
Zauberei, aber auch bei anderen Verbrechen. Als 1600 ein Einbrecher Selbst-
mord verübte, wurde seine Leiche im Sack vom Turm des Rathauses herun-
tergeworfen, von einem Pferd an einem Fuß durch die Straßen geschleift,
draußen vor der Stadt auf dem Rade gerädert, geköpft und der Kopf unter dem
Galgen aufgespießt. Der 1659 anscheinend als letzten in Danzig auf dem
Holzmarkt verbrannten Hexe wurden „aus Gnade vom Henker ein paar
Säckchen Pulver zum Herzen geleget, damit sie also ihrer Qual desto eher ab-
kommen möchte“. Ein ganz kleiner Fortschritt der richterlichen Denkungsart
macht sich hier also bemerkbar.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
10.12.2010, 19:04
Es folgt das Blatt - 3 - von "Zauberei...."

Um die bei den Hexenprozessen sich zeigende furchtbare Grausamkeit, die

uns heute unfassliche Denkungsart der Richter auch nur einigermaßen ver-
stehen zu können, muß man die ganze Einstellung des Volkes, auch in seinen
gebildeten Schichten in jenen früheren Jahrhunderten vor Augen führen und
versuchen, sich wenigstens etwas über den Umfang des überall, besonders aber auf dem flachen Lande herrschenden Aberglauben klar zu werden.
Noch im Jahre 1696 schilt der Prediger Steinhauer in Rambeltsch eine
Bauersfrau von der Kanzel herab als berüchtigte Person und Zauberin, die
er nicht zum heiligen Abendmahl zulassen könne, da sie bei ihrem Teufels-
bunde verharre und es mit dem Teufel halte, ebenso wie die Totengräbersche.
Der Rat der Stadt Danzig läßt dann auf Vortrag der Vorsteher der vereinigten
Hospitäler von Heiligen Geist und St. Elisabeth, denen wie Schüddelkau,
Lappin, Zankenzin, Pietzkendorf, Krampitz auch das Dorf Rameltsch gehörte,
Ermittlungen über den Unglauben der Bäuerin Seewe anstellen, und erst als
diese negativ ausfallen, muß der Prediger der Frau, „die er eine Hexe von der Kanzel gescholten“, eine Ehrenerklärung abgeben.
Der Prediger Kiehl zu Wonneberg, der auch sonst Ärgernis erregte,
wurde bezichtigt –1696 - , seine kranke Ehefrau, wenn sie Arznei begehrte,
angeschrien zu haben, „nur Teufels können Dir helfen“. Seine Töchter aber
habe er „Teufelshuren“ geschimpft, „wünschend, der Teufel möchte sie durch
die Luft entführen“.
Die Löblauer Bauern beschwerten sich – 1688 – beim Rat der Stadt
Danzig, als ihrer Grundherrin, dass der Prediger Renner sie von der Kanzel
als „rechte Teufelskinder“ ausgescholten.
Man führte eben den Teufel bei jeder Gelegenheit im Munde. Als 1691
ein verheirateter Mann der Unzucht mit einer Witwe überführt wird, ist er
geständig und bereut herzlich, „daß er vom Satan, dem bösen Feinde,
verleitet, in solche Torheit geraten sei“.
Ein Schwerverbrecher schimpft – 1696 – auf den Stockmeister, als er
eingesperrt wird: „Was mir die Obrigkeit tun kann! Ich will dem Teufel
meinen Leib und meine Seele geben, der wird mir schon heraushelfen“.
Ein anderes Mal – 1680 – meldet der Stockmeister dem Bürgermeister
des höhischen Amts, dass ein Viehdieb verwichene Nacht habe ausbrechen
wollen und daß ihm dies beinahe gelungen sei. Vom Bürgermeister vernom-
men, erzählt der Viehdieb, er habe die Wand mit einem Nagel durchbrochen.
Vielleicht wäre es ihm gelungen. Der Teufel sei in der Nacht zu ihm gekom-
men und habe ihm geholfen. Er habe ganz schwarz ausgesehen und einen
hohen Fuß gehabt und zu ihm gesagt: „Warum mühst Du Dich. Willst Du
mir dienen, so will ich Dir raus helfen. Er aber habe zu Gott gebetet und
da habe auch die Glocke 12 geschlagen und da sei der Teufel verschwunden“.
Der Dieb wurde nur am Pranger mit Ruten gestrichen, mit einem Brandmal
Auf dem Rücken gezeichnet und der Stadt verwiesen. Offenbar rettete ihm die
Erzählung von seiner Standhaftigkeit das Leben. Sonst pflegte man mit Vieh-
Dieben kurzen Prozeß zu machen.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
11.12.2010, 18:06
Es folgt das Blatt - 4 - von " Zauberei..."

Im Schlapfenkruge bei Schidlitz kam es – 1684 – zu einer schweren

Schlägerei und Totschlag, weil ein Knecht dem anderen Zauberei vorwarf:
„Verzaubere doch auch noch die zwei Kühe“. Die Frauen der Bauern Bielau
und Bartsch in Pietzkendorf beschimpften sich – 1651 – mit Abgötterei und
Zauberei. Ein Jujurienprozeß entsteht. Ebenso schwebte 1655 in Schüddelkau ein Beleidigungsprozeß zwischen drei Frauen, weil eine beschuldigt worden
war, eine Schankhure zu sein und ein Pferd tot gezaubert zu haben.
In solchen Prozessen wurde aber auch stets untersucht, ob etwa tat-
sächlich Zauberei vorläge. Bei Frauen war nicht selten ein Hexenprozeß die
Folge. Bei Männern verlief die Untersuchung meist erfolglos, wie 1649
in einem Fall, der sich in Krampitz ereignete. Da behauptete in einem Be-
leidigungsprozeß die eine Partei, dass der vom Gegner gestellte Zeuge un-
glaubwürdig sei. Er sei nicht getauft, gehöre keiner Religion an, führe ein
böses Leben, der Teufel habe ihn entführt und drei Tage bei sich behalten.
Der Zeuge habe das im Trunke selbst zugegeben. Alsbald wurden, unab-
hängig von dem Beleidigungsprozeß, von den Hospitalvorstehern Ermitte-
lungen angestellt, ob etwa der Zeuge wirklich ein Bündnis mit dem Teufel
eingegangen sei.
Im zweiten schwedischen Kriege hatten die Schweden 1657 das Danziger
Werder besetzt und sich in Herrengrebin verschanzt. Am 26. Januar zogen bei
strengem Frost die Danziger gegen die Festung, eroberten sie, da alle Gräben
gefroren waren, und säbelten die sich heldenmütig wehrende Besatzung von
60 Finnen nieder. Die Danziger Führer erklärten die Tatsache, dass sie den
tapferen Finnen keinen Pardon gegeben, mit der Behauptung, dass diese sich
dem Teufel ergeben gehabt und kugel- und stichfest gewesen seien. Sie seien
in Sünden in den Abgrund gefahren, als man ihnen mit Äxten die Schädel
habe einschlagen müssen. Bevor man ihnen den Garaus gemacht, hätten sie
zugestanden, dass sie sich mit dergleichen Teufelswerk gefestigt hätten. Es
sei ärgerlich bei Christen zu hören, dass solche gottlosen Leute unter ehr-
liebenden und gewissenhaften Soldaten gelitten würden.
Eine Schüddelkauer Einwohnerfrau klagte 1712 den Hospitalsvorstehern,
daß man ihr hinter dem Rücken „das verdammliche Laster der Hexerei“nach-
rede. Nach eingehender Untersuchung, ob sie eine Hexe sei, erreichte sie eine
öffentliche Ehrenerklärung der Bauernschaft. Als 1728 eine Frau ausLappin,
weil sie ihr uneheliches Kind getötet hatte, am Pfahl „mit Ruten gestrichen“
wurde, bemerkte man, als sie entblößt war, unter ihrer rechten Schulter einen
braunen, talergroßen Flecken, also offenbar ein Leberflecken oder ein
Muttermal, wie wir dergleichen heute nennen. Der Scharfrichter aber und die
Richter sahen damals den Fleck zuerst für ein Brandmal der Landesverwei-
sung, nachgehens aber für ein sogenanntes H e x e n m a l an.
Im Jahre 1745, als der „etwas blöde“ Pächter von Stutthof Adrian
van Hoeck seiner Frau nach dem Leben trachtete, empfahl ihm sein Groß-
knecht auf dem Stolzenberge vor der Stadt eine dort wohnende weise Frau
aufzusuchen und sie um Rat zu fragen. „Die sei so fromm und bei Gott so gut
angeschrieben, daß sie durch ihr Gebet böse Mensche zu Tode beten könne“.
In Wirklichkeit verabfolgte die Frau dem liebevollen Ehemann „Katzen-
pulver“, das in den Kaffee geschüttet und von Frau van Hoeck genossen, sie
an den Rand des Grabes brachte.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
11.12.2010, 18:11
es folgt das Blatt - 5 - von " Zauberei....."

Im Dorfkruge zu Pietzkendorf steckt 1704 ein betrunkener Förster sein

Schnupftuch in ein Bierglas und ruft: „Da ist der Teufel, der muß mir heute
Meine Seele zerreißen; ich werde meine Seele auf den Zaun stecken, dann mag sich der Teufel und unser Herrgott darum streiten“. Heute führen
Betrunkene sicherlich nicht solche Reden.
Wie bei Betrunkenen, spiegelte sich auch in den wirren Reden Geistes-
kranker die abergläubische Vorstellungswelt ihrer Umgebung wieder. Im
Oktober 1687 wurde die Magd des Krügers in Müggenhahl geisteskrank. Sie
erzählte, als sie auf dem Felde nach Möhren gegangen sei, habe da plötzlich
eine Frau gestanden, die habe sie verleite wollen, ihre Dienststelle aufzugeben
Als sie mehrmals abgelehnt habe, sei die Frau verschwunden, aber ihr eine
schwarze Katze über den Leib gefahren. Seitdem sei sie gelähmt, und jede
Nacht erscheine ihr an ihrem Bett ein schwarzer Mann, der von ihr ver –
lange, daß sie ihm dienen und Gott verleugnen solle. Auch in Gestalt einer
Schlange ängstige sie der Teufel, auch als Wurm, der ihr habe in den Mund
kriechen wollen. Der Teufel esse ihr auch stets die Apfel und Kuchen und die
an ihrem Krankenbett stehenden Speisen auf. Diese Geschichten der Kranken
fanden bei ihrer Umwelt völligen Glauben. Man hielt die Magd für vom Teufel besessen, wollte in ihrem Zimmer eine fremde, grobe Mannesstimme
von hinter dem Ofen herkommend gehört haben und man hatte gesehen, wie
ein Apfel, den der Prediger der Kranken geschenkt, plötzlich vor den Augen
der Zeugen verschwunden sei.
Der Vorfall wurde dem Danziger Rat gemeldet. Danziger Ärzte, ins-
besondere der Stadtphysikus Dr. Vögeding, suchten mehrfach die Kranke auf,
um festzustellen, ob sie wirklich vom Teufel besessen sei. Der Prediger Fehlau
tröstete sie: „Der Teufel könne sie zwar ängstigen und quälen, habe aber keine Macht an ihr, wenn sie Gott im Herzen behalte.“ Die Kranke erlitt
schließlich Blutstürze und scheint gestorben zu sein.
Besonders stark scheint der Hexenaberglauben im Hospitalsdorf Ram- beltsch verbreitet gewesen zu sein, wie wir auch aus weiter unten zu bespre-
chenden Hexenprozessen ersehen können. Im Jahre 1616 führten die
Bauern Klage beim Rat der Stadt Danzig über die Hospitalvorsteher, weil
diese ihnen „nicht zu Recht verhelfen wollten“, obwohl ihnen die Nachbars-
frau Luzia Riß das Vieh bezaubert habe. Der Schulze Schuhmacher sei bei
vier Wahrsagerinnen gewesen. Die hätten ihm gesagt, daß die Luzia eine
Zauberin sei. Auch der Prediger schloß sich dieser Klage an. Die Bauern-
Frau wurde vor den Rat gefordert und am 20 .4. 1616 dem Gericht über-
geben. Marten Riß, dem Ehemann, gelang es freizukommen, obwohl auch
er von Schulz und Nachbarn des Dorfes wegen Zauberei angefeindet wurde.
Im Februar 1617 kommt es zwischen ihm und den Bauern zu einer Einigung.
In diesem Verfahren heißt es von Luzia, „so im Gefängnis umbgekommen“.
Im April 1617 ist Merten Riß neu verlobt und gedenkt sich wieder zu verhei-
raten. Also entweder ist Luzia Riß im Jahre im Jahre 1616 als Hexe hinge-
richtet worden oder schon „unter der Tortur“ im Gefängnis verstorben.
Als die Bauernfrau Gromkow in Rambeltsch – 1640 – bei der Krau-
tung eines Grabens den Deichgeschworenen „den Donner und allerlei böse
Flüche an den Hals gewünschet“, geraten sie und ihr Ehemann Tönniges
Gromkow in den Verdacht, „sich von Zauberei zu nähren“, und eine Unter-
suchung ist die Folge.
Sogar der Schulze Albrecht Groddeck von Rambeltsch – übrigens der
Ahnherr des bekannten Danziger Bürgermeistergeschlechts– muß 1666 gegen
den Dorfkrüger und dessen Weib klagen, weil diese seiner Ehefrau heimlich
nachgeredet, sie könnte hexen und sei eine Zauberhexe.

Peter von Groddeck
11.12.2010, 22:46
Sogar der Schulze Albrecht Groddeck von Rambeltsch – übrigens der Ahnherr des bekannten Danziger Bürgermeistergeschlechts– muß 1666 gegen den Dorfkrüger und dessen Weib klagen, weil diese seiner Ehefrau heimlich nachgeredet, sie könnte hexen und sei eine Zauberhexe.
Dies ist mein (8x)Urgroßvater.
Gruß Peter

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
12.12.2010, 08:31
Guten Morgen Peter,
da hast Du ja viel Glück gehabt, vorausgesetzt der 8xUr hatte da noch keine Kinder.

Einen besinnlichen Advent, Dir und allem Forumern.

Rainer

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
12.12.2010, 10:56
Es folgt das Blatt - 6 - von " Zauberei...."

Kein Wunder, daß die Hospitalvorsteher in Rambeltsch verboten,Jo-

hannisfeuer anzuzünden, weil „dadurch die Bewohner Gottes Wort ganz bei
Seite gesetzet und ein unmäßiges und gottloses Leben geführt“ hätten.
Welche furchtbaren Wege in früheren Jahrhunderten die Menschen in
ihrem Aberglauben gegangen sind, ist besonders eindrucksvoll aus einem
Schreiben der Stadt Lauenburg an Danzig von 1593 zu ersehen. Es war in
Lauenburg mehrfach vorgekommen, daß Brauer und auch Krüger, die für
eigenen Bedarf Bier brauten, „die Füße und andere Glieder von Hingerich-
teten sich verschafften und kauften, u m s i e i n s B i e r z u h ä n g e n,
damit sie vor anderen Leuten mehr Glück zum Bierverkauf haben möchten.
Das gäbe, so heißt es, dem armen Städtchen einen bösen Namen und Ärgernis
Jetzt hätten wieder zwei Frauen von den Körpern und Kadavern Gerichteter
die Glieder abgeschnitten und zum Bierverkauf weitergegeben, wären auch
sonst als mit bösen Lastern und Künsten behaftet bezichtigt worden“.
Lauenburg fragte an, wie diese Frauen zu bestrafen seien. Der Rat von Danzig lehnte die „Belehrung“ ab.
Wir hörten zu Beginn obiger Ausführungen, daß nach 1659 von Hexen-
prozessen in der Stadt Danzig selbst nichts mehr erwähnt ist. Vom flachen
Lande werden sie noch sehr viel länger gemeldet. Im benachbarten Oliva
wurden 1664 zwei Hexen hingerichtet. Als die Alte zuerst niedergekniet, „hat
ihr der Scharfrichter aus Fehl in die Schulter gehauen, der anderen aber hieb
er glücklich den Kopf herunter“.
Der vom Adel Johann v. Bronk auf Lubahn bei Berent beschuldigte
im Februar 1667 beim Rate der Stadt Danzig die Frau des Krügers Albrecht
Boge auf dem Schottenkruge über der Kowallschen Brücke, daß sie eine
Zauberin sei und bewirkt habe, daß ihm viel Vieh „eilends“ gestorben sei.
Sie sei von drei kurz vorher in Lubahn verbrannten Hexen als Zauberin be-
zeichnet worden. Bronk bat den Rat, die Frau ihm auszufolgen, da sie von
Lubahn entflohen sei. Er vermochte aber beglaubigte c o n f e s s a t a der
gebrannten Hexen nicht beizubringen. Die Krügersche zur Haft gebracht,
bestritt, eine Hexe zu sein. Das Vieh sei infolge Futtermangels vor Hunger krepiert. Sie habe keine Gemeinschaft mit dem Teufel. Bronk übe Rache an
ihr, weil sie mal sein Kind geschlagen. Dem Ehemann Boge gelang es, durch
Zeugen nachzuweisen, daß seine Ehefrau von den verbrannten drei Frauen
Catarina Schilling, Else Sennike und noch einer weder in der Tortur noch
vor dem Tode der Zauberei bezichtigt worden sei. Frau Boge wurde freige-
lassen und das Ersuchen Bronks vom Rate abgelehnt.
Im Jahre 1648 schwebte ein großer Hexenprozeß vor dem Schulzenamt
Klempin auf der Danziger Höhe und dem Starosteigericht Sobbowitz, das dem
Danziger Patrizier Gerhard v. Proehn unterstand. Drei Frauen aus Trampken
Lagschau und Klempin wurden beschuldigt, auf dem noch heute so genann-
ten Teufelsberg in Lagschau sich mit dem Teufel getroffen, mit ihm an einer
Tafel gesessen, mit ihm gebuhlt und auf der anstoßenden Koppelwiese mit
ihm getanzt zu haben. Die während der Folter von den Gerichtspersonen und
ihren Beauftragten an diese Frauen gestellten Fragen beweisen den schier
unglaublichen geistigen Tiefstand dieser amtlichen Organe.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
12.12.2010, 11:01
Es folgt das Blatt - 7 - von " Zauberei......."

Von 1699 – 1700 wurden in und bei Schöneck in sieben Monaten nicht

weniger als sechs „Hexen“ gefoltert und verbrannt. Eine von ihnen, Katarina
Heiders, gestand, daß sie aus Sobbowitz gebürtig und im Bruch bei Sobbowitz
in Gegenwart von drei anderen Zauberinnen getauft sei. Sie habe danach mit
des Teufels Hilfe verschiedene Menschen, Gänse, Schweine. Ochsen und
Kühe umgebracht. Die Heiders ist dann am 23. Juli 1699 verbrannt worden.
In den Jahren 1660 und 1661 schwebten mehrere Hexenprozesse in
Hohenstein, Kohling, Schönwarling und Rambeltsch. Es wurden als Hexen
und Zauberinnen in der Tortur gequält und dann verbrannt die Wittwe
Elisabeth Damnitz aus Schönwarling, die Grete Luckow, Barbara Stachow,
beide aus Kohling, Susanne Gurka, Grete Swiniorka, Dorothea Dekart, Anna
Jahnke aus Hohenstein und die Witwe Anna Hinz, genannt Salomonowna,
aus Belgard gebürtig und 60 Jahre alt, aus Rambeltsch. Letztere erlitt am
15. September 1661 zu Rambeltsch den Tod. Dort sprachen die Hospitals-
herren, angesehene Danziger Bürger und Kaufleute, das Urteil. Unter den
fürchterlichen Martern hatte Anna Hinz, die nur von einigen der oben ge-
nannten Frauen bezichtigt worden war, schließlich gestanden, daß sie sich
nächtlicherweise mit dem Teufel getroffen, daß dieser sie in Gestalt eines
Besens oder auch ihres Mannes aufgesucht und mit ihr Unzucht getrieben habe. Auf sein Betreiben habe sie im Dorfe die vielen Pferde der Nachbarn getötet und dem Schulzen Groddeck das Brauhaus angezündet. Sie wurde als
Hexe erwürgt und ihr Körper auf der Grenze zwischen Hohenstein und
Rambeltsch verbrannt, die Asche in alle Winde gestreut.
Im Anschluß an diesen Hexenprozeß hatte sich wieder eine Frau, die
Ehefrau des Bauern Georg Sewe in Rambeltsch gegen die Anschuldigung
der Zauberei zu verteidigen. Man munkelte im Dorf, daß die Hexe Anna
Janke aus Hohenstein und die jetzt verbrannte Anna Hinz vor ihrem Tode
gesagt hätten, daß die Georg Sewesche auch eine Hexe sei. Auf die Klage
des Bauern Sewe wurden von den Hospitalvorstehern Untersuchungen an-
gestellt. Kein Zeuge hatte von den verbrannten Frauen eine Beschuldigung
der Frau Sewe aussprechen hören. Schließlich wurde am 4. Juni 1696 dem
Schulzen und den Nachbarn und wie wir oben sahen, auch dem Prediger
Steinhauer streng verboten, die Frau Sewe weiterhin der Hexerei zu be –
schuldigen.
Opfer dieser Hexenverbrennungen waren fast stets ganz harmlose Mäd-
chen und Frauen, die aus irgendwelchen Gründen infolge des Aberglaubens
der gänzlich unwissenden, ländlichen Bevölkerung als Hexen verschrien, einen martervollen Tod erdulden mussten. Man unterwarf sie, die oft viel-
leicht als besonders feinfühlige, sensible Naturen, mit unnatürlich erschei-
nenden Kräften ausgestattet waren und von diesen Gebrauch machten oder
in ihrem Wissen sich über ihre Umwelt erhoben, der „Hexenprobe“ im Feuer
oder Wasser. Sie wurden „geschmökert“ oder „geschwemmt“. Vorher jedoch
erzwang man auf der Folter ein „freiwilliges“ Geständnis. Solch armen Menschen wurden erst „die Instrumente der Tortur präsentiert“, nämlich die
Daumenschrauben und Zangen, dann je nach Bedarf bei bei oft verbundenen
Augen des Opfers „in etwas angeholet“, also angezogen. Bald gestanden dann die Gepeinigten die unsinnigsten Sachen. Alte, verhutzelte Weiblein, die im Walde als Heilmittel nützliche Kräuter und Pilze sammelten und sich ihrer zu oft wunderbar erscheinenden Heilungen Kranker bedienten, waren besonders geeignete Objekte.

Peter von Groddeck
12.12.2010, 11:53
Hallo Rainer,
diese Hexengeschichten finde ich sehr interessant. Ich danke Dir für die Mühe, die Du Dir mit dieser Abschrift gemacht hast.
Auch Dir und allen Mitlesern für die weitere Adventszeit alles Gute und wenig Weihnachtsvorbereitungsstress.
Gruß Peter

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
12.12.2010, 20:25
Es folgt das Blatt - 8 - von "Zauberei...."

Wie im Sobbowitzer Hexenprozeß beteiligte Frau aus Klempin gestand unter

der Folter, und zwar erst nach mehreren Tagen, daß ihr im Walde beim
Pilzenlesen der Teufel in Gestalt einer schwarzen Schlange erschienen sei.
Durch seine Vermittlung habe sie dann einer Frau in Suckschin die Glieder
gebrochen, ihre eigene Schwester lange Zeit krank sein lassen und den Müller
von Klempin von der Treppe gestürzt.
Aus dem oben erwähnten Beleidigungsprozeß des Bauern Tönniges
Gromkow in Rambeltsch gegen die Bauern des Dorfes ist gut zu ersehen,
wie solche Gerüchte über die Tätigkeit einer Hexe enstanden und immer mehr
Boden gewannen. Dem Gergen Schuhmacher werden die Pferde sehr mager:
„es müsse etwas Böses darauf sitzen“. Der Schulze äußert mal im Kruge und
wahrscheinlich betrunken, er wisse, daß zwei Zauberinnen im Dorfe seien.
Hans Politte sagt, seitdem er mit Gromkow verkehre, wolle ihm nichts glücken
Vieh und Füllen seien ihm krepiert. Schließlich reden Thomas Friedrich und
zwei andere Bauern heimlich, daß Frau Gromkow und Frau Sewe sich von Zauberei nähren und anderen Schaden zufügen. Jetzt also hat die Andeutung des Dorfschulzen den Erfolg gefunden, daß zwei Personen verdächtigt und
benannt werden.
Jedesmal wurden den Opfern solcher Hexenprozesse auch die Namen
anderer verdächtiger Frauen und Mädchen abgenötigt, offenbar ihnen ge –
nannt, und ihr Kopfnicken, durch dieFolterqualen hervorgerufen, genügte
dann, um die Genannten ebenfalls auf die Folterbank zu bringen. So benann-
te die Klempiner Frau die Lamensteiner Krügerin, eine Frau aus Lagschau
und eine aus Klempin als Hexen. Das Schulzengericht in Klempin erklärte
alsbald, daß diese Frauen nach geistlichen und weltlichen Rechten das Leben
verwirkt hätten, überwies sie aber dem Starosteigericht in Sobbowitz.
Die Rambeltscher Frau Anna Salomonowa gestand, daß sie dem Teufel
zu Dienste sich ergeben, ihn angebetet, mit ihm unnatürliche Lust gepflogen,
ihm, wenn sie zum Tisch des Herrn gegangen, jedesmal die Oblate auf sein
Begehren gegeben und auf sein Anhalten zugestimmt habe, daß dem Schulzen
an einem Gebäude durch Brand, andern Nachbarn aber an ihren Pferden
Schaden möchte zugefügt werden. „Da aber solches wider die göttliche,
geistliche und weltliche Rechte anlaufen tut, so könnten die ehrenwürdigen
Hospitalsherren und Vorsteher nicht vorbei, wegen dieses abschäulichen Ver-
brechens die vorgestellte Salomonowa den Rechten zu folgen mit gebürlicher
Strafe zu achterfolgen“ und erkannten am 18. August 1661, „daß selbige
ihrer vorbenannten bösen Taten halber durch Feuer vom Leben zum Tode
solle gebracht werden, ihr zur wohl verdienten Strafe, anderen zur Warnung
und Exembel.
Wie immer in solchen schweren Straffällen, wurde dies Urteil in Danzig
gesprochen. Die Exekution mußte aber an Ort und Stelle, also in Rambeltsch,
stattfinden. Der Richtpfahl wurde in der Stadt gefertigt. Die Nachbarn und
der Prediger des Dorfes hatten dann in feierlichem Zuge den Delinquenten,
die Vorsteher und den Scharfrichter nach Rambeltsch einzuholen. Dort wurde
der Scheiterhaufen errichtet und die Verbrennung der Anna Hinz am 15. Sep-
tember 1661 durch den Scharfrichter in Gegenwart des ganzen Dorfes vor-
genommen.

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
12.12.2010, 20:32
Es folgt Blatt - 9 - von "Zauberei...."

In einem anderen Aufsatz und in anderem Zusammenhang habe ich

berichtet, daß im Jahre 1727 in Scherniau auf der Danziger Höhe eine
Waldwärterfrau als Hexe ermordet worden ist. Die Familie des Anteils-
besitzers von Kistowski ließ die Frau Marianne Streeck aus Försterei Bobe
festnehmen, foltern, im Dorfteich schwemmen und nach drei Tagen ver –
brennen. Die Angeklagte gestand damals, natürlich nur unter der Folter –-
„vor dem rechtschaffenen und gerechten Gericht“ , daß sie Sünderin und
Hexe und Giftmischerin sei. Vor einem Jahre sei sie vom Teufel im Flusse
als Hexe und Zauberin getauft worden. Danach habe sie dem Kistowski ein
Kalb erstickt, die Schafe zugrunde gerichtet und die Pferde eingehen lassen.
Später habe sie wegen eines kleinen Ärgers die Kühe und Schweine getötet
und durch Teufelsknechte Roggen stehlen lassen. Ihr Vermittler zum Teufel-sei „der Blutegel“ gewesen. Unglaublichen weiteren Unsinn gestand die arme
Frau unter der Folter, von der sie erst der Tod erlöst hat. Das Gericht, das
sich aus den Dorfbewohnern von Scherniau gebidet hatte, verurteilte sie zur
Enthauptung und Verbrennung am 16. September 1727. Das Urteil ist in
Scherniau vollstreckt worden. Auf Veranlassung des Pfarrers Andreas Reiß
aus Langenau und des Erbherrn von Woyanow, Eduard v. Giese als Besitzer
des Bober Waldes wurden die Kistowskis vor dem Schöffengericht in Schön- eck angeklagt, weil sie „trotz der entgegenstehenden kanonischen Recht-
sätze und bischoflichen Verornungen ohne vorherige Untersuchung durch
Theologen die Hexe getötet hätten“. Sechs Mitglieder der Familie v. Kistow-
ski sind dann vom Petrikauer Tribunal w e g e n i h r e r E i g e n m ä c h-
t i g k e i t zu einfachen, kurzfristigen Turmhaftstrafen und je 200 Ruten-
hieben verurteilt, von den Hieben aber später begnadigt worden. Also die
Zauberei und Hexerei an sich hielt man damals noch für möglich. Dies
dürfte im Danziger Gebiet der letzte Hexenprozeß gewesen sein.
Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts ist bei Ceynowa auf der Halbinsel Hela, das erwähnte ich schon in jenem anderen Aufsatz, ein junges
Mädchen, das durch seine Schönheit die Köpfe der jungen Männer im Dorfe
verwirrt hatte, von den abergläubischen Fischern als Hexe im Putziger Wiek
zu Tode geschwemmt worden.
Die Hexen p r o z e s s e haben aufgehört, wenigstens in den europäischen Kulturstaaten, der Aberglauben nicht. Noch oft genug berichten die Zeitungen von fürchterlichen Mordtaten, die durch Glauben an Zauberei und Hexen hervorgerufen worden sind.

/////////////// ENDE ///////////////

Es war mir ein Vergnügen.

Peter von Groddeck
12.12.2010, 20:45
Lieber Rainer,
nochmals herzlichen Dank für die Arbeit. Es ist schon erstaunlich wie inhum die Menschen damals dachten und handelten. Wären wir auch so gewesen, hätten wir damals gelebt. Ich hoffe nicht, fürchte aber, dass wir auch mitgemacht hätten. Ausgerchnet Rambeltsch wird am häufigsten erwähnt, auch noch zu Zeiten, da mein Ur(8x)großvater Albrecht Groddeck Schulze in Rambeltsch war.
Gruß Peter

UtaK.
13.12.2010, 01:12
Lieber Rainer,

Auch ich moechte mich ganz herzlich dafuer bedanken, dass Du Dir diese grosse Arbeit gemacht hast, dieses alles abzuschreiben. Es ist ein sehr interessanter Bericht. Ich frage mich, was meine Ahnen zu diesen Zeiten selbst erlebt haben.

Nochmals vielen Dank. Uta

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
13.12.2010, 20:54
Liebe Uta, lieber Peter,
ich habe es gern getan. Freue mich über euer Dankeschön.
Ja, wer weiß wie wir gehandelt hätten. Eine gute Bildung hat wohl auch nicht viel genützt (Rat der Stadt usw.).
Diese Zeit sind ja nun vorbei - aber "schwemmen" und "verbundene Augen" wird immer noch durchgeführt.
Nur heißt "schwemmen" jetzt anders.
Belaßen wir es dabei!

Eine normale Woche wünscht

Rainer

30Frohsinn01
14.12.2010, 19:22
Hallo Rainer,
mit großem Interesse habe ich die Berichte gelesen. Wie grausam der Mensch sein kann, auch in der heutigen Zeit noch. Die Medien sind mit ihren Berichten so schnell...... und die Leute wollen ja solche Informationen.
Vielen Dank Rainer für deine Mühe.
Gruß
Karlheinz

dardol
25.06.2011, 19:53
Ich moechte sehr um dieses Artikel bitten. Ist sehr interresant: kartuzjanin@wp,.pl

Rahmenbauer14, + 1.11.2021
25.06.2011, 20:13
Hallo dardol,

dieser Artikel geht ab der Nr. 1 los.

Gruß Rainer

Heibuder
25.06.2011, 22:11
Oh Mann, Rainer, da hast Du Dir (für uns !) eine tolle Arbeit gemacht!
Herzlichen Dank dafür!
Ich habe ähnliche Geschichten aus meiner Wohngegend im Westerwald.
Diese Zeit war damals in Mitteleuropa dunkelstes Mittelalter und für die arme Landbevölkerung
ein ständiger Kampf ums Überleben.

asgaard
25.06.2011, 22:14
Ich las dieses Thema im Forum erst heute, es ist mir seit Jahrzehnten wohl bekannt.
Danzig und Umgebung,wie andere Sädte, machte im damaligen Zeitgeist keine Ausnahme in der Verfolgung dieser armen Menschen.

Doch es gab große Unterschiede.

Nun stieß ich zufällig bei einem Besuch meiner Heimatstadt Eckernförde vor ca. 14 Jahren auf eine Schrifttafel vor der Nicolaikirche, in der ich früher als Schüler bei besonderen Anlässen so fröhlich im Schulchor mitgesungen habe, auf so einen einzigen Fall von Hexenverfolgung, der sich dort zugetragen hatte und schriftlich festgehalten wurde. Es war der einzige in dieser Kleinstadt.

Nun stellt sich doch die Frage, wie kam es überhaupt dazu?

Wer zündelte hier im Geiste, wer waren die Initiatoren dieser geistlichen Brandstiftung??

Der Großinquisitor von Aragon "Nicolas Eymeric" mit seinem Werk von 1376.

Nun, ich benenne Papst Innozenz VIII mit der Hexenbulle.

Der Dominikaner Prior von Schlettland Heinrich Kramer (auf Ersuchen des Papstes Innozenz VIII )mit seinem verheerendem Werk von 1486:

"Der Hexenhammer" Malleus Maleficarum mit 29 Auflagen bis ins 17Jhdt. hinein.

Jacob Sprenger als eifriger Helfer Heinrich Kramers

Zitat: Das Weib ist von Natur aus schlecht hinterlistig und von geringerem Glauben.

Man geht von 4 Millionen Opfern aus.
Nur Hitler und Stalin brachten es zu größeren Opferzahlen.

Nun stellt sich doch für jeden Christenmenschen die Frage :

Haben die christlichen Kirchen sich jemals mit dieser Schande auseinandergesetzt, haben Sie sich dafür vor der Weltöffentlichkeit enschuldigt und diesen Irrweg eingestanden?

Ich habe jedenfalls nichts bis dato vernommen.
Andere mußten sich für solche Missetaten vor Gericht verantworten.

meint jedenfalls

mit freundlichem Gruß
Asgaard

Poguttke
26.06.2011, 01:58
Ich habe mal einen Bericht gesehen, es gibt auch heute noch spezielle katholische Priester, die Teufelaustreibung betreiben, es ist also noch zu früh für eine Aufarbeitung dieser Geschichte kirchlicherseits :)

Jedenfalls ist der Bericht hochinteressant, ich hätte also nicht gedacht, daß es so viele Fälle in Danzig gab.

J.Langfuhr
26.06.2011, 21:04
Hexenverfolgungen sind eben keine Erscheinung des Mittelalters (6.-15. Jhdt.) sondern der frühen Neuzeit (15.-17. Jhdt). Der Höhepunkt liegt im 16. Jhdt. Hexenverfolgungen flammten oft gegen den Willen der Obrigkeit und der Kirchen als regelrechte Volksbewegung auf. (H.C.Middelfort, )

In den von der Katholischen Kirche geprägten Ländern ist trotz der Bulle Innozenz VIII und des Hexenhammers die Zahl der Hexenprozesse erstaunlich niedrig (Italien, Spanien, Portugal), während die nördlichen, protestantisch geprägten Länder eine weitaus höhere Fallzahl aufweisen. Richtig ist, dass die preußischen Behörden im Kulturkampf der katholischen Kirche die alleinige Urheberschaft aller Hexenverfolgungen angelastet haben (Rainer Decker).

Noch 1836 haben Fischer auf Hela eine vermeintliche Hexe „geschwemmt“ und gewaltsam ertränkt, als sie nicht unterging. Die Täter wurden bestraft. Im Forum wurde schon darüber berichtet.

Das Mittelalter als „aetas obscura“ als „dunkles Zeitalter“ zu bewerten ist eine Sache der Renaissance bzw. der Romantik des 19. Jahrhunderts und - mit Verlaub - ganz schön arrogant.

So wurden die Entstehung der Universitäten in den bedeutenden europäischen Städten oder die das europäische Denken prägenden Persönlichkeiten wie Thomas von Aquin, Meister Eckhart, Roger Bacon, Albertus etc. Magnus einfach ignoriert.

Die aktuelle Frage nach den Ursprüngen für die Grausamkeiten von Hexenverfolgungen könnte den Auswirkungen und Gründen von Massenhysterien gelten. Und die gibt es auch in unserer Zeit nicht zu knapp.

J.Langfuhr

Poguttke
27.06.2011, 01:56
Auch diese Ergänzung hochinteressant, die Protestanten hätte ich jetzt ganz vergessen :) , dabei viel mir ein geflügelter Satz ein, der bei uns in der Familie in Bezug auf Ausreden bis heute verwendet wird, "jaja, Schuld sind immer nur die anderen" :)

asgaard
27.06.2011, 09:18
Hallo Poguttge,

ja ja Du sagt es und die Leute haben selber Schuld und die allmächtigen Kirchenmänner wollten die Menschen nur vom Bösen befreien. Die Protestanten um 1400 das ist es und Ketzer, Hetäriker gab es auch nicht, die mußten nur auf den rechten Weg gebracht werden. (Jordano Bruno,Galilä)

Es grüßt Dich herzlich
asgaard

J.Langfuhr
27.06.2011, 18:39
Auch wenn es nicht gefällt:

„Uns erhaltene Gesetzestafeln aus der deutschen Ordenszeit der Jahre 1295 – 1420 berichten nichts von der Bestrafung solcher Unglücklicher, die als schwerste Verbrecher betrachtet und behandelt wurden. Auch die älteste, an uns überkommene „Willkür“ - Gesetzessammlung der Stadt Danzig spricht noch nicht davon. Erst eine Ergänzung dieses Gesetzes von 1550 (Anmerkung: 1518 erste lutherische Predigten in Danzig laut Evangelische Kirche Augsburger Bekenntnis, Warschau) stellte erstmalig den Begriff der Zauberei auf und setzte ihre Bestrafung fest. Wer einem anderen durch Zauberei schadete, sollte dem Feuertode verfallen sein. Die verschiedenen neuen Redaktionen der „Willkür“ haben stets die Zauberei, ja sogar das Bündnis mit dem Teufel gekannt und mit Todesstrafe bedroht, so die von 1575 und von 1678. Erst aus der letzten Willkür von 1761 ist der Aberglaube der Zauberei endgültig verschwunden.“

John Muhl, Hexenglauben, 1933, Seite 35, fotographische Kopie Wolfgang im Forum vom 05.12.2010

Das Problem liegt in dem unterschiedlichen Umgang mit dem Thema Magie im Mittelalter und in der aufkommenden Renaissance. Die sich als aufgeklärt verstehende frühe Neuzeit konnte mit dem Begriff der Magie nichts mehr anfangen und stellte Magie unter Strafe. Erst durch Aufnahme des Tatbestandes der Magie in die Zivil-Rechtsprechung wurde die furchtbare Welle der Hexenverfolgungen möglich. Die Inquisitoren der katholisch-kirchlichen Rechtssprechung interessierten sich für die Hexerei eher unter dem Gesichtspunkt der Häresie (Abfall vom Glauben an Gott, Zuwendung zum Teufel). Übrigens: Hetären sind Edelprostituierte zur Zeit der griechischen Antike und hier ganz unschuldig.

Mich „phasziniert“ (um es wie Wolfgang zu schreiben) weiter die Vorstellung der Hexenverfolgungen als Volksbewegung der frühen Neuzeit. Das starke Vorkommen dieser Verfolgungen im Danziger Raum zeigt nur, dass diese Stadt eben allem Neuzeitlichen weit geöffnet war. Und ein neuer Zeitgeist muss nicht immer gut sein.

Für mich als Danziger sind Volksbewegungen, denen sich auch meine Eltern nicht immer ganz entziehen konnten, eine Lehre, wachsam zu sein - zu welcher Zeit auch immer.

Es gibt übrigens Stimmen, die davon ausgehen, dass weltweit seit 1960 mehr Menschen an Hexenverfolgungen gestorben sind als zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert in Europa.
Die Schuld allein auf die Obrigkeit abzuschieben, (nach dem Motto „Nicht ich war es, Hitler ist es gewesen“) erscheint mir jedenfalls zu einfach.

J.Langfuhr

Poguttke
27.06.2011, 20:06
Nun ja, ich denke der "Erfolg" der Hexenverbrennung hängt wohl hauptsächlich damit zusammen, daß es wenn man die richtigen Gründe nannte recht einfach war, per Gesetz eine unbeliebte Person auf bestialische Weise aus dem Weg zu räumen ohne sich selbst die Finger schmutzig zu machen. Das war zwar bei den Nazis auch so, aber einen Zusammenhang kann ich nicht erkennen. Wenn wir historisch sachlich vorgehen wollen können wir nicht umhin, die jeweiligen Lebensumstände und sonstige Einwirkungen auf die Menschen zu berücksichtigen. Na und die Denkweise und Moral hat sich ja auch in den Jahrhunderten erheblich verändert. Interessant wäre ja nun in diesem Zusammenang tatsächlich die Konfession von Opfer und Ankläger, wobei ich tatsächlich davon überzeugt bin, daß nur Neid und Rachsucht die Motive waren, die zur Anklage von Hexen geführt haben. Meine Bemerkung "Schuld sind immer nur die Anderen" war übrigens neutral gemeint, es ist eine ironische Floskel aus meiner Familie in der Kindererziehung :) , ich mußte mir das von meiner Mutter anhören, und heute sind die Enkelchen dran :) , wenn versucht wird die Schuld auf andere zu schieben, statt einfach zu sagen, ok, mea culpa, Entschuldigung, kommt nicht wieder vor :)

Poguttke
27.06.2011, 20:17
Dazu fällt mir noch ein, abgesehen von den Hexenparagraphen war die Danziger Rechtssprechung ja sehr fortschrittlich, so war Danzig nach Amsterdam die zweite Stadt in Europa, die die Rechtssprechung und die Haftbedingungen dahin veränderte, daß ein Häftling nach verbüßter Strafe die Chance bekam ein tugendhaftes Leben zu führen. Es war übrigens in Danzig auch der Fall, daß ein Ungläubiger nicht hingerichtet wurde, bevor er sich zum Glauben bekannte. Das die Inhaftierten sich darauf einließen, ist heute schwer nachzuvollziehen, aber wir sehen daraus, wie die moralischen Vorstellungen sich verändert haben, und man sich auch auch mit den Anschauungen jener Zeit befassen muß, um die Geschehnisse fair beurteilen zu können.

asgaard
27.06.2011, 21:37
Hallo Langfuhr,
warum solls nicht gefallen, man ist doch immer neugierg, wenns nur wirklich objektiv ist.

Leider tummeln sich auch auf dem Marktplatz der Informationen,auch auf seriösen Webseiten usw. einige Akademiker die ganz gesckickt u.U. im Dienste einer bestimmten Glaubensrichtung, sog.wissenschaftliche Abhandlungen verfassen und aus dem Hexenhammer ein mildes Werk machen, gar dass es verhindern sollte ,daß es zu solchen Exsessen käme. Es wird munter heruntergespielt, weil solche Themen unangenehm und nicht förderlich sind.
Solange es keiner berichtigt, bleibt es erst mal so stehen und wird als Wahrheit angesehen

Auch im TV gibt es solche Trojaner (selbst gesehen) die Frohe Botschaft verkünden, Tatsachen verdrehen und ganz nebenbei Ihr neustes Buch vermarkten wollen.
Einer meine ich, ist sogar Professor und dann kam heraus, er war von Beruf nicht nur das und das, sondern auch Theologe.:)

Mir ging es auch um die Feststellung das es bereits 1376 als es noch keine reformierte Kirche gab, aber einen christlichen Großinquisitor, Brandstifter, der eine Anleitung zur Ahndung der Magie und Zauberei verfasste, die dann zu Hexenverfolgung führte.

Sicher gab es in der Frühzeit auch Seherinnen, wurden aber in Ihrer Zeit geehrt, die später dann im Christlichem Glauben als Hexen bezeichnet ,um diesem "heidnischen Treiben" ein Ende zu bereiten.
Die neu reformierten Gebiete waren erst gegen die Verfolgung, schlossen sich aber dann später dieser Treibjagd wieder an, das ist wohl wahr.(Zeitgeist)

Nun alles auf Massenhysterie zu schieben greift zu kurz, es braucht immer wieder eine Initialzündung.

und wer hats erfunden??

Es führt dann oft nach so einer Hetze zu schrecklichen Taten siehe Hutos, und Tutsis, wobei die Motivation unterschiedlich sein kann.

Ich rede keiner Konfession das Wort, jeder soll das glauben was er möchte, aber es soll aber auch keiner behaupten welcher der einzig Richtige ist, er oder sie könnten es auch nicht beweisen, nur human muß er sein und nicht gewaltätig meine ich.

Als es noch keine Trennung von Kirche und Staat gab, waren die Kirchenmänner nahezu (z.B.Papst) allmächtig und die Staatsdiener beugten sich Ihren Meinungen und Anweisungen und ließen die Judikative die Drecksarbeit erledigen, weil sie selber keine Büttel hatten und natürlich landeten die Beschuldigungen dann bei einem Gericht.

Mit den Häretikern (Schreibfehler sorry) meinte ich die Glaubensabweichler die verfolgt und dann auf dem Scheiterhaufen landeten zb. Galileo Galilei und Jordano Bruno, insofern hast du Recht.

Durch jahrlange intensive Propaganda und Anstiftung dann vor allem die Legalisierung durch die Initiatoren kam es ja auch in Deutschland in jüngster Vergangenheit zur größten Katasstrophe der Menscheit, auch hier gab es zuerst die Hetzer, die Zündung und nicht umgekehrt, und dann erst machten viele mit.

meint mit freundlichen Grüßen
Asgaard

Ulrich
06.07.2011, 01:37
Hallo,
ich habe die Beiträge zu Muhls Berichten gelesen. Am interessantesten, weil auch eng am Thema bleibend, fand ich den Beitrag von Langfuhr, besonders interessant:
"Das Problem liegt in dem unterschiedlichen Umgang mit dem Thema Magie im Mittelalter und in der aufkommenden Renaissance. Die sich als aufgeklärt verstehende frühe Neuzeit konnte mit dem Begriff der Magie nichts mehr anfangen und stellte Magie unter Strafe. Erst durch Aufnahme des Tatbestandes der Magie in die Zivil-Rechtsprechung wurde die furchtbare Welle der Hexenverfolgungen möglich. Die Inquisitoren der katholisch-kirchlichen Rechtssprechung interessierten sich für die Hexerei eher unter dem Gesichtspunkt der Häresie (Abfall vom Glauben an Gott".
Schönen Gruß:
Ulrich

sinus
06.07.2011, 09:11
Hallo, liebe Freunde des Hexenthemas,

wer sich eingehender mit dieser Thematik befassen möchte, der muss nicht extra nach Danzig reisen. In Penzlin, im Müritzkreis, Mecklenburg-Vorpommern, mitten in einer schönen Urlaubsregion gibt es in der Alten Burg das Museum für Magie und Hexenverfolgung in Mecklenburg.
http://www.penzlin.de/d_burg/
Hier kann man sich umfangreich informieren und wird hinterher manches falsche Klischee aufgeben. Die Reise lohnt sich immer. Leider hat der Pächter das Burgrestaurant zur Zeit geschlossen.

Herzliche Grüße aus Mecklenburg
sinus