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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Projekt "Danziger Lebensgeschichten"



Wolfgang
20.05.2011, 17:45
Schönen guten Nachmittag,

ich möchte Euch ein Projekt vorstellen, dass hier in Danzig bei der Deutschen Minderheit schon seit Langem in den Schubladen ruht(e): "Danziger Lebensgeschichten" bzw. "Geschichten die das Leben schrieb".

Die Idee wurde schon vor mehreren Jahren geboren. Dahinter steckt, dass alte Danzigerinnen und Danziger ihr Leben schildern und darüber erzählen. Ich habe eher am Rande von dieser großartigen Idee erfahren und möchte nun dazu beitragen, dass sie auch umgesetzt wird.

Hinter JEDEM Leben steckt eine Geschichte. JEDES Leben ist wert, festgehalten zu werden. JEDER von uns kann über Erlebnisse berichten, die Andere fesseln und spannend finden. Ganz besonders trifft dies auf die alten Danzigerinnen und Danziger zu.

Das "Institut für Auslandsbeziehungen" (ifa), das momentan noch die Arbeit der Danziger Minderheit durch eine Kulturmanagerin unterstützt (durch Franziska Lein), steht ganz maßgeblich hinter diesem Projekt.

Wir wollen keine große Dokumentation erstellen, das wäre zu hochtrabend. Wir wollen einfach nur Geschichten festhalten, die das Leben schrieb. Wir haben gerade die Konzeptionsphase hinter uns und konzentrieren uns darauf, Lebensgeschichten alter Danzigerinnen und Danziger zusammenzutragen, zu sichten, aufzuarbeiten und in eine erste publikationsfähige Form zu bringen.

Wir wissen, dass die heute noch Lebenden Danzig als Kinder und Jugendliche erlebt haben. Die Älteren sind heute zumeist nicht mehr. Wir werden also das Projekt fokussieren auf die damaligen Kinder und Jugendlichen, wie sie ihre Kindheit erlebten und wie sie die Folgen des Krieges bewältigten. Dies soll -wenn die Bereitschaft dazu vorhanden ist- möglichst das ganze Leben umspannen, auch ein klein wenig Auskunft geben über Elternhaus, Familie, damalige Nachbarn, Freunde, über die unmittelbaren Kriegserlebnisse, deren Folgen und das Zurechtkommen in der Nachkriegszeit. Eine Lebensgeschichte wäre nicht komplett, berichtete sie nicht auch mit ein paar Worten über Kinder und Enkel und deren Weg. Vorgesehen ist, dass jede Lebensgeschichte ergänzt wird durch eine Aussage, wie das persönliche Verhältnis zum heutigen Danzig aussieht.

Wie ich schon sagte: JEDE Lebensgeschichte ist wichtig und wert, festgehalten zu werden. Wir werden -nachdem wir die ersten Geschichten erhalten haben- eine kleine Ausstellung in den Räumen der Deutschen Minderheit organisieren. Wahrscheinlich auf DIN A2-Postern werden wir ausschnittartig wichtige Aussagen der Berichtenden zeigen. Ergänzt wird dies durch Fotos und andere Dokumente. Da dies nur ausschnittartig erfolgen kann, wird dazu parallel -über die Form diskutieren wir noch- die gesamte Lebensgeschichte aufgezeigt.

Die erste "Ausstellung" wird voraussichtlich Lebensgeschichten von zehn Danzigerinnen und Danzigern umfassen. Wahrscheinlich von etwa fünf in Danzig verbliebenen Mitgliedern der Minderheit sowie drei in Deutschland und zwei in anderen Teilen der Welt lebenden Danziger/innen. Es ist nicht ausgeschlossen -und von uns auch angestrebt-, dass diese Berichte über die Räume der Minderheit hinaus bekannt werden und evtl. sogar ins Polnische übersetzt werden.

Ganz wichtig bei diesem Projekt ist uns, dass wir keine einzige Aussage, kein einziges Wort, kein Foto ohne vorherige Autorisierung des Berichtenden an die Öffentlichkeit bringen werden. Dies gilt selbstverständlich auch bei der Namensnennung. Wer seinen Namen sagen will, kann dies tun, wer dazu nicht bereit ist, wird ledlich mit den Initialen oder gar nicht genannt.

Dieses Projekt wird nun ganz klein starten. Wir wissen nicht wie klein es bleibt bzw. wie groß es wird. Lassen wir uns überraschen! Es wird KEIN Projekt dieses Forums sein, sondern ein Projekt der Deutschen Minderheit in Danzig. Ich bitte Euch aber, dieses Projekt zu unterstützen. Wenn möglich durch Eure Lebensgeschichten.

Versteht diesen kurzen Bericht über das Projekt "Lebensgeschichten" als Ankündigung. Dieses Projekt ist eine Chance -vielleicht eine der letzten- ganz gezielt, auch für die Nachkommen, festzuhalten, wie eine Kindheit im Vorkriegs- und Kriegs-Danzig erlebt wurde.

Herzliche Grüße aus dem schwül-warmen Danzig
Wolfgang

GerdR
20.05.2011, 20:12
Hallo Wolfgang!

Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Euerm Projekt! Wenn ich was erzählen könnte, dann wäre ich prompt dabei. Aber ich war leider zu jung um mich an irgend was zu erinnern. Aber ich lese es sehr gerne wenn jemand was schreibt über seine Erlebnisse in Danzig. Für mich ist das eine ungeheuer wichtige Informationsquelle weil bei mir in der Familie sonst auch niemand mehr ist der was zu erzählen hat und schriftliches ist nie was aufgezeichnet worden,

Ich habe hier im Forum schon sehr viele Erlebnisberichte gelesen. Sollen die alle noch einmal neu geschrieben werden oder wer fasst die zusammen?

Viele Grüße von
Gerd

Alflan
21.05.2011, 02:15
Hallo Wolfgang, und jetzt?. Wo soll ich denn meine Lebensgeschichte
hinschicken???
Gru? Alflan

Uwe
21.05.2011, 12:34
Hallo Wolfgang,

eine sehr gute Idee mit dem Projekt! Denke das ist für die Nachwelt und Menschen die es nicht erlebt haben eine tolle Sache um mehr Verständnis zu gewinnen. Meine Mutter war zwar erst 7 Jahre alt bei der Flucht aus Danzig, aber manche Dinge haben sich fest in ihr Gedächtnis eingebrannt, dazu gehört natürlich auch der Tag der Flucht. Die Milch die einfach auf dem Herd stehen gelassen wurde, wie auch die unbeschreiblichen Menschenmassen im Hafen, die Menschen die aus dem Krankorb gefallen sind beim verladen im Hafen und um die sich niemand kümmerte ... usw.

Viele Grüße

Uwe

Belcanto
21.05.2011, 17:53
Hallo Wolfgang
Ich begrüße die Idee auch, habe ich doch schon einiges zu Papier gebracht und bin dabei, weitere Geschichten zu schreiben. Besitze auch einige Dokumente.
Belcanto

badenia
25.06.2011, 20:29
Hallo Wolfgang
Wenn es ans Eingemachte geht, würde ich auch, nach meinen Möglichkeiten, meine Dienste als Übersetzer anbieten. Es freut mich sehr, dass das, was längst hätte geschehen sollen, nun die Chance bekommt, verwirklicht zu werden.
Viele Grüße
Marek

Belcanto
01.07.2011, 11:23
Hallo Wolfgang
Gibt es hier einen neuen Sachstand?
Gruß
Belcanto

Wolfgang
02.07.2011, 23:21
Schönen guten Abend,

leider ist ein solches Projekt kein "Selbstläufer". Es braucht Leute, die es aktiv in Angriff nehmen und weiterverfolgen. Momentan bin ich gesundheitlich ein bisschen angeschlagen, muss mich auch noch ein bisschen um meinen Hausbau kümmern und nun läuft auch noch die Dienstzeit unserer Kulturmanagerin bei der Minderheit aus. Dadurch bedingt haben wir bei weitem noch nicht alle Interviews durchführen können. Über einige Berichte verfügen wir bereits und wir haben sie teils auch schon aufbereitet, so z.B. auch die Lebensgeschichte von Regina Chwirot.

Wir haben auch bereits einen Grafiker gefunden, der uns eine konzeptionelle Gestaltung für die Schilder vorgestellt hat. Die Ausstellungseröffnung haben wir nun auf den 04.11.2011 verschoben. Zu diesem Zeitpunkt wollen wir Kernaussagen aus den Berichten zweisprachig aufbereitet haben.

Danach wollen wir die Berichte -nach vollständiger Abstimmung und Freigabe durch die Erzähler/-innen- auch für andere Medien aufbereiten, so z.B. auch für einen Druck, für PDF, für Internet-Veröffentlichungen.

Das Ganze kostet Geld. Finanziert wird das überwiegend durch das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart (über die wir auch unsere Kulturmanagerin haben). Aber wir müssen dafür auch Eigenmittel aufbringen. Und das fällt uns sehr schwer, da sich auch bei uns in der Deutschen Minderheit Mittelkürzungen sofort auf solche Projekte auswirken.

Ich werde in der nächsten Zeit noch intensiver über dieses Projekt berichten und ich werde Euch dann auch darum bitten, dass Ihr überlegt ob Ihr nicht vielleicht auch ein kleines finanzielles Scherflein zu dieser Aufgabe beisteuern könnt.

Viele Grüße aus dem dunklen Danzig
Wolfgang

udalerikus
28.09.2011, 22:02
Hallo zusammen,

die Idee kann ich nur bekräftigen. Ich merke schon in der eigenen Familie, was so nach und nach an Informationen und Wissen unwiderbringlich verloren geht. Daher hatte ich ja auch die Erinnerungen von Arthur Krüger zusammen gestellt und veröffentlicht. Ich habe von mehreren Forumsteilnehmern den Eindruck, dass da schon ganz viele Geschichten 'in der Schublade' liegen, die nur darauf warten, der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu werden. Vielleicht sind auch einige dabei, die sich vielleicht nicht in der Form von Wolfgangs Projekt beteiligen möchten.
Ich möchte da keinerlei Konkurrenz aufmachen, dennoch denen eine Plattform anbieten, die ihre Geschichte in Buchform preisgeben möchten. Ich würde es also wagen, Eure gesammelten Geschichten in einem Buch zusammen zu stellen und auf eigene Kosten zu veröffentlichen. Wenn genug Geschichten zusammen kommen, würde das auch relativ schnell zu realisieren sein, ganz in dem Sinne 'dass nichts verloren geht'.
Vielleicht könnte man das ja auch als Teilprojekt des Ganzen verstehen?
Was meint Ihr? Bestünde da Interesse? Wer könnte dann ein interessantes Bild für das Cover zur Verfügung stellen, usw.
Da ich bis ende des Jahres die Lebensgeschichte meines Vaters abgeschlossen haben werde, habe ich dann 'freie Kapazitäten', mich mit einem neuen Projekt zu beschäftigen.
Also was haltet ihr davon?
Gruß
Udo

Wolfgang
28.09.2011, 23:58
Schönen guten Abend,
hallo Udo,

danke für Dein Vorhaben! Ich sehe da keinerlei Konkurrenz sondern eher die Chance zusammenzuarbeiten. Es gibt noch so ungeheuer viel festzuhalten, aber aus mancherlei teils auch nachvollziehbaren Gründen treten wir auf der Stelle und kommen nicht wirklich weiter.

Unsere Vorhaben/Projekte können sich ergänzen. Auch in unserem Forum sind bereits viele Berichte geschrieben worden. Alleine das auszuwerten erfordert viel Zeit,

Ich unterstütze alle Deine Bemühungen -und ich hoffe, Du wirst dabei Erfolg haben- Menschen der Erlebnisgeneration zu finden, die ihre Geschichte erzählen.

Viele Grüße aus Danzig
Wolfgang

Felicity
29.09.2011, 08:53
Lieber Wolfgang ! Du weisst ja dass ich meine Lebensgeschichte im englischen hier in Australien veroeffentlicht habe. Ich waere gern bereit eine kurze Ausgabe der Buecher im deutschen zur Verfuegung zu stellen und wuerde auch gerne finanziell meine Hilfe anbieten. Lass mich nur wissen wie ich das tun kann. Liebe Gruesse von der Feli.

Felicity
29.09.2011, 09:00
Lieber Udo ! Habe gerade Deine Message beantwortet und auch eine kurze Antwort an Wolfgang geschrieben, ueber das 'Project Danziger Lebensgeschichten'. Ich waere gern bereit da mitzuarbeiten und Auszuege meiner Buecher in's deutsche zu uebersetzen. Liebe Gruesse von der Feli.

udalerikus
29.09.2011, 11:13
Hallo Wolfgang,

schön, dass Du das so siehst (wie ich auch). Wollte auf keinen Fall irgnd jemandem auf die Füße treten.
Du hast Recht, im Forum sind schon viele Geschichten niedergeschrieben. Aber die kann und will ich mir ja nicht einfach aneignen, denn jeder hat das Recht an seiner Geschichte und ob und wie sie weiter veröffentlicht wird.
Wer mir seine Zustimmung zur Verwendung signalisiert, dessen Geschichte werde ich dann gerne berücksichtigen. Oder Ihr schickt mir Eure Erinnerungen per Mail: wernerbeinhart(at)onlinehome.de oder Privatanschrift per PN. Bilder von 'Damals' sind natürlich auch wichtig. Gibt dann sicher noch einiges zu bereden, aber erst mal schauen, wie es anläuft.

@ Feli: Danke für die netten Worte. Den Anfang Deiner Geschichte hatte ich hier schon einmal gelesen, aber leider die Fortsetzung nicht gefunden.

Mal schauen, ob wir da etwas Schönes zustande bringen.

Liebe Grüße
Udo