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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aus Danzigs glanzvoller Zeit als Republik 1454 - 1793



Poguttke
06.06.2011, 14:26
Die deutschsprachige Republik Danzig war die mächtigste Hansestadt der Ostsee, sie war eng mit Europa verbunden und wurde nicht selten mit Venedig verglichen. Macht und Einfluß erreichten im 16. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Zahlreiche Urkunden, Dokumente, Briefe und Siegel sind im Danziger Staatsarchiv gesammelt worden und bestätigen den regen Kontakt mit Venedig, und viele Reisen Danziger Gelehrter, Künstler und vor allem der Kaufleute führten dorthin. Mit den Mittelmeerstaaten allgemein und daher auch mit dem Vatikan hatte Danzig enge Beziehungen.

So schreibt der Doge von Venedig mit der Anrede "Unsern lieben Freunden" an den Danziger Senat und berichtet, daß er zur Erleichterung des gegenseitigen Handels - getan habe was er tun konnte um ihm gefällig zu sein.

Der Großherzog von Toscana bittet den Rat der Stadt Danzig nach einer Unterredung mit dem Danziger Patrizier Johann Speymann zur Belebung des Handels einen Gesandten zu ernennen, denn die Danziger Kaufleute sollten für ihre Niederlassung in Pisa mit den größtmöglichen Vorrechten ausgestattet werden.

Am 22. Juni 1600 bedankt sich der Staatssekretär von Venedig Marco Ottobuono für die Übersendung eines Gemäldes von Danzig und bietet stets alle seine Dienste an, in dankbarster Erinnerung die er für Danzig hegt.

Auch die Beziehungen zu England waren in dieser Zeit von Freundschaft und Achtung gekennzeichnet. Am 13. Januar 1537 bittet Heinrich VIII. den Danziger Rat den er zu seinen treuesten Freunden zählt, seinem Abgesandten größtmögliche Unterstützung und Förderung zu gewähren, beim Ankauf von Mastbäumen für seine Flotte. Um 1600 wendet sich Königin Elisabeth in einer von ihr signierten Botschaft an den Senat von Danzig und bittet um Vermittlung in hansischen Streitigkeiten. Dem Danziger Gesandten Johann Bremer habe sie ihre Wünsche und Forderungen mitgeteilt, sie bedankt sich und verspricht Gegenseitigkeit. Der Lordprotector von England Oliver Cromwell setzt sich für den von Danzig gefangen genommenen Grafen Königsmarck ein und lobt Danzig für Fleiß, Reichtum und Kunstsinn. Beim Friedensschluß von Oliva wurde der Graf dann freigelassen. William III. teilte "Seinen sehr geliebten Freunden, dem Senate der Stadt Danzig und des Staats" seine Thronbesteigung mit und unterzeichnete eigenhändig.

Alle diese Zeugnisse belegen, daß Danzig als gleichberechtigter Staat in Europa anerkannt war.

Wie England unterhielten auch Preußen, Rußland, Frankreich, Spanien, Niederlande, Dänemark und Schweden diplomatische Vertreter in Danzig, die in feierlicher Sitzung ihre Beglaubigungsschreiben dem Danziger Rat überreichten, z.B. Zar Alexander I. für seinen Danziger Residenten, oder Christina von Schweden für den Gesandten Johann Kock.

Friedrich II. von Dänemark läd am 30. Juni 1559 zu seiner Krönung ein.

Friedrich III. von Dänemark dankt für die Glückwünsche zur Thronbesteigung und verspricht den Handel, "womit Euere Stadt und unsere Reiche und Länder gleichsam verknüpft sind", zu fördern.

Auch Gustav Adolf von Schweden schickt einen Gesandten nach Danzig zu Verhandlungen und übermittelt seine Thronbesteigung.

Louis XVI. von Frankreich unterrichtet Danzig am 20. September 1791 über die Annahme der Verfassung, mit dem Ausdruck der Wertschätzung und Freundschaft für den Senat.

Auch die Verteidigungsbereitschaft der Danziger war berühmt und wird belegt durch Briefe der größten Feldherrn des 30-jährigen Krieges Wallenstein und Pappenheim. Pappenheim bot seine Mitwirkung bei der Verteidigung gegen die Schweden an, und Wallenstein erbat sich am 10. März 1630 den Danziger Obristen Hatzfeld und erklärte sich hierfür bereit, Danzig militärisch zu unterstützen.

Die Beziehungen des Danziger Senats zu den europäischen Mächten beschränkten sich jedoch nicht nur auf den Austausch von Informationen und Gesandten, sondern wurden auch durch Besuche der verschiedensten Staatsoberhäupter unterstrichen. Die mit der Krone Polens durch eine Personalunion in der Person des jeweiligen Monarchen verbundene Republik Danzig verkehrte mit den Herrschern loyal und herzlich. Wie aus den Urkunden des Danziger Staatsarchivs zu ersehen ist, erfolgte der Schriftverkehr der polnischen Könige mit Danzig in deutscher und lateinischer Sprache.

So empfiehlt König Wladislaus IV. Danzig am 7. September 1636 in deutscher Sprache seinen Gesandten für Spanien.

König Johann Sobieski empfiehlt den Danzigern seinen "Servitor Bel" zur Verleihung des Bürgerrechts in lateinischer Sprache.

Die meisten Könige Polens besuchten Danzig, viele mehrmals in der Zeit ihrer Regentschaft. Für Danzig bestand eine Verpflichtung, die polnischen Herrscher inclusive Hofstaat jährlich für drei Tage zu bewirten. Entfiel der Besuch, wurde der Krone ein Stationsgeld von 500 Danziger Gulden entrichtet. In vielen Fällen waren die polnischen Könige jedoch auf Einladung Danzigs wochenlang zu Gast und feierten pompöse Feste mit prunkvollen Umzügen und Aufführungen, insbesondere wenn es sich um den ersten Besuch des gekrönten Königs handelte. Obwohl Danzig durch das Privilegium Casimirianum eigentlich zum Bau eines königlichen Palastes verpflichtet war, hat die Danziger Obrigkeit dies in ihrer über 300-jährigen losen Verbindung mit den polnischen Königen immer erfolgreich zu verhindern gewußt. Die Leibwache des Königs durfte Danzig jedoch nicht betreten und wurde auf Kneipab einquartiert. Beim jeweils ersten Besuch Danzigs erhielt der König neben vielen anderen Gaben ein Ehrengeschenk von 1.000 neugeprägten und mit seinem Bildnis versehenen Dukaten überreicht.

Bezeichnend für das auf Unabhängigkeit und Selbstständigkeit bedachte Danzig ist, daß sich die Besuche der preußischen Herrscher im wesentlichen auf Durchreisen beschränkten.

So wurde der Große Kurfürst 1662 beim Adebarkrug mit 24 Kanonenschüssen begrüßt, Friedrich I. bei seinem Durchzug im Jahre 1689 mit 60 Kanonenschüssen. Am 12. Februar 1701 als gekröntes Oberhaupt von Preussen wurde er auf der Stadtdomäne Stutthof vom Danziger Rat begrüßt und bewirtet, während in Danzig 80 Kanonenschüsse seinen Empfang ankündigten.

Ganz unvermutet kam incognito mit zwei Wagen durch das Langgartener Tor am 17. September 1714 um 15 Uhr Friedrich Wilhelm I. von Preussen zu Besuch nach Danzig. Er logierte im Haus des Postmeisters neben dem Junkerhof auf dem Langen Markt.

Friedrich der Große hat Danzig viermal besucht. Am 21. Juli 1740 wohnte er im Gartenhaus des Secretärs Klein, während er 1753 auf Langgarten im Haus des Kaufmanns Puttkammer nächtigte. Auf seiner Rückreise besichtigte er die Marienkirche, das Zeughaus und den Hagelsberg und wohnte auf Neugarten im Gellentinschen Haus.

Die meisten Böllerschüsse aber galten Friedrich Wilhelm II., dem Förderer der Künste und Wissenschaften, dem der Danziger Andreas Schlüter ein barockes Berlin bauen sollte. Von den Wällen Danzigs begrüßten den König 99 Salutschüsse, "auf die man da der Zug nur langsam vorüberging noch 33 folgen ließ", wie eine alte Chronik berichtet.

Während seiner Durchfahrt durch die Lindenallee wurde ihm von der Festung Weichselmünde eine Begrüßung mit 100 Kanonenschüssen zuteil. Die städtischen Deputierten, Bürgermeister Bentzmann und die Ratsherren Aycke und Gralath wurden in Oliva zu einer Audienz empfangen.

Als der russische Zar Peter der Große am 29. Februar 1716 zu Schlitten im Ganskrug eintraf, hatte der Danziger Kriegsrat alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet, um Danzig vor einem vermuteten Handstreich zu schützen. So wurden die Enteisung der Mottlau, die Entfernung schwimmender Brücken und das Auffahren der meisten Kanonen auf den Wällen angeordnet. Diese Vorsicht war geboten, da man in der Stadt einen russischen Heuwagen fand, in welchem Flinten und Pulver versteckt waren. Es ist aber auch durchaus möglich, daß dies nur eine Schutzbehauptung des Kriegsrates war. Peter der Große jedenfalls erkundete Danzig völlig unbesorgt ohne Gefolge und meistens zu Fuß. Sein Kunstinteresse ließ ihn öffentliche Gebäude besuchen, aber auch ansehnliche Privathäuser wo ihn die Dekoration, Bilder und Tapeten interessierten. Von einem Fenster des Rathauses verfolgte er das Leichenbegängnis von Bürgermeister Engelke und hörte eifrig die Predigten in der Marienkirche. Dabei soll er dem Bürgermeister die Perücke abgenommen haben um seinen kahlen Kopf zu bedecken, und sie nach dem Kirchgang wieder zurückzugeben haben. Am 3. April traf auch Polens König August II. in Danzig ein. Am 6. April bezog Zar Peter der Große die Wohnung des Seidenfärbers von Eicken, um hier die Vermählung seiner Nichte Katharina mit dem Herzog Karl Leopold von Mecklenburg-Schwerin zu feiern. Auf Neugarten wurde aus diesem Anlaß von ihm dem Danziger Volk ein mit Geflügel gefüllter gebratener Ochse spendiert sowie zwei Fässer Wein. Zusätzlich wurde noch Geld ausgestreut. Die Feierlichkeiten dauerten Wochen und waren mit vielen Wettbewerben gestaltet an denen die Danziger rege teilnahmen.

Auf seiner Reise nach Berlin hat Zar Paul I. im Jahre 1776 Danzig besucht. In Berlin verlobte er sich mit der württembergischen Prinzessin Sophia Dorothea Augusta.

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In dem Bestreben, ein Gleichgewicht der europäischen Mächte herzustellen, hat Danzig sich stets als überaus bedeutsam und selbständig erwiesen. Die Siegel und Briefe Europas die sich im Danziger Staatsarchiv befinden und auch in vielen Bibliotheken im Ausland zu finden sind, legen hierfür ein unwiderlegliches Zeugnis ab.

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Entnommen dem Buch von Hans Georg Siegler:

Glücklich vor allen Städten...

Danziger Lebensbilder aus sechs Jahrhunderten

Das Buch wurde 1981 mit dem Danziger Kulturpreis ausgezeichnet

Peter von Groddeck
07.06.2011, 11:16
Lieber Poguttke,
ein interessanter Bericht über die Danziger Geschichte. Aus meiner Familienchronik kann ich ergänzen:
1. Mein 6x Urgroßvater heiratete die Tochter des französichen Gesandten Adelgunde Formont.
2. Zu mein 8x Urgroßvater Albrecht II vermerkt unsere Familienchronik: Am 7. März 1698 übernachtete in seinem Landhaus im Höhnepark in Ohra der als polnischer König neu gewählte Kurfürst August der Starke von Sachsen vor seinem feierlichen Einzug in Danzig. Wie in den Chroniken vermerkt wurde, bewirtete er den König mit einem stattlichen Mahl und gab ihm Nachtquartier.
Gruß Peter
<strong></strong> (http://forum.danzig.de/member.php?372-Poguttke)

Poguttke
08.06.2011, 22:50
Donnerwetter, das ist wirklich interessant, gibts eure Familienchronik und solche Details auch als Buch?

Peter von Groddeck
09.06.2011, 10:26
Bei www.groddeck.de kann unsere Familienchronik runter geladen werden.
Gruß Peter

Poguttke
09.06.2011, 23:11
Danke Peter, habe es runtergeladen und werde es in Ruhe studieren :)

Regina
13.06.2011, 20:06
Lieber Poguttke
Vielen Dank fuer Deinen Beitrag. Ich bin so stolz ueber meine Heimatstadt und Vergangenheit.
Weil ich nicht weiss wie ich ihn ausdrucken kann, bin ich dabei ihn handschriftlich abzuschreiben, danach werde ich ihn fuer meine Familie ins polnische uebersetzen.
Herzliche Gruesse aus Danzig
Regina

Heibuder
14.06.2011, 00:28
Liebe Regina,
ich habe Dir den Text als eMail geschickt, ebenfalls noch als Anhang zur Mail.
Ich hoffe, Du kannst einen davon ausdrucken.