Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erinnerungen aus Herrengrebin
Anonymus
25.03.2008, 08:10
Mitten in der Ebene des Danziger Werders lag einst die Ritterburg
Herrengrebin. Von Menschenhand aufgeschüttete Hügel umgaben sie. Nur der Name des Gutes Herrengrebin erinnerte uns noch allein an jene alte
Ritterherrlichkeit.
Ein späterer Besitzer des Gutes ließ die Schlosskapelle abbrechen. )
Hallo Christ(a)kind.
Ja und auf diesem Gut Herrengrebin ist meine Mutter am 12. Juli 1900 geboren. Ein Grund, dass es mich im Jahre 1987 - fast auf den Tag genau 41 Jahre nach der Vertreibung aus Danzig - hier als Erstes wieder hinzog. Im Forum "D.-L." berichtete ich u.a. oft von meinen "Hamsterfahrten", mit unserer beliebten Danzjer Kleinbahn von Kneipab aus, in den letzten beiden Kriegsjahren. Die Ziele waren immer Herrengrebin, Gr.-Zuender, Zugdam und Osterwick. In diesen Doerfern wohnten und arbeiteten alle Geschwister meiner Mutter. Groesstenteils waren sie auch Selbstversorger, d. h., mindestens ein Schwein und eine Ziege (oft auch eine Kuh) im Stall, Huehner und Gaense auf dem Hof, Gemuese, Kartoffeln und vor allem Wrucken im Garten und auf dem Feld. Was dagegen hatten wir in der Stadt, Lebensmittelkarten auf denen wir taeglich schauten und dann hofften, beim Kolonialwarenhaendler noch etwas zu "ergattern"!
Liebe Danziger Freunde, die Erinnerungen an meine Kleinbahnfahrten als 11/12-jaehriger in jener Zeit, waren dann auch mit ein Grund, fuer meine Reisen in die alte Heimat bis zuletzt im Jahre 2005. Allgemein nennen wir solche Reisen auch: "auf Spurensuche gehen". Und so fand ich nach ueber 40 Jahren auf meinen Fahrradtouren tatsaechlich noch Spuren und Reste der laengst von Polen stillgelegten Danziger Kleinbahnstrecken. Vornehmlich die Trassen der Kleinbahn - die ja vielfach parallel der schmalen Landstrassen verliefen - fand ich wieder. Auf diesen Trassen, nun allerdings mit Gestruepp und Baeumen bewachsen, fand ich teilweise noch Kilometersteine, verrostete Wegezeichen der Bahn und noch in der Erde stehende Betonpfaehle mit verrostetem Stacheldraht behaftet, also alte Weidezaeune die das Vieh der Bauern von den Bahntrassen fernhalten sollten.
Auf diesen Fahrradtouren, zwischen den von Touristen wenig besuchten Doerfern, begegneten mir oft weder Menschen noch Autoverkehr. Folglich konnte ich in aller Ruhe meinen Traeumen alter Erinnerungen folgen. Viele Fotos meiner Fahrradtouren durch das Danziger Umland warten darauf in absehbarer Zeit in dann vorhandenen Fotoalben des Forums hochgeladen zu werden!
Viele Gruesse
Ohrscher Siegfried
akirepaul
25.03.2008, 14:09
Hallo Siegfried,
mit grosser Begeisterung habe ich heute Morgen Deinen Bericht gelesen. Meine Mutter wurde 1905 im Bodenbruch geboren und mein Vater 1901 im Osterwicker Bruch. Ich selbst bin in Trutenauer Herrenland 1930 geboren.
Auf Gut Herrengrebin ist meine Mutter zur Schule gegangen. Meine Grosseltern (muetterlicherseits) sind auf Herrengrebin beerdigt worden. Meine Eltern haben im ersten Jahr ihrer Ehe im Osterwicker Bruch gewohnt. Ihre Trauung (1924) fand in der Osterwicker Kirche statt. 1925 zogen meine Eltern dann nach Trutenauer Herrenland. Vier meiner Geschwister und ich wurden dort geboren. Im Jahre 1933 zogen meine Eltern nach Praust und meine juengste Schwester ist 1940 in Praust zur Welt gekommen. Vom 08.04.1945 bis 18.04.1945 war unsere Familie mit Verwandten auf der Flucht in Herrengrebin untergebracht. Die Gutsbesitzer waren da schon nicht mehr da. Wir waren in Zimmern untergebracht wo keine Moebel mehr waren. Wir schliefen auf Stroh. Mein juengerer Bruder und ich haben das Schloss Herrengrebin in Augenschein genommen. Bei einem Alarm mussten wir alle in die Schloss Kapelle. Diese befand sich innerhalb des Hauses. Die Mauern der Kapelle waren 1,50 m dick und wir waren dort gut geschuetzt. Am 18.04.1945 wurden wir von der deutschen Wehrmacht aufgefordert, das Gut zu verlassen. Wir sind dann ueber Grebiner Wald, Trutenau, Gross Zuender, Klein Zuender und dann durchs Wasser ueber einen Knueppeldamm nach Schmerblock mit Pferd und Wagen gefahren. Da haben wir Station gemacht. Meine Mutter, mit uns Kindern, ist weitergefahren nach Einlage. Dort sind wir am gleichen Tag noch mit einem Faehrpram nach Hela gebracht worden.
Lieber Siegfried Du hast vollkommen Recht, dass wir in unserem Alter auf Spurensuche gehen. Ich habe damit 1975 begonnen. Das Gut Herrengrebin und den Park mit der 1.000 jaehrigen Eiche durfte ich zu der Zeit nicht betreten und auch nicht fotografieren. Ich bin dann nach Sperlingsdorf gefahren. Dort hatte mein Onkel Rudolf Prohl frueher seinen Bauernhof. Auf diesem abgebrannten Hof hat Erhard Bensmer sich ein kleines Haeuschen gebaut. Als ich in die "gute Stube" kam, stand dort eine Vitrine von meiner Tante und der Teddy von meinem Grossneffen. Erhard Bensmer hat mir sehr viel von den Geschehnissen erzaehlt. Sein Schwager, Bruno Alaut (geb. 1929), wohnt in Kriefkohl auf einem Bauernhof. Der kannte alle Verwandte von uns aus dem Osterwicker Bruch. Dort war auch der Hof von meinen Grosseltern. Im Jahr 1975 fuhr auch noch die Kleinbahn. Bruno Alaut hat mir sehr viel von Frueher erzaehlen koennen. Ich bin ca. 30 mal in der Heimat gewesen. Bei jeder Fahrt bin ich wieder zu Familie Bensmer + Alaut gefahren und immer wieder haben wir von Frueher erzaehlt. Leider kann ich es aus gesundheitlichen Gruenden nicht mehr.
In Praust habe ich die Familie Janek Niewiarowski, ul.Zermskiego 42 genenngelernt. Mit Janek bin ich mit dem Fahrrad von Praust nach Langnau (hinter Langnau links) ueber die Bahngleise an der Kladau entlang nach Bodenbruch, der Ort meiner Grosseltern muetterlicherseits, gefahren. Weiter gings es nach Herrengrebin, Moenchengrebin, am rechten Ufer der Mottlau, nach Sperlingsdorf. Dann fuhren wir nach Landau, Mueggenhahl und wieder zurueck nach Praust. Janek sagte bei der Heimkehr zu seiner Frau, wo Paul und ich gefahren sind, bin ich noch nie gewesen. Schade, dass viele unsere schoene Heimat nicht richtig kennen.
Im Jahre 1994 haben wir mit 64 Personen die goldene Konfirmation in der, heute katholischen Kirche, in Praust gefeiert. Wir waren 19 Goldkonfirmanden. Es war ein ganz besonderes Ereignis, da es moeglich war mit Erlaubnis des Bischhofs von Danzig, dieses Fest zu feiern. Er meinte, mehr kann man nicht fuer die Voelkerverstaendigung tun. Ganz Praust war auf den Beinen. Einzelheiten dazu kannst Du auf katins.com/praust lesen. Axel Katins hat umfangreich darueber geschrieben und Bilder eingefuegt.
Ich freue mich schon jetzt auf die Fotos, die Du ins Forum setzt.
Fuer heute sendet Dir heimatliche Gruesse der
Lorbass Paul Neumann
Anonymus
25.03.2008, 15:52
mit grosser Begeisterung habe ich heute Morgen Deinen Bericht gelesen. Meine Mutter wurde 1905 im Bodenbruch geboren und mein Vater 1901 im Osterwicker Bruch. Ich selbst bin in Trutenauer Herrenland 1930 geboren.
Auf Gut Herrengrebin ist meine Mutter zur Schule gegangen.
Hallo lieber Paul.
Herzlichen Dank fuer Deinen grossartigen Bericht aus dessen Zeilen ich lese, dass dieses Stueckchen Heimaterde unserer Ahnen auf uns wartet, noch einmal besucht zu werden.
Es ist wahr, dass einem Grossteil unserer Landsleute, diese laendliche Naturlandschaft ihrer Heimatstadt leider unbekannt geblieben ist. Allseits bekannt sind durch viele Fotos in Heimatkalendern, Bildbaende, Filmdokumentationen u.s.w. die Hauptsehenswuerdigkeiten Danzigs, wie z. B. Marienkirche - Langer Markt mit Rathaus und Neptun - Lange Bruecke mit Krantor u.s.w., u.s.w. Dagegen zeigen meine Fotos, die ich auf meinen Fahrradtouren durch die Danziger Niederung und ueber die Danziger Hoehe "geschossen" habe, diese Landschaft fast unveraendert, wie Du lieber Paul und ich sie von Kinder-und Jugendzeiten her kennen.
Neben so mancher Homepage unserer Landsleute, ist auch die Prauster Homepage von Axel Katins sehr empfehlenswert. Bis wir/ich nun die Gelegenheit erhalten, eigene Fotoalben auch hier im Forum zu erstellen, moechte ich mit folgendem Gedicht von Edgar Sommer versuchen, die Erinnerung an einem Ort unserer Ahnen zu erhalten:
Herrengrebin
Um altes Burggemaeuer spielt ein Warten,
fest und erfuellt vom grossen Zeitgeschehen.
Es ist der Wall der Wehrhaften und Harten,
um die Geschichte raunt im Windeswehn.
Des Parkes breite Baeume sind wie Greise,
die nimmer sterben koennen. - Brunnenrund
Bewahrt in Tiefen manche fromme Weise,
gesungen von der Rittermoenche Mund.
Dies Gut scheint einen wilden Trotz zu zeugen,
und doch, verhaltne Demut spuert der Blick.
Wenn scheue Pflanzen sanft dem Licht sich beugen,
wenn Gott sich in die Scheuer zieht zurueck.
Dort, wo das niedre Land dereinst empfangen,
den Gruss der deutschen Ordensritterschaft,
dort ist die Saat der Arbeit aufgegangen
und gruent fortan mit immer neuer Kraft.
Herzliche Gruesse
Ohrscher Siegfried
Hallo lieber Paul.
Herzlichen Dank fuer Deinen großartigen Bericht aus dessen Zeilen ich lese, dass dieses Stueckchen Heimaterde unserer Ahnen auf uns wartet, noch einmal besucht zu werden.
Ohrscher Siegfried
hallo in die Runde .
Oft auf dem Weg von Berlin nach Elbing fahre ich durch Praust, Grabiny Zameczek, Groß-und Klein Zünder .
von der Geschichte des Ortes hab ich erfahren Das es früherer oft überflutet und durch das Hochwasser beschädigt wurde, bis der Zeit von Franz Komnick kam, dem gelungen ist nach die Flut des Jahrhunderts 1888 die Werder sozusagen trocken zu legen .
Das Herrengut zu dieser Zeit war doch ziemlich verkommen und auch nach dieser Flut von einem Geschäftsmann aus Danzig gekauft und wurde restauriert .
Ist es so gewesen ????
Gruß Slawek.
Anonymus
12.04.2008, 07:51
..........
Das Herrengut zu dieser Zeit war doch ziemlich verkommen und auch nach dieser Flut von einem Geschäftsmann aus Danzig gekauft und wurde restauriert .
Ist es so gewesen ????
Gruß Slawek
Hallo Slawek.
Wer der Besitzer des Gut Herrengrebin - wo meine Mutter geboren ist - bis 1945 war, kann ich leider nicht beantworten. Aber durch meine vielen Besuche in den letzten Kriegsjahren habe ich sehr gute Erinnerungen an den Gutshof. Der Hof mit Gutshaus und Stallungen war zu jeder Zeit und in allen Belangen ein Vorzeigeobjekt in der Danziger Niederung. So sehe ich z. B. heute noch, wie das Vieh - Pferde, Kuehe, Schweine - von den Knechten geputzt wurde, ehe es auf die Weiden getrieben wurde. Der Ohrsche Lorbas ritt dann oft, "stolz wie Oskar'chen" ohne Sattelzeug und nur mit einem Halfter als "Cowboy", mit auf die saftigen Weiden an der Mottlau und den verschiedenen Laken. Zur Erntezeit, wenn Heu oder Korn eingefahren wurde, "thronte" der Lorbas dann hoch oben auf dem vollen Erntewagen. Neben dem Gutshof galt mein Interesse - oder auch nur aus Neugierde - der angrenzenden Wassermuehle, die durch das Mottlauwasser angetrieben wurde. Aus dem Umkreis von Herrengrebin kamen die Bauern mit ihren Pferdefuhrwerken und dem ausgedroschenen Korn zu dieser Muehle. Auch dadurch war bis zum Einmarsch der "Roten Armee" immer Leben in dieser ehemals lieblichen Landschaft der Danziger Niederung.
Ein schoenes Fruehlings-Wochenende
wuenscht
der Ohrsche Siegfried
akirepaul
12.04.2008, 13:52
Hallo lieber Siegfried,
ich freu mich, dass Du wieder aus dem Krankenhaus entlassen bist. Leider muss ich Dir sagen, dass ich Dich ablöse und am 14.04.08 ins Herzzentrum nach Essen gehe. Ich hoffe, dass ich schnell wieder zu Hause bin.
Vorher möchte ich Dir und den Forenteilnehmern noch einige Informationen geben:
Der Besitzer von Herrengrebin hieß Hermann Halfter. Bei seiner Geburt wurde auf einer Anhöhe eine Eiche gepflanzt, die noch im April 1945 stand.
Der Inhaber der Mühle hieß Berthold Kelsch und der Meister war ein Herr Arbeit.
Die Mottlau war ein zähfließender Fluss und darum wurde die Mühle vom Kladauwasser angetrieben. Durch die Schleuse wurde ein Teil des Kladauwassers unterirdisch zur Mühle geleitet. Dadurch entstand ein großes Gefälle. Die Kladau hat auch den Burggraben von Herrengrebin mit Wasser versorgt. Der Schleusenwärter hieß Walter Peters.
Im Park von Herrengrebin stand eine 1.000-jährige Eiche. Diese Eiche war hohl. Um sie zu erhalten hat man im 18. Jahrhundert 50 Fuder Lehm in das Innere der Eich gefüllt.
Wir Kinder von der 2. Klasse der Prauster Grundschule (kleine Schule) haben mit unserem Lehrer, Herrn Otto Abraham, einen Schulausflug nach Herrengrebin gemacht. Uns wurden der Park und das Außengelände des Gutes gezeigt. In die Innenräume durften wir nicht.
Im April 1945 habe ich dann auch die Innenräume sehen können. In einem großen Raum stand ein Tisch mit 24 Stühlen. Diese waren mit Leder bezogen und in der Rückenlehne befand sich das Familienwappen. Wie das genau ausgesehen hat, weis ich heute nicht mehr.
Vielleicht weis es jemand im Forum?
Über eine Treppe nach unten erreichte man die Burgkapelle. Sie war im April 1945 noch erhalten.
Schönes Wochenende wünscht der
Lorbas Paul
Anonymus
13.04.2008, 16:07
Leider muss ich Dir sagen, dass ich ... am 14.04.08 ins Herzzentrum nach Essen gehe. Ich hoffe, dass ich schnell wieder zu Hause bin.
Lieber Paul, meine allerbesten Wuensche sollen Dich ins Herzzentrum begleiten. Natuerlich hoffe auch ich, dass Du so schnell wie moeglich wieder gesund und munter nach Hause entlassen wirst.
Der Besitzer von Herrengrebin hieß Hermann Halfter...
Vielen Dank fuer die Information. Ich glaubte immer, die Mottlau war es, die die Wassermuehle antrieb. Somit habe ich also als Prenter nicht in der Mottlau, sondern im Kladauwasser gebadet. Mit Sicherheit jedoch bin ich in Osterwick und Zugdam, waehrend meiner Besuche bei den Geschwistern meiner Mutter, zum Baden in die hier auch vorbeifliessende Mottlau gesprungen.
Lieber Paul, meine Gedanken in jener Zeit drehten sich sicherlich nicht darum, wer die Herren des Gutes oder der Muehle waren. Meine Erinnerung ist, dass ich zumeist auf dem Aussengelaende des Gutes "herumspioniert" habe, wo und in welcher Ecke hatte wiedermal eines der vielen Huehner ein Ei gelegt. Verraten haben die Huehner das "Ereignis" immer durch lautes Gackern. ;)
... in der Rückenlehne befand sich das Familienwappen. Wie das genau ausgesehen hat, weis ich heute nicht mehr.
Vielleicht weis es jemand im Forum?
Trotz intensiver Suche kann ich Deine Frage z. Z. leider nicht beantworten. Es sind auch nur vereinzelt Wappen in der Danziger Niederung vorhanden. Etwas Naeheres ueber "Kirchliche Hausmarken und Wappen im Danziger Land" finden wir im Danziger Hauskalender 1956
Herzliche Gruesse
Ohrscher Siegfried
Hallo, Ohrscher 33-46 und akirepaul,
möglicherweise trage ich Eulen nach Athen, wenn ich als Forumneuling einen Literaturhinweis gebe, aber über die Geschichte des Rittergutes Herrengrebin gibt es einen längeren Aufsatz von John Muhl in den "Mitteilungen des Westpreussischen Geschichtsvereins", Jahrg. 22, Nr. 2, vom April 1923.
Die Mitteilungen sind in der Universitätsbibliothek Greifswald vorhanden und werden gegen geringe Gebühr kopiert.
Gruß
sinus
Ich moechte sehr um dieses Artikel bitten. Von oben danke sehr kartuzjanin@wp.pl
"Kirchliche Hausmarken und Wappen im Danziger Land"
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