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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Für Heimkehrer und Rückkehrer



waldkind
04.10.2011, 16:57
Heimkehr

Die Zeit
gab ihrer viel
für meine Reise
durch die Fremde.

Der Koffer trug
die Ahnung von dem
was eine Heimat ist.

Als ich den Ort erreichte,
in dem die Sprache
der Menschen der Sprache
meines Herzens glich,
wusste ich, ich bin
zu Hause.

Der lehmige Geruch
gebrannter Ziegel, ausgemergelt,
mit Einschusslöchern.
Der Gesang
schäumender Meereswoge
im goldenen Sand
vom Salz der Erde
komponiert.
Das perlige Knacken
harzduftender Föhren
rotstrahlend im Sonnenlicht.
Das geheimnisvolle Lächeln
steinerner Fischköpfe
mit Weitsicht der Jahrhunderte
im Maul.
Der kirchturmige Glockenklang,
der metallisch die Augen
der Luft blank reibt.

Das alles
bin ich.

Ich betaste
den Weg meiner Reise
mit nackten Händen.
Ich bette den Koffer,
der mir Weggefährte war,
zur Ruhe.

Meine Heimat
ist
einzigartig in dieser Welt.

© Denise Weeke, Berlin 2011, Kopien für den privaten Bereich erlaubt, Übertrag in andere Foren und Medien nicht gestattet.

Aus aktuellem Anlass.

Peter von Groddeck
04.10.2011, 18:31
Hallo Waldkind,
nach langer Pause bist Du endlich wieder da. Auch wenn ich nicht mit allem von Dir einverstanden war, habe ich Deine Beiträge immer gerne gelesen. Willkommen zurück.
Gruß Peter

waldkind
04.10.2011, 19:53
Vielen Dank, Peter.
Ich bin auch nicht immer einverstanden mit dem, was ich schreibe. Und manches Wort schreibe ich, um es zu finden und dann über es nachzudenken. Und ja, was wäre die Demokratie, wenn wir immer mit allem einverstanden wären, was einer sagt?

Mir gefällt in dem Gedicht der Gedanke der Einzigartigkeit, die eine Heimat hat, die jede Heimat hat. Für jeden von uns ist sie vielleicht stückweise mit anderen teilbar, aber nie identisch oder austauschbar. Auch Menschen werden uns, oft schleichend und ohne jede Absicht, zur inneren Heimat.

Ich muss immer an dich denken, wenn ich über einen alten Plan von Ohra sitze und mir den Reyers-Garten/Hoene-Park anschaue.

Liebe Grüße
vom waldkind

Helga +, Ehrenmitglied
04.10.2011, 20:49
Hallo Miriam,

wie schön, von dir zu hören. Was für ein schönes Gedicht. Ich habe es mehrfach gelesen und nach jedem lesen ist es ein bisschen näher. Heimat ist doch eigentlich einmalig, aber für mich gibts neben meinem Geburtsort zwei weitere Orte, in denen ich so empfinde und in denen ich mich zuhause fühle, wann immer ich hinkomme oder daran denke.

waldkind
05.10.2011, 16:16
Liebe Helga,
genau das meine ich, was du sagst. Wir nehmen von überall was mit, dass in unserem Inneren zur Heimat werden kann. Die innere Heimat setzt sich bei den meisten vermutlich aus mehreren Orten zusammen, aus Eindrücken, Erfahrungen, Menschen usw.. Das macht dann die individuelle Einmaligkeit aus. So dachte ich mir das.
Liebe Helga, wenn es für dich drei Orte gibt, dann machen diese drei Orte dein Inneres aus, die Gefühle, die Erlebnisse, Bilder, Menschen, die du damit verbindest.

Ich lese das Gedicht auch gerne. Es gibt Vieles, worüber ich nachdenken kann. Ein kleiner Beweis, dass Gedichte nicht immer von Reim und Versmaß leben. Ich hatte mich von dem Bild leiten lassen, wie es ist, von Danzig auswandern zu müssen und dann irgendwann zurückzukehren. Wo genau ist die Heimat dann? Man hat etwas verloren, man hat was entdeckt, etwas wieder gefunden, neu erfunden, zurückerobert.

Schön, dass es dir gefällt, Helga.
Liebe Grüße