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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zeitzeuge, Warum ich darüber schreibe



Gerhard Jeske
30.01.2012, 13:49
Warum ich meine Erinnerungen niederschrieb?

Meine Aussagen, über die Vergangenheit sind nicht pessimistisch, sondern beruhen auf eigene Erlebnisse und Erfahrungen. Als ich nach 1945 in Schleswig Holstein die ersten Zeitungsberichte über den Exodus der Deutschen von jenseits der Oder las, erschrak ich. Zunächst konnte ich mir nicht klar werden, warum soviel Falsches, ja, Bösartiges in der Presse zu lesen war. Über die Landwirtschaft um Danzig wurde gesagt, dass die Polen das Land nicht bewirtschaften können, sie lassen die Felder ungenutzt liegen und verkommen.
Wie denn das: Ich erlebte in Danzig, dass die deutsche Wehrmacht den Befehl der Verbrannten Erde durchgeführt hatte, Dazu gehörte dass die Weichseldämme gesprengt wurden und das Wasser bis an den Stadtrand vor Klein und Groß Walddorf anstieg. Das Vieh wurde erschossen, Gebäude und Landmaschinen vernichtet. Für die nächsten Jahre war eine normale Landwirtschaft nicht möglich. Aber schuld daran waren die Polen. Diese feindliche Propaganda hält bis heute an. Ich verweise auf die Rede des Ministerpräsidenten Tillich aus Sachsen. Dieser Politiker mit einer politischen Karriere in der DDR ist heute in der BRD angepasst und deshalb so erfolgreich. Der Herr Ministerpräsident hielt zum- Tag der Heimat – eine Rede vor den so genannten Vertriebenen. Thema war „Der Schrecken der Vertreibung“ Er spricht vom Verlust der Heimat und dass 14 Millionen Hab und Gut verloren haben. Aber er verliert kein Wort über den faschistischen Krieg und Terror, kein Bedauern über die Massenmorde, Vertreibungen und Verschleppungen im Osten durch die deutschen Behörden und das Militär.
In der BRD ist ein Buch erschienen, es hat den Titel „ Unvergänglicher Schmerz“ Dieses Buch wurde zum dritten Mal gedruckt. In dem Buch werden leidvolle, realistische Erlebnisse missbraucht, um eine böswillige, gefälschte Geschichte zu verbreiten. Einige Geschichten sind so unwahr, dass sie an die Nazi Propaganda erinnern. Zu der politischen Entwicklung vor dem 1. September 1939 schreibt der Autor Porella: Zitat“ Hitlers relativ maßvollen Vorschläge einer exterritorialen Verkehrverbindung zwischen der abgetrennten Provinz Ostpreußen und dem Reich, sowie Anschluß Danzigs an Deutschland werden abgelehnt.“ Die Konsequenz daraus ist, dass Polens Chauvinismus bestraft werden musste. Hier verweise ich auf das Internet, wo von hunderten jüngeren Deutschen diese Ansicht übernommen wird und gegen die ich dort auch meine Artikel eingesetzt habe Wie bei Frau Erika Steinbach, oder dem, oben zitierten, Ministerpräsidenten von Sachsen und bei dem Autor des Buches- Peter Porella, fängt der Krieg erst an, . als die sowjetische Armee die Grenze von Ostpreußen überrannte.
Das Buch 712, von der Bundeszentrale für politische Bildung: 2010 veröffentlicht, heißt: „Kalte Heimat“ Der Autor ist Andreas Kossert. Dieses Buch ist jetzt in der BRD ein Standardwerk geworden. Bisher hieß es oft „Flucht und Vertreibung“ Im Untertitel wird diese Aussage reduziert und jetzt lesen wir im Untertitel des Buches, Zitat„ die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945„ Das Wort „ Flucht ist nicht vorhanden.
Die Darstellung des Protestes am 26.06.1987 von ehemaligen Konzentration Häftlingen, von Antifaschisten und Schülern, bei der Eröffnung des Ostpreußen Museums in Lüneburg, wird als Werk der linken Volksfront abgetan. Kein Wort verliert der Autor darüber, dass der Protest sich nicht gegen das Ostpreußen Museum richtete, sondern gegen seinen politischen Anspruch und mehrer Gründer des Museums,, die im Dritten Reich eine einflussreiche Stellung eingenommen hatten. Darunter war der ehemalige Vorsitzende der Faschistischen Studentenschaft in Riga, und danach SS-Obergruppenführer und Polizeiführer imWartheland und tätig beim SS – Rasse und Ansiedlungshauptamt Baron von Fircks, der zusammen mit Frau Erika Steinbach die Ostverträge abgelehnt hatte. Unter dem Begriff „ Die Kultur-Schlacht um den Osten“ wurden diese Ostdeutsche Musen gegründet.
Aber täuschen wir uns nicht: Das Verschweigen und die Manipulation der Geschichte ist ein Europäisches Problem. Das gilt auch für Polen. Als ich mein erstes Visum für eine Reise in die Volksrepublik Polen beantragt hatte, wurde der Antrag zum Reisebüro zurückgeschickt. Warum? Ich hatte meinen Geburtsort mit „ Danzig“ angegeben, das wurde nicht akzeptiert. Es musste „ Gdansk“ eingetragen werden, obwohl das nach internationalem Recht eine Urkundenfälschung war. Erst nach dem Polen in die Vereinten Nationen aufgenommen worden waren, akzeptierten sie das Urkundenrecht, dass die Namen in der ursprünglichen Schreibweise benutzt werden müssen.
. Als ich eine Aussage auf einer Polizeiwache machen musste, beschimpfte mich der Offizier als Revanchist, weil ich nicht polnisch antwortete. Er meinte, das ich polnisch sprechen konnte, denn ich bin doch1929 in Danzig geboren worden, und weil Danzig, in seinem Fall- Gdansk, eine polnische Stadt gewesen war, in der natürlich die polnische Sprache neben der deutschen existierte, musste ich seiner Logik nach auch polnisch sprechen können. Wer hier nach 1945 geboren wurde und mit der polnischen Sprache aufgewachsen ist, dem konnte man sehr leicht einreden, dass Danzig –also Gdansk, immer eine polnische Stadt war.
Ein anderes Problem entstand durch die Beschäftigung mit den Archiv Dokumenten, und es ließ sich auf die Dauer nicht verleugnen, dass in Danzig in der Vergangenheit lateinisch und die niederdeutsche Sprache als Amtssprache angewendet worden war.. Nun wurde dadurch Gdansk an die Geschichte der Hanse angehängt, aber wieder mit einer Ausblendung, nämlich der protestantischen Kirche, die weitgehend die Kultur in Danzig mitgeprägt hatte. Als ich 1997 in Gdansk ankam um einen Film über die Kunst Akademie anzufertigen, kam mir in der Akademie der Direktor entgegen und fragte mich aufgeregt, ob die Marienkirche bis 1945 evangelisch- protestantisch gewesen war. Er hätte es morgens in der Zeitung gelesen. „ Nicht nur die“ antwortete ich, „ Danzig, und alle anderen Hansstädte an der Ost und Nordseeküste waren nach der Reformation ab 1525 evangelisch geworden. Es ist schon erstaunlich, dass sich bis 1977 diese Unwissenheit hier erhalten hatte. Europa hat noch eine enorme Leistung vor sich, um aus den falschen Vorstellungen, dem, von der Propaganda vergifteten Bewusstsein, zu befreien.
Mit meinen Erinnerungen und meinen Artikeln im Internet, unter „Gerhard Jeske Danzig“ möchte ich meinen Anteil an der Aufhellung der Vergangenheit leisten, aber auch auf die alten Zöpfe aufmerksam machen, die leider immer noch geflochten werden. Ich hoffe, dass mein Buch und meine Artikel dazu beitragen werden.
Die erweiterte Ausgabe meines Buches ENGEL MIT TROMPETE - Danziger Moritaten bis 1945
Taschenbuch, 308 Seiten, ISBN 978-3943518-01, €14,95
Grafenhausen / Hochschwarzwald, ist erschienen in der EditionLumen-

Ab Mitte Januar ist die Kurze polnische Version im Internet zu erhalten::
Gerhard Jeske
Anioł z trąbką i inne opowiadania.
Gdańskie obrazy pamięci 1935-1945

Z niemieckiego tłumaczył Bogdan Kiebzak
Opracowanie: Mirosław Ossowski
Wstęp i wybór zdjęć: Józef Borzyszkowski

Gdańsk 2011, ss. 280

cena 25 zł, dla księgarzy 18 zł
Institut Kaszubski 80-837Gdansk Straganiarska 20 - 22

Willy.Gerdel
30.01.2012, 16:09
Lieber Gerhard.
Vielen Dank für Deinen Text.Dem kann ich zustimmen.Die Erfahrungen habe ich als fünfzehnjäriger im Werder auch gemacht.Mach weiter so.
Herzliche Grüße von Willy Gerdel.

Frischula
30.01.2012, 19:22
Lieber Gerhard Jeske,

ich finde Deinen für mich so dankbaren Bericht hier so informativ und ehrlich, sodass mich Dein Buch sehr interessiert und ich das bestellen werde !

Schöne Grüße aus dem Nordschwarzwald

Frischula

Christkind
30.01.2012, 20:41
Herr Jeske, ich besitze das Buch "Unvergänglicher Schmerz" von Herrn Peter Poralla.
Gern würde ich nachlesen, welche Berichte unwahr sind.
Könnten Sie diese benennen?
Herr Poralla lebt nicht mehr, da könnte man sich also nicht mehr erkundigen.
Ich meine, man kann doch nicht Tatsachenberichte veröffentlichen, wenn man sich nicht von der Richtigkeit überzeugt hat.
Aber wenn Sie das so schreiben, dann müssten Sie ja dafür Beweise haben.
Mit Grüßen,Christkind

Helga +, Ehrenmitglied
30.01.2012, 20:59
Ja, das würde ich auch gerne wissen. Ich besitze das Buch ebenfalls und schätze es sehr. Die Berichte haben mich sehr berührt und ich lese immer wieder darin.

Marc Malbork
30.01.2012, 22:35
Zitat Gerhard Jeske:
(...) am 26.06.1987 (...) Eröffnung des Ostpreußen Museums in Lüneburg (...) Unter dem Begriff „ Die Kultur-Schlacht um den Osten“ wurden diese Ostdeutsche Museen gegründet (...).

Ja, das mag 1987 so gewesen sein. Die Museen in Deutschland, die sich mit dem Kulturerbe der Vertreibungsgebiete befassen, sind heute allerdings im Wesentlichen zu normalen regional-kulturellen Institutionen mit durchaus breiterer, pluralistischer Sichtweise geworden. Wegen des weit verbreiteten Desinteresses an jenem östlichen Kulturerbe liegen ihre Probleme heute eher beim eigenen Fortbestand und der schwierigen zeitgemäßen Präsentation einer 1945 für immer untergegangenen Welt.

Ein Besuch vor Ort lohnt. Z.B.:

http://www.ostpreussisches-landesmuseum.de/

http://www.westpreussisches-landesmuseum.de/

http://www.pommersches-landesmuseum.de/

Waldschrat
31.01.2012, 08:55
http://www.instytutkaszubski.pl/oferta_06-23.html

Christkind
03.02.2012, 22:56
Herr Jeske, Sie schreiben in Ihrem Artikel vom 30.1.:
"In der BRD ist ein Buch erschienen, es hat den Titel „ Unvergänglicher Schmerz“ Dieses Buch wurde zum dritten Mal gedruckt. In dem Buch werden leidvolle, realistische Erlebnisse missbraucht, um eine böswillige, gefälschte Geschichte zu verbreiten. Einige Geschichten sind so unwahr, dass sie an die Nazi Propaganda erinnern."
Ich hätte gern gewusst, welche Geschichten in dem Buch "Unvergänglicher Schmerz" von P. Poralla unwahr sind.
Wenn Sie das so schreiben, müssten Sie auch Beweise dafür haben.
In #4 bat ich Sie schon mal darum.
Wollen Sie nicht näher erklären, was Sie damit meinen, oder können Sie es nicht?
_____
Mit Grüßen, Christkind

Willy Gohl
04.02.2012, 19:17
Ich bin 1933 im Werder geboren.Mir das heißt,
meiner Frau sowie meine beiden Schwestern ging es bei unserem ersten Besuch in Danzig
1997 ähnlich. Wir standen in der nähe des Krantors, vor uns die Fassade eines neu erbauten Hauses mit der Aufschrift zu verkaufen
Während wir uns noch unterhielten, wurden wir
von einem Mann angesprochen, der im fast
fließendem deutsch uns dieses Haus zum kauf
angeboten hat.Nachdem wir dankend abgelehnt
hatten, fragte er uns, ob wir am nächsten Tag
nicht in seine Schule nach Langfur kommen würden um mit seinen Kindern Konversation zu
üben. Wir haben dankend abgelehnt, aber am
Abend erschien er in unserem Hotel und hat uns
nochmals gebeten doch zukommen. Wir sind
also am nächten Tag mit dem Taxi nach Langfur
in diese Schule gefahren. Als wir ins Klassen-
zimmer kamen, wurden wir mit dem Riesen-
gebirgelied auf Deusch empfangen.Da stellten
wir fest es war eine Abitur