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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kriegsverlauf in Danzig 1943/1944



achimbodewig
26.04.2012, 13:44
Guten Tag,

wo, wenn nicht hier könnte ich wohl Antwort finden auf ein paar Fragen, die mich immer wieder beschäftigen?

Meine Großmutter (geb. 1918) hat im Sommer oder Herbst 1944 Zoppot verlassen und »Zuflucht« bei einer ihrer älteren Schwestern in Berlin gesucht. So erzählte sie. Leider lebt meine Großmutter schon seit fast zwanzig Jahren nicht mehr und immer wieder treibt mich diese Frage um: Warum hat sie 1944 das – so vermute ich zumindest – damals noch relativ kriegsruhige Zoppot verlassen und sich nach Berlin begeben, wo doch schon heftige Bombardierungen niedergingen? Erzählung meiner Oma: die Informationslage damals sei eben so gewesen, dass sie von Danzig bzw. Zoppot aus gar nicht mitbekam, wie unsicher Berlin war. Aber warum hat sie Zoppot als so unsicher empfunden, dass sie ihre fast schon greise Mutter und ihren dreijährigen Sohn in den Zug packte und nach Berlin fuhr?

Ich weiß natürlich, dass mir hier niemand die Gedankengänge meiner Oma erklären kann, aber vielleicht kann mir jemand mit geschichtlichen Abläufen auf die Sprünge helfen.

Wie entwickelte sich der Kriegsverlauf in Danzig und Umgebung in den Jahren 1943 und 1944? Hier im Forum las ich, dass es einen ersten Luftangriff im Juli 1942 gab und danach Ruhe herrschte.

Große Hoffnung habe ich natürlich wieder auf Wolfgangs Wissen und auf Erinnerungen seiner Mutter (die, wenn ich es recht im Kopf habe, selbst in Zoppot lebte).

Danke & Gruß, Achim

Uwe
26.04.2012, 13:56
Hallo Achim,

kann zwar nicht die Lage in Zoppot zu der Zeit beurteilen, weiß nur von Erzählungen aus der Familie meines Vaters, dass der Verlust der 6. Armee in Stalingrad Anfang 1943 familienintern als Kriegswendepunkt angesehen wurde. Das war natürlich offiziell nie ein Gesprächsthema. Einigermaßen klar denkende Menschen haben daraus ihre eigenen Schlüsse gezogen.
Außerdem ist Berlin ja groß und die äußeren Stadtteile waren nicht so massiv betroffen vom Bombenkrieg.


Herzliche Grüße

Uwe

wenzkauer
26.04.2012, 14:12
Hallo Achim,
laut meiner Familie wurde Zoppot kaum angegriffen und wäre nach 1945 relativ intakt gewesen. Wobei ich selbst dieses "relativ" nicht deuten kann, vielleicht im Vergleich zu Danzig.
Gruß Michael

stefanstefan
26.04.2012, 16:13
ich habe mal auf polnisch "Sopot während des Krieges" gegoogelt.

Und hier zB. http://histmag.org/?id=3491 steht

"Mimo, że alianckie bombowce rzeczywiście omijały Sopot, to jednak pogarszająca się sytuacja na froncie wkrótce znalazła odbicie w klimacie miasta. Po bitwie stalingradzkiej i utracie inicjatywy strategicznej na froncie wschodnim, wciąż rosła liczba przybywających do Sopot rannych i wojennych rekonwalescentów. Opera leśna, w której w roku 1942 odbył się ostatni Festiwal Wagnerowski, przekształcona została w składowisko ławek i krzeseł pochodzących z przekształcanych na szpitale miejskich szkół. Sukcesywnie pod lazarety adoptowano też miejskie hotele i budynki użyteczności publicznej14. Wreszcie, w marcu 1945 roku, kiedy rozszalały wojenny walec zbliżył się do pogrążonego w swoim baśniowym śnie miasta, zaczęła się ewakuacja niemieckiej ludności cywilnej i robotników przymusowych15.

23 marca 1945 roku po krótkich, lecz zaciętych walkach, do Sopotu wkroczyły pierwsze oddziały Armii Czerwonej, wchodzące w skład II Frontu Białoruskiego marszałka Rokossowskiego. W wyniku działań wojennych lub ich następstw i prawdopodobnie przy znaczącym udziale czerwonoarmistów, zniszczeniu uległo 125 budynków, a 625 zostało uszkodzonych. Spłonęła ogromna większość wspaniałego Domu Kuracyjnego wraz z kasynem, zniszczeniu uległo też kilka największych hoteli, między innymi wieńczące dolną część ulicy See Strasse Metropol i Werminghoff. Miasto było świadkiem upiornych scen. Zginęło wielu cywilów. Setki, a może i tysiące kobiet zostało zgwałconych."


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Obwohl die Bomber Zoppot in ruhe ließen, so hat sich das Klima in in der Stadt seit Stalingrad stätig verschlechtert. Es wurden überall Lazarette gebaut und immer mehr verletzte kamen nach Zoppot. Im März 45 näherte sich dann die Russische Front und die Bevölkerung wurde evakuiert. Es kam zu großen Zerstörungen (Kurhaus, Hotels usw.) und Massenvergewaltigungen...

Den ganzen Textausschnitt kannst du dir ja in Google übersetzen.

hugeno
26.04.2012, 17:17
Hallo, Achim,
so 100%ig kann ich auf deine Fragen auch nicht antworten.Ich selbst(1943) verließ 1944 ebenfalls mit meiner Mutter und meiner Tante Zoppot. Anlass war , dass polnische Jugendliche den jüngeren Bruder meiner Mutter auflauerten und ihn mit einer Eisenstange erschlugen. Die meisten Zoppoter ahnten, dass sich wohl eine Wende vollzogen hatte. So handelten viele vorzeitig und verließen bereits 1944 ihre angestammte Heimat.Ich persönlich glaube, dass diese Handlungsweise sicherer war, als später die Flucht. Aus meinem Familienkreis entschieden sich einige Verwandte 1945 mit der Wilhelm Gustloff zu fliehen.Das Schicksal ist ja bekannt. So gesehen verdanke ich wohl, dass ich heute noch lebe.
Gruß
hugeno

Marc Malbork
27.04.2012, 00:30
Hallo Achim,

das für Ost- und Westpreußen wesentliche Datum des Kriegsverlaufs war ab Sommer 1944 der völlige Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte in (Weiß-)Rußland mit riesigen Geländeverlusten der Wehrmacht. Das konnte auch der Wehrmachtsbericht nicht vertuschen. In der Folge waren beide Gebiete faktisch offen für den russischen Zugriff. Die Russen kamen Oktober 1944 aufs Reichsgebiet im Memelland und im nordöstlichen Ostpreußen (siehe u.a. Nemmersdorf), verhielten dann und besetzten das gesamte Land rasch ab der Offensive Mitte Januar 1945.

Soweit ich die Memoiren- und Sachliteratur (z.B. Lehndorff, Dohna, Dönhoff) in Erinnerung habe, werden auch für relativ frühe Fluchtbewegungen 1944 die Furcht vor dem Russeneinmarsch und die Hoffnungslosigkeit der militärischen Lage angeführt, wobei dies natürlich kein Mensch öffentlich sagen durfte.

Erste reguläre, wenn auch zum Teil chaotische Evakuierungsmaßnahmen aus dem nordostpreussischen Frontgebiet fanden ab Oktober 1944 u.a. ins südliche Ostpreußen bzw. nach Westpreußen statt. Individuelle Trecks etwa aus dem Memelland und Litauen soll es aber schon im Juli/August 44 gegeben haben. Solche unübersehbaren Bevölkerungsbewegungen verstärkten natürlich die Angst und Unruhe der Bevölkerung auch an der Weichselmündung. Ebenfalls schon in der zweiten Jahreshälfte 1944 wurden von Gauleitung und Behörden Evakuierungspläne für den Kreis Großes Werder aufgestellt.

Also, ich bin nicht dabei gewesen, aber das Thema "Flucht" dürfte ab Mitte 1944 vor allem wegen der dramatischen Veränderung der Kriegslage im Osten auf der Tagesordnung vieler Leute auch im ansonsten ruhigen Zoppot gestanden haben.

Poguttke
27.04.2012, 12:00
#2 - Uwe hat Recht, viele hatten ja schon beim Überfall auf Russland ein ungutes Gefühl, denen war natürlich nach Stalingrad klar, dass dies der Wendepunkt war und es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Russen kommen.

Uwe
27.04.2012, 16:25
Toll, Poguttke und mich trennen mal kein Welten. ;) Kleiner Scherz am Rande. :D

Herzliche Grüße

Uwe

stefanstefan
27.04.2012, 20:09
Hier zwei Filme in Farbe.

Zoppot 1940

http://www.youtube.com/watch?v=VxlvHbjM5ms&feature=channel&list=UL

Danzig 1939

http://www.youtube.com/watch?v=X5v1X3RvVCU&feature=channel&list=UL

Marc Malbork
27.04.2012, 23:57
Buchtipp:

http://www.zvab.com/advancedSearch.do?title=Danzig+1944++Gespraeche&author=

http://www.amazon.de/gp/offer-listing/B003884HH8/ref=dp_olp_0?ie=UTF8&redirect=true&condition=all

Kann ich zum Thema "Stimmung 1944 in Danzig " sehr empfehlen, Geschichte von unten, mit Zeitgenössischem illustriert. Zoppot kommt auch vor.

achimbodewig
10.05.2012, 12:17
danke für die rückmeldungen. es war dann wohl doch so, wie es meine großmutter sagte: die rote armee war zwar noch relativ weit weg, rückte aber näher und oma vertraute ab sommer 1944 nicht darauf, dass es in danzig so friedlich bleiben würde. ns-kriegspropaganda hin oder her.

ein bisschen hoffte ich, dass sich wolfgang oder seine mutter dazu melden könnten. wolfgang, lebte deine mutter 1943/44 noch in zoppot?

gruß, achim