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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Umzug von Danzig ins Reichsgebiet



achimbodewig
26.04.2012, 12:51
Nach meiner Bitte um Geschichtsnachhilfe in Sachen Kriegsverlauf 1943/1944 noch eine Bitte um Aufklärung:

Mindestens zwei der älteren Schwestern meiner Großmutter (*1918) lebten schon vor 1939 in Berlin.

Weiß jemand, wie sich das rechtlich damals verhielt? Konnte man als Bürger der Freien Stadt Danzig ohne Probleme ins Reichsgebiet umziehen? Völkerrechtlich war das ja Ausland. Wie verhielt es sich mit der Staatsbürgerschaft? Bekam man als Danziger in der Zwischenkriegszeit einfach so einen deutschen Pass?

Daniel Hebron
26.04.2012, 16:36
Hallo,

kenne mich mit der Situation in Danzig nicht aus, aber die Elsässer, die nach 1919 nach Deutschland umgezogen sind haben folgerichtig deutsche Pässe bekommen. Mein Urgrossvater, preussischer Staatsangehöriger mit Heimatschein aus Bromberg (poln. Korridor) hat auch ohne weiteres und ebenfalls folgerichtig nach 1919 die badische Staatsbürgerschaft erhalten wo er wohnhaft war.

Gruss
Daniel

Rudi
26.04.2012, 18:46
Hallo achimbodewik. Ja man konnte ins Reichsgebiet umziehen. Da in Danzig viele Männer Arbeitslos waren, ist mein Vater in 1937 wie viele andere nach Deutschland gegangen um zu arbeiten. Auch sind viele jüngere freiwillig zum Militär. Mein Vater ist 1940 von Wilhemshaven nach Gotenhafen versetzt worden und hat da die Deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.
Viele Grüße
Rudi Richmond,BC.Canada.

Marc Malbork
26.04.2012, 19:11
Achims Fragen dürften zunächst einmal durch Gesetze geregelt gewesen sein.

Allgemein wurde der Status von Ausländern (hier also Danziger Staatsangehörige) durch das Polizeirecht der Länder geregelt, ab 1932 vereinheitlicht. Für Preußen z.B. durch die Polizeiverordnung über die Behandlung der Ausländer des preuss. Ministers des Innern vom 27. April 1932. Text müsste ich erst nachforschen. Die Staatsangehörigkeitsfragen beantwortete das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuSTaG) von 1913.

Man müsste dann noch gucken, ob es spezifische Vereinbarungen zwischen der Freien Stadt und dem Deutschen Reich gab, da bin ich überfragt. Es war beim Reisen aber z.B. so, dass gegenseitig schon keine Visa verlangt wurden, der jeweilige Reisepass genügte.

Fraglich ist immer, wie die Gesetze von der Verwaltung praktisch gehandhabt wurden. Ich kann mich aus meiner Familie bei allem Hin- und Herzug Danzig - Dt. Reich nicht erinnern, dass mal von irgendwelchen Schwierigkeiten die Rede war und vermute, dass bei Danzigern sowohl eine etwa notwendige Aufenthaltsgenehmigung als auch die Einbürgerung nach RuStAG im Regelfall problemlos erteilt wurden.

Daniel Hebron
26.04.2012, 22:39
Habe es kurz mal nachgelesen. Da gab es doch diesen Versailler Vertrag, in dessen Artikel 106 steht folgendes:

"Während zweier Jahre vom Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages dürfen die deutschen Reichsangehörigen von über 18 Jahren, die ihren Wohnsitz in dem in Artikel 100 bezeichneten Gebiete [Anmerkung: gemeint ist hier die freie Stadt Danzig] haben, für die deutsche Reichsangehörigkeit optieren.

Die Option des Ehegatten schliesst die der Ehefrau, die Option der Eltern die der Kinder unter 18 Jahren ein. Personen, welche das vorerwähnte Recht der Option ausgeübt haben, müssen innerhalb der darauffolgenden 12 Monate ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen. ...."

Das ist mal eine Möglichkeit.:-)