PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Waldemar Nocny: Insel im Strom



Wolfgang
13.04.2008, 13:59
Über nachfolgendes Buch schrieb ich bei www.buch.de unter http://www.buch.de/shop/buecher/suchartikel/insel_im_strom_edition_pharos/waldemar_nocny/ISBN3-926529-86-5/ID6633188.html?jumpId=255649 eine Rezension:

Waldemar Nocny: Insel im Strom


«Ein unzeitgemäßes Buch wie zu Zeiten des Kalten Krieges»

Die polnische Originalfassung erschien bereits in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, also zu einer Zeit, als das deutsch-polnische Klima noch nicht so entspannt war wie einige Jahre später. Das mag Einiges erklären...

Waldemar Nocny liebt seine Heimat und aus vielen Beschreibungen in seinem Buch über die Landschaft, über das Meer, über Flora und Fauna, geht hervor, dass er, der Nachkriegsgeborene, tief verwurzelt ist in diesem Stückchen Erde. Wer so über seine Heimat schreibt, muss ein sensibler, ein empfindsamer, ein sympathischer Mensch sein. So denkt man zumindest. Aber was hat ihn geritten, eine solche Geschichte über die einheimische deutsche Bevölkerung zwischen I. und II. Weltkrieg zu schreiben?! Vieles von dem, was und wie er schrieb ist wunderbar, es sind Träume die in diesem Landstrich geboren und auf Papier festgehalten wurden. Aber was hat den studierten Historiker veranlasst, ein nicht im Entferntesten mit der Realität zusammenhängendes Bild der deutschen Bevölkerung zu verfassen? Es sind immer wieder Aussagen, Schilderungen und Passagen die verallgemeinernd den Eindruck hervorrufen, wie abgrundtief primitiv doch die Deutschen waren. Sex wie das Vieh nur in Ställen treiben, saufen, herumhuren, totschlagen, Juden jagen: Darauf scheinen die Deutschen spezialisiert zu sein. Am Ende des Buches, die Kriegsmaschinerie überrollt gerade die Nehrung, kommt es zu Vergewaltigungen. Aber nein, es sind nicht Russen, es sind deutsche Soldaten, die sich an der deutschen Frau vergehen, die sie schänden und ermorden. Und weil sie, also die Soldaten, gerade so schön dabei sind, geht das deutsch-deutsche Morden (SS-Soldaten gegen Zivilbevölkerung) primitiv-munter weiter.

Es wird da ein Bild gezeichnet das von verallgemeinernden Stereotypen und Klischees geprägt wird, das aber auch historische Fakten unberücksichtigt lässt. Sobald konkret von und über die Bevölkerung gesprochen wird, lässt der Autor erkennen, dass er schier Nullkommanull Ahnung vom Leben auf der „Bohnsacker Insel“ vor Ende des II.Weltkrieges hat. Was ich besonders vermisse, ist das Eingehen auf den dort seit Jahrhunderten lebenden Menschenschlag, auf seine Eigenheiten, auf das was er machte, was er arbeitete, wie er lebte, wie die Landschaft ihn prägte und umgekehrt wie auch er auf die Landschaft Einfluss nahm. Statt dessen wird der Eindruck erweckt, als habe es fast keine einheimische bodenständige Bevölkerung gegeben, denn praktisch alle Hauptfiguren, ob nun Pfarrer, ob Bauer, ob NS-Funktionärin, alle kamen sie in den Jahrzehnten zuvor aus dem "Reich" und Nocny wird nicht müde, das seine Romanfiguren immer wieder sagen zu lassen.

Dieses Buch ist ein ROMAN. Natürlich darf man in einem Roman Fiktives bringen, Erfundenes, Dinge, die es so nicht gab. Wenn nun aber die Absicht besteht, mit dem Buch eine Botschaft zu vermitteln, dann darf man in den wichtigen und meinungsbildenden Aussagen nicht zu Zerrbildern greifen.

Das Buch mag zwar mit gutem Willen geschrieben sein, aber es verhilft nicht im Entferntesten dazu, die Geschichte und die Leute der "Bohnsacker Insel" zu verstehen. Die dort seit Generationen lebenden Menschen haben dieses Buch nicht verdient! Was mich besonders ärgerlich macht: Die Publikation dieses Buch wurde mit öffentlichen Geldern des Bremer Senates gefördert.

Fazit: Ein schlimmes, ein ärgerliches, ein unzeitgemäßes Buch!

ada.gleisner
29.05.2013, 13:37
Gute Tag Wolfgang,
leider ist es nicht nur dieses eine Buch, welches Geschichtsklitterungen beinhaltet. Ich lese es immer wieder in Zeitschriften und Büchern, daß Polen noch nicht zu einem realen Geschichtsbewußtsein gefunden hat. Ich besitze ein Buch "Danzig von A - Z", von einem Polen geschrieben und übersetzt ins Deutsche, in dem als Mitbürger selbst im Mittelalter fast nur Holländer, Schotten und Polen auftauchen. Selbst bekannte Deutsche Namen haben immer etwas mit polnischen Vorfahren zu tun oder sind später enthusiastische Polen. Man ahnt die Tendenz, wenn man das liest und wird sauer und sprachlos . Gruß von Ada

Wolfgang
29.05.2013, 18:15
Schönen guten Nachmittag,
hallo Ada,

das Buch Professor Jerzy Samps "Danzig von A-Z" (1997) besitze ich auch. Und auch sein Buch "Eine Nacht auf der Speicherinsel" (1996, übersetzt 2004) in dem alte Danziger Sagen adaptiert werden und der Eindruck vermittelt wird, es seien alte polnische Sagen aus Danzig. Obwohl beide Bücher aus einer anderen Zeit stammen sind sie trotzdem interessant.

Waldemar Nocnys Buch dagegen ist nur eins: Obszön und empörend. Aber auch dies ist ein Buch aus einer anderen Zeit.

Seit fast 20 Jahren versuche ich praktisch alle Bücher die in deutscher Sprache über Danzig erschienen sind zu erwerben. Ich kann nicht exakt sagten wann ein Zeitenwandel eintrat, aber mit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union 2004 änderte sich ungemein viel.

Ich erinnere mich momentan keines Buches der letzten Jahre von dem ich sagen würde, bei dessen Lesen stünden mir die Haare zu Berge. Im Gegenteil. Es gab viele ungeheuer gute Bücher, in deutsch, aber auch vom deutschen ins polnische übersetzt. Und viele zeichnen sich durch große Objektivität und Genauigkeit aus. Gut, so mancher Reiseführer oder Bildband -bezeichnenderweise manchmal auch von Deutschen geschrieben- ruft nach wie vor nicht unbedingt pure Begeisterung hervor.

Aber phantastische Bücher gibt es z.B. über den großen Danziger Fotografen Rudolf Theodor Kühn (zweisprachig) oder über Berthold Hellingrath. Zudem gibt es polnische Übersetzungen alter Danziger Bücher und Reisebeschreibungen (z.B. von Zerneck). Nicht zu vergessen die sich häufenden objektiv geschriebenen Ortschroniken.

Über Nocnys Buch urteilte ich abschließend "schlimm, ärgerlich, unzeitgemäß". Es wurde 1999 geschrieben, im letzten Jahrtausend, in einer anderen Zeitrechnung. Seitdem hat sich Vieles zum Positiven gewendet und ich denke, dieser Trend ist anhaltend.

Viele Grüße aus dem warmen Werder
Wolfgang

mariano
29.05.2013, 23:58
Nach meiner Meinung ist der Herr Waldemar Nocny ein Fälscher der Geschichte /ich habe paar von Ihm geschriebene Bücher gelesen- in polnische Sprache/ und weil ich von meiner Kindheit viele Dinge kenne, kann ich bestätigen - der oft lügt. Übrigens....der Herr hat große Karriere in heutigem Danzig gemacht.

Wolfgang
30.05.2013, 00:31
Schönen guten Abend,

gut, das Buch über die "Bohnsacker Insel" ist nun schon ein paar Jahre alt, trotzdem irritiert noch immer die Presseinformation der Senatspressestelle Bremen: http://www.senatspressestelle.bremen.de/sixcms/detail.php?id=6945 mit der das Buch und der Autor hochgelobhudelt wird.

Fassungslos macht auch der Atlantik-Verlag bei dem das Buch erschien: http://www.atlantik-verlag.de/?p=buch&pt=82. Dort heißt es "Waldemar Nocny erzählt nicht mit dem erhobenen Zeigefinger eines Nachgeborenen, sondern mit Liebe, leiser Ironie, Melancholie und feinem Gespür für die Eigenheiten und Abgründe seiner Figuren. Die aber sind uns ähnlicher, als es zunächst den Anschein hat: so daß Insel im Strom nicht nur ein erhellendes Buch über die Vergangenheit ist, sondern zugleich ein beklemmend aktueller Roman über unsere Gegenwart".

Ich kenne kein Buch über Danzig oder dessen Umgebung, dass in größerem Widerspruch zur Verlagsaussage steht. Ich verstehe es noch immer nicht wie man als normaldenkender und normalempfindender Mensch ein solches Buch schreiben kann... - wer das Buch nicht kennt, sollte vielleicht noch einmal den ersten Beitrag dieses Themas lesen.

Schöne Grüße aus dem sommerlichen Werder
Wolfgang

Bernstein
13.02.2015, 00:36
Hallo, ich habe letzte Woche das Buch in einem Antiquariat gesehen und gekauft. Habe leider nicht zuvor hier diese Kritik gelesen. Das ist ja eine solche obszöne Hetze und so erstunken und erlogen, was da der "Historiker" Waldemar Nocny schreibt! Das ist zwar ein Roman, aber er wurde von einem Historiker geschrieben und da kommt man als unbefangener Leser zuerst gar nicht drauf, dass dies krankhaftem Wahn entspringt.

Ulfried

Wolfgang
13.02.2015, 12:07
Schönen guten Morgen,

Regina schrieb am 18.06.2006 in Yahoogroups (wo wir früher unser Forum hatten) folgende Kommentierung zu dem Buch:

=== Anfang ===

Das Buch "Insel im Strom" ist ein furchtbares
Buch. Das schlimmste Buch in meinem Leben.Es ist kein Buch
ueber die Vergangenheit, es ist eine Beleidigung fuer die
damaligen Einwohnern von Bohnsack. Ich habe das Buch meinen
zwei Freundinnen, alten Danzigerinnen gezeigt, sie waren auch
empoert.Das Buch ist eine mit Herzblut, geschriebene
Sxchweinerei.Ich habe es vor ca. drei Jahren in der polnischen
Sprache gelesen und war sehr aufgeregt.Ein Beispiel: Abends
haben sich Maedchen und junge Frauen an einem Lastwagen
versammelt und fuhren nach Langfuhr in die Kasernen um Geld zu
verdienen. Ich habe damals in Heubude gewohnt. Es war da ein
ruhiges Leben, trotz des Krieges
Die Kinder gingen zur Schule oder Kindergarten, die meisten
Maenner waren eingezogen, die Frauen mussten arbeiten. fuer die
Kinder und alees andere sorgen.Abends war alles still, Angst
vor Luftangriff oder schlechten Nachrichten. Ich bin sicher,
dass es in Bohnsack auch so war. Wir fuhren am Sonntag oft nach
Bohnsack, aber ich habe da niemals SS=Maenner rumlaufen
gesewhen. In Heubude auch nicht.Es hat bestimmt einige
Parteigenossen gegeben aber die sind damit nicht ueberall
rumgelaufen.Niemand, der damals da nicht gelebt hat, hat das
Recht so etwas zu schreiben. Nach dem Nocnz hat es in Bohnsack
nur SS-Mitglieder und Huren gegeben.Wie kann ein Gehirn so
etwas, wie die Geschichten im Buch nur ausdenken. es ist eine
Beleidigung fuer die Frauen, fuer die Einwohnerin dieser
Umgebund. Meine Familie und Freundinnen sagten : rege dich
nicht so auf, das ist ein Roman.Aber ein Pole, der nach dem
Krieg hierher gekommen ist- wird das bestimmt glauben und seine
Gedanken ueber die Einwohner haben. Zum Glueck sind die Namen
im Buch nicht die richtigen, ich habe es im Einwohnerbuch 1942
geprueft.
Es ist keine Schadenfreude, aber es ist gut, dass der Waldemar
Nocnz nicht mehr im Stadtamt arbeitet und nichts mehr mit den
Schulen zu tun hat, und mit Bremen.Ich habe im April 1976 die
Rahmenvereinbarung zur Partneschaft zwischen Bremen und Danzig/
unterm Arm, zum Rathaus zur Unterzeichnung getragen. Am
Langassertor habe ich in den Himmel geguckt und meiner Mutter
gresagt: siehst Du, der eisene Vorhang, der Dir so weh getan
hat, wird langsam fallen.Bremen steht mir sehr nah.
Helga hst Du nicht gemerkt wie sehr der Nocny die Deutschen
nicht liebt ?.Ich habe gehoert, dass er jetzt ein Buch ueber
Heubude schreiben will. Hoffentlich wird er es nicht wagen,
denn das Buch ueber Bohnsack wird hier nicht gekauft und ich
hoffe in Deutschland auch nicht.
Durch den Krieg hat mein Vater seine drei Brueder verloren, der
Krieg war fuer meine Familie und fuer uns Alle ein Verfluch,
muessen wir staendig daran eriinert werden.
Viele herzliche Gruesse
Regina Danzig

=== Ende ===

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang