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Wolfgang
03.11.2012, 23:30
Aus "Unser Danzig", Ausgabe Mai 1955, Seite 19

Wenn die Weichseldämme brachen...
(ohne Autorenangabe)

Blättern wir einmal in den Chroniken der Dörfer des Kreises Großes Werder, so finden wir immer wieder Berichte von Überschwemmungen durch Weichsel und Nogat. In einem ständigen Kampf mit dem Wasser lebten unsere Vorväter und Väter, immer in der Gefahr, durch Überschwemmungen um den Preis ihres Fleißes gebracht zu werden. Die Kette der Unglücksjahre reißt nicht ab.

1376 brach die Weichsel an vier Stellen aus und verursachte großen Schaden; 1394 überschwemmten Weichsel und Nogat den größten Teil des Großen Werders. 1395, 1398, 1403 und 1409 wiederholten sich die Deichbrüche in noch größerem Ausmaße. Früh schlossen sich die Einwohner der Ortschaften zu Hilfsgemeinschaften zusammen, um gemeinsam bei Gefahr und Hochwasser Schutzmaßnahmen treffen zu können. Die "Große Werder Kommune" entsteht; die Marienburger Komturei war in fünf Winkel aufgeteilt, jeder wählte seinen Deichgeschworenen, den "Diekschwager".

Der Deichbruch bei Schöneberg 1526 ist wohl einer der schrecklichsten der damaligen Zeit gewesen. Fünf Jahre dauerte es, bis der breite Bruch des Dammes gestopft war. Große Teile der Marienburger Komturei blieben jahrelang unter Wasser. Die Bewohner dieses Gebietes wanderten aus. Nicht weniger als 19 Wasserjahre verzeichnet das 17. Jahrhundert, davon fünf schwere. Von den schlimmsten Wassernotzeiten berichtet ein Chronist: "Unser Werder ist zur Wüstenei geworden und ganze Dörfer menschenleer, da die Bewohner ihre Häuser verlassen mussten."

Weitere Überschwemmungen folgten. Wohl war die Aufsicht über die Instandhaltung der Dämme mit Beginn der preußischen Verwaltung von 1772 gewissenhaft durchgeführt worden, dennoch zeigten sich Weichsel und Nogat stärker als das Menschenwerk. Große überschwemmungen mit teils verheerenden Wirkungen folgen: 1780,1783, 1786, 1816, 1823, 1829, um nur einige zu nennen. Am 1. Februar 1840 bahnte sich die Weichsel bei Eisgang und Hochwasser eine neue Mündung bei Neufähr. Die Wassermassen schoben ein Stück der Düne in das Meer, ein neuer Arm war gebildet.

Im März 1855 rissen die Wassermassen an drei Stellen riesige Löcher in die Deiche und überfluteten lange Zeit das Werder, das einem weiten See glich. Von jener Wassersnot berichtet die chronik der Tiegenhagener Schule: "Das Wasser kam so schnell und stieg so hoch, wie es hier noch niemand erlebt hatte. Viel tausend Stück Vieh aller Art ersoff. In der Schule stieg das Wasser fünf Zoll über die Fensterköpfe. Gott danken tat, wer seinen Stubenkahn in Ordnung hatte. Der Lehrer nebst Familie und noch andere Familien, die sich zu ihm gerettet hatten, saßen zehn Tage und Nächte bei schrecklicher Kälte auf dem Boden des Hauses.

Den ältesten Einwohnern des Großen Werders wird noch die Katastrophe des Jahres 1887 in Erinnerung sein, die als eine der schwersten galt. - Mit dem Durchstich bei Schiewenhorst im Jahre 1895 ist die Überschwemmungsgefahr endgültig gebannt worden.

Nichts ist den Bewohnern dieses Kreises erspart geblieben; Blütezeiten wechselten mit Notzeiten; Jahren des Wohlstandes folgten Jahre der Armut. Unbeirrbar aber schufen unsere Väter an ihrer Scholle, an ihrer Heimaterde.

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Poguttke
06.11.2012, 21:20
"Der Schimmelreiter" hat mich in meiner Schulzeit sehr beschäftigt, erst viel später wurde mir klar, daß diese Geschichte im Danziger Land spielt, Gero