Wolfgang
02.01.2013, 15:16
Aus "Unser Danzig” Nr. 16 vom 20. August 1991, Seiten 14-15
Staatliche Aufbauschule Neuteich
Erinnerungen von Erwin Flink
Neuteich, das ist das kleine, hübsche und saubere Städtchen an der Schwente im Großen Werder mit ca. 4000 Einwohnern zu unserer Zeit.
Am 1. April 1920, so schreibt Herr Oberlehrer Heinrich Lettau in seinem Heimatbuch über Neuteich, wurde in Neuteich eine Realschule als "Höhere Knaben- und Mädchenschule mit Vorschule" eröffnet.
Allerdings, um das Abitur zu machen, mussten die Schüler und Schülerinnen nach Marienburg ausweichen oder in unsere Kreisstadt Tiegenhof. 1937 wurde die Realschule in eine "Staatliche Aufbauschule" umgewandelt. Von ihr will ich berichten. En nous, es wird keine unbedingte chronologische und dokumentarische Abfolge geben, es wird bestimmt lückenhaft sein und, weil aus eigenem engen Blickwinkel gesehen, nicht immer neutral und unbefangen. Dafür will ich aber von den Menschen erzählen mit ihren großen und kleinen Wünschen, aber auch Schwächen, die diese Aufbauschule voller Neugier, tief atmend und lebendig in ihrer Gegenwart erleben wollten. Der unsinnige Krieg 1939 hat vieles zunichte gemacht, was so gut begonnen und auch hätte enden können. An anderer Stelle mussten nach 1945 viele von uns ganz von vorne anfangen, oftmals unter unwürdigen und katastrophalen Verhältnissen.
Ostern 1937 wurde die Realschule der Stadt Neuteich in eine Staatliche Aufbauschule (SAS) umgewandelt. Aufbauschulen entsprachen in ihrer Struktur den Gymnasien der damaligen Zeit. An ihnen konnte man das Abitur ablegen. Nach sechs erfolgreichen Volksschuljahren mussten noch ebenso viele Jahre an der Aufbauschule absolviert werden. Die Anfangsklasse der SAS war die Quarta. Wer von einer Realschule oder einem Gymnasium zu uns kam, wurde entsprechend eingestuft. Die SAS blieb vorerst in den engen Räumlichkeiten der Realschule am Friedensmarkt, bis sie 1939 in das Waisenhaus, das in der Dirschauer Chaussee lag, verlegt wurde. Im Waisenhaus waren die Räume nicht so eng und klein gehalten; das kam besonders den naturwissenschaftlichen Fächern zugute, die Klassen konnten hier reichhaltiger ausgestattet werden und in ihnen konnte somit auch besser experimentiert werden.
Die Schüler der ersten Quarta in der SAS waren ein wild zusammengewürfelter Haufen. Wie bei der Realschule auch, resultierten sie aus allen gesellschaftlichen Schichten des Werders und der Stadt Neuteich, als auch der Kreisstadt Tiegenhof. Die Schüler kamen von den größten und kleinsten Volksschulen, bis hin zur Zwergschule, in der eine Lehrkraft alle Altersstufen des Ortes in nur einem Klassenzimmer zu betreuen hatte. Außerdem klaffte in dieser ersten Quarta das Alter der Schüler bis zu drei Jahren auseinander. Volksschüler hatten sich nach acht Volksschuljahren noch zum Besuch der SAS entschlossen, oder kamen aus anderen höheren Schulen zu uns. So entsinne ich mich an Hansi R., Manfred Sch., Günther J. und einige aus dem Ort Schöneberg, die bedeutend älter waren, als das Gros dieser Quarta. Somit war auch das schulische Wissen sehr differenziert, ein weiteres Handikap für die Lehrkräfte, das Unterrichtspensum bewältigen zu können. Die erste Quarta war außerdem zahlenmäßig sehr stark, was sich nach dem ersten Schuljahr änderte. Bei den Folgeklassen pendelte sich alles bis zur Normalität ein.
Vom Lehrkörper der Realschule unterrichteten uns auch in der Staatlichen Aufbauschule Herr Studienrat Dahms (Mathematik) und Fräulein Gertrude Wilda (Zeichnen). Der erste Leiter der SAS war Herr Studiendirektor Fierke. Unser erster Klassenlehrer der Quarta war Herr Studienassessor Dr. Alfons Hoppe; auf dessen Gesicht spielte stets ein schelmisches Lächeln. Er war außerordentlich sympathisch und ein sehr guter Klassenlehrer.
Ich hätte eigentlich nach bestandener Auslese in den Gauen Danzig-Westpreußen und Ostpreußen zur politischen Führungsanstalt nach "Krösingsee" gehen sollen. Ostern 1937 hatte ich aber nicht pünktlich den geforderten und unumgänglichen arischen Nachweis über mehrere Generationen beisammen, so erhielt ich ersatzweise eine Freistelle in der Staatlichen Aufbauschule (SAS) Neuteich.
Mein erster Tag in der SAS Neuteich begann dann auch sogleich ungewöhnlich. Beim morgendlichen Aufruf der Schüler, die damals noch aufzustehen hatten, sagte der Klassenlehrer, Herr Dr. Alfons Hoppe, zu mir: "Na, willst Du nicht aufstehen?" Er konnte ja nicht wissen, dass mein Gardemaß zu jener Zeit ganze 125 cm betrug. Vom Katheder war wohl auch nicht so recht zu sehen, dass ich schon stand, also kam die erneute Aufforderung an mich, nun schon etwas schärfer, aufzustehen. Da stieg ich kurz entschlossen, beherzt und demonstrativ, auf die Klassenbank und postierte mich in meiner vollen Größe. Brüllendes Gelächter der ganzen Schüler setzte ein, Herr Dr. Alfons Hoppe gab sich lachend geschlagen. Es war mein erster großer Auftritt in der SAS.
Mein zweiter amüsanter Auftritt war nicht weniger spektakulär. Ein Boxkampf an einem Elternabend im Deutschen Haus in Neuteich. Inzwischen hatte ich die stattliche Höhe von 127 cm erreicht. Mein nicht zu unterschätzender Gegner aus einer der höheren Klassen war Kurt Borowski, seine Größe 193 cm. Zum Gaudi der Eltern, der Lehrerschaft und der Schüler und unter lautem Hallo gewann selbstverständlich ich diesen zünftigen "Jahrhundertkampf zweier Giganten" unangefochten durch technischen K.o. - Lieber Kurt, es war sicherlich für alle Beteiligten ein Riesenspaß und ein herrliches Vergnügen, erinnerst du dich noch. Ich hoffe nur, dass deine blauen Flecken von damals heute nicht mehr sichtbar sind.
Zu unserer Aufbauschule gehörte auch ein Internat für Knaben. Die Schülerinnen, die von außerhalb der Stadt kamen und nicht täglich nach Hause fahren konnten, mussten sich in Neuteich ein privates Quartier suchen. Zuerst logierten wir in der Jugendherberge der Stadt Neuteich, direkt hinter der SAS in der Reiferbahn gelegen, am Park mit dem Kriegerdenkmal. Danach wurde das Schülerheim in das spätere Amtsgericht gegenüber den beiden Bahnhöfen verlegt und schließlich in das Waisenhaus, wo inzwischen auch die SAS ihr Domizil gefunden hatte.
Im Internat war stets viel Umtrieb und eigentlich immer eine gute Atmosphäre. Wer interessiert war, konnte in der Freizeit eine Menge Spiele lernen, auch Schach und Skat. Herr Studienrat Dahms, der im Amtsgericht Leiter des Internats war, Erich M. und Erich A. waren exzellente und ausgebuffte Skatspieler, wie auch Kurt P. aus meiner Klasse mit seinen 13 Jahren. Ein Zehntelpfennig war im allgemeinen bei uns Schülern angesagt.
Herr Studienrat Dahms lehrte uns Schüler auch den Segelflug-Modellbau. Viele Schüler machten von diesem Angebot Gebrauch und widmeten sich später der reizvollen Segelfliegerei. Sie sind in den Ferien bis in die landschaftlich schöne Rhön gefahren, um ihrem Hobby frönen und um die entsprechende A-, B- oder C-
Prüfung ablegen zu können. Mein Freund Otto Bremert ist im nachhinein bei der Deutschen Luftwaffe gelandet. Leider ist er noch am letzten Tag vor Beendigung des Krieges in Nürnberg gefallen.
Von Kurt Ohmann sollte ich unbedingt erzählen. Genial begabt, hatte er in allen Schulfächern beste Noten. Hilfsbereit hat er uns oftmals bei schwierigen Hausaufgaben geholfen, sie zu lösen, wenn wir nicht weiter wußten. Er machte das alles so aus dem Handgelenk, wo andere heiße Köpfe bekamen.
Beispiellos war das Unterfangen von Herrn Dr. Alfons Hoppe im Verein mit Herrn Dahms: In der geschmückten Aula, wo einem Grammophon die Musik entlockt wurde, arrangierten sie für die höheren drei Klassen in der Narrenzeit am Aschermittwoch ein Kaffeekränzchen mit Tanz, um erstmalig auch in der SAS einen Hauch von Narretei wehen zu lassen, wie es bereits an den Schulen in Danzig praktiziert wurde. Aus damaliger Sicht natürlich eine kleine Sensation. Wir Jüngeren mussten bedienen, die verdienten Trinkgelder aber blieben aus.
Von "Jessi" will ich auch berichten, die in der Stadt Neuteich ein Privatquartier hatte. Die kleine schwarzhaarige E. S., "Jessi" wurde sie nach ihrem großen Vorbild Jessi Owens gerufen, denn sie flitzte wie er die Aschenbahn rasant hinunter, ließ sich von den "Männern/Schülern" gerne die Schultasche tragen. Jeden Morgen wußte der eine oder andere Schüler es so einzurichten, dass er "Jessi" traf, um ihre Schultasche tragen zu können.
Mein Bericht von der SAS wäre unvollkommen, würde ich nicht von Fritzchen sprechen, meinem Internats- und Schulkameraden. Nachdem in der Chemiestunde über organische Chemie und somit auch über die Herstellung von Alkohol gesprochen worden war, schritt Fritzchen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion selbst zur Tat und stellte erfolgreich den begehrten "Stoff" her. Leider vergaß Fritzchen, hinterher den Kühlschlauch abzustellen, so dass der darunterliegende Raum des Direx "überflutet" wurde. Daraus resultierten in der Aufbauschule folgende Verse:
"Fritzchen hatte die Erleuchtung,
Der Direx aber sein Keulchen,
Damit schlug er Fritzchen auf ein bewusstes Teilchen,
Doch der Herrgott im Himmel droben fand,
Kinder, wenn ihr nicht artig seid, bewerf ich euch mit Sand."
Schülerverse, aber immerhin in etwa treffend.
Hallo Schöneberger, euch darf ich selbstverständlich nicht vergessen, wenn ich von der SAS berichte. Wisst ihr es noch? Jeden Tag kamt ihr vehement im Sommer gemeinsam angeradelt. Am Tor der SAS angekommen, zogt ihr dann alle jedes Mal unüberhörbar eure Fahrradklingeln, sehr zum Leidwesen und Ärger des immer ein wenig brummigen Hausmeisters, und fuhrt unter lautem Gebimmel in den Schulhof ein. Euer Schellen war bis in die letzte Klasse zu hören, und jeder der SAS wusste, unsere Schöneberger sind da. Wir fanden es damals toll von euch.
Ich schreibe, wie gesagt, diese Zeilen alle aus der Erinnerung heraus und will nur berichten und nicht werten. Eines aber sollte ich trotzdem sagen. Neben unseren Eltern verdanken wir unseren Lehrkräften ein gutes Bildungsniveau und einigermaßen Umgangsformen. Zweifellos war die eine oder andere Lehrkraft nicht so beliebt, das lag aber daran, dass einige Schüler den Lehrstoff nicht mochten, nicht verstanden oder begriffen. Im Unterbewusstsein machten sie dafür alleine ihren Lehrer verantwortlich, was hier und da Aversionen aufbaute, die aber nicht, so meine ich, in der Schuld der Lehrer zu suchen sind.
Nein, die Bibel haben damals wohl die wenigsten gelesen, schon gar nicht in der Schule. Doch sollte ich hier ein Wort der "Weisen" einbringen: Wenn du einen siehst, der sich selbst für klug hält, da ist für einen Toren mehr Hoffnung als für ihn.
Urteilen wir im nachhinein einmal selbst. Auf die Bitte des Lateinlehrers für den Satz von Horaz "Quot capita, tot sensus" ein Beispiel zu nennen, antwortet der gefragte Schüler F. kess: "Ein Bauer fährt einen Wagen voller Kohlköpfe in die Stadt. Der Wagen bricht unterwegs auseinander. Die Kohlköpfe rollen nach allen Seiten. Da sagt der Bauer: So viele Köpfe, so viel Sinne." Es sollte seitens des Schülers wohl witzig und launig klingen. Für den Lateinlehrer aber war es wohl eine kleine Herausforderung. Unser damaliger Lateinlehrer, Herr H., blieb aber trotzdem gelassen. Dieses Beispiel zeigt aber, dass es unsere Lehrkräfte nicht immer leicht hatten.
Ein Lob gebührt allen unseren Lehrkräften, die sich auch noch nach den Schulstunden uns selbstlos widmeten. Es waren dieses insbesondere die Verantwortlichen des Internats. Nach dem Abendessen lehrten sie uns nicht nur Spiele im Heim, sondern spielten auch mit uns Tischtennis oder auf dem nebenan gelegenen Sportplatz Faustball. Hierzu gesellten sich auch oftmals Lehrkräfte, die in der Stadt Neuteich wohnten, ganz besonders gerne "Franz" und seine Frau "Ulla". Seine Frau lehrte an der Volksschule Neuteich. Nach meinem Weggang von der SAS zeichnete sie für den Sport an der SAS in den unteren Klassen verantwortlich. - Viele unserer Lehrkräfte hatten ja auch noch das Amt des Klassenlehrers inne, das weitere Verantwortung und zusätzliche Arbeit für sie bedeutete, so dass ich hoffe, mit meinen kargen und dürftigen Worten dennoch ihr segensreiches Schaffen und Wirken genügend gewürdigt zu haben. - Ihnen allen sage ich, wohl auch im Namen aller derer, die als Schüler in der SAS waren, schlicht ein von Herzen kommendes Dankeschön.
Nachstehend der Versuch, sich unserer Lehrkräfte zu erinnern.
Studiendirektor Fierke: erster Leiter der Staatlichen Aufbauschule. Herr Fierke unterrichtete in Deutsch. Anfang des Krieges 1939 als Oberstleutnant der Reserve zur Deutschen Wehrmacht einberufen.
Studienassessor Dr. Alfons Hoppe: Er kam aus Danzig zu uns. Erster Klassenlehrer der Quarta in der SAS. Deutsch- und Erdkunde lehren Studienrat Hans Dahms: Mathematik, Algebra, Geometrie. Zeitweilig Leiter der SAS und des Internats.
Oberlehrerin Gertrude Wilda: Von uns Schülern zärtlich "Trudchen" genannt. Erteilte Zeichen-, Werk-, Bastelunterricht, Mädchenhandarbeit und Turnen. "Trudchen" hatte für unsere Schule das Emblem entworfen, das wir auf unserer Sportkleidung trugen. Es war das Neuteicher Wappen mit den Buchstaben SAS für Staatliche Aufbauschule.
Studienrat Heinz Meske: genannt "Franz". Umschwärmt und geachtet. Für seine Fächer Geschichte, Erdkunde und Deutsch war er stets gut vorbereitet. Sein "roter Faden" war in der ganzen Schule bekannt.
Studienrat Hans Rebeschke: Englisch und Erdkunde. Herr Rebeschke war direkt von England zu uns gekommen. Sein Englisch war hervorragend. Er sprach auch fließend Französisch, was aber in der SAS nicht gelehrt wurde.
Studienrat Heydeck: Herr Heydeck war aus Ostpreußen/Riesenburg zu uns gekommen, erteilte in der Hauptschule Latein, aushilfsweise Turnen: stets in korrekter Haltung mit "Schlips", "Steifem Kragen" und natürlich "Weste".
Studiendirektor Dr. Georg Brettschneider: erteilte Deutschunterricht. Er war Leiter der SAS und des Internats.
Studienassessor Hans Weichler: Biologie, Chemie, Physik. Seine Ruhe, so glaube ich, hat sich auch auf uns Schüler übertragen. Sein Unterricht war stets interessant und ging gelassen über die Runden.
Studienassessor Haase: Hauptfach Sport, gelegentlich Englisch. Herr Haase war an der damals schon berühmten Sporthochschule in Leipzig ausgebildet worden. Bei ihm habe ich die erste Riesenwelle am Reck ausprobiert.
Studienassessor Wilma: genannt "Gürbi". Die Sachsen sprechen bekanntlich das K als G. Erteilte Biologieunterricht. Herr Wilma war begeisterter Orgelspieler.
Fräulein Elsa Nerstheimer: Sie erteilte Erdkunde und Deutsch. Fräulein Nerstheimer war aus Bessarabien zu uns gekommen (einer Landschaft nördlich des Schwarzen Meeres).
Studienassessor Bayer: Geschichte.
Studienrat Palm: Mathematik, Chemie, Physik.
Studienassessor Lenz: Englisch. Gefürchtet wegen seiner harten Kopfnüsse. Harmoniumspieler. Zur Einweihung der SAS im Waisenhaus spielte er "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre".
Studienassessor Zander: Biologie. War Hockey-Nationalspieler gewesen. Betreute uns im Internat und in der Jugendherberge. Herr Zander war rein äußerlich ein schöner Mann, so sagten unsere Mädchen.
Studienassessor Dr. Minett: Deutsch und Englisch. Pfeifenraucher.
#Studienassessor ???: Wir nannten ihn "Jumbo". Seinen richtigen Namen bringe ich nicht mehr zusammen. "Jumbo" war ein hervorragender Sprachwissenschaftler. Er beherrschte mehrere Sprache, u. a. Latein, Englisch, Französisch und Spanisch. Nach kurzer Lehrtätigkeit an unserer Schule wurde "Jumbo" an die Uni nach Königsberg versetzt.
Oberlehrer Felix Haselau: Herr Haselau unterrichtete in den letzten zwei/drei Jahren vor Beendigung des Krieges in der SAS Gesang und Musik. Herr Haselau war auch Komponist.
Während der letzten Kriegs jähre war der Unterricht in der SAS aus vielerlei Gründen nicht immer geordnet. Wir Schüler mussten zum Beispiel zu Ernteeinsätzen in Danzig-Westpreußen und dem Generalgouvernement. Die Letzten der Klasse um Gerda M. haben bei Neustadt Panzergräben ausgehoben. Gerda hat für sie gekocht.
Viele meiner Schulkollegen sind vorzeitig, wie ich auch, zum Arbeitsdienst oder zur Deutschen Wehrmacht eingezogen worden. Nach den damaligen Schulbestimmungen erhielten wir das sogenannte "Notabitur".
Heute beherbergt unsere Staatliche Aufbauschule in Neuteich eine polnische Landwirtschaftsschule. In einem großen Garten gegenüber der Schule, auf der anderen Straßenseite, werden Getreidesorten gezüchtet und auf ihre Tauglichkeit zur Anpflanzung im Werder und ganz Polen getestet.
Die Erinnerungen, liebe Landsleute, bauen uns Brücken, über die wir in die Vergangenheit wandern können, ohne gesehen zu werden. Und der Dichter Jean Paul sagt: "Erinnerung ist das einzige Paradies, woraus wir nicht vertrieben werden können."
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Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.
Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung durch den Rechteinhaber:
Bund der Danziger
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23552 Lübeck
Bei vom Bund der Danziger genehmigten Veröffentlichungen ist zusätzlich die Angabe "Übernommen aus dem forum.danzig.de" erforderlich
Staatliche Aufbauschule Neuteich
Erinnerungen von Erwin Flink
Neuteich, das ist das kleine, hübsche und saubere Städtchen an der Schwente im Großen Werder mit ca. 4000 Einwohnern zu unserer Zeit.
Am 1. April 1920, so schreibt Herr Oberlehrer Heinrich Lettau in seinem Heimatbuch über Neuteich, wurde in Neuteich eine Realschule als "Höhere Knaben- und Mädchenschule mit Vorschule" eröffnet.
Allerdings, um das Abitur zu machen, mussten die Schüler und Schülerinnen nach Marienburg ausweichen oder in unsere Kreisstadt Tiegenhof. 1937 wurde die Realschule in eine "Staatliche Aufbauschule" umgewandelt. Von ihr will ich berichten. En nous, es wird keine unbedingte chronologische und dokumentarische Abfolge geben, es wird bestimmt lückenhaft sein und, weil aus eigenem engen Blickwinkel gesehen, nicht immer neutral und unbefangen. Dafür will ich aber von den Menschen erzählen mit ihren großen und kleinen Wünschen, aber auch Schwächen, die diese Aufbauschule voller Neugier, tief atmend und lebendig in ihrer Gegenwart erleben wollten. Der unsinnige Krieg 1939 hat vieles zunichte gemacht, was so gut begonnen und auch hätte enden können. An anderer Stelle mussten nach 1945 viele von uns ganz von vorne anfangen, oftmals unter unwürdigen und katastrophalen Verhältnissen.
Ostern 1937 wurde die Realschule der Stadt Neuteich in eine Staatliche Aufbauschule (SAS) umgewandelt. Aufbauschulen entsprachen in ihrer Struktur den Gymnasien der damaligen Zeit. An ihnen konnte man das Abitur ablegen. Nach sechs erfolgreichen Volksschuljahren mussten noch ebenso viele Jahre an der Aufbauschule absolviert werden. Die Anfangsklasse der SAS war die Quarta. Wer von einer Realschule oder einem Gymnasium zu uns kam, wurde entsprechend eingestuft. Die SAS blieb vorerst in den engen Räumlichkeiten der Realschule am Friedensmarkt, bis sie 1939 in das Waisenhaus, das in der Dirschauer Chaussee lag, verlegt wurde. Im Waisenhaus waren die Räume nicht so eng und klein gehalten; das kam besonders den naturwissenschaftlichen Fächern zugute, die Klassen konnten hier reichhaltiger ausgestattet werden und in ihnen konnte somit auch besser experimentiert werden.
Die Schüler der ersten Quarta in der SAS waren ein wild zusammengewürfelter Haufen. Wie bei der Realschule auch, resultierten sie aus allen gesellschaftlichen Schichten des Werders und der Stadt Neuteich, als auch der Kreisstadt Tiegenhof. Die Schüler kamen von den größten und kleinsten Volksschulen, bis hin zur Zwergschule, in der eine Lehrkraft alle Altersstufen des Ortes in nur einem Klassenzimmer zu betreuen hatte. Außerdem klaffte in dieser ersten Quarta das Alter der Schüler bis zu drei Jahren auseinander. Volksschüler hatten sich nach acht Volksschuljahren noch zum Besuch der SAS entschlossen, oder kamen aus anderen höheren Schulen zu uns. So entsinne ich mich an Hansi R., Manfred Sch., Günther J. und einige aus dem Ort Schöneberg, die bedeutend älter waren, als das Gros dieser Quarta. Somit war auch das schulische Wissen sehr differenziert, ein weiteres Handikap für die Lehrkräfte, das Unterrichtspensum bewältigen zu können. Die erste Quarta war außerdem zahlenmäßig sehr stark, was sich nach dem ersten Schuljahr änderte. Bei den Folgeklassen pendelte sich alles bis zur Normalität ein.
Vom Lehrkörper der Realschule unterrichteten uns auch in der Staatlichen Aufbauschule Herr Studienrat Dahms (Mathematik) und Fräulein Gertrude Wilda (Zeichnen). Der erste Leiter der SAS war Herr Studiendirektor Fierke. Unser erster Klassenlehrer der Quarta war Herr Studienassessor Dr. Alfons Hoppe; auf dessen Gesicht spielte stets ein schelmisches Lächeln. Er war außerordentlich sympathisch und ein sehr guter Klassenlehrer.
Ich hätte eigentlich nach bestandener Auslese in den Gauen Danzig-Westpreußen und Ostpreußen zur politischen Führungsanstalt nach "Krösingsee" gehen sollen. Ostern 1937 hatte ich aber nicht pünktlich den geforderten und unumgänglichen arischen Nachweis über mehrere Generationen beisammen, so erhielt ich ersatzweise eine Freistelle in der Staatlichen Aufbauschule (SAS) Neuteich.
Mein erster Tag in der SAS Neuteich begann dann auch sogleich ungewöhnlich. Beim morgendlichen Aufruf der Schüler, die damals noch aufzustehen hatten, sagte der Klassenlehrer, Herr Dr. Alfons Hoppe, zu mir: "Na, willst Du nicht aufstehen?" Er konnte ja nicht wissen, dass mein Gardemaß zu jener Zeit ganze 125 cm betrug. Vom Katheder war wohl auch nicht so recht zu sehen, dass ich schon stand, also kam die erneute Aufforderung an mich, nun schon etwas schärfer, aufzustehen. Da stieg ich kurz entschlossen, beherzt und demonstrativ, auf die Klassenbank und postierte mich in meiner vollen Größe. Brüllendes Gelächter der ganzen Schüler setzte ein, Herr Dr. Alfons Hoppe gab sich lachend geschlagen. Es war mein erster großer Auftritt in der SAS.
Mein zweiter amüsanter Auftritt war nicht weniger spektakulär. Ein Boxkampf an einem Elternabend im Deutschen Haus in Neuteich. Inzwischen hatte ich die stattliche Höhe von 127 cm erreicht. Mein nicht zu unterschätzender Gegner aus einer der höheren Klassen war Kurt Borowski, seine Größe 193 cm. Zum Gaudi der Eltern, der Lehrerschaft und der Schüler und unter lautem Hallo gewann selbstverständlich ich diesen zünftigen "Jahrhundertkampf zweier Giganten" unangefochten durch technischen K.o. - Lieber Kurt, es war sicherlich für alle Beteiligten ein Riesenspaß und ein herrliches Vergnügen, erinnerst du dich noch. Ich hoffe nur, dass deine blauen Flecken von damals heute nicht mehr sichtbar sind.
Zu unserer Aufbauschule gehörte auch ein Internat für Knaben. Die Schülerinnen, die von außerhalb der Stadt kamen und nicht täglich nach Hause fahren konnten, mussten sich in Neuteich ein privates Quartier suchen. Zuerst logierten wir in der Jugendherberge der Stadt Neuteich, direkt hinter der SAS in der Reiferbahn gelegen, am Park mit dem Kriegerdenkmal. Danach wurde das Schülerheim in das spätere Amtsgericht gegenüber den beiden Bahnhöfen verlegt und schließlich in das Waisenhaus, wo inzwischen auch die SAS ihr Domizil gefunden hatte.
Im Internat war stets viel Umtrieb und eigentlich immer eine gute Atmosphäre. Wer interessiert war, konnte in der Freizeit eine Menge Spiele lernen, auch Schach und Skat. Herr Studienrat Dahms, der im Amtsgericht Leiter des Internats war, Erich M. und Erich A. waren exzellente und ausgebuffte Skatspieler, wie auch Kurt P. aus meiner Klasse mit seinen 13 Jahren. Ein Zehntelpfennig war im allgemeinen bei uns Schülern angesagt.
Herr Studienrat Dahms lehrte uns Schüler auch den Segelflug-Modellbau. Viele Schüler machten von diesem Angebot Gebrauch und widmeten sich später der reizvollen Segelfliegerei. Sie sind in den Ferien bis in die landschaftlich schöne Rhön gefahren, um ihrem Hobby frönen und um die entsprechende A-, B- oder C-
Prüfung ablegen zu können. Mein Freund Otto Bremert ist im nachhinein bei der Deutschen Luftwaffe gelandet. Leider ist er noch am letzten Tag vor Beendigung des Krieges in Nürnberg gefallen.
Von Kurt Ohmann sollte ich unbedingt erzählen. Genial begabt, hatte er in allen Schulfächern beste Noten. Hilfsbereit hat er uns oftmals bei schwierigen Hausaufgaben geholfen, sie zu lösen, wenn wir nicht weiter wußten. Er machte das alles so aus dem Handgelenk, wo andere heiße Köpfe bekamen.
Beispiellos war das Unterfangen von Herrn Dr. Alfons Hoppe im Verein mit Herrn Dahms: In der geschmückten Aula, wo einem Grammophon die Musik entlockt wurde, arrangierten sie für die höheren drei Klassen in der Narrenzeit am Aschermittwoch ein Kaffeekränzchen mit Tanz, um erstmalig auch in der SAS einen Hauch von Narretei wehen zu lassen, wie es bereits an den Schulen in Danzig praktiziert wurde. Aus damaliger Sicht natürlich eine kleine Sensation. Wir Jüngeren mussten bedienen, die verdienten Trinkgelder aber blieben aus.
Von "Jessi" will ich auch berichten, die in der Stadt Neuteich ein Privatquartier hatte. Die kleine schwarzhaarige E. S., "Jessi" wurde sie nach ihrem großen Vorbild Jessi Owens gerufen, denn sie flitzte wie er die Aschenbahn rasant hinunter, ließ sich von den "Männern/Schülern" gerne die Schultasche tragen. Jeden Morgen wußte der eine oder andere Schüler es so einzurichten, dass er "Jessi" traf, um ihre Schultasche tragen zu können.
Mein Bericht von der SAS wäre unvollkommen, würde ich nicht von Fritzchen sprechen, meinem Internats- und Schulkameraden. Nachdem in der Chemiestunde über organische Chemie und somit auch über die Herstellung von Alkohol gesprochen worden war, schritt Fritzchen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion selbst zur Tat und stellte erfolgreich den begehrten "Stoff" her. Leider vergaß Fritzchen, hinterher den Kühlschlauch abzustellen, so dass der darunterliegende Raum des Direx "überflutet" wurde. Daraus resultierten in der Aufbauschule folgende Verse:
"Fritzchen hatte die Erleuchtung,
Der Direx aber sein Keulchen,
Damit schlug er Fritzchen auf ein bewusstes Teilchen,
Doch der Herrgott im Himmel droben fand,
Kinder, wenn ihr nicht artig seid, bewerf ich euch mit Sand."
Schülerverse, aber immerhin in etwa treffend.
Hallo Schöneberger, euch darf ich selbstverständlich nicht vergessen, wenn ich von der SAS berichte. Wisst ihr es noch? Jeden Tag kamt ihr vehement im Sommer gemeinsam angeradelt. Am Tor der SAS angekommen, zogt ihr dann alle jedes Mal unüberhörbar eure Fahrradklingeln, sehr zum Leidwesen und Ärger des immer ein wenig brummigen Hausmeisters, und fuhrt unter lautem Gebimmel in den Schulhof ein. Euer Schellen war bis in die letzte Klasse zu hören, und jeder der SAS wusste, unsere Schöneberger sind da. Wir fanden es damals toll von euch.
Ich schreibe, wie gesagt, diese Zeilen alle aus der Erinnerung heraus und will nur berichten und nicht werten. Eines aber sollte ich trotzdem sagen. Neben unseren Eltern verdanken wir unseren Lehrkräften ein gutes Bildungsniveau und einigermaßen Umgangsformen. Zweifellos war die eine oder andere Lehrkraft nicht so beliebt, das lag aber daran, dass einige Schüler den Lehrstoff nicht mochten, nicht verstanden oder begriffen. Im Unterbewusstsein machten sie dafür alleine ihren Lehrer verantwortlich, was hier und da Aversionen aufbaute, die aber nicht, so meine ich, in der Schuld der Lehrer zu suchen sind.
Nein, die Bibel haben damals wohl die wenigsten gelesen, schon gar nicht in der Schule. Doch sollte ich hier ein Wort der "Weisen" einbringen: Wenn du einen siehst, der sich selbst für klug hält, da ist für einen Toren mehr Hoffnung als für ihn.
Urteilen wir im nachhinein einmal selbst. Auf die Bitte des Lateinlehrers für den Satz von Horaz "Quot capita, tot sensus" ein Beispiel zu nennen, antwortet der gefragte Schüler F. kess: "Ein Bauer fährt einen Wagen voller Kohlköpfe in die Stadt. Der Wagen bricht unterwegs auseinander. Die Kohlköpfe rollen nach allen Seiten. Da sagt der Bauer: So viele Köpfe, so viel Sinne." Es sollte seitens des Schülers wohl witzig und launig klingen. Für den Lateinlehrer aber war es wohl eine kleine Herausforderung. Unser damaliger Lateinlehrer, Herr H., blieb aber trotzdem gelassen. Dieses Beispiel zeigt aber, dass es unsere Lehrkräfte nicht immer leicht hatten.
Ein Lob gebührt allen unseren Lehrkräften, die sich auch noch nach den Schulstunden uns selbstlos widmeten. Es waren dieses insbesondere die Verantwortlichen des Internats. Nach dem Abendessen lehrten sie uns nicht nur Spiele im Heim, sondern spielten auch mit uns Tischtennis oder auf dem nebenan gelegenen Sportplatz Faustball. Hierzu gesellten sich auch oftmals Lehrkräfte, die in der Stadt Neuteich wohnten, ganz besonders gerne "Franz" und seine Frau "Ulla". Seine Frau lehrte an der Volksschule Neuteich. Nach meinem Weggang von der SAS zeichnete sie für den Sport an der SAS in den unteren Klassen verantwortlich. - Viele unserer Lehrkräfte hatten ja auch noch das Amt des Klassenlehrers inne, das weitere Verantwortung und zusätzliche Arbeit für sie bedeutete, so dass ich hoffe, mit meinen kargen und dürftigen Worten dennoch ihr segensreiches Schaffen und Wirken genügend gewürdigt zu haben. - Ihnen allen sage ich, wohl auch im Namen aller derer, die als Schüler in der SAS waren, schlicht ein von Herzen kommendes Dankeschön.
Nachstehend der Versuch, sich unserer Lehrkräfte zu erinnern.
Studiendirektor Fierke: erster Leiter der Staatlichen Aufbauschule. Herr Fierke unterrichtete in Deutsch. Anfang des Krieges 1939 als Oberstleutnant der Reserve zur Deutschen Wehrmacht einberufen.
Studienassessor Dr. Alfons Hoppe: Er kam aus Danzig zu uns. Erster Klassenlehrer der Quarta in der SAS. Deutsch- und Erdkunde lehren Studienrat Hans Dahms: Mathematik, Algebra, Geometrie. Zeitweilig Leiter der SAS und des Internats.
Oberlehrerin Gertrude Wilda: Von uns Schülern zärtlich "Trudchen" genannt. Erteilte Zeichen-, Werk-, Bastelunterricht, Mädchenhandarbeit und Turnen. "Trudchen" hatte für unsere Schule das Emblem entworfen, das wir auf unserer Sportkleidung trugen. Es war das Neuteicher Wappen mit den Buchstaben SAS für Staatliche Aufbauschule.
Studienrat Heinz Meske: genannt "Franz". Umschwärmt und geachtet. Für seine Fächer Geschichte, Erdkunde und Deutsch war er stets gut vorbereitet. Sein "roter Faden" war in der ganzen Schule bekannt.
Studienrat Hans Rebeschke: Englisch und Erdkunde. Herr Rebeschke war direkt von England zu uns gekommen. Sein Englisch war hervorragend. Er sprach auch fließend Französisch, was aber in der SAS nicht gelehrt wurde.
Studienrat Heydeck: Herr Heydeck war aus Ostpreußen/Riesenburg zu uns gekommen, erteilte in der Hauptschule Latein, aushilfsweise Turnen: stets in korrekter Haltung mit "Schlips", "Steifem Kragen" und natürlich "Weste".
Studiendirektor Dr. Georg Brettschneider: erteilte Deutschunterricht. Er war Leiter der SAS und des Internats.
Studienassessor Hans Weichler: Biologie, Chemie, Physik. Seine Ruhe, so glaube ich, hat sich auch auf uns Schüler übertragen. Sein Unterricht war stets interessant und ging gelassen über die Runden.
Studienassessor Haase: Hauptfach Sport, gelegentlich Englisch. Herr Haase war an der damals schon berühmten Sporthochschule in Leipzig ausgebildet worden. Bei ihm habe ich die erste Riesenwelle am Reck ausprobiert.
Studienassessor Wilma: genannt "Gürbi". Die Sachsen sprechen bekanntlich das K als G. Erteilte Biologieunterricht. Herr Wilma war begeisterter Orgelspieler.
Fräulein Elsa Nerstheimer: Sie erteilte Erdkunde und Deutsch. Fräulein Nerstheimer war aus Bessarabien zu uns gekommen (einer Landschaft nördlich des Schwarzen Meeres).
Studienassessor Bayer: Geschichte.
Studienrat Palm: Mathematik, Chemie, Physik.
Studienassessor Lenz: Englisch. Gefürchtet wegen seiner harten Kopfnüsse. Harmoniumspieler. Zur Einweihung der SAS im Waisenhaus spielte er "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre".
Studienassessor Zander: Biologie. War Hockey-Nationalspieler gewesen. Betreute uns im Internat und in der Jugendherberge. Herr Zander war rein äußerlich ein schöner Mann, so sagten unsere Mädchen.
Studienassessor Dr. Minett: Deutsch und Englisch. Pfeifenraucher.
#Studienassessor ???: Wir nannten ihn "Jumbo". Seinen richtigen Namen bringe ich nicht mehr zusammen. "Jumbo" war ein hervorragender Sprachwissenschaftler. Er beherrschte mehrere Sprache, u. a. Latein, Englisch, Französisch und Spanisch. Nach kurzer Lehrtätigkeit an unserer Schule wurde "Jumbo" an die Uni nach Königsberg versetzt.
Oberlehrer Felix Haselau: Herr Haselau unterrichtete in den letzten zwei/drei Jahren vor Beendigung des Krieges in der SAS Gesang und Musik. Herr Haselau war auch Komponist.
Während der letzten Kriegs jähre war der Unterricht in der SAS aus vielerlei Gründen nicht immer geordnet. Wir Schüler mussten zum Beispiel zu Ernteeinsätzen in Danzig-Westpreußen und dem Generalgouvernement. Die Letzten der Klasse um Gerda M. haben bei Neustadt Panzergräben ausgehoben. Gerda hat für sie gekocht.
Viele meiner Schulkollegen sind vorzeitig, wie ich auch, zum Arbeitsdienst oder zur Deutschen Wehrmacht eingezogen worden. Nach den damaligen Schulbestimmungen erhielten wir das sogenannte "Notabitur".
Heute beherbergt unsere Staatliche Aufbauschule in Neuteich eine polnische Landwirtschaftsschule. In einem großen Garten gegenüber der Schule, auf der anderen Straßenseite, werden Getreidesorten gezüchtet und auf ihre Tauglichkeit zur Anpflanzung im Werder und ganz Polen getestet.
Die Erinnerungen, liebe Landsleute, bauen uns Brücken, über die wir in die Vergangenheit wandern können, ohne gesehen zu werden. Und der Dichter Jean Paul sagt: "Erinnerung ist das einzige Paradies, woraus wir nicht vertrieben werden können."
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